Diaz-Affäre: Zitate aus dem Polizeibericht

Übersetzung/rf 07.07.2004 02:37 Themen: Repression
Die italienische Zeitung "La Stampa" veröffentlichte am 29. Juli 2001 einen Artikel, in dem Auszüge des Polizeiberichts über die Operation in der Diaz Schule während der G8-Tage in Genua zitiert werden. Die Zitate belegen, wie den Insassen dieser Schule, in der mehrere Protestteilnehmer übernachteten, die Bildung einer kriminellen Vereinigung unterstellt wurde. Diese Unterstellung hielt der Prüfung der Staatsanwaltschaft nicht Stand. Die Verhafteten wurden alle freigesprochen.
(Leicht gekürzte) Übersetzung des Artikels:

Der Polizeibericht zur Durchsuchung in der Diaz-Schule

Im Folgenden veröffentlichen wird umfangreiche Auszüge aus dem Bericht, den die Polizei der Staatsanwaltschaft zugeschickt hat.

"Am 22. Juli um 03.00 Uhr bezeugen wir die unterzeichnenden Offiziere und Polizeimeister im Dienst bei dem Operativen Zentraldienst Rom und bei den mobilen Gruppen von Rom, Neapel, Genua, La Spezia und Nuoro (Servizio Centrale Opertativo, d.Ü.)" im Büro "Aktenbehandlung bei der sechsten mobilen Abteilung der Polizei von Genua, dass wir um ungefähr 1,30 Uhr in der Via Battisti in der Schule Diaz am Ende einer Hausdurchsuchung die Verhaftung" der 93 Personen "vorgenommen haben, weil sie der Bildung einer kriminellen Vereinigung zum Zweck der Verwüstung und Plünderung und in gegenseitiger Beihilfe zudem des unerlaubten Besitzes von Kriegsgerät (Molotow-Bomben) verantwortlich sind. Die Durchführung der In-Gewahrsamnahme hat sich aufgrund der angeführten Fakten als nötig erwiesen".

"Um ungefähr 22,30 Uhr wurde ein Polizeikontingent" beim Befahren "der Via Cesare Battisti vor der Diaz Schule zum Gegenstand von heftigen Würfen von stumpfen Gegenständen seitens von zahlreichen Personen, die mutmaßlich Mitglieder der so genannten "Schwarzen Overalls waren, welche einen Angriffsversuch" auf die Beamten tätigten. "Im Lichte der sehr Schweren Unordnung die es am 20. und 21. Juli " im Stadtzentrum gegeben hatte, "die durch das umstürzlerische Verhalten der so genannten `Schwarzen Overalls´ verursacht wurde, die für extrem Schwere Episoden der Verwüstung und Plünderung und für Gewalttaten gegen die Ordnungskräfte verantwortlich waren" waren die Beamten "gezwungen, sich unverzüglich von der Örtlichkeit zu entfernen, auch um Verstärkungkontingente vor Ort zusammenzuziehen. Beispielhaft sind die dramatischen Bilder, die von den TV Sendern" auf der ganzen Welt "gesendet wurden und erlaubt haben, in angemessener Form die Schwierigkeiten Wahrzunehmen, mit denen die Ordnungskräfte beim Eingrenzen der Gewalttaten gegen Sachen wie auch gegen Personen der genannten Demonstranten konfrontiert waren. Im Besonderen haben die TV-Aufnahmen die wiederholten Würfe von Molotow-Flaschen, welche an verschiedenen Orten in der Stadt Brände verursacht haben hervorgehoben, die Fahrzeuge, Gewerbe und städtisches Mobiliar betrafen".

Dies vorbemerkt "und unter Berücksichtigung der Möglichkeit, dass die Diaz-Schule der Hort der extremen Randgruppen der `Schwarzen Overalls´ sein könne" wurde "ein angemessenes Einsatzprogramm" organisiert, "mit dem Ziel, 1) nach Waffen oder Material zu suchen", dass an besagtem Ort versteckt sein konnte, 2) die Verantwortlichen des Angriffs, von dem die Beamten kurz zuvor betroffen gewesen waren zu identifizieren, 3) die Verantwortlichen der Verantwortlichen für die oben zitierte schwere Unordnung zu identifizieren. Sobald sie vor Ort eingetroffen waren, bemerkten die Beamten eine Gruppe von jungen Menschen, die bei ihrem Anblick" - und wir waren "durch die Uniformen oder die Westen leicht erkennbar" - die Schule mit dem Ziel, "die Abwicklung der Polizeioperation zu gefährden" aus dem Inneren verriegelten, "so dass sie die Beamten am Eintreten hinderten". [...]

