Henker verjagt, Ziele noch durchzusetzen

silent watcher 18.10.2003 19:34 Themen: Soziale Kämpfe
Zusammenfassung der Ereignisse in Bolivien unmittelbar vor und nach der Verjagung des Henkers Sanchez de Lozada. Grundlage Radio Erbol, Bolpress.com und verschiedene indyquellen weltweit.
Gonzalo „Goni“ Sanchez hat sich mit einem Linienflug in die USA abgesetzt. Er erreichte zunächst den Militärflughafen von Santa Cruz de la Sierra 1.200 Km westlich von La Paz und flog von dort nach Miami. Tausende hatten sich am Abend noch auf den Weg gemacht, um zu versuchen, seine Flucht zu verhindern. Der gestrige Tag war begleitet von einer gigantischen Mobilisierung, in La Paz und El Alto waren bereits am Vormittag 200.000 Menschen auf der Straße, um die Forderungen der für 12 Uhr angesetzten Demonstration zu besprechen. Auf der Plaza San Francisco in La Paz, auf der am Vorabend die größte Demonstration seit bestehen der bolivianischen Demokratie unter massiven repressiven Angriffen der Armee statt gefunden hatte, sollte eine so genannter „cabildo abierto“ ins Leben gerufen werden, eine offene und mit Entscheidungsmacht ausgestattete Versammlung der Straße, die Radio Erbol als eine „sich erneuernde Tradition“ einer „Demokratie der Massen“ bezeichnete. Man hatte außerdem beschlossen, vor der Eröffnung der Versammlung eine symbolische Aktion durchzuführen, bei der blutgetränkte bolivianische Flaggen gewaschen werden sollten. Eine große, blutige Bolivien-Fahne war auch schon vor der US-Botschaft ausgebreitet worden. Nach Angaben des Koordination der Gewerkschaften, der sozialen und zivilen Organisationen und des „movimiento vecinale“ verstand man die geplante Aktion als ein „Ritual“ um einen „neuen Start der bolivianischen Demokratie ins Leben zu rufen“. In vielen Ländern der Welt vermehrte sich die Zahl der Solidaritätsinitiativen, während immer mehr lateinamerikanische Sender begannen, Direktübertragungen von Radio Erbol auszustrahlen.

In El Alto waren Polizei, Militär und Träger ziviler Ämter inzwischen aus dem Straßenbild verschwunden, 500 der 562 Stadtteilkomittees, die „juntas vecinales“ übernahmen die Selbstverwaltung. Alle Häuser, die in El Alto von der Polizei verlassen worden waren, wurden zerstört, eine Herstellungs- und Lageranlage von Pepsi wurde geplündert, eine Tankstelle explodierte. Vier Fußgängerbrücken wurden zertrümmert, die Trümmer wurden Bestandteil von ebenso vielen Barrikaden, entlang der Verkehrsader, die nach Peru führt. Mindestens 10.000 Einwohner El Altos legten die 12 Km nach La Paz zu Fuß zurück, um dort an dem „Cabildo“ teilzunehmen. Wie sie waren Tausende seit den frühen Morgenstunden unterwegs nach La Paz, beispielsweise Bergarbeiter aus Potosí, und Oruro, wo am Donnerstag bei sehr großen Demonstrationen weitere „Cabildos abiertos“ ins Leben gerufen worden waren, um den Rücktritt des Präsidenten zu fordern und die lokale Selbstverwaltung zu beschließen, so wie es auf der Hochebene bereits seit einer Woche der Fall war, auf Grundlage einer Zusammenarbeit der sozialen Organisationen und der „juntas vecinales“ und der Selbstverwaltung der Tauschprozesse und der Dienstleistungen. Ebenso unterwegs nach La Paz waren Bergarbeiterkooperativen aus Huanuni, Cocaleros aus den Yungas sowie vecinos aus den ärmsten Vierteln der Stadt und viele mehr.

Alle Bürgermeister der Hochebene waren zuvor in Solidarität mit den Bürgern „im Aufstand“ in den Hungerstreik getreten. Als 20.000 Campesinos aus Patacamaya durch die von dem mittleren und hohen Bürgertum bewohnten Viertel im Süden von von La Paz liefen, begannen Hunderte Bewohner dieser Stadtteile, den Campesinos zu applaudieren. Ein seit zwölf Jahren in Bolivien lebender italienischer Geistlicher sagte bei einem Radio-Interview „Es war unglaublich, wie diese mit modischem Outfit westlich gekleideten Leute diesen hungrigen und in Lumpen gekleideten Menschen derartige Huldigungen zollten und ihre Erwiderung auf den Beifall annahmen. Die ‚Reichen’ von La Paz gingen hinunter auf die Straße und bildeten eine Menschenkette bis ins Zentrum und forderten ebenfalls ‚Goni’’s Rücktritt. Angehörige der Zivilgesellschaft traten vielerorts in den Hungerstreik, die Gewerkschaft der Journalisten verurteilte die Rolle der USA in den internen Angelegenheiten Boliviens und betonte besonders die Rolle des US-Botschafters und des US-Militärbeauftragten, die als wahre Regisseure der finsteren Umtriebe Sanchez de Lozadas agiert haben sollen.

