Justizfilz in Gießen: Anzeigen eingestellt!

AbwehrspielerIn der Ordnung 11.07.2004 15:31 Themen: Repression
Anfang Juni hatten Aktivisten aus der Projektwerkstatt eine Serie von Anzeigen gegen all diejenigen aus Politik, Presse und Polizei gestellt, die in der Vergangenheit und dokumentiert in einer Sammlung von über 50 Fällen von Hetze, Erfindungen und falschen Verdächtigungen ( http://www.polizeidoku-giessen.de.vu) zu finden waren. Dabei ging es um Körperverletzung, Meineid, falsche Verdächtigung und einiges mehr (siehe  http://de.indymedia.org/2004/06/85694.shtml). Nun hat die Staatsanwaltschaft eine Vielzahl der Anzeigen bereits eingestellt. Das schnelle Handeln hat Methode: Die Kriminalisierung von Protest soll nicht gestoppt werden.
Alle Anzeigen waren am 8.6.2004 an die Oberstaatsanwaltschaft in Frankfurt gerichtet worden. Begründung: Die Staatsanwaltschaft Gießen sei befangen und eng mit den angezeigten Personen verfilzt. Ein neutrales Ermittlungsverfahren sei in Gießen nicht denkbar (siehe Bild 1). Die Frankfurter Oberstaatsanwaltschaft sah keine Probleme mit der Gießener Staatsanwaltschaft und gab alle Vorgänge am 16.6.2004 dorthin ab.
Die Staatsanwaltschaft Gießen zeigt, dass die Bedenken gegen sie berechtigt waren. Wenige Tage später stellt sie bereits einen großen Teil der Verfahren ein. Interessant: Sie stellt alle ein, die mit dem Prozeß gegen zwei Projektwerkstättler zu tun haben. Offenbar sollen die BelastungszeugInnen dort nicht unter Anklage stehen. Da genau diese Personen für die Einstellung ausgewählt wurden, ist offensichtlich, dass keine Sachentscheidung, sondern eine taktische Entscheidung zur weiteren Kriminalisierung von politischem Protest getroffen wurde.

Beispielfälle:
Faustschlag der Grünen OB-Kandidatin Angela Gülle (Bild 2)
Bemerkenswerte Parteinahme des Staatsanwaltes Vaupel, der gleichzeitig Ankläger und Scharfmacher gegen die Projektwerkstatt ist. Er behauptet, der Faustschlag von Gülle hätte nur den Lebenskreis der Beteiligten berührt - tatsächlich ist er öffentlich breit diskutiert worden und hat selbst ja inmitten der Fußgängerzone stattgefunden. Mehrere Personen waren damals von der Polizei verhaftet worden, um die Empörung in den Griff zu bekommen. Grüne Parteisoldaten hatten öffentlich den Schlag mit Beifall quittiert, der Gießener (CDU)-Bürgermeister hatte die Schläger-Grüne öffentlich umarmt als Beifallsgeste. Aber Vaupel hat halt nur ein Ziel im Kopf: Die Obrigkeit schützen und den Protest kriminalisieren.

Berichterstattung des Polizeifreundes und Gießener-Allgemeine-Polizeireporters Bernd Altmeppen (Bild 3)
Der hatte in seinem Bericht zur Berufungsverhandlung mal wieder eine Tatsachenbehauptung zu einem Projektwerkstattler abgelassen (siehe hier ...). Staatsanwalt Vaupel schützt den Redakteur, in dem er solche Vorverurteilungen richtig findet. Ein Staatsanwalt, der aussagt, dass Aussagen über Straftaten schon vor einem rechtskräftigen Urteil öffentlich gemacht werden dürfen ...

Rest: „Vorläufig eingestellt“
Die verschiedenen Anzeigen gegen sonst als Zeugen bereits vorgeladene oder möglicherweise nachzuladende (weil bei den Bullenausfällen anwesend) wurden „vorläufig“ eingestellt.

Mit dem schnellen Handeln der Staatsanwaltschaft Gießen zeigt diese, dass sie alle Hürden in der Kriminalisierung von Projektwerkstättlern ausräumen will. Die vor Gericht mit Lügen und Haß gegen politische Opposition auftretenden Politiker und Polizeiführer sowie ihre pflichtbewußten Untergebenen sollten frei von Ermittlungsverfahren als ZeugInnen auftreten dürfen. Einseitig räumt Staatsanwalt Vaupel die Wege frei – die Obrigkeit wird geschützt, die Opposition unter Beschuß genommen. Dass er nicht alle Anzeigen gleich eingestellt hat, sondern nur die, die ZeugInnen belasten, zeigt deutlich, welche Ziele er verfolgt. Vaupel als Steigbügelhalter einer gleichgeschalteten Republik, wo die Justiz wie Polizei und Presse die willfährigen Vollstrecker und Propagandisten der Eliten sind?

Lohnenswert:
-Sammlung vieler Fälle:  http://www.polizeidoku-giessen.de.vu
-Prozeß gegen Projektwerkstättler:  http://www.projektwerkstatt.de/prozess
-Mehr zu den Anzeigen:  http://www.projektwerkstatt.de/polizeidoku/anzeigen.html
-Mehr Justizwillkür:  http://www.justizirrtum.de
-Herrschaftsfreie Utopien:  http://www.herrschaftsfrei.de.vu
-Aktueller Bericht, wie Opposition-Ausschalten in der Praxis funktioniert:  http://www.de.indymedia.org/2004/07/87260.shtml
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Ergänzungen

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realakt 03.08.2004 - 14:57
Wie aus der Rechtsmittelbelehrung zu ersehen ist, gibt es gegen die Entscheidungen der Staatsanwaltschaft Gießen Rechtsmittel. Legt sie ein und es geht weiter. Ich hoffe, dass euch die Kohle nicht ausgeht!