Auf diese Weise, schreibt der jenige, der diesen Bericht verfasst hat, haben die Leute "die nötige Zeit gehabt, um Waffen zu verstecken und einen aktiven Widerstand zu organisieren". "Nachdem" die Beamten "das Zugangstor unter Einsatz eines Mannschaftswagens aufgebrochen hatten, und in das Gebäude getreten waren, "waren sie extrem dichten Würfen von Gegenständen aller Art ausgesetzt". All das "bekräftigte die tiefe Überzeugung, dass die jungen Demonstranten in der Schule Waffen aller Art" hatten. "Daher wurde, sobald es gelungen war, das Tor aufzubrechen, eine Durchsuchung nach Artikel 41 des Ordnungs-und Sicherheitsgesetzes. Als den im Inneren anwesenden jugendlichen" die Ankunft der Polizei "bewusst wurde, versuchten sie weiterhin Widerstand zu leisten: zuerst in dem sie mit den Beamten kämpften und dann in dem sie sich in verschiedene Teile des Gebäudes zerstreuten, auch um jede Art von unerwarteten Hinterhalt aufzustellen".

"Das, was angezeigt wird, findet in dem Messerangriff auf den Brustkorb des Polizeimeisters Nucera Massimo Bestätigung, der bei der Aufstandbekämpfungsgruppe der ersten mobilen Abteilung von Rom dient, eine Episode, die nur deshalb keine weiteren und dramatischen Folgen hatte, weil der Polizeimeister eine Schutzweste trug. Der Widerstand" der Leute wurde nur "dank der Anwesenheit eines kräftigen Polizistenkontingenten" gebrochen. Dann wird in dem Bericht erzählt, dass "die jungen Leute in den hektischen Eingangsphasen und während der körperlichen Auseinandersetzung vorsätzlich ihre Rucksäcke in alle Richtungen schleuderten, offensichtlich, um die Operationen zum Zweck der Zuordnung von strafrechtlich relevanten Verantwortlichkeiten in Bezug auf die etwaige Auffindung von Waffen zu verunmöglichen, deren Suche, die gerade wegen der Haltung von diesen jungen Leuten noch komplizierter gemacht wurde es ermöglichte, folgende Gegenstände zu finden und zu beschlagnahmen: 2 Flaschen, die brennbare Flüssigkeit und Lunte enthielten, so genannte Molotows; 7 Taschenmesser in verschieden Größen und mit hölzernem Griff; zwei Küchenmesser aus Stahl; 1 Küchemesser mit hölzernem Griff; 1 Küchenmesser mit schwarzem Kunststoffgriff; 1 Küchenschere; 1 Taschensatz Sechskantschlüssel und Schraubenzieher; 2 Zimmermannhämmer mit Holzgriffen; 1 Pickhacke mit Griff aus Hartkunststoff, 1 Zimmermannschaufel mit Holzgriff, 1 halbe Kunststoffflasche mit Nägeln, 1 gebogene Gerüststange, 1 Kriptonite mit 2 Schlüsseln, 3 Eisenhämmer, 6 gebogene Kletterhämmer, 2 Eisenpickel, 5 Farbspraydosen, 2 Thermoskannen, 2 Aluminiumwürfel, 1 Steinplatte, 2 Nietengürtel, 1 Metallgürtel, ein Stoffgurt, 1 Nietenarmbad aus Leder, 1 Eisenkette, die Verbunden ist mit einem Radschlauch, 1 Gummiband, 4 Behälter für Tränentreibende Substanzen in der Art, wie sie die Polizei verwendet, 1 benutzte Reizgaspatrone, 1 Eisenschelle, 15 Gasmasken, 8 Taucherbrillen, 13 Schwimmbrillen, 1 Gasmaskenfilter, 3 Motorradhelme, 2 Bauarbeiterhelme, 1 Fetzen einer roten Fahne, 1 kastanienbraune Perücke, 1 Rolle Packband, 3 Kopfüberzüge Modell Mephisto, 1 schwarze Wollmütze, 3 Augenschutzmasken, 6 Sport-Schienbeinschützer aus Kunststoff, 4 Spert-Knieschützer, 11 selbstgemachte Körperschutzwesten aus stabilem Kunststoff, 1 Paar Wollhandschuhe, 2 Minidisk Marke Sony, 1 Diskette ohne Etikett, 3 Mobiltelefone, 17 Fotoapparate, 2 Walkman, 1 Terminplaner in schwarz-rot, ein durchsichtiges Tütchen mit 14 weißfarbigen Pillen, 4 Kapseln mit braunem Pulver und eine Leere, 1 rote Fahne mit dem gelben Aufdruck einer gehobenen Faust, 1 Transparent von 10 Metern länge mit schwarzem Hintergrund und gelber Aufschrift mit den Worten: "you can´t forbid it, you can´t ignore it - you try to frighten but you will not Stop it", gefolgt von einem fünfzackigen roten Stern, 60 schwarze T-shirts, einige mit Aufschriften, die den Widerstand und der Gewalt huldigen und gegen den Staat, 15 schwarze Hosen, 16 schwarze Jacken, 17 schwarze Blousons, 5 Schwarze Schals, 4 Schwarze Hüte, eine Gelbe weste mit der Aufschrift: "Journalist"; ein blauer Terminplaner mit dem Stadtplan von Genua, auf dem mit einer Feder Beschreibungen über die von den Demonstrationen betroffenen Stadtgebiete, verschiedenes papiernes Nmaterial und Papptransparente".

