Bildung, wo bist du?

evette 02.12.2003 15:54 Themen: Bildung
An der Uni Göttingen ist der neunte Tag des Aktionsstreik angebrochen. Verschiedene Studierende, Dozenten und Professoren unterstützen die Aktionen. Doch kaum einer ist wirklich voll und ganz darüber informiert, welche Kürzungen auf uns zukommen werden und was das von der Regierung des Lands Niedersachsen ausgearbeitete „Hochschuloptimierungskonzept“ für die zukünftige Bildung an Hochschulen bedeutet. Heute hat um 14.00 eine Podiumsdiskussion stattgefunden, um die offenen Fragen für die sozialwissenschaftliche Fakultät zu klären.
Innerhalb der Sozialwissenschaften sind zwei Fächer am stärksten betroffen: Pädagogik und Soziologie. So werden im nächsten Jahr vier Lehrstellen der pädagogischen Fakultät eingespart, was eine extreme Verringerung des Lehrangebots, vor allem der Tutorien, mit sich bringt. Ähnlich sieht es in der Soziologie aus, wo Kürzungen im akademischen Mittelbau stattfinden, d.h. Stellen von Dozenten und wissenschaftlichen Mitarbeitern wegrationalisiert werden. Das kürzlich erst gegründete Zentrum für Europa- und Nordamerikastudien (ZENS) wird über längere Sicht nicht erhalten werden können und muss vollständig gestrichen werden, da einer der zwei Professorenstellen gestrichen, die andere in die Soziologie verlegt werden wird.
Um mit der reinen Auflistung von Fakten abzubrechen, lassen sich alles in allem drei Folgen absehen, die die aktuelle Bildungspolitik bringen wird:
1.das Lehrangebot wird in Qualität und Quantität erheblich geschwächt werden. Tutorenstellen werden massiv eingespart, Seminare werden gestrichen, die große Zahl der Studierenden wird sich auf eine kleine Zahl angebotener Veranstaltungen verteilen müssen, das Studium wird länger dauern
2.die Konkurrenz der einzelnen Fakultäten um finanzielle Mittel wird anwachsen
3.die einzelnen Fakultäten müssen sich auf ihre Kernbereiche konzentrieren, die angestrebte Interdisziplinarität der Fächer wird nicht aufrechterhalten bleiben, so werden z.B. Fächer wie Europa- und Nordamerikastudien gestrichen, Wissenschaft und Forschung wird sich wieder ihren traditionellen Bereichen zu wenden müssen
Sicher lässt sich auch diese Liste noch weiter führen. Diese drei Punkte sind allerdings die wesentlichen Folgen für Studierende und Lehrende, die sich aus der Bildungspolitik des Landes Niedersachen ergeben. Zu dem verschärft die Einführung des Bachelor- und Masterabschlusses und die damit einhergehende Streichung der Magisterstudiengänge massiv. Umstrukturierungen müssen durchgeführt werden, aber ohne die notwendigen Mittel.
Die Interdisziplinarität in einer wachsenden Globalisierung und eine mit den übrigen europäischen Ländern wettbewerbsfähige Bildung werden von allen Seiten ständig gefordert. Jedoch anstatt die geforderten Ziele sicherzustellen und eine Gesellschaft zu erhalten, in der Bildung, Wissenschaft und Forschung nicht nur in wirtschaftlich effizienten Fächern zu einem kulturellen Reichtum führen, wird uns die Basis weggekürzt, auf die unsere Gesellschaft gebaut ist: nämlich die Bildung.
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Ergänzungen