Eine ganz normale Zeitung

anti 22.10.2003 17:43 Themen: Medien
Heute war die SZ mal wieder besonders aufschlussreich, was die politische richtung in diesem Staat angeht.
Zunächst eine Meldung über die ziemlich lustige und ganz schön bescheuerte Äußerung vom CDU-Obernazi Jörg Schönbohm, man solle den "kriminellen Schulschwänzern" doch einfach "Fußfesseln anlegen", um so jederzeit zu wissen, wo diese sich befinden. Ach wie toll; als nächstes kommt dann eine Serien-Nummer, oder? Motto: "Lernen macht frei"? Diesen Vorschlag sieht sogar SPD-Rechtsaußen und Innenminister Otto Schily als "völlig blödsinnig" an. Aber das hätten die Sozialdemokraten wohl vor einigen Jahren zur "Agenda 2010" auch noch gesagt, oder?

Aber egal. Auf der gleichen Seite eine weitere kleine Notiz: der vorsitzende Richter im Landser-Prozess sei nicht befangen, so der Bundesgerichtshof. Hintergrund: die Bundesanwaltschaft, die die Nazi-Band "Landser" nach § 129 wegen "Bildung einer terroristischen Vereinigung" und wegen "Aufruf zum Mord" (oder so ähnlich) angeklagt hatte, wollte einen anderen Richter - der jetztige hat nämlich "vertrauliche Polizeiinformationen" an den Anwalt der Nazis (und damit natürlich auch an die Faschos selbst) weitergegeben. Die "vertrauliche Information" war in diesem Fall eine angekündigte Hausdurchsuchung bei Berliner Neonazis. Der Richter, so stellte der BGH fest, habe ja nur "verhindern" wollen, dass der Hauptangeklagte (der Gründer von Landser) gegen seine Bewährungsauflagen verstößt. Ach wie nett.

Die dritte Meldung (immer noch auf der gleichen Seite) handelt vom Prozess
gegen drei Magdeburger "Autonome", diesmal sogar mit Foto einer Soli-Demo
für die Beschuldigten. Laut SZ wird ihnen vorgeworfen, ein paar Brandanschläge verübt zu haben, u.a. auf ein Fahrzeug des Bundesgrenzschutzes. Da muss natürlich knallhart durchgegriffen werden - entsprechend befremdet hat es wohl auch den Autor des Artikels, dass der Anwalt der Angeklagten den Prozess als "Schauprozess" bezeichnet hat, der "politisch motiviert" sei, um linke und alternative Strukturen einzuschüchtern. Wie kommt der nur auf SO WAS?

Mensch kann also mal wieder sehen, was derzeit in dieser wunderbaren brd abgeht: ein Innenminister will am liebsten alle Schulschwänzer wie Schwerstkriminelle behandeln, ein Richter darf ungestört mit "seinen" rechtsextremen Angeklagten kooperieren, und ein Terroristenprozess gegen einige junge Menschen, die aktiver gegen das herrschende System vorgehen wollten, ist natürlich niemals "politisch motiviert". Bei uns doch nicht!











(Quelle: SZ vom Mittwoch, 22.10.2003)
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