Kriminalisierung im Baskenland geht weiter

Ralf Streck 15.04.2004 11:51 Themen: Repression
Kurz vor Ostern wurde der Chef der baskischen Partei Batasuna (Einheit) zu 15 Monaten Haft verurteilt, weil er die Untergrundorganisation ETA verherrlicht habe. Der Oberste Gerichtshof im Baskenland bestimmte auch, Arnaldo Otegi dürfe acht Jahre kein öffentliches Amt mehr bekleiden. Würde das Urteil rechtskräftig, müsste er auch sein Mandat als Parlamentarier im baskischen Regionalparlament nieder legen. Doch bis über den eingelegten Widerspruch entschieden ist, bleibt Otegi in der Fraktion Sozialista Abertzaleak (Patriotische Sozialisten).
Otegi hatte auf der Beerdigung der ETA-Militanten Olaia Kastresana, die sich beim Bau einer Bombe im Juli 2001 selbst in die Luft gejagt hatte, gesagt: „Unser herzlicher Applaus gilt den Gudaris (Freiheitskämpfer) die im Kampf für die Selbstbestimmung gefallen sind“. Die 22jährige entstammte der Generation, die nur die vor 25 Jahren verfügten Autonomie kennt: „Sie schloss sich dem bewaffneten Kampf an, um ihren politischen Willen auszudrücken, denn die Autonomie hat den Konflikt nicht gelöst, sondern verlängert”, sagte Otegi.
Damit habe er die ETA verherrlicht. Er habe „Signale der Zustimmung oder Bewunderung für Personen gezeigt, die er als Gudaris bezeichnet.“ Er habe den Eindruck erzeugt, sich ideologisch der Gruppe zugehörig fühlen, „zu der auch die bewaffnete Bande gehört“, heißt es im Urteil. So wird keine Tat, sondern eine Gesinnung bestraft.
Bis zur Neubesetzung des Gerichtshofs im letzten Jahr auf Druck der konservativen spanischen Regierung waren solche Anklagen gescheitert. Nachdem die Partei über ein neues Parteiengesetz im März 2003 verboten wurde, weil sie Anschläge der ETA nicht verurteilt, sondern nur bedauert, und „Ehrungen für Terroristen“ durchführt, sind nun ihre Parlamentarier dran, um sie aus dem Parlament zu werfen. Weil sie die Wähler und keine Partei vertreten, konnte bisher nicht einmal ihre Fraktion aufgelöst werden.
„Solche Urteile sind Werbung für den bewaffneten Kampf, wenn man nicht einmal mehr darüber reden kann...“, erklärte Otegi. Er legte nahe, dass wegen dem Fehlen demokratischer Freiheiten stets Menschen bereit seien gegen die Repression auch bewaffnet zu Kämpfen. Mit Blick nach Madrid fügte er an: „Ihnen würde es gefallen, mich an Handschellen gefesselt aus dem Parlament zu holen“.
Der Parlamentarier Jon Salaberria, der ebenfalls wegen Verherrlichung der ETA angeklagt war, wurde diesmal frei gesprochen. Aber gegen ihn existiert schon ein Urteil, dass ebenfalls nicht rechtskräftig ist. Er hatte im Parlament darüber berichtet, dass im „militarisierten Baskenland“ in den letzten 25 Jahren Tausende verhaftet, gefoltert und ins Exil gedrängt worden seien und etliche Menschen von den Sicherheitskräften oder im Knast umgebracht wurden. Er zog den Schluss: „Alle wissen, dass die ETA keinem ihren Willen aufzwingen will, sondern sie verteidigt nur die legitimen Rechte der Basken“. Wegen „Verherrlichung der ETA” bekam er dafür eine Strafe von 12 Monaten Haft und sieben Jahre Verbot Ämter zu bekleiden.
© Ralf Streck den 13.04.2004
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