Ebenfalls am Donnerstag war in Cochabamba aus einer riesigen Demonstration am Abend eine Volksversammlung erwachsen, an der auch der Cocalero Evo Morales, Chef des MAS (Bewegung für den Sozialismus) und der Sekretär der vereinigten Gewerkschaft COB Jaime Solares teilnahmen. Anschließend kam es in Cochabamba zu einer erneuten Demonstration von Cocaleros, die massive Blockaden auf der Autobahn einrichteten, die zum größten Hafen des Landes Santa Cruz führt und so unbefahrbar gemacht wurde. Auch am Freitag Morgen war in Cochabamba eine weitere Demonstration im Gang.

Präsident Sanchez, der am Vortag noch versucht hatte, sich mit getürkten Umfrageergebnissen zu legitimieren, nach denen 65% der Bolivianer auf seiner Seite sein sollten, gab derweil der internationalen Presse ein interview. Wie besessen wiederholte er immerzu, dass er Opfer eines Putches sei, dass der soziale Protest die Zerstörung der Demokratie zum Ziel habe und dass es sich dabei um eine „anarcho-narco-bewegung“ handle, die vom Drogenhandel finanziert werde. Selbst als sich die Mittelklasse mit der Forderung nach einem grundlegenden Wandel, der mit dem Rücktritt Sanchez’s zu beginnen habe, den Protesten angeschlossen hatte, blieb Sanchez unbeweglich.

Die Ratten hatten jedoch bereits begonnen, das sinkende Schiff zu verlassen. In der Nacht war der Sprecher und Vertraute Sanchez’s zurückgetreten, am Freitag folgte der Rücktritt des nationalen Sekretärs der Exekutive Manfred Reyes Villa von der rechten Partei Nueva Fuerza Republicana (NFR), der diesen nach einer Unterredung mit Sanchez auf einer Pressekonferenz verkündete. Der Us-Botschafter David Greenlee verlor in Hinblick auf eine verfassungsrechtlich geführte Substitution Sanchez’s ebenfalls keine Zeit und traf sich noch in der Nacht zum Freitag zu einer Krisensitzung mit dem Vizepräsidenten Carlos Mesa. Die Mittelklasse, die Bürokratenkaste und zahlreiche Unternehmer bemühten sich ebenfalls im Sinne einer Substitution Sanchez’s, die Position Mesas zu stärken. Die über Tausend Personen aus der Mittelklasse, die in den Hungerstreik getreten waren, favorisierten eindeutig die „verfassungsrechtliche“ Nachfolge Sanchez’s durch den Vizepräsidenten.

Nachdem der Sprecher des Präsidenten Mauricio Antezana, eine Schlüsselfigur des politischen Zusammenhalts der Koalition, die das Kabinett der Exekutive Stützte, in der Nacht zum Freitag zurückgetreten war, kam es zum Bruch innerhalb der Partei MIR, die angeblich mitte-links, aber tatsächlich eben ein Eckpfeiler der Regierungskoalition war. Viele Abgeordnete, Ratsmitglieder und lokale Funktionäre sprachen sich für den Rücktritt Sanchez’s aus. Auch der zurückgetretene Bildungsminister, einer der höchsten Funktionäre der MIR, hatte inzwischen der Führungsgestalt Paz Zamora, vormals Staatshaupt und Freund Washingtons, den Rücken gekehrt. Der Vizepräsident Carlos Mesa erklärte sich als Unabhängiger und „fern“ der Regierung.

Der Versuch des Außenministers Carlos Saveedra Bruno, die Karte der OAS zu spielen, der Organisation der amerikanischen Staaten, die sich der Unterstützung ‚Gonis’ durch die USA angeschlossen hatte, war gescheitert. Die von Argentinien und Brasilien am Vorabend ausgesandten Vermittler Aurelio García und Eduardo Escuria, die den Auftrag hatten, „der konstitutionellen Regierung zu helfen, Lösungen für die Krise zu finden“, waren am Freitag eingetroffen, kamen aber definitiv zu spät. Die Einberufung einer parlamentarischen Plenarversammlung durch Mesa und die Rücktritte mehrerer Politiker waren ihnen zuvorgekommen. Auch die durch den EU-Gipfel in Brüssel verkündete Unterstützung der Sanchez-Regierung half nicht, „el gringo“ zu retten.

