folter in einer spanischen polizeistation

radical yell 13.07.2004 23:10 Themen: Freiräume Repression
nach einer party in der innenstadt von barcelona kam es zu auseinandersetzungen mit der polizei, wobei 2 leute verhaftet wurden. bei der verhaftung und dem anschliessenden gefängnisaufenthalt kam es zu brutalen übergriffen seitens der polizei, die hier kurz dokumentiert werden.
bericht über mißhandlungen auf der polizeistation 'nou de la rambla' in barcelona



am 23.06.2004 wurde auf dem 'forat de la vergonya' in der altstadt von barcelona eine unkommerzielle und vom kiez organisierte 'sant juan'-party gefeiert. diese veranstaltung war gut besucht und verlief ohne zwischenfälle. bei 'sant juan', dem tag mit der kürzestesten nacht des jahres, ist es in spanien üblich, viel zu böllern. wegen einer bagatelle sollte eine person verhaftet werden, woraufhin diese von anderen befreit wurde. dabei ist einer der polizisten verletzt worden. nachdem eine gruppe die 2 an- wesenden polizisten verscheuchen wollten, schossen diese 2x in die luft, woraufhin sich die gruppe entfernt hat. die beiden schüsse wurden in der nachbarschaft wegen dem böllerlärm kaum oder garnicht wahrgenommen. innerhalb kürzester zeit waren sehr viele einsatzkräfte im kiez, es wurden mindestens 30 fahrzeuge gesichtet. nun wurden zwei sich zufälligerweise in der nähe befindliche personen, die mit der aktion absolut nichts zu tun hatten, verhaftet. nachdem beide personen in x-form mit dem gesicht nach unten auf dem strassenboden lagen, erhielten beide von zivilen polizisten brutale tritte in den rücken (wirbelsäule) sowie auf den kopf. die verhafteten wurden zur polizeistation an der 'nou de la rambla' gebracht, wo noch im flur einer der beiden opfer mehrmals geschlagen und getreten wurde. in die zellen der beiden gefangenen kamen in der ersten nacht 3-4x je drei polizisten. mit gummiknüppel, teleskopschlagstock sowie faust schlugen diese auf die opfer ein. beide opfer wurde auf beiden ellenbögen mit gummiknüppel geschlagen, so dass bei einem der arm 3 tage nicht ausgestreckt werden konnte, weil der ellenbogen stark geschwollen war. ein blauer fleck von zwei schlagstockhieben hatte den durchmesser von über 15 cm und war zweifingerbreit geschwollen. bei einem der beiden opfer trat einer der beiden polizisten versehentlich gegen die rostige zellentür, woraufhin ein stück metall in der größe einer streichholzschachtel abbrach. darauhin wurden die beiden arme des opfers nach hinten verdreht und einer der polizisten ritzte mit diesem rostigen stück metall an einen der beiden arme auf höhe der pulsadern herum. diese verletzung entzündete sich am nächsten tag und es wurde auch nach stundenlangen aufforderungen kein arzt geholt. es war eher glück, dass es keine blutvergiftung gab. da sich beide gefangene durch eine hockstellung vor prügel in der gesichtsregion gewehrt haben, wurden insgesamt 6-8 dreadlocks abgeschnitten. einem der opfer wurde eine pistole vor dem gesicht gehalten, beiden wurde symbolisch mitgeteilt, dass sie ausserhalb des gefängnisses gröberes zu befürchten haben.

die beiden opfer waren 3 nächte und 2 tage im gefängnis. es gab keine matrazen und keine decke. die zellen waren komplett gefliest, die temperatur betrug etwa 16 grad und nur mit t-shirts bekleidet war ein schlafen im herkömmlichen sinne nahezu unmöglich. als sitzutensilien wurden die styropor-schalen vom sogenannten essen, welches sich auf dem niveau von hundefutter befand, verwendet. abgesehen von den 200ml saft, die es zum frühstück (5 butterkekse) gab, wurden keine weiteren getränke verteilt. die einzigste möglichkeit war die toilette, um dort am waschbecken gechlortes wasser zu trinken. die beiden personen durften jedoch durschnittlich nur 2x am tag auf toilette, wodurch es automatisch auch nicht genug zum trinken gab und es wurde mindestens 2x weniger essen verteilt als an die mitinsassen. in der zweiten nacht hätte man nur auf toilette gehen dürfen, wenn man vorher "heil hitler" gesagt und dazu den arm gehoben hätte.

man kann pauschal sagen, das abgesehen von den 1-2 älteren kollegen sämtliche polizisten, die dort wache geschoben haben, mehr oder weniger beteiligt oder involviert waren, inklusive einer frau.

die ersten 36 stunden gab es keinerlei informationen, erst am späten abend des zweiten tages tauchten 2 anwälte (pflichtverteidiger) mit einem schlechten dolmetscher auf.

