Selbstmord im Gefängnis?

Thomas Meyer-Falk 30.09.2003 14:47 Themen: Repression
Selbstmord im Gefängnis? Weshalb mußte B. sterben?
Selbstmord im Gefängnis? Weshalb mußte B. sterben?

Er war ein beliebter Gefangener, er denunzierte und spitzelte nicht, er hatte Charakter ? ja, und er beteuerte immer und immer wieder, daß er unschuldig sei. Er wandte sich an Abgeordnete, an Ministerien und Anwälte, immer mit dem Satz :? Ich bin unschuldig!?.

Wir kennen aus Berichten aus den USA, daß regelmäßig Gefangene freigelassen werden, teils nach 15, 20 Jahren, weil sich ihre Unschuld herausstellte; auch in Deutschland ist so etwas möglich. Ich kannte Herrn B. nicht persönlich, aber auch hier in Isohaft bekam ich hie und da etwas über ihn mit.

Beispielsweise, daß er offenbar 2004 seitens des Gerichts auf Bewährung hätte entlassen werden sollen, ihm aber seitens der Gefängnisleitung nicht die dringend notwendigen Vollzugslockerungen gewährt wurden. Wie soll sich ein Mensch nach über 15 Jahren Haft draußen zurecht finden ohne vorheriges Lockerungsprogramm!?

Nun ist gerade die JVA Bruchsal besonders restriktiv was die Gewährung von Urlaub und Ausgang angeht, wurde doch das Land letztes Jahr vom Oberlandesgericht verurteilt, der Tochter eines Mordopfers Schadenersatz zu bezahlen. Die JVA Bruchsal hatte einem Gefangenen der z.B. sadomasochistische Briefwechsel pflegte, in den gelockerten Vollzug verlegt, von wo aus dieser dann eine junge Mutter während eines Ausgangs ermordete.
Herr B. jedoch, so hörte man, wurde von einem Gutachter attestiert keine Gefahr für die Allgemeinheit darzustellen! Warum wurden ihm dann die Lockerungen verwehrt? Niemand weiß es!
Jedoch soll ihm in Aussicht gestellt worden sein, an einer Freizeit im Schwarzwald teilnehmen zu dürfen. Hier reisen Gefangene mit ein paar Beamten für einige Tage in eine Hütte im Schwarzwald, um so das Leben ?draußen? kennen zu lernen.
Auch das wurde ihm letztlich wohl versagt.

Ziel des Strafvollzuges ist es die Resozialisierung; das Bundesverfassungsgericht betont regelmäßig, daß Gefangenen Vollzugslockerungen zu gewähren sind, sofern keine Flucht- oder Mißbrauchsgefahr besteht, damit den schädlichen Folgen des Freiheitsentzuges entgegengewirkt und der Gefangene nicht lebensuntüchtig wird.

Herr B. wird mit Sicherheit nicht straffällig werden.
In der Nacht von Freitag, 26. September 2003, auf Samstag, 27. September 2003, starb Herr B. in der Justizvollzugsanstalt Bruchsal. Er soll, was aber von offizieller Seite noch nicht bestätigt wurde, erhängt an einer Stange über dem WC seiner Einzelzelle gefunden worden sein. Er starb wenige Stunden nachdem ihm mitgeteilt wurde, daß er nicht in den Schwarzwald dürfe. Sein Lebenswille war erschöpft.

Thomas Meyer-Falk, c/o JVA Z.3117
Schönbornstraße 32
D-76646 Bruchsal
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

16./17. Oktober 1977

paola 01.10.2003 - 14:11
ist ja (leider) nicht das erste mal, dass in deutschen gefängnissen menschen (indirekt) zu tode gefoltert werden. ich will hier jetzt gar nichts zu schuldig oder unschuldig sagen, fest steht, dass in den gefängnissen menschen sitzen und keine monster! allerdings wird mit diesen menschen umgegeangen, als wären sie schlimmer als der letzte dreck. und das nicht nur in amerika, wo es ja auch noch die totesstrafe gibt, sondern auch bei uns in deutschland!
am 16./17. oktober 1997 brachten sich die in isolationshaft sitzenden raf-terroristen im stammheimer gefängnis um. nur eines von vielen beispielen, wo isolationshaft und folter häftlinge in den selbstmord getrieben hat.

angesichts des obigen artikels und angesichts der tatsache, dass wir bald wieder den 16./17. oktober haben, halte ich es für sinnvoll, ja sogar für notwendig, öffentlich auf die zustände in deutschen gefängnissen aufmerksam zu machen, denn der großteil der bevölkerung ist, wie so oft, unwissend.

der knast bringt den tod mit sich!