Dieser begann also, Vorbereitungen für die Flucht zu treffen. Während eines Interviews mit Erbol rief Evo Morales dazu auf, den Militärflughafen von El Alto zu umzingeln, um eine Flucht „Gonis“ im Stil Fujimoris zu verhindern. El Alto reagierte sofort, Tausende Campesinos, Mineros und Vecinos machten sich auf den Weg. Armeeeinheiten begannen, die Menschen unter Tränengas zu setzen und mit Panzern vorzufahren, aber die Menschen gingen „nicht von der Straße, die Frauen“ waren „im Begriff die ersten Reihen zu belegen und forderten die Verhaftung von „Goni dem Mörder“, in dem sie ihre bloßen Hände zeigten“.

Einziges verbliebenes loyalistisches Bollwerk war die Stadt von Santa Cruz, aber auch dort strömten Zehntausende Arbeiter und Studenten die Plaza 24 Febrero. Es gelang ihnen, die Polizei und die Armee zurückzudrängen, auch sie forderten, wie alle im ganzen Land, den Prozess für die Verantwortlichen der Massaker. Im Kongresspalast waren gerade einmal 20% der Abgeordneten eingetroffen, viele von ihnen kamen nicht weg von El Alto, dem einzigen funktionierenden Militärflughafen. Wegen der Entschlossenen Bewachung des Flughafens von El Alto durch die bolivianischen Menschen, die die Festnahme Sanchez’s wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit forderten, hatte Sanchez seine Fluchtpläne geändert. Zunächst verweilte er in der Region La Paz im Colegio Militar de Bolivia, sechs Kilometer von der Präsidentenresidenz entfernt, die er gegen 16 Uhr Ortszeit verlassen hatte. Sanchez erwägte wohl, über Tacna oder Arica nach Peru zu flüchten. Durch direkte Bemühungen des peruanischen Präsidenten Toledo waren zwei peruanische Überseemilitärhubschrauber nach Bolivien gestartet. Gemeinsam mit Sanchez wartete der Verteidigungsminister Sánchez Berzáin, Kryptofaschist und Freund des weißen Hauses Fluchthilfe zu bekommen.

Derweil fanden weiter Zusammenstöße mit den in El Alto aufgestellten Einheiten statt, aber auch in Santa Cruz, eine Stadt die zum ersten Mal seit beginn des bolivianischen Aufstands Schauplatz einer massenhaften Mobilisierung der Bevölkerung war. Die Polizei wurde dort von Provokateuren und von Schlägergruppen der extremen faschistischen und rassistischen Rechten flankiert, die Dynamit explodieren ließen und mit Pistolen in die Menge schossen, die mit Steinwürfen und Barrikaden die Plaza 24. Febrero verteidigte, nachdem sie bereits die Polizei zurückgedrängt hatte. Große Kolonen Mineros aus dem Norden und Cocakleros aus der Landesmitte fuhren damit fort, nach La Paz zu marschieren, aus den Yungas und aus Cochabamba gesellten sie sich der Bewegung der „vecinos“ aus La Paz und El Alto und zögerten die Totalblockade des Straßenverkehrs hinaus. Evo Morales teilte mit, dass er eine verfassungsgemäße Substitution Sanchez’s befürwortete, mit Übergabe einer Interimspräsidentschaft an Carlos Mesa, der schon am Montag auf Distanz von „Goni“ gegangen war. Erklärtes Ziel dabei die unbedingte Verhinderung der Einrichtung einer von den Parteien beeinflussten Regierung zugunsten der Einberufung eines Gründungsplenums, wie sie alle Protagonisten des Aufstands zu favorisieren scheinen, von den indigenen Aufständischen zu den Juntas de vecinos der Hochebene zur Cocalero-Bewegung zur Vereinigten Arbeitergewerkschaft COB und der Landarbeitergewerkschaft CUSTB.