nach der zweiten nacht wurden die beiden personen von der haftrichterin auf freien fuß gesetzt, welche auch über die mißhandlungen informiert wurde.

dieser artikel ist nur ein kleiner ausschnitt aus den vielen begebenheiten dieses vorfalls. er wurde nur für die bessere lesbarkeit gekürzt. wenn ihr über ähnliche vorfälle berichten könnt, so meldet euch bitte bei uns. die konkrete polizeistation ist bekannt für ihre prügelorgien und wenn sich genügend opfer melden, dann ist die chance für eine untersuchung der vorfälle größer und es könnte eine größer angelegte kampagne gestartet werden.

es gab bereits einen artikel in den 'contra infos' (anarchistische wandzeitung in barcelona) sowie ein statement im 'radio bronka' (anarchistisches pirate-radio in bcn).



macht druck! fight back! seid solidarisch!





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Ergänzungen

Einige Fragen zur Situation

Mr.X 14.07.2004 - 00:07
Oft ist zu hören, daß es in Spanien verboten ist, über Folter zu reden oder diese anzuklagen. Begründung: "Folter existiert nicht, es ist eine Kampagne von Terroristen zu behaupten, daß es Folter gibt - also sind alle die über Folter sprechen Terroristen"...
Gibt es eine Kampagne wegen dieser Folter und müssen die Aktivisten deswegen mit weiterer Repression rechnen? Gibt es liberalere Mainstreammedien, die über sowas berichten? Gibt es rechtliche Wege, die beschritten werden können? Sind Namen der Folterer bekannt?

an mr.X

radical yell 14.07.2004 - 06:41
es gibt bisher leider keine groß angelegte kampagne, aber viele kleingruppen. auf der letzten anti-prison-demo in bcn waren 300-400 leute beteiligt, die stimmung war gut und durchaus aggressiv. vielleicht entwickelt sich mehr draus .....
namen sind natürlich nicht bekannt, ansonsten wäre eine anklage erheblich einfacher. eine klage gegen bullen hat in spanien noch erheblich weniger erfolgsaussicht als hier. falls es zu brenzlig wird, machen die bullen falschaussagen und decken sich gegenseitig, wie üblich. und selbstverständlich sind dann aus sicht der richterIn 1-2 bullenaussagen mehr wert als 6-8 zeugenaussagen. selektierung ist nach wie vor in.

JOIN THE RESISTANCE! OKUPA Y RESISTE!

@ Mr X

Antwortgeber 14.07.2004 - 06:44
>> Gibt es liberalere Mainstreammedien, die über sowas berichten?
Es gibt nicht. In diesem Punkt gibt's ein Konsens um den Antiterrorpakt. Seit Jahre gibt's treffen von Journalisten und Vertreter des Innenministerium, wo oft thematisiert wird, wie die Nachrichtet gegeben werden. In einem Video (leider nur auf Spanisch) wird es thematisiert -- "periodistas, el negocio de mentir".
Noch dazu mit der neuen Regierung sind die Sachen noch schwieriger, da mehrere liberale Journalisten sind in der nähe der sozialistischen Partei.
Was Katalonien trifft, die regierende Parteien sind etwas sensibler gegenüber das Problem, besonders die linksnationalisten von ERC (Katalanische Republikanische Linke), die oft Informationen verteilen und in die Mobilisierungen teilnehmen. Auch die katalanische Sozialisten sind anders als die Spanischen, was Menchenrechten betrifft mindestens.

Über rechsliche Wege.... die sind sehr schwierig. Es gibt Fälle von RichterInnen, die versucht haben, etwas zu machen. Meiste wurden in anderen Plätze geschickt, wo sie einen unterkualifizierten Job machen mussten. Beispiel ist die baskische Richterin Elixabete Huerta, die trotz ihre ausgezeichnete juristische Karriere wurde in ein Büro geschickt, wo nur Akten stempeln und klassifizieren könnte. Oder ein anderer Staatsantwalt, den wegen seinen Untersuchungen wurde in Standesamt geschickt.

amnesty bericht

no a la repression! 14.07.2004 - 08:42

Im amnesty international ( http://www2.amnesty.de/internet/deall.nsf/51a43250d61caccfc1256aa1003d7d38/177e0ef42774acd1c1256e9e0040db44?OpenDocument)
Jahresbericht 2004 zu Spanien heißt es:

"Vorwürfe über Folterungen

Ohne Kontakt zur Außenwelt inhaftierte Gefangene, zumeist der Mitgliedschaft in der ETA verdächtigte Personen, erhoben den Vorwurf, im Gewahrsam von Angehörigen der Guardia Civil oder von Polizeibeamten gefoltert oder misshandelt worden zu sein.

