CCC ruft zum Boykott der Musikindustrie auf

k.a.a.d. 13.04.2004 20:31 Themen: Netactivism
Der Chaos Computer Club ruft zum Boykott der Musikindustrie auf
CCC fordert zum Boykott der Musikindustrie auf

30. März 2004 (Pylon)

Nach der Klage der IFPI gegen einzelne Tauschbörsennutzer fordert der Chaos Computer Club zum Boykott der von der IFPI vertretenen Plattenfirmen auf. Die Branche solle nicht den Nutzern die Schuld geben, wenn sie selber den Beginn des Informationszeitalters verschlafen und es versäumt hat, ihr Geschäftsmodell an die digitale Welt anzupassen.
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"Informationsfreiheit ist kein Verbrechen
Der CCC hält die Klagen des Bundesverband Phono / der IFPI für stark fragwürdig. Es kann nicht sein, dass die Musikindustrie ihre Ziele dadurch erreicht, in dem sie eine massive Panik vor immensen Schadensersatzforderungen schürt. Solche sind in Deutschland auch gar nicht durchsetzbar. Es geht vielmehr darum, die Nutzer von Tauschbörsen einzuschüchtern. Dies zeigt sich auch bei der Kampagne der Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU) "Raubkopierer sind Verbrecher" . Auch hier werden bewusst juristische Falschaussagen über die Strafbarkeit von Urheberrechtsverletzungen gestreut, um den Tauschbörsen das Wasser abzugraben.

Das Urheberrecht ist kein Naturrecht, sondern ein Ausgleich dafür, dass der Urheber sein Werk der Öffentlichkeit zur Verfügung stellt. In erster Linie ist das Urheberrecht hierbei ein Ausfluß des Persönlichkeitsrechtes. Auch die wirtschaftlichen Verwertungsrechte werden dem Urheber zur Sicherung seiner wirtschaftlichen Existenz verliehen. Hierbei bestehen jedoch immanente Schranken. So darf das Werk für die private Verwendung frei kopiert werden. Diese auch als "fair use" bezeichnete Begrenzung ist eine Ausprägung der Informationsfreiheit und somit ein Grundrecht.

Diesen Umstand versucht die Musikindustrie durch pausenlose Kampagnen zu unterminieren. Sie stellt die Privatkopie auf die selbe Stufe wie Kinderschänder und Rechtsradikale. So forderte der Vorstandsvorsitzende der GEMA auf der Popkomm, nach erfolgreichen Ermittlungsmaßnahmen im Bereich von Kinderpornographie und Nazipropaganda eine Ausweitung dieser Maßnahmen auf Tauschbörsennutzer. So werden die Kunden auf infame Weise verunglimpft..

Die volkswirtschaftlich eher unbedeutende Urheberrechtsindustrie will aber noch weiter gehen. Mit der neuen Richtlinie über die Maßnahmen und Verfahren zum Schutz der Rechte an geistigem Eigentum des Rats der Europäischen Union will sie das Recht erhalten, Hausdurchsuchungen ohne richterlichen Beschluss und auch bei alltäglichen Verstössen durchzuführen. Industriespionage und Missbrauch werden hier Tür und Tor geöffnet.

So fragt sich ein Clubmitglied zu Recht: "Soll jetzt die Bevölkerung kriminalisiert werden, weil der Markt es nicht schafft, das Angebot für die Nachfrage zu liefern? Gesetzliche Sicherheit gegen Marktversagen auf Kosten der Freiheit? Wie kommt es, dass man mit Klingeltönen mehr Geld macht als mit Musik?"

Neben den politischen Gründen für einen Boykott der Musikindustrie gibt es auch noch ganz handfeste pragmatische Gründe:

Mit den Erlösen aus den CD-Käufen bezahlt die Musikindustrie die Klagen gegen unsere Kinder. Wieso sollten wir als Gesellschaft dem Gegner auch noch seine Munition finanzieren?
Mit den Erlösen aus den CD-Käufen bezahlt die Musikindustrie den Kopierschutz, sowohl die Forschung als auch die Umsetzung. Wieso sollten wir als Gesellschaft Technologien finanzieren, deren einziger Zweck darin besteht, uns an der Ausübung unseres Rechtes auf Kopieren zu hindern?
Wir haben das Recht auf Kopien über GEMA-Abgaben auf CD-Brenner und -Rohlinge erkauft. Es ist unglaublich, wenn wir uns jetzt die Ausübung unseres bezahlten Rechtes als "Raub" vorwerfen lassen müssen.

Doch weshalb sind Peer-to-Peer (P2P) Tauschbörsen so beliebt? Als einige Argumente sind zu nennen

Die Qualität der Musik auf dem Markt ist gesunken. Musik, die der Musikindustrie nur einen noch besseren Umsatz beschert, nur kurze Zeit in den Charts zu hören, aber nicht von Dauer ist, lohnt sich nicht für teures Geld zu kaufen. In wenigen Jahren erinnert sich sowieso niemand mehr an die damaligen Stücke.
Der Preis für eine CD ist zu hoch. Zumindest für die hart umworbene Zielgruppe der Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Wie Studien ergaben, kaufen sich diejenigen CDs, die auch ein Einkommen haben, sprich die Gruppe der ab 40jährigen.
Der CD-Kopierschutz hindert Hörer daran CDs auf aktuellen CD-Playern abzuspielen. Selbst etliche Auto-CD-Spieler können die gekaufte CD nicht mehr abspielen. Auch CD-ROM-Laufwerke in PCs lesen die CD nicht mehr ein, um sich die Musik für den privaten MP3-Player umzuwandeln. So bleibt für viele Hörer nur der Weg in Tauschbörsen, um sich diese CD in digitaler Form herunter zu laden und auf eine CD zu brennen, die sich überall abspielen lässt.
Die Auswahl in den Musikläden ist begrenzt. Für Raritäten sind Tauschbörsen eine Fundgrube. Wer nicht in Großstädten wohnt oder die Zeit hat, etliche Plattenläden zu besuchen, kann sich daheim sein Lieblingsstück von vor 20 Jahren runter laden. Ohne viel Suchen.
Tauschbörsen haben sich als ein ideales Vertriebsmittel herausgestellt -- allein eine vernünftige Bezahlfunktion fehlt. An der Musikindustrie ist der Zug des Internets vorbei gefahren. Die Musikhörer haben ihre eigenen Vertriebswege für aktuelle Technik gefunden, die ihre Wünsche befriedigt. Währenddessen hat sich die Musikindustrie weiter darum gekümmert ihre Pfründe zu wahren. Doch viele Hörer sind bereit, Künstler für ihr Werk zu entlohnen. Dazu müssen neue Wege geschaffen werden, um ihnen gerecht das Honorar zukommen zu lassen.

Mit dem Klagen der Musikindustrie muss nun endlich Schluss sein! Der CCC fordert deshalb auf, die Musikindustrie dort zu treffen, wo sie am verwundbarsten ist. Entziehen wir ihnen den Umsatz! Dieser kann dann nicht mehr dazu verwendet werden, in großen Anzeigenserien die Kunden zu diffamieren.

Der CCC hat zu dieser Kampagne Banner zur freien Verwendung erstellt. Tauschbörsennutzer können so Ihrem Unmut Ausdruck verleihen, dass sie das Vorgehen der Musikindustrie nicht gut heißen. Kreative Pixelschubser sendet bitte Links zu euren Vorschlägen an  mail@ccc.de (keine Attachments). Wir bitten um die Einbindung auf möglichst vielen Webseiten.

Abschließend sei auf die Worte von Dirk Bach bei der diesjährigen Echo-Verleihung angesichts der Nominierten verwiesen "Und ihr wundert euch, dass es euch schlecht geht?"
Kampagne zum Boykott der Musikindustrie

/Termine

Hack'eM
(30. April 2004) "



Der Boykottaufruf des Chaos Computer Clubs gegen "die Musikindustrie" als Ganzes war ein Schnellschuss des CCC (wie sie auch selbst sagen) und enthält daher einen Schönheitsfehler: So sehen kleinere Plattenfirmen Tauchbörsen eben nicht als Feinde an, sondern haben auf Nachfrage sogar nichts gegen das Bereitstellen ihrer Stücke in Peer2Peer-Netzwerken. Durch den Boykottaufruf verschwinden sie auch in der Masse der zu schädigenden Gegner. Konsequenter wäre ein Aufruf gegen die fünf großen Musikkonzerne und ihrer Sublabels gewesen
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Ergänzungen

Ergänzung zum Boykott-Aufruf!

Freddy 16.04.2004 - 12:28
Da mein Aufruf z.T. falsch verstanden wurden möchte ich noch etwas hinzufügen :

Dieser Boykott soll sich in der Tat nicht gegen kleinere Labels richten. Es darf sich auch nicht gegen Geschäfte richten, die gebrauchte Medien anbieten. Es soll also nicht der Weg zum Plattenladen gemieden werden, es sollen nur gewisse Regale gemieden werden.