Nachdem drei Pentagonspezialisten bei der US-Botschaft in La Paz eingetroffen waren, änderte Sanchez ein drittes Mal seine Fluchtroute. Der zurückgetretene Präsident bereitete sich nun darauf vor, gegen 22 Uhr das Land Richtung Miami zu verlassen. Rege Bewegungen von militärischen Einheiten rund um den Colegio Militar de Bolivia und ein intensives kommen und gehen von Flugzeugen und Hubschraubern im Himmel von La Paz begleiteten die Stunden der Fluchtvorbereitung, während das Parlament sich versammelte, um dem Regierungswechsel zuzustimmen. Aus del laderas von La Paz und aus El Alto sind Menschen auf dem Weg zum Colegio Militar. Es wird ihnen jedoch nicht gelingen, Sanchez an der Flucht zu verhindern.

Seit 17 Uhr Ortszeit war die um 20 weitere Bereiche der bolivianischen Arbeitswelt erweiterte Exekutive der COB versammelt, um eine Resolution zu erstellen. Die Sitzung startete nachdem die Caracoles eingetroffen waren, die zu den Protagonisten der Anfänge der Revolte in Patacamayam gehören und vor fast einem Monat bei den Kämpfen zwei Tote zurücklassen mussten. Die Caracoles haben bei ihrer Ankunft in La Paz unter tosendem Beifall der bereits seit Stunden auf dem größten Platz der Hauptstadt versammelten vecinos aus La Paz und Eln Alto verschiedene kleine Dynamit-Ladungen gezündet. Die Resolution sollte die Forderungen enthalten, die an die Regierung von Carlos Mesa gerichtet werden sollen. Die wichtigste Entscheidung war die bezüglich der unbefristeten Fortsetzung des Streiks, der in diesen Tagen zur Zusammenarbeit der Arbeitergewerkschaft (vor allem der Bergarbeiter) mit den Bauernorganisationen, mit den Indigenen und der Bewegungen der Vecinos von El Alto und La Paz, den Cocaleros des Chaparé und der politisierten Mittelklasse.

Jaime Solares, historischer Frontmann der COB erklärte, dass der Streik auch zum Schutz der Klassenunabhängigkeit der Gewerkschaft fortgesetzt werden wird und erklärte weiterhin die „Nicht-Unterstützung einer Regierung, welche die Interessen der Arbeiter nicht einbezieht“, wie die angekündigte Übergangsregierung des Carlos Mesa. Solares erklärte auch, dass sich unter den Bedingungen, die im Minimalprogramm der COB enthalten sind, zwei befinden, die für ein Überdenken des Streiks zwingende Erfüllung verlangen: die Verpflichtung der Regierung, jede Ausfuhr bolivianischen Gases nach Peru oder Chile zu verhindern und die sofortige Streichung des Gesetzes über die Kohlewasserstoffe in dem die Klausel enthalten ist, die es „Goni“ ermöglicht hatte, den Plan umzusetzen, der ihm gvon Weltbank und weißem Haus vorgeschrieben worden war.

Solares hat außerdem erklärt, dass die soziale und zivile Aufstandsbewegung die den Präsidenten verjagt hat einstimmig die schnelle Durchführung eines Prozesses gegen diesen und seiner Entourage fordert, als „Verantwortliche für den Versuch des Genozids an die bolivianische Bevölkerung“. Schließlich verfasste die COB einen formalen Brief an Mesa in seiner Rolle des Präsidenten des Ministerrates, damit der Kongress „jede Bereitschaft zum Eintritt ausländischer Truppen in das Land abweise“. Dieser Brief wurde verfasst, weil die Nachricht eintraf, dass das Pentagon die Entsendung von Truppen zur Verteidigung der US-Bürger und ihrer Botschaft in La Paz verfügt hatte. Am morgen hatte 100 in Bolivien lebende US-Bürger eine Erklärung unterschrieben, in der sie Washington darum bitten, „nicht in den inneren Konflikt zu intervenieren“. Sie erinnerten die Regierung der USA, dass „die Bolivianer das Recht haben, ihre politische Zukunft selbst zu bestimmen, frei vom Druck oder von Sanktionen der USA“.

In den Straßen Boliviens feierten die Menschen die Verjagung des Henkers. Der Bürgermeister von El Alto sagte: „Dieser ist ein großer Sieg. Es ist eine Ohrfeige für die USA, die den Henker bis vor wenigen Stunden entschieden verteidigten. Das bolivianische Volk ist stärker als 900 Killer, die bei der US-Botschaft arbeiten“. Zehntausende Bewohner von La Paz und El Alto, tanzten zusammen mit den Menschen, die am Vortag aus den Yungas, aus Potosí und aus Oruro gekommen waren um die Feuer, die vor dem Kongresspalast angezündet wurden. Sie tanzten zwischen den Panzern, und die Militärfahrzeuge die überall in der Innenstadt von La Paz herumstehen, aber in der Nacht nicht in Betrieb waren.