anarchynoprison 01.10.2003 - 16:12
soso,die "raf-terroristen" haben sich also umgebracht... naja soll jede/r glauben, was er/sie will, aber ich dachte, es ist mittlerweile fast schon belegt, dass es staatlicher mord war und selbstmord in ihrer situation schlicht unmöglich, aber naja...
es müssen auch nicht isofolter, oder sonstige mißhandlungen sein, die das erfolgskonzept des gefängnisses ausmachen. und in erster linie ist dieser erfolg nun mal der tod, denn der knast hat den tod durch hängen etc. nicht abgeschafft, sondern nur verfeinert und unsichtbar gemacht. lebendig begraben zu sein heißt nicht tod zu sein, aber den tod immer vor augen zu haben, als letzte möglichkeit und durchaus von denen, die's erfanden, gewollt. was ist der unterschied zwischen lebenslänglich und todesstrafe? selbstmord heißt manchmal dem urteil zu entgehen, nie wieder mensch sein zu können, weil einem das menschsein durch den knast abgesprochen wird, solange man unter menschsein nicht den körper sondern soziale bedürfnisse, notwenigkeiten, etc, eines sozialen wesens versteht, das abgekapselt, eingesperrt, isoliert mit nichts als sich selbst konfrontiert wird. und nach dem knast? strafregister, arbeitslosigkeit, chancenlosigkeit, bis zur einzigen chance, die verbleibt, dem rückfall, und wieder halb tod, bis er dann irgendwann eintritt. und warum? um die schäfchen ruhig zu halten und gleichzeitig die zu "entfernen", die sich dagegen wehrten,aufbegehrten. nicht schuldig oder unschuldig - konform oder unkonform.

knäste abschaffen!

Ich kannte B..

Einer seiner Freunde 27.10.2003 - 19:42
Wer auch immer den vorangegangen Artikel geschrieben hat, ich möchte ihn auf alle Fälle ergänzen und dafür danken dass er ein paar Worte für T.. übrig hatte.
Um es vorweg zu nehmen: ich sitze nicht in Bruchsal sondern war ein guter Freund von T.B. Vieleicht war ich sogar einer der wenigen die von seinr Unschuld überzeugt waren.
Ich habe B.. über mehrere Jahre hinweg in der JVA besucht da wir uns schon seit unserer Kindheit kannten.
Die Tatsache, dass ich meine Frau und auch meine kleine Tochter ab und zu mitnahm, sollte es noch unterstreichen, das T.. meines Erachtens niemals wirklich gefährlich war.
Bei seiner Beisetzung stand ich einige Sekunden verweilend vor der herabgelassenen Urne und konnte mir die Worte nicht verkneifen: " Es passt einfach alles nicht" ...Warum ??? ca. 3 Wochen vor seinem Tod habe ich T. besucht und garantiert gab es keine Anzeichen von Frust oder Resignation. Warum auch T.. sollte bald entlassen werden und einige Freigänge waren dem ja auch schon vorausgegangen.
Er war schon dabei seine Zukunft zu planen.
Über 110 Patente hatte T.. beim Patendamt während seiner Gefangenschaft
eingereicht... darunter auch welche von denen sogar Politiker in Form von Sicherheit heute profitieren.
Er war wieder voller Hoffnung hatte sogar eine Freundin von der er mir erzählte.
Ja..ich stehe dazu.... "es passt alles nicht"
Wie gesagt offiziell ist sein Freitod bis heute nicht bestätigt.
Und einen Abschiedsbrief gab es angeblich auch keinen.
Und dies obwohl Schreiben doch sein Lebenshinhalt war.
Mitteilungsbedürftig war er immer und ein Lächeln gab es auch immer.
Sein letzter Brief an mich ist gerademal 3 Wochen vor seinem Tod an mich abgeschickt worden.
Ein kleines Zitat ? : Endlich kommt Bewegung bei mir rein.
Aber selbst wenn es kein Freitod (im üblichen Sinne) gewesen wäre.
Wer wird schon im Falle eines verurteilten Mörders recherchieren.
Bei mir oder seinen Eltern war auf alle Fälle niemand.
Komisch oder ?.. bei jedem unnatürlichen Tod wird selbst bis in die kleinsten Ritzen ermittelt.
Bei T. offensichtlich gar nicht.
Schade... T. war wirklich ein guter Mensch... und "Fehler" ich denke die haben wir alle schon einmal im Leben gemacht.
Seinen Zellengenossen sei gesagt: Euer Blumengruß war überwältigend !!!
T.B. hat über 16 Jahre versucht seine Unschuld zu beweißen.
"Jetzt" wo seine Entlassung zum greifen nah schien...... ist er gestorben.
Selbst wenn er wirklich den Freitod gewählt haben sollte.... sein Leben haben ihm andere genommen.
"Ich" auf alle Fälle werd ihn nie vergessen.
Ein Freund

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 3 Kommentare an

scheiß staat — rotesocke23

Genau abschaffen — Warhead