Einen genauen Bericht über die rechtliche Situation bei P2P-Filesharing findet Ihr im PDF unter  http://www.tu-chemnitz.de/urz/ZIN/lehre/de/zin.pdf (auch zur generellen Nutzung des Netzes) und  http://www.informatik.hu-berlin.de/~mayr/arbeit/napster.pdf (datiert Sep 2001, aber seitdem hat sich die rechtliche Lage nur durch den Beginn der Verfolgung der P2P Nutzer geändert)

Ihr seht, eigentlich stehen wir nicht "auf der Seite des Gesetzes", Ziel des Boykotts und der Weiternutzung dieser Programme ist nur, das "Repressionsapparat" zu überfordern, und ein Nachgeben zu erreichen. Die Nutzung dieser Programme hat sich so weit verbreitet, dass das "Repressionsapparat" Prioritäten setzen musste, und vorerst die "grossen Nutzer" im Visier haben (kleiner Tipp: wenn Sie Dateien teilen, halten Sie den "Shared Folder" unter 2 GB, damit Ihr kein Aufsehen erregt). Aber keine Angst, früher oder später kommen schon alle dran. Es sei denn...

WAS UNBEDINGT BOYKOTTIERT WERDEN MUSS!!! sind die neuen Programme, mit denen die grossen Labels jetzt Musik übers Internet verkaufen wollen, also «Musicload» von T-Online z.B., wo die Songs durchschnittlich 30% teuerer sind, als wenn man die entsprechende CD kauft (als Kompensierung für die enormen Verluste durch P2P? CD's an sich sind auch teuerer geworden). Dass die Musikindustrie mit den technischen Errungenschaften nicht mithalten konnte (wollte?) und dann den Fehler auf den Verbrauchern abwältzt, das ist wohl die grösste Unverschämtheit!! Was es im Internet noch nicht gibt wird eben erfunden, und wie beim "Urheberrecht" haben eben die Ersten recht, die es erfinden. Deren Versäumniss sollen die schlucken, und vernünftige Preise machen. Danach erst können wir uns nochmal überlegen, ob wir es den Labels verzeihen. Die Unkosten, die das anbieten der Musik auf das Internet bringen, sind so gering, dass die auf keinen Fall solche Preise rechtfertigen. Der Preis für ein Song im Internet müsste kleiner sein, als der Preis eines Songs auf einer CD. Materialkosten (für z.B. die CD-Herstellung und die Covers), Transportkosten (vom Hersteller zum Laden) und ein Grossteil an Personalkosten fallen aus. Nicht zu vergessen auch viele Zinsverbindlichkeiten aus Investitionen und Amortisierungen, die auf allen Produkten und Dienstleistungen abgewältzt werden!

GUTER WICHTIGER TEXT ...

KRITIKER 17.04.2004 - 02:07
...ABER GLEICHZEITIG EIN CROSSPOSTING !!!
AUF DER STARTSEITE !!!

EURE PRINZIPIENFESTIGKEIT BEZÜGLICH DER VON EUCH POSTULIERTEN ESSENTIALS IST IMMER WIEDER SEHR ÜBERZEUGEND :-)

IHR HAB DIE REGELN AUFGESTELLT, DIE ICH ZUM TEIL FÜR FALSCH HALTE
UND NUN HALTET IHR EUCH MAL WIEDER NICHT DRAN

GLAUBWÜRDIGKEIT ?
WIE GESAGT ICH FIND EURE STARREN REGELN NICHT SINNVOLL
ZITAT:
Um Indymedia als Plattform für eigene Berichterstattung zu konturieren, werden bestimmte Beiträge nicht auf die Startseite gestellt. Dazu gehören:
....schon an anderen Stellen veröffentlichte Texte

NOCH WENIGER EURE BELIEBIGKEIT UND DIE FEHLENDE TRANSPARENZ

INDY DANN MIT DEM BEGRIFF BASISDEMOKRATISCH ZU SCHMÜCKEN IST EINE FARCE UND PURER HOHN

WAS NUN FOLGEN WIRD, IST WOHL MAL WIEDER DIE ABSTUFUNG NACH UNTEN ODER LÖSCHEN /ZENSUR, WIE SO OFT BEI KRITIK



Infos

JK 17.04.2004 - 02:30
...wegen der mangelnden Tranzparenz gibt es die Mailingliste von Indymedia und den IRC. Dort könnt über Indymedia mitdiskutieren und eure Kritik praktischer loswerden.
Auch berchtigte. ;-)

MfG Mod

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Unsinn — Knut

Partikularinteressen ... @Knut — PrinzipienreiterIn

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