Im November gab der Europäische Menschenrechtsgerichtshof die Einzelheiten eines ihm vorliegenden Falles von 15 Katalanen bekannt, die als Sympathisanten einer katalanischen Unabhängigkeitsbewegung galten. Die Katalanen machten geltend, dass man sie bei ihrer Festnahme und im behördlichen Gewahrsam in Katalonien wie auch im Hauptquartier der Guardia Civil in Madrid Mitte 1992 physischer und psychischer Folter und unmenschlicher Behandlung ausgesetzt hatte.

Nach der Schließung von Euskaldunon Egunkaria im Februar nahmen die Behörden eine Gruppe von Verlegern und Journalisten fest und hielten sie ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft. Nach ihrer Freilassung berichteten Martxelo Otamendi Egiguren und einige andere Mithäftlinge, dass man sie mit der so genannten »bolsa«-Methode, bei der Plastiktüten über den Kopf gestülpt und festgezogen werden, fast zum Ersticken gebracht, bis zur Erschöpfung zu körperlichen Übungen gezwungen und durch Drohungen und Scheinhinrichtungen gefoltert hatte. Die Regierung reichte beim Nationalen Gerichtshof Klage gegen die Männer ein. Sie warf ihnen vor, »mit einer bewaffneten Bande [der ETA] zu kollaborieren«, indem sie im Rahmen einer von der ETA beeinflussten Strategie Foltervorwürfe erhoben hätten, um demokratische Strukturen zu untergraben. amnesty international erwiderte darauf, dass die beste Möglichkeit, ungerechtfertigten Beschwerden vorzubeugen, in der Einführung besserer Schutzmaßnahmen gegen Misshandlungen bestehe. Die Organisation befürchtete, dass die Reaktion der Regierung noch vor einer umfassenden Untersuchung der Anschuldigungen der Häftlinge einem Klima der Straflosigkeit Vorschub leisten könnte, in dem es Häftlinge oder Gefangene aus Angst vor Vergeltungsmaßnahmen nicht wagen, über erlittene Folterungen oder Misshandlungen zu berichten. Eine Antwort auf Forderungen von amnesty international nach einer umfassenden Untersuchung der von den Journalisten erhobenen Vorwürfe stand bei Jahresende noch aus.


Ausbleibende Maßnahmen zur Verhütung von Folterungen

Im März machte der Europäische Ausschuss gegen Folter die Erkenntnisse einer im Juli 2001 unternommenen Mission publik. In seinem Bericht äußerte er Kritik an den Behörden wegen ihres Versäumnisses, ungeachtet vorausgegangener Zusicherungen seine Empfehlungen aus den Vorjahren umzusetzen. Hierzu zählte auch das Recht auf der Grundlage der »Anti-Terrorismus«-Gesetze festgehaltener straftatverdächtiger Personen auf Zugang zu einem Rechtsanwalt von Beginn ihres Freiheitsentzuges an. Der Ausschuss forderte konkrete Maßnahmen zur Durchsetzung von zwei weiteren grundlegenden Schutzrechten: das Recht inhaftierter Personen darauf, dass eine dritte Partei von der Tatsache ihrer Festnahme benachrichtigt wird, und das Recht auf eine Untersuchung durch einen Arzt ihrer Wahl zusätzlich zu einer etwaigen Untersuchung durch einen von den Polizeibehörden hinzugezogenen Arzt. Der Ausschuss drängte auch auf die Schaffung eines unabhängigen Gremiums, das Beschwerden gegen Strafverfolgungsbehörden nachgehen soll, und gemahnte Spanien an seine Pflicht zur Zusammenarbeit mit dem Ausschuss. Er erklärte, die »festgefahrene Situation« in Bezug auf ein so wichtiges Thema wie die Stärkung von Schutzvorkehrungen gegen Misshandlungen müsse durchbrochen werden.

Statt jedoch die langjährigen Empfehlungen des Ausschusses und anderer internationaler Institutionen zur Stärkung der Schutzvorkehrungen für Häftlinge zu implementieren, haben die spanischen Behörden im Berichtszeitraum für bestimmte Personen die für die Haft ohne Kontakt zur Außenwelt zulässige Frist mehr als verdoppelt. Im Oktober trat eine Änderung der Strafprozessordnung in Bezug auf die Untersuchungshaft in Kraft, auf deren Grundlage straftatverdächtige Personen bis zu 13 Tage ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten werden dürfen: fünf Tage im Gewahrsam von Polizei oder Guardia Civil, gefolgt – soweit eine richterliche Anordnung vorliegt – von weiteren acht Tagen in einer Haftanstalt.

Im November genehmigte das spanische Parlament eine Reform des Strafgesetzbuches, auf deren Grundlage die Tatmotive, anhand deren Folter im spanischen Strafgesetzbuch definiert ist, um das Tatmotiv »Diskriminierung jeglicher Art« erweitert wurden."