Fahndung nach Fahndungsplakaten

martina 22.04.2003 01:21 Themen: Antifa Repression
Die Berliner Polizei will die Verbreitung eines Plakats mit gewalttätigen Beamten verhindern. Mit der Neuauflage eines "Fahndungsplakats" gegen prügelnde Beamte provoziert eine linke Gruppe erneut die Staatsgewalt.
Seit Herbst letzten Jahres macht die Berliner Polizei unter dem rot-roten Senat Jagd auf Menschen, die am 1.Mai 2002 in Auseinandersetzungen mit Uniformierten Sonderheinheiten geraten waren. 500 Euro Belohnung sind für die Denunziation von angeblich wiedererkannten Personen auf großformatigen Postern ausgesetzt. Die Antifaschistische Aktion Berlin (AAB) reagierte im Oktober mit einem ähnlichen Poster und bot 1000 Euro für die Identifikation eines Polizeischlägers. Witzigerweise konnten Hinweise die zur Verurteilung eines Polizeistraftäters führen auch an die PDS weitergeben werden. Die Nummer vom Berliner Vorsitzenden Stefan Liebich war neben der AAB-Nummer als Kontakt angegeben. Die PDS hatte bei Regierungsantritt die Einführung der Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte angekündigt. Nicht nur von diesem Versprechen ist nach mehr als 19 Monaten PDS-Regierungsbeteiligung nichts zu hören, geschweige denn zu sehen.
Die Plakataktion der AAB im Herbst löste heftige Reaktionen bei den "Strafverfolgern" aus. Überall in der Stadt entfernten Polizeibeamte Plakate von den Wänden. Wo sie nicht abzureißen waren, wurden sie übermalt. Wegen der Dokumentation des Plakats auf vielen linken Webpages wurden Dutzende von Providern vom LKA angeschrieben. Die eigens dafür eingerichtete Sonderkommission "Internet" bemühte sich wochenlang, die Verbreitung des Plakats zu verhindern. Die meisten zeigten sich von den Einschüchterungsversuchen des LKA Berlin unbeeindruckt (z.B. die damalige MdB Ulla Jelpke, die Berliner Jusos, die Grüne Jugend u.v.m.), einige, wie z.B. das Neue Deutschland, löschten in vorauseilendem Gehorsam die inkriminierten Plakate von ihren Servern. Von Hausdurchsuchungen nahm die Staatsanwaltschaft wegen der großen positiven, öffentlichen Aufmerksamkeit für die Aktion Abstand.
Polizei und Staatsanwaltschaft ermittelten nun gegen die AAB und ihren Pressesprecher wegen Verstoß gegen das Kunsturhebergesetz. Danach macht sich strafbar, wer das Bildnis anderer ohne deren Einwilligung zur Schau stellt. Die Realsatire war perfekt. Und weil die Realität für diese Form von Straftat lediglich eine Verjährungsfrist von 6 Monaten vorsieht, war Eile und Fleiß geboten. Am Ende stand eine Akte von mehreren 100 Seiten, in der akribisch jedes geklebte und entfernte Plakat registriert wurde, und als Beweismittel für die Urheberschaft der Aktion ein Interviews des Pressesprechers in der Berliner Abendschau angeführt wurde. So lustig kann Polizeiarbeit sein. 5 Tage vor Verjährungsfrist erhielt der Pressesprecher der AAB vor wenigen Tagen die Ernte der Ermittlungsarbeit: ein Strafbefehl über 50 Tagessätze á 40 Euro, insgesamt 2000 Euro.

Dreisterweise hat die ALB (früher AAB) seit Sonntag jetzt noch ein Plakat drauf gelegt. Statt kleiner Bildchen von vorwiegend brutalen Festnahmesituationen, sind in der Neuauflage deutlich Straftaten von Polizisten zu sehen, die nicht als "typische Festnