Kommunalwahl in KA: Niemand kandidiert!

Niemand2004 24.05.2004 11:02 Themen: Soziale Kämpfe
Mensch Niemand kandidiert zur Kommunalwahl in Karlsruhe. Ein Bericht zum Wahlkampfauftakt.
Eine Dokumenation für indymedia zum Wahlkampfauftakt.


Wahlkampfauftakt erfolgreich: Niemand verspricht Wahlsieg!

Vor rund 200 Delegierten eröffnete Mensch Niemand gestern den Kommunalwahl-kampf in Karlsruhe.

„1999 haben 59,4 % der Wahlberechtigten in Karlsruhe Niemand gewählt. Ich werde mein Bestes geben, diesen fulminanten Wahlsieg auch 2004 zu
wiederholen!“, präsentierte sich Niemand kämpferisch und siegesgewiss.

Überraschend utopisch fiel dann allerdings das Wahlkampfprogramm aus:
Niemand tritt ein für ein kostenloses und selbstbestimmtes Leben für alle Menschen.

„Darauf hat jeder Mensch ein Recht, unabhängig von seiner Leistungsfähigkeit und unabhängig von der Tatsache, ob ein Mensch seine Arbeitskraft verkaufen kann oder arbeitslos ist. Jeder Mensch hat berechtigte Bedürfnisse, die gedeckt werden müssen. Diese Bedürfnisse entstehen nicht, weil ein Mensch arm oder reich ist, oder woher ein Mensch kommt und wohin ein Mensch geht, sondern einzig und allein aus der Tatsache, dass der Mensch da ist. Diesen gedanklichen Ansatz lassen alle anderen Parteien vermissen“, erklärt Niemand seine Motivation zur erneuten Kandidatur.

Das Programm von Niemand ist damit eine klare Abfuhr an jede Politik der Vermarktung und Privatisierung öffentlichen Eigentums, wie sie vor allen Dingen von der CDU und der FDP vorangetrieben wird. Es ist ein Programm für Autonomie, Selbstverwal-tung und Selbstbestimmung.

„Niemand zu wählen, ist kein Konzept der Gegen-Macht, sondern ein Konzept der Anti-Macht. Niemand zu wählen, bedeutet den zur Wahl Stehenden, die Legitimati-onsgrundlage für deren Politik und Macht zu entziehen. Niemand zu wählen, ist sub-versiv und unkontrollierbar“, so Niemand.

Niemand beschloss den Wahlkampfauftakt mit einer visionären Frage:
„Warum sollten die Dinge nicht anders möglich sein, als sie jetzt sind?“


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NIEMAND stellt sich vor:

Hallo liebe Menschen!


Ich möchte mich Euch vorstellen: Ich bin Nie-mand und stehe zu keiner Wahl. Denn ich bin keine reale Person, sondern eine Idee. Ich spre-che die Sprache, die Du mir gibst. Ich – Niemand – könntest auch Du sein. Ich könnte jeder von Euch sein. Und wenn Du willst, bin ich nett, schön und vor allen Dingen wunderbar-veränderbar!

Das bedeutet: Wenn ich Du bin, und Du mich wählst, wählst Du tatsächlich Niemand außer Dich!
Hätte ich einen Wunsch frei, so wäre dieser, dass Deine Entscheidung, Niemand zu wählen, nicht der Verdrossenheit geschuldet ist. Bewusst Nie-mand zu wählen, heißt nämlich auch, dass Du Dich für die Selbstbestimmung Deines Lebens entschieden hast. Und das ist eine wunderbare Sache!



Als Konzept „Niemand“ bin ich der Ausstieg aus der Unsichtbarkeit: Ich steige aus einem System aus, dass zwanghaft Ungleichheit produziert und sich dabei – auch durch Dich und mich – jeden Tag neu erschafft. Denn ich kürze die Sozialleis-tungen der Stadt so lange mit, wie ich diese Maßnahme durch meine Stimme legitimiere. Und nur so lange werde ich dann auch den Größen-wahn der Stadtverwaltung in Beton gießen oder Menschen obdachlos machen können.