"Das, was beschlagnahmt wurde, erhärtet die ermittlerische These über die Lokalisierung des Ortes, der für die Spitzen der Organisation der "Tute Nere" und zur Aufnahme von militanten Aktivisten, die aus ganz Europa zum G8 kamen bestimmt war. Dieser Ort war offensichtlich im Sinne einer nötigen logistischen Unterstützung und um das Ziel zu verwirklichen, durch Verwüstungen und Plünderungen, Anschläge auf Anlagen der öffentlichen Sicherheit und besitz und Gebrauch von Kriegswaffen unerlässlich. Die Sichere Zugehörigkeit der angeführten jungen Personen zum Organigramm der Schwarzen Overalls ist andererseits durch die Auffindung und die Beschlagnahme von überaus zahlreichen Kleidungsstücken in genau dieser Farbe in vollem Umfang dadurch bestätigt. Auf eine andere Weise wäre die Anwesenheit von extrem zahlreichen jungen Personen aus verschiedenen europäischen Ländern nicht zu erklären. Das, was festgestellt wurde, erlaubt die Konstatierung, dass die Betreffende Vereinigung sich offensichtlich darum bemüht hat, sowohl die Mittel aufzutreiben, um den ausgemachten Ort zu erreichen, als auch die nötigen Waffen zur Durchführung der angegebenen Tatsachen". [...]

"Aus den geschilderten Tatsachen" lässt sich "auch der kriminelle Vorsatz der Organisation" erahnen, "die eine nicht präzisierte Reihe von Straftaten begehen wollte". Es scheint auch offensichtlich, dass "jedes Mitglied der Organisation im Bewusstsein war, dass seine Haltung auf entscheidende Weise zur Umsetzung der gemeinsamen Ziele beitrug". [...] Im Laufe der Durchsuchung sind zahlreiche junge in der Schule anwesenden Personen verletzt worden, von denen sich einige noch im Krankenhaus befinden, und viele Polizeibeamte" [...]


A. d. Ü: Eine holprige Wiedergabe ist aufgrund des Originaltextes leider unvermeidlich.
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Ergänzungen

genova soli t-shirt

disorder 07.07.2004 - 19:41
... es gibt eine neuauflage des genova-libera soli t-shirts. mit dem erlös des shirts werden die menschen unterstützt, die im sommer 2001 gegen das g8 treffen in genua demonstriert haben und aufgrund konstruierter "beweise" noch immer verfahren zu befürchten haben.
bestellt werden kann das benefit-shirt unter:
www.disorder-berlin.de

kann mich noch gut erinnern...

timmi 09.07.2004 - 18:04
ich kann mich an die im text beschriebene situation noch gut erinnern:
es waren nachmittags nach der grossen demo hunderte von leuten in beiden schulen,bzw. schulhöfen und auf der strasse am ausruhen,diskutieren,rumwuseln,essen usw.grossteils übrigens ganz "normale" demonstranten,auch von attac usw.
es fuhr durch die recht enge mit menschen überfüllte strasse ein normaler streifenwagen mit 2 insassen langsam hindurch.(warum ?)
woraufhin eine handvoll,höchstend 5 - 10 leute aufsprangen,herumschrien und ein paar flaschen(2-5),die meisten aus plastik von hinten auf das auto warfen,aber alleine wegen der gefahr nebenstehende leute zu treffen ,sofort gestoppt wurden.
das auto gab gas,und das wars auch schon.
weder wurde das auto sichtbar beschädigt,noch eine der insassen,die kamen mit einem wenn überhaupt kurzen schrecken davon.
eine minute später war alles vorbei,die aufregung hatte sich gelegt.niemand dachte weiter an den "vorfall".