Morsleben - kritische Stimmen

GK 06.06.2004 21:16 Themen: Atom
Nachdem sich im März das Morsleben-Netzwerk gegründet hat, gab es inzwischen einige Entwicklungen bei den aktiven Leuten vor Ort. Die Domain www.morsleben-stillegung.de wurde eingerichtet (aber hat noch nicht viel Inhalt), ein kleines Grüppchen von Leuten arbeitet sich gerade in die Hintergrundrecherchen ein, es gab Lobby-Gespräche und Problempunkte bei der Stillegung wurden erarbeitet.
Morsleben-Netzwerk

Mittlerweile sind im Netzwerk ca. 15 Organisationen zusammengekommen. Neu dabei sind u.a. der NABU Bundesverband, aber auch IPPNW, BBU, Naturfreunde Magdeburg und Energiewende Stendal. Weitere Gespräche laufen mit anderen BIs und Organisationen.
Vom Morsleben-Netzwerk werden derzeit Anfragen bei den beteiligten Behörden gestellt, um aktuelle Hintergrundinformationen für eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit zu erhalten. Außerdem tauschen die Initiativen aktuelle Infos aus, geben den Morsleben-Newsletter heraus und treffen Absprachen zum strategischen Vorgehen.

Einwendungspunkte

Aus Magdeburg haben sich ein paar Leute mit möglichen Einwendungspunkten im Stillegungsverfahren auseinandergesetzt. Wenn im Juli wie vom BfS angekündigt die vollstängigen Unterlagen zur Stillegung eingereicht sind, steht Anfang nächsten Jahres die öffentliche Auslegung und Einwendungsphase an. Dann sollen vorbereitete Einwendungslisten vorhanden sein. Was bis jetzt erarbeitet wurde, sind alte Einwendungen zu überarbeiten und zu klären, welche aktuellen Probleme hinzugekommen sind.
Hintergrund für diese Einwendungen ist, dass die meisten Menschen im Morsleben-Netzwerk nicht an eine Langzeitsicherheit für den Atommüll in Morsleben glauben. Die Geologie, Komplexität des Grubengebäudes, Wasserzuflüsse aus dem Deckgebirge und die Instabilität des Bergwerkes lassen es naheliegend erscheinen, dass noch jede Menge Sicherheitsprobleme vom BfS im Stillegungskonzept nicht berücksichtig wurden. Um hier konkreter werden zu können, soll es wahrscheinlich noch eine Schwachstellen-Analyse geben.

Hintergrund-Recherchen

Inzwischen umfassen die gesammelten Unterlagen zum Endlager Morsleben ca. 25 Aktenordner. Dabei sind Dokumente früher aktiver Gruppen, wie Greenpeace, BUND, NABU, BI Morsleben/Helmstedt, AG Schacht Konrad und der Energiewende Stendal dabei. Hinzu kommen Akten aus dem Bundesarchiv, Haldensleber Museum und Kreisarchiv, dem Archiv Grünes Gedächtnis und dem Landeshauptarchiv aus Magdeburg.
Drei Leute sichten und katalogisieren gerade diese Unterlagen, um sie dann auszuwerten und für die weitere Verarbeitung - Wanderausstellung, Broschüre, Internetseite - aufzubereiten. Es kommen auch immer noch neue Dokumente dazu. Wenn es Gruppen gibt, die auch noch Material haben - vor allem sind wir an Flugblättern, Rundbriefen und Plakaten zu früheren Aktionen, aber auch an Pressespiegeln und Material zu kritischen Äußerungen und Widerstand zu DDR-Zeiten interessiert. Also setzt euch bitte mit uns in Verbindung!
Ziel der Recherchen ist es, einmal einen Überblick über den früheren Morsleben-Widerstand zu schaffen, Klageverfahren zu entfitzen und die Massen von bei allen möglichen Stellen vorliegenden Dokumente zusammenzutragen und sich einen Überblick zu verschaffen. Wir wollen versuchen, auch einen den damaligen gesellschaftlichen Umständen entsprechenden Blickwinkel nachvollziehbar zu machen. Interessant ist auch zu ergründen, welches Wissen über Gefahren schon Anfang der 1970er Jahre vorhanden war und warum es zu den Entscheidungen kam, die uns heute ein mit Atommüll gefülltes Endlager bescheert haben. Nicht zuletzt sind diese Informationen Grundlage für Publikationen und Öffentlichkeitsarbeit.

Gutachten

In den nächsten Wochen ist zu klären, ob eine neue Schwachstellen-Analyse in Auftrag gegeben wird und wer diese durchführen soll. Bereits Anfang der 1990er Jahre gab es eine solche Analyse zum damaligen Sicherheitsbericht, die Grundlage für Klagen und Öffentlichkeitsarbeit war. Das neue Gutachten soll sich mit dem Stillegungskonzept auseinandersetzen, das das BfS jetzt verfolgen will. Hier würde wissenschaftlich geprüft werden, welchen bekannten und theoretischen Gefahren von der Behörde nicht entgegengewirkt wird. Die Analyse soll keine Alternative zum Stillegungskonzept darstellen (das ist zu teuer und kann nicht Aufgabe der kritischen Öffentlichkeit sein), sondern Fragen aufwerfen, um deren Lösung sich dann das BfS bemühen muss.

Lobby-Arbeit

Einige Gespräche mit PolitikerInnen und Institutionen fanden in den letzten Wochen statt und werden die Grundlage für weiteres sein. Klar ist, dass sich niemand auf den Weg über Parlament und Behörden verlassen will. Aber durch parlamentarische Anfragen, Positionierungen aus den Parteien und Infoveranstaltungen wird Öffentlichkeit geschaffen, die dringend notwendig ist, um die Leute erstmal wieder für das Thema Morsleben zu sensibilisieren. Denn obwohl hier Entscheidungen mit enormer Tragweite getroffen werden, fühlen sich momentan kaum Menschen davon berührt...

Morsleben-Workshop

Zur persönlichen Absprache findet am 19. Juni der nächste Morsleben-Workshop statt. Eingeladen sind alle interessierten Menschen, BIs und Organisationen, die am Thema dranbleiben wollen. Es soll ein Arbeitstreffen werden, das auch konkrete Ergebnisse für die weitere Arbeit bringt. Schwerpunkte sind die Diskussion der Einwendungsentwürfe, eine Information über aktuelle Aktivitäten, ein Vorbereitungswochenende für das 2005 geplante Kolloquium und die Frage, was es mit dem gerade in Morsleben eingesetzten Verfüllmaterial auf sich hat. Ausgerichtet wird dieses Treffen von einer Gruppe Leuten aus Magdeburg. Veranstaltungsort ist der BUND-Seminarraum in der Olvenstedter Str. 10 in Magdeburg, nur wenige Minuten zu Fuß vom Bahnhof entfernt.

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Ergänzungen