Wählst Du Niemand, bist Du gewissermaßen raus aus dem Schlamassel und kannst versuchen, Dir Dein Leben und das, was zu Deiner Bedürfnisbe-friedigung notwendig ist, in selbstverwalteten Strukturen anzueignen. Damit ist das Konzept „Niemand“ subversiv – und Du kannst ein kon-struktiver Teil davon werden: Denn Du kannst Niemand selbst verwalten!


Dafür trete ich ein:

Ich trete ein für ein selbstbestimmtes und kostenloses Leben für alle Menschen:
Ich will zeigen, dass bestimmte Bedürfnisse zum Leben dazugehören und ihre Erfüllung daher für alle Menschen möglich sein muss!
Ich finde mich nicht mehr damit ab, für Kino, Schwimmbad, einen Kindergartenplatz, die Wohnung, Sportvereine, Kultur oder dem Zugang zu Information und Bildung immer mehr bezahlen zu müs-sen.

Und ich werde keine Vorschläge machen, wo gespart werden kann und wo nicht.
Ich frage Dich lediglich:
Wieso sollten die Dinge nicht anders möglich sein, als sie jetzt sind?

Herzlichst,

Dein Niemand
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Ergänzungen

nicht ganz neu

auch niemand 24.05.2004 - 20:46
Zur Bundestagswahl ist im Wendland bereits die Direktkandidatin Niemand angetreten.

des waehlers stimme

waehler 25.05.2004 - 01:45
nun, eine verstaendnissfrage:
kandidiert wirklich, wie damals im wendland geschehen, jemand unter dem namen "niemand" o.ae. und verspricht, NICHT einzuziehen?
ansonsten, wenn ich "niemand" nicht waehlen kann, es nicht als option zur wahl zur verfuegung steht (wie es hier im text mit "54%" durchklingt)wie kann ich dann "niemand" waehlen? indem ich nicht waehlen gehe?
aber dann waehle ich doch indirekt (vorsicht, effektiv, nicht ideologisch) CDU und andere rechte bis konservative parteien...
denn die kriegen letzlich die prozente der 46% die waehlen gegangen sind - und nur die sind effektiv.
ich verstehe, dass es darum gehen soll, herrschaft zu delegitimieren.
doch dafuer die waffe des wahlzettels (die die herrschenden uns so wenigstens noch zur verfuegung stellen) aus der hand zu geben halte ich fuer naiv - ich gehe waehlen nach dem motto: waehle dir den schwaechsten feind! (und so waehlte ich beim letzten mal auch rot-gruen, einfach weil ich nicht den offenen faschisten stoiber haben wollte, doch bekaempfen tue ich nach wie vor jede regierung, egal wer gewinnt)
und wenn es tatsaechlich einen kandidaten wie "niemand" gibt, waehle ich den, weil dass dann effektiv auswirkungen auf die prozente (niemand faellt bei wenigen stimmen unter "sonstige") der grossen parteien auswirkt und dies dann auch nicht mehr wegbeschrieben werden kann...
denn in den zeitungen ist die zahl "wahlbeteiligung" relativ unwichtig, die endgueltige prozentverteilung allerdings nicht...
aber jedem sein bier, ich wuerd halt nur gern wissen, obs effektiv moeglich ist, "niemand" zu waehlen (was meines erachtens nach die "demokratie" wirklich gefaerden koennte) oder nur ideologisch "niemand" durch nicht-waehlen-gehen gewaehlt wird.

wer die wahl als legitimierungsgebung fuer herrschaft ansieht akzeptiert das mehrheitsprinzip - egal ob er waehlen geht oder nicht.
wer diese legitimierung jedoch prinzipiell als illegitim betrachtet und immer gegen herrschaft handelt - fuer den hat seine stimme auch keine "ideologische" bedeutung oder legitimierung... denn egal wer gewinnt - herrschen darf er doch trotzdem nicht

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 4 Kommentare an

schöner Text! — NIE-MAN

sehr nette aktion!! — mensch@berlin