Streikbericht Marburg

Streikbüro 18.11.2003 00:07 Themen: Soziale Kämpfe
Berichte vom Marburger Uni- Streik vom 10- 17.11.2003
Berichte vom Uni- Streik in Marburg

Mit der Vollversammlung der Studierenden vom 6.11. 2003 wurde mit überwältigender Mehrheit ein uniweiter Streik beschlossen. Die Ausgestaltung des Streikes sollte von da an in die einzelnen Fachbereiche verlagert werden. Im Laufe der darauf folgenden Woche schlossen sich diverse Fachbereiche mit unterschiedlichen Formen den Protesten an.
Ám Montag leiteten die Fachbereich 03 ( Gesellschaftswissenschaften und Philosophie) und 21 ( Pädagogik)den Streik mit der Besetzung des B- Turms der geisteswissenschaftlichen Institute (PhilFak) ein. Außerdem beschloß der Fachbereich Chemie sich mit einem Streiktag den Aktivitäten anzuschließen.
Es folgten:

Dienstag:
der Fachbereich PHYSIK hat sich für einen Streiktag ausgesprochen

der Fachbereich BIOLOGIE hat einen Streik beschlossen

Mittwoch:
der Fachbereich WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFTEN hat sich solidarisch erklärt und will sich an einzelnen Aktionen beteiligen. Außerdem wurden die Studierenden der Wirtschaftswissenschaften aufgerufen an der Demonstration am 18.11. in Wiesbaden teilzunehmen.

der Fachbereich PHARMAZIE hat für einen Streiktag gestimmt

der Fachbereich MEDIZIN hat sich für einen eingeschränkten Streik ausgesprochen

der Fachbereich EVANGELISCHE THEOLOGIE hat zwei Streiktage beschlossen

der Fachbereich GEOGRAPHIE ist zu keinem Ergebnis gekommen

der Fachbereich FREMDSPRACHLICHE PHILOLOGIEN hat sich für den Streik entschieden

der Fachbereich JURA hat sich in einer Urabstimmung mit 81 % gegen einen Streik ausgesprochen

Donnerstag:

der Fachbeeich GERMANISTIK streikt

der Fachbereich GESCHICHTE hat in einer Urabstimmung den Streik beschlossen

der Fachbereich MATHEMATIK und INFORMATIK hat sich für einen Streik entschieden

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In der ersten Streikwoche kam es zu mannigfaltigen kleineren und größeren Aktionen in der Uni und in der Stadt. Dazu gehörten Demonstrationen, alternative Lehrveranstaltungen, eine Menschenkette, Diskussionen etc.
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Ergänzungen

Probleme des Streiks

chris 19.11.2003 - 00:10
worum geht es eigentlich in dem streik? nach der beschlusslage von gesamtuniversitärer vollversammlung und diskussionen auf fachbereichsebene geht es vor allem gegen das gesetz zur einführung von studiengebühren der regierung koch. dagegen sind fast alle studis - sogar diejenigen, die prinzipiell gar nichts gegen (langszeit-)studiengebühren haben - was allerdings selbst in durchaus dialektischem sinn ein erfolg dieses gesetzesvorhabens ist: es hat eine politisierung und seine eigene ablehnung hervorgerrufen, aber eben auch zugleich eine generelle akzeptanz für opfer vor allem bei langzeitstudis bedingt.
dann geht es - eng damit verknüpft - um die öffentliche finanzierung der hochschulen und den bruch des hochschulpaktes durch koch und co. das argument geht in etwa so: koch kürzt die eh schon chronisch unterfinanzierten hochschulen gegen eigene zusagen weiter zusammen und verlangt als dankeschön auch noch gebühren, die nicht einmal den unis zugute kommen. man merkt, dass sich dieses argument auch leicht umdrehen lässt hin zu einer befürwortung von studiengebühren, die (zu grösseren teilen) direkt an die hochschulen fliessen.
ein kleinerer teil der marburger studis (der allerdings bei der gesamt-vv und in einigen fachbereich-vvs die mehrheit stellte/ organisierte) richtet sich gegen den gesamten sozialabbau der regierung koch und darüber hinaus von rot-grün. das war ja auch in etwa die stossrichtung der heutigen grossdemo in wiesbaden.
der streik an der uni wird allgemein als druckmittel verstanden, um den wie auch immer weitgehenden protest nach aussen zu tragen und etwa einzelne gesetze der koch-regierung noch zu verhindern. dies vor allem in dem sinne, dass freiwerdende zeit durch boykott von lehrveranstaltungen zur gemeinsamen diskussion der aktuellen themen sowie zur vorbereitung von aktionen genutzt werden soll.
nun sieht sich dieser streik allerdings nach etwas mehr als einer woche bereits mit einer ambivalenz konfrontiert, die von anfang an in ihm angelegt war: mobilisiert er zusätzlich noch in einer eigendynamik protestpotenziale, gelingt es, eine gegenöffentlichkeit zu etablieren, oder reibt er gerade diese potenziale in den endlosen debatten zwischen streikenden und "streikbrechern", zwischen verschiedenen fachbereichen, in der internen organisation des streiks usw. wieder auf? de facto ist die situation im augenblick so, dass bis auf einige fachbereiche in der phil-fak (und auch dort nur bedingt) nicht wirklich konsequent gestreikt wird, obwohl die lehrenden dies sogar mehr noch als 97/98 in der breite unterstützen. das potenzial einer aktiven minderheit mit vielen netten aktionen usw. wurde in den letzen wochen wirklich in marburg wieder einmal freigesetzt, aber gleichzeitig sind die aktiven immer wieder mit dem möglichen zusammenbruch des streiks und persönlichem frust konfrontiert. es wird sich zeigen, wie diese sache weitergeht ...

grüsse chris

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ach je — ehem. jurastudi

juristen — studi lmu

biologen... — bio-student