Solidemo in Kiel wegen Köln

gegen bullenterror 11.08.2003 00:58 Themen: Repression
Ca. vierzig AntirassistInnen trafen sich heute vor dem Sophienhof (ein lokaler Einkaufstempel gegenüber dem Kieler Hauptbahnhof) anlässlich der Räumung des antirassistischen Grenzcamps in Köln.
Ca. vierzig AntirassistInnen trafen sich heute vor dem Sophienhof (ein lokaler Einkaufstempel gegenüber dem Kieler Hauptbahnhof) anlässlich der Räumung des antirassistischen Grenzcamps in Köln. In einer lauten und weitgehend unkontrollierten Spontandemonstration durch Kiels Innenstadt wurde gegen den rassistischen Normalzustand, Polizeiterror, Kapitalismus, die staatliche Abschiebungspolitik mit Parolen und vielen Transparenten protestiert. Die Demoroute führte nach mehreren spontanen Änderungen (sehr zur Verwirrung der Bullen) auch an einer größeren örtlichen Polizeiwache (`Blume´) vorbei, an der AntirassistInnen wohl schon vorher farblich tätig wurden.
Während der Demonstration und auf mehreren Zwischenkundgebungen wurde nachfolgender Redebeitrag verlesen.

?Heute war der letzte Tag des 6.antirassistischen Grenzcamps in Köln. In den Morgenstunden wurden die letzten der 200 gefangen wieder entlassen. Die Polizei umstellte gestern nachmittag das 6. antirassistische Camp in Köln . Bei Temperaturen von fast 40 °C hat sie den Wasserzugang für die ca. 400 CampteilnehmerInnen abgestellt. Die Internet- und Festnetzverbindungen wurden gekappt, damit das Camp nicht nach außen kommunizieren kann. Bei der Umzingelung das Camps wurden nach Berichten ca. 30-40 CampteilnehmerInnen durch den Einsatz von Schlagstöcken und CS-Gas von der Polizei verletzt. Die Polizei
fordert die CampteilnehmerInnen auf sich "freiwillig" einer erkennungsdienstlichen Misshandlung zu unterziehen (Personalien, Fingerabdrücke, Foto- und Videoaufnahmen). Andernfalls würden sich diese
Daten mit Gewalt geholt. Dass die Drohung sehr ernstgemeint war , zeigte das massive Polizeiaufgebot
mit 2500 Einsatzkräften, mehreren Wasserwerfern, Hubschrauber usw. einige verließen das Camp und gingen der Aufforderung mit einer weiteren Auflage das Camp nicht mehr zu betreten bis auch die ca.200 Leute die sich weigerten die Personalien abzugeben erkennungsdienstlich erfasst wurden. Diese wurden dann in Gewahrsam genommen. Begründet wurde dieser Einsatz zum Anfang noch mit der Schutz einer in der nähe des Camps stattfinden Nazi-Demo. später wurde hieß es auf den Camp seien GewalttäterInnen des internationalen linksradikalen Netzwerkes, die erfaßt werden sollten. Hierin zeigt sich deutlich die derzeitige Kriminalisierungstaktik des Staates. Ob auf Gipfeln das Bild eines international organisierten `black bloks´ kreiert wird, und hier die Gefahr eines linksradikalen Netzwerks, welches international agiert, halluziniert wird. Die Parallelen zur deutschen Außenpolitik können deutlicher nicht sein. Auch der Krieg außerhalb Europas wird durch die Schaffung des Bildes von internationalen terroristischen Netzwerken legitimiert. Nach außen wie nach innen wird dies dazu benutzt Militär , -Sicherheits und Polizeiapparat auszubauen, diesmal ohne große Gegenwehr der sogenannten liberalen Öffentlichkeit. "Gefährdet sind wir alle, der Feind ist unsichtbar, mitten unter uns und bereit jederzeit zuzuschlagen."

