Schwere Krise bei spanischen Sozialisten

Ralf Streck 11.06.2003 22:31 Themen: Weltweit
Der spanische Sozialistenchef, José Luis Zapatero (PSOE), ist seiner größten Krise ausgesetzt. Erst vor drei Jahren hat er den Posten als Generalsekretär übernommen und schon jetzt steht er auf der Kippe. Zwei Abgeordneten im Regionalparlament der Provinz Madrid verweigerten ihm am Dienstag die Gefolgschaft, bei der Wahl zur Präsidentschaft des Gremiums. So fiel der sozialistische Kandidat durch und die konservative Volkspartei (PP) von José María Aznar steht erneut dem Parlament vor. Eine Provinzregierung mit der Vereinten Linken, kann er sich ebenfalls abschminken.
Kurz vor der Abstimmung verließen Eduardo Tamayo und María Teresa Sáez das Plenum und verschafften so der PP die Mehrheit. Nur einen Sitz Vorsprung hat das Bündnis aus Sozialisten und der Vereinten Linken (IU) über die PP, wenn alle Abgeordneten der PSOE und der IU anwesend sind. Ein Versehen ist ausgeschlossen, denn Tamayo erklärte später: "Wir werden kein Abkommen mit der IU erlauben, weil es die Sozialisten schädigt".

Die IU bezeichnet er als "extreme Linke", deshalb will er dem Bündnis auch seine Stimme bei die Regierungsbildung verweigern. Doch ohne die IU kann die PSOE die Provinz um die Hauptstadt nicht regieren. Denn die Konservativen hat acht Sitze mehr bei den Regional- und Kommunalwahlen im Mai erhalten. Damit bleibt vom mageren Wahlsieg der Sozialisten nur noch die Provinz Aragon und deren Hauptstadt Zaragoza übrig, während andere Städte sogar an die PP verloren gingen und die PSOE in Barcelona schwer eingebrochen war. Noch am Abend wurden die beiden Abweichler aus der Partei geworfen. Sein Mandat will Tamayo aber nicht zurückgeben, wie es die PSOE fordert. Bleibt er dabei, wären Neuwahlen nötig, wenn er sich nicht der PP anschließt, die so die absolute Mehrheit erhielte.

Dass Geld für das Verhalten geflossen ist, wie der IU-Chef, Gaspar Llamazares und Führungsmitglieder der PSOE nahe legen, weist er zurück. Auch die PP bestreitet, mit dem Vorgang zu tun zu haben. Doch fragen sich Sozialisten, warum die Abweichler bisher das Bündnis mit der IU nicht kritisiert haben. Parteiintern wird gegen Tamayo schon länger wegen Grundstücksgeschäften ermittelt.

Um den PSOE-Chef nicht weiter zu schwächen, macht die jetzt IU vor allem die PP für die Lage verantwortlich, welche die "Wahlergebnisse nicht akzeptieren will". Trotzdem ist es für Zapatero ein Desaster. Er hatte er dafür gesorgt, dass die Abweichler, Mitglieder einer rechten Strömung, auf die Liste kamen. Noch vor kurzem sagte er mit Blick auf die Parlamentswahlen im nächsten Jahr, wer Madrid regiert, regiert das Land. Jetzt sieht es jetzt schlecht für ihn aus.

Auch an einer anderen Stelle hat er nicht geglänzt. Erst am Wochenende hatte er seine Parteifreunde in der baskischen Provinz Alava mit einem Machtwort brüskiert. Die sollen, ohne Gegenleistung, der PP die Mehrheit im Provinzrat und für das Bürgermeisteramt in Vitoria garantieren. Javier Rojo, PSOE-Chef in Alava, wollte diesmal wenigstens den Provinzrat führen, nachdem die PP starke Verluste hinnehmen musste und sich angesichts der Parlamentswahlen im Frühjahr von der PP abgrenzen. Ohne die Stimmen der PSOE, könnten beide Gremien an die moderaten Nationalisten gehen. Dem hat Zapatero einen Riegel vorgeschoben, weil er keine Konfrontation mit der PP eingehen will. Die macht ihn währenddessen ein und frohlockt, dass Zapateros Projekt, welches auch immer, keine Kohäsionskräfte entwickelt. Auch in der Provinz Navarra muss die PSOE gerade einen historischen Führer ausschließen, der hatte bei den Wahlen offen für die rechte Schwesterpartei der PP geworben. All diese Vorgänge zeigen deutlich die Führungs- und Charakterschwäche von Zapatero und wohin man kommt, wenn man zusammen mit der extrem rechten PP Politik macht. So wird Zapatero die Wahlen im nächsten Frühjahr jedenfalls nicht gewinnen und der PP weitere vier Jahre schenken.

© Ralf Streck den 11.06.2003
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