rassismus becampen

die camperinnen 21.08.2003 20:33 Themen: Antirassismus
fotos und text zu 1. antirassistischen soli-grenzcamp in göttingen
Zusammen gefaßt kann mensch sagen, dass es eine spaßige und erfolgreiche Aktion war.
40 bis 60 Leute (je nach Einschätzung), Infowand, Pavillon, mehrere Zelte, Vokü und Filme wurden geboten. Besonders bemerkenswert war das im reizüberfluteten Göttingen große Interesse von "BürgerInnen", die sogar praktische Solidarität zeigten als die Herren in Grün eine willkürliche Personalien-Kontrolle durchführen wollten (am Anfang lag keine Anmeldung vor). Sie machten ihnen klar, dass das ja alles andere als deskalieren wäre und es mit ihrem Demokratieverständnis wohl nicht weit her sei. Weil die Göttinger Hundertschaft gerade Wandertag hatte und sich eine Passantin als Anmelderin fand, gaben sie sich den Umständen entsprechend zufrieden.
Nebenbei lauschte die Niedersächsische Justizministerin und andere CDU\FDP Mitglieder des Arbeitskreises Recht und Verfassung des Landtages die gerade auf Besuch ihres Göttinger Parteifreundes waren dem Redebeitrag.


Eines von zwei Flugblättern:
Wir sind heute hier wegen des brutalen Polizeiübergriffes
auf das Grenzcamp in Köln am 9.August

Seit sechs Jahren findet jeden Sommer in verschiedenen Städten ein antirassistisches Grenzcamp statt. Vor zwei Wochen schlugen 1000 Menschen aus vielen verschiedenen Ländern ihre Zelte auf, um in diesmal in Köln gemeinsam gegen die gegenwärtige Flüchtlings- und Migrationspolitik zu protestieren. Besonders kritisiert wurde die deutsche Abschiebepolitik, die regelmäßig zur Deportationen von Männern, Frauen und Kindern in bekannte Folterstaaten durchführt. Am Morgen des 9. Tages wurde das Camp komplett von der Polizei umstellt, während zeitgleich ein (Neo)Naziaufmarsch durch Köln marschieren konnten.

Den Teilnehmenden des Grenzcamps wurde mitgeteilt, das ein Verlassen des Camps nur nach einer "Erkennungsdienstlichen behand-lung " (mit Fotoaufnahmen, evtl. Finger-abdrücken) erlaubt wird. Von weiten Teilen der CamperInnen wurde dies als repressive Schikane zurückgewiesen.
Es folgten mehrere Attacken der Polizei mit Schlagstöcken und Reizgas (was bei 40°C im Schatten zu Verbrennungen der Haut führt). Außerdem wurde trotz dieser Temperaturen und dem Gaseinsatz dem Camp für 2 Stunden das Wasser abgestellt, was dem Sanitätszelt die Behandlung der Verletzten unmöglich machte.
Gegen 22.00 Uhr wurden die ca. 250 Teil-nehmerinnen, die die Feststellung ihrer Personalien verweigerten, unter Anwendung körperlicher Gewalt nach 12 Stunden polizeilicher Umzingelung verhaftet. Ein solches Vorgehen stellt eine Verletzung der Menschenwürde und der Meinungsfreiheit dar.Es kriminalisiert Antirassismus.
Genau dieses Verhalten stellt die Kontinuität einer Politik dar, gegen die das Grenzcamp selbst protestiert hat.
Mit seinen Demonstrationen und kreativen Aktionen trat das Camp gegen rassistische Kontroll- und Überwachungstechniken an, gegen Abschiebe- und Lagerpolitik sowie gegen gezielte Illegalisierung von Flüchlingen. Durch die Verschärfung in der Flüchlingspolitik wird Europa mehr und mehr zu einer abgeschotteten Festung, die Menschen ohne Papiere jegliches Existenzrecht in Sicherheit und Freiheit abspricht.