Das erste Camp fand 1998 in Rothenburg an der deutsch-polnischen Grenze statt. Seitdem taucht es jedes Jahr an Orten auf, an denen die rassistische Politik der BRD und der EU besonders deutlich wird. 2001 war es auch in Frankfurt um gegen die Abschiebungen am Frankfurter Flughafen zu protestieren. Das Camp, das im Schatten von der blutigen Repression in Genua stand, zog über 1 000 Menschen aus ganz Europa an und fand zu der Zeit seinen Höhepunkt.
Statt rassistischer Kontrolle und Ausgrenzung wird das uneingeschränkte Recht auf globale Bewegungsfreiheit gefordert. Alle Menschen haben das Recht, sich dort aufzuhalten, wo immer und solange sie möchten! Das Camp richtet sich gegen sämtliche Techniken und Strategien globaler Migrationspolitik. Es tritt an gegen rassistische und immer stärker transnational organisierte Kontroll- und Überwachungstechniken, gegen Abschiebe- und Lagerpolitik, gegen die Militarisierung der EU-Außengrenzen, gegen gezielte Illegalisierung und rassistische Abschreckung. Das Camp spricht sich ebenso gegen Nation und Nationalstaat aus, gegen rassistische und völkische Haltungen innerhalb der Gesellschaft, gegen ausbeuterische Arbeitsverhältnisse und weitere Entrechtungen, denen Flüchtlinge und MigrantInnen besonders stark ausgesetzt sind. Grundsätzlich geht es dem Camp aber um die Demontage von Herrschaftsverhältnissen insgesamt. Denn kapitalistische, patriarchale und andere Herrschaftsverhältnisse machen nicht nur das Leben von MigrantInnen und Flüchtlingen immer wieder zur Hölle. Nein, sie betreffen alle Menschen, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß und auf verschiedene Weise: Weltweit werden, ob in der Peripherie oder den reichen Industrieländern, immer mehr Menschen gezwungen, ihre Arbeitskraft zu immer mieseren Bedingungen zu verkaufen. Ein allgemeiner Mobilitäts- und Flexibilitätsterror greift um sich. Mit am meisten betroffen sind Menschen ohne Erwerbsarbeit. Das Grenzcamp begreift sich in diesem Sinne als ein Projekt unter vielen innerhalb des globalen Widerstandes. Unzählige MigrantInnen aus der ganzen Welt prallen an der Festung Europa jährlich ab, nicht selten ist der Versuch nach Europa zu gelingen ein tödliches Unternehmen. Migration wird heute mit der organisierten Kriminalität gleichgestellt, damit MigrantInnen die billigste Arbeitskraft auf dem europäischen Markt darstellen. Politische DissidentInnen (AntirassistInnen, ...) werden heute zunehmend kriminalisiert durch Meldepflichten, Reiseverbote etc. Bei großen politischen Veranstaltungen wie in Straßburg 2002, Genua oder zuletzt Evian hat die Polizei öfters die Infrastruktur (Camps, Medienzentrum etc.) der Aktivisten angegriffen. Besonders bekannt ist der Fall der Schule Diaz in Genua, in der die Polizei 78 schlafende Menschen krankenhausreif geprügelt hat. heute hat die deutsche Polizei erneut bewiesen, dass sie in der gleichen Linie handelt.

Keine Kriminalisierung!
Free movement is everyonce right!?
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Ergänzungen

das....

nicht ulbricht! 11.08.2003 - 01:28
das grenzcamp in köln war ein politischer erfolg. es tut mir um die gebrochenen nasen leid, aber so läuft es nunmal. kapitalismus ist das problem, Abschaffung ist die Lösung!

gute aktion, aber...

peter pan 11.08.2003 - 18:47
...wieso kriegt man davon nix mit? ich wohn in kiel und saß eigentlich mehr oder weniger nur rum und war im internet um mich über die vorfälle in köln zu informieren und noch n bisschen zu schauen was die massenmedien so bringen. is ja schön und gut, aber während ich das tu läuft hier ne demo quasi an der haustür vorbei. gut, man kann bei einer spontan demo nich großartig mobilisieren. das ding is nur das die linke in kiel meines erachtens ungefähr überhaupt nicht oder kaum organisiert ist und wer was dagegen sagt, die 40 leute auf der demo waren aufjedenfall nicht alle linken oder einigermaßen politisch aktiven menschen in kiel, außer leute die sich vielleicht so kennen und die schnell was auf die beine stellen können.
aber trotzdem, für die zukunft ( die ja nicht grade so gut aussieht, stadt vs. meierei, etc. )sollte mensch sich schon mehr organisation wünschen. z.b. in der meierei bei nem konzert mal was sagen oder die meierei generell als treffpunkt nutzen wo aktionen geplant werden können.( in kiel könnte viel gemacht werden )
auch z.b. in diesem fall. am samstag konzert in ner schaubude, flyer werden verteilt für`s konzert in ner meierei. aber keiner sagt irgendwas über ne demo einen tag danach. ich geh jetzt auch einfach mal davon aus, das irgendwer von da bescheid wusste und auch auf der demo war, muss zwar nich sein, aber ansonsten frag ich mich wer die 40 leute waren und warum nich 100 da waren. naja, aufjedenfall gut zu hören das hier überhaupt was war, aber es könnte wieder mehr werden!! ( denkt 20 jahre zurück )

40leute

schleswig holstein, meerumschlungen... 11.08.2003 - 23:24
die leuts auf der demo kamen nicht nur aus kiel sondern auch aus den anderen städten in schleswig holstein, die mobilisierung war tatsächlich extrem spontan, sonst wären da schon noch jede menge leute mehr gekommen. aber so ne minidemo ist ja auch ganz lustig, wegen den nich ganz so bösen bullen ("jetzt sagen sie uns doch endlich, wo sie hin wollen, das müssen sie doch wissen." ... "wir müssen sie doch beschützen, damit sie nicht überfahren werden." ... "ja, aber irgendeiner MUSS doch hier verantwortlich sein." ......)
egal, nächstesmal sind wir mehr, dann machen wir bambule und arbeiten vielleicht sogar vorher noch ne demoroute aus:-)

presse

zeitungsleserIn 12.08.2003 - 08:05
vielleicht sollten wir nächstesmal vorher die örtlichen zeitungen anrufen, dass die vorbeikommen und nen artikel drüber schreiben. dass hat einmal den vorteil, dass die aktion(en) an eine breitere öffentlichkeit kommt/kommen und außerdem kann eigentlich niemand wirklich negativ über sowas schreiben, wenn er/sie/es vorher angerufen wurde.

antifa heißt öffentlichkeitsarbeit!
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