Der frisch eingesetzte Präsident Mesa wies sein politisches Programm als Übergangsprogramm aus, und übernahm vorerst die Forderungen die von der Bevölkerung in den Straßen gestellt wurden. Mesa erklärte auch, dass er ohne die Unterstützung der politischen Parteien regieren wird. Bei seiner Antrittsrede ehrte Mesa die 80 Opfer der Repression der vergangenen Tage. Er kündigte ein nationales Referendum an, ein Volksentscheid, um Entscheidungen bezüglich einer möglichen Ausfuhr von Gas in die nordamerikanischen Märkte zu treffen; er stellte jedoch klar, dass dieser Entscheid im Gegensatz zu dem von Sanchez angekündigten Referendum verbindlichen Charakter haben und so die Entscheidung der Regierung bestimmen soll. Der neue Präsident versprach eine Untersuchung des umstrittenen und von Protest begleiteten Kapitalisierungsprozesses und auch eine Revision des Gesetzes über die Kohlewasserstoffe, das nach dem Willen der Bevölkerung annulliert werden soll.

Mesa kündigte an, dass er ab heute den Weg ebnen wird, damit definiert werde, „was für ein Land wir wollen und welche die Spielregeln sein werden“. Er wies seine Regierung als Übergangsregierung aus und bat den Kongress die für 2007 vorgesehenen Wahlen vorzuziehen. Mesa kündigte des weiteren an, dass er ohne Beteiligung der politischen Parteien regieren wird, um „die Glaubwürdigkeit des politischen System zurückzugewinnen“. „ohne euch, werde ich nicht regieren können. Ich bin der erste nationale Diener. Ein Diener, ein Mensch, der der Nation dient, nicht einer, der sich der Nation bedient“, sagte der neue Präsident, der zugleich auch Journalist ist. Bevor er sich verabschiedete, bat er die sozialen Organisationen um eine Kampfpause zum Zweck der Wiederherstellung des Friedens.

Wie bereits geschildert, hat Jaime solares kurz vor Mitternacht örtliche Zeit im Namen der Central Obrera de Bolivia, der vereinigten Gewerkschaft COB, erklärt, dass seine Branche solange die Mobilisierung aufrecht erhalten wird, bis die Forderungen der erweiterten Exekutive Erfüllung finden werden, die am frühen Abend bekannt gegeben worden waren. Solares hatte gesagt, dass er und seine Mitstreiter darauf warten würden, am Samstag vom neuen Präsidenten empfangen zu werden, um ihm die Basisforderungen vorzustellen.

Der Chef des MAS, der Cocalero Evo Morales hat der erbetenen Kampfpause zugesagt, aber betont, dass es eine sofortige Rückaneignung der Kohlenwasserstoff Ressourcen geben müsse. Morales bleibt in Cochabamba, dort will er sich mit den Aktivisten des MAS treffen, um mit ihnen die Antworten auf die Vorschläge der Regierung zu besprechen. Er hat bereits vorweggenommen, dass seine Bewegung die Regierung bezüglich des Schicksals der Gasausfuhrpläne und der Rücknahme des Dekrets 24806 über die Kapitalisierung der Kohlewasserstoffe auf den Prüfstand stellen wird.

Die ehemalige Defensora del Pueblo Ana Maria de Campero, die die Eindämung der militärischen Repression bei den letzten beiden Masseninitiativen auf der Plaza de San Francisco aushandelte und mit einem Aufruf die in mehreren Kollektiven getragene Hungerstreikwelle innerhalb der Mittelklasse ausgelöst hatte hat die Rede Mesas als Beweis dafür begrüßt, dass „der neue Präsident die Forderungen des Volkes verstanden hat“. Sie hat infolgedessen einen neuen Aufruf an die Hungerstreikenden gerichtet, unter denen sich viele Geistliche, Professoren und Bürgermeister befinden, diesen abzubrechen.

Es werden schließlich auch erste Reaktionen der Parteien vermeldet, die von Mesa nach eigenen Angaben nicht an der Regierung beteiligt werden sollen. Die Sprecherin der MNR, der stärksten Partei im Kongress hat erklärt: „Wir fühlen uns ausgeschlossen, wie werden sie ohne uns regieren können?“.
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Ergänzungen

Über den US-Botschafter

:: :: :: 18.10.2003 - 19:42
Seine Geschichte hier: (in spanischer Sprache)

 http://membres.lycos.fr/juguete/articuloprincipal.htm