Diese und andere massive Menschen-rechtsverletzungen machen antirassistischen Protest notwendig. Es kann nicht sein, dass das Grenzcamp und seine AktivistInnen in der Öffentlichkeit als kriminell dargestellt werden. Angesichts von Abschiebungen in Folter und Tod sind Müll in Firmeneingängen, sowie Störung der Flugabfertigung wegen Beteiligung am Abschiebegeschäft Ausdruck von Zivilcourage und sollten nicht zu kriminellen Aktivitäten hochstilisiert werden. Die Aktionen des Grenzcamps sind in erster Linie symbolischer Natur und sollen irritieren und provozieren.Kreativer Protest gegen menschen-verachtende Politik ist keine Straftat.


-Wir fordern ein Ende der rassistischen Abschiebepraxis und gleiches Recht für alle Menschen!
- Wir fordern politische & juristische Maßnahmen für die Verantwortlichen dieses Polizeieinsatzes!
-Wir fordern Euch/Sie alle auf, mit uns gegen Rassismus & Polizeigewalt aktiv zu werden - in Köln, hier in Göttingen & überall.......!

Mehr Information auch unter: www.nadir.org/camp03 +++ www.de.indymedia.org
www.ausreisezentren.cjb.net +++ www.abschiebemaschinerie-stoppen.de/
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Ergänzungen

Interessant und bezeichnend,

Desire 22.08.2003 - 00:26
dass die Aktion weder den Cops noch der Lokalzeitung "Göttinger Tageblatt" eine Meldung wert war, wo doch sonst jeder Schrott a la "Gartenzwerg gestohlen" veröffentlicht wird.

Das zweite von zwei Flugblättern

Campista 26.08.2003 - 21:36
Recht und Ordnung mit Schlagstöcken durchgesetzt:
Grenzcamp in Köln von Polizei geräumt

In der ersten Augustwoche fand in Köln ein antirassistisches Grenzcamp statt, wo Menschen mit und ohne Pass aus ganz Europa sich mit Rassismus und Diskriminierung auseinander setzen wollten. Mit Diskussionen und bunten Aktionen wurde gegen die herrschende Asylpolitik, rassistische Sondergesetze und die Festung Europa demonstriert. Begleitet wurde dies von einer unglaublichen Dichte von Polizeieinsatzkräften, Kontrollen und Einschüchterungsversuchen. Der Höhepunkt war die Räumung des gesamten Camps durch mindestens 2500 Einsatzkräfte, die aus ganz D-Land zusammen gezogen waren (darunter auch die Bereitschaftspolizei Lich).

//:: Vom ersten Tag an:
Kontrolle und massive Präsenz während des gesamten Zeitraums
Das Camp wurde ständig von mehreren Polizeiwannen belagert. Zivilpolizisten und Uniformierte beobachteten das Geschehen unter Einsatz von Kameras. BGS- und Polizei-Hubschrauber kreisten immer wieder über dem Gelände. All das war der „Normalzustand“ noch bevor die ersten Aktionen los gingen. Die Polizei (sowie hetzende Medien und Politik!) ist damit klar verantwortlich für die Herstellung eines einengenden, autoritären Klimas. Dazu gehört auch, dass fast jede Aktion oder Demonstration sofort von einem Polizeikessel umringt wurde.

//:: Der Höhepunkt: Belagerung und Räumung des Camps am Samstag
Damit am Samstag etwa 60 Nazis in Ruhe in Köln-Poll demonstrieren konnten, hatte die Polizei den Stadtteil hermetisch abgeriegelt. Ab 11 Uhr hatte sie das Camp dicht gemacht - keineR konnte mehr rein oder raus, was sich für Stunden hinzog. Immer wieder knüppelten Cops in die Menge rein und versuchte einzeln heraus zu greifen. Dazu gehörten auch Knüppelschläge auf den Kopf, andere bekamen Pfefferspray direkt ins Gesicht. Das steigerte sich bis hin zur Räumung des Camps: Gegen Abend marschierten etwa 2500 PolizistInnen auf, umstellten das Gelände, mit dabei Wasserwerfer und ein Räumpanzer, Hubschrauber und Fahrzeugkolonnen. Die Wasserversorgung wurde mehrfach ausgesetzt, Telefon- und Internetleitungen von der Polizei durchgeschnitten. Die Handlungsmöglichkeiten der CampteilnehmerInnen wurden so immer mehr beschnitten und autoritäre Rahmenbedingungen verstärkt. Erst in den frühen Morgenstunden beendete die Polizei ihre Maßnahme. Bis dahin wurden ca. 320 Menschen in Gewahrsam genommen. Darunter auch Flüchtlinge ohne Papiere, denen die Abschiebung aus D-Land droht.

//:: Das Grundsätzliche: Leben ohne Polizei und Repression
Das Problem liegt nicht darin, dass hier vielleicht „unverhältnismäßig“ oder brutal vorgegangen wurde. Es fängt schon damit an, dass es Polizeiapparate gibt, die jederzeit bereit stehen, um Menschen ohne Papiere zu jagen, Widerstand zu verhindern und vieler Menschen Leben zu zerstören (z.B. durch Knast). Denn wenn PolizistInnen sie ausführen, ist Freiheitsberaubung, brutale Gewalt von Gesetzen gedeckt und wird leider von vielen akzeptiert wird. Die Polizei ist damit Ausdruck einer Gesellschaft, in der es zum guten Ton gehört, die eigenen Interessen „von oben“ durchzusetzen und die Wünsche der Menschen zu übergehen.

§ Die Polizei dient zur Durchsetzung von „Recht(s) und Ordnung“. Immer wieder wird sie eingesetzt, um Widerstand zu kriminalisieren, statt sich mit dessen Forderung zu beschäftigen oder Veränderungen umzusetzen.
§ Die Polizei ist ein riesiger, hierarchischer Apparat, in dem einzelne PolizistInnen auf Befehl und Gehorsam getrimmt werden. Das fördert die Herausbildung „williger VollstreckerInnen“ mit hoher Gewaltbereitschaft ... verstärkt noch durch die Möglichkeit, anonym aus der Masse heraus zu agieren. Die Struktur der Polizei (Hierarchien, Befehle, Uniformierung), insbesondere die Kasernierung von BereitschaftspolizistInnen fördert männerbündisches Verhalten. Gewalt und Brutalität ist daher nicht die Ausnahme, sondern fest in der Polizei verankert!

Es macht zwar Sinn, Polizeieinsätze im Detail zu kritisieren und Verbesserungen zu fordern. Aber wo die grundsätzliche Kritik an Herrschafts- und Repressionsstrukturen fehlt, ist eine Welt ohne Polizei eigentlich gar nicht vorstellbar. Statt Polizeieinsätzen oder noch mehr demokratischer Knüppel wäre daher zu überlegen, wie eine Welt ohne Reichtumsgefälle, Ausgrenzung oder Grenzen aussehen könnte, die Menschen „illegal“ machen.

//:: Links
Berichte zum Grenzcamp: www.de.indymedia.org
Seite zu Abschiebungen aus Göttingen: www.abschiebemaschinerie-stoppen.de/
Herrschaftsfreie Gesellschaft: www.herrschaftsfrei.de.vu
Infos und Diskussion zur Politik von unten in Göttingen über die offene Mailingliste [schöner-leben]: Eintragen durch eine leere Mail an
 schoener-leben-subscribe@yahoogroups.com
Gruppe Schöner Leben Göttingen (emanzipatorisch, herrschaftskritisch, in bewegung): www.schoener-leben-goettingen.de

//:: Termine:
- 4. September, Prozess gegen Cornelius Yufanyi wegen Verletzung der Residenzpflicht beim Amtsgericht Worbis (Ohmbergstrasse 48, Zimmer 205, 10 Uhr), Abfahrt ab Göttingen um 8 Uhr.
- 11.-14. September, Fürth/Nürnberg, Aktionstage gegen das „Ausreisezentrum“ (Deportationsknast), siehe:  http://www.ausreisezentren.cjb.net/
- Im September findet in Göttingen eine Veranstaltungsreihe zum Thema „Nach dem Krieg ist vor dem Krieg“ statt mit drei Veranstaltungen zu Afghanistan, Irak, Jugoslawien bei denen auch über die Situation von Flüchtlingen informiert wird.

Gegen hartes Durchgreifen und Repression!
Freiräume statt autoritäre Formierung!

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Super Aktion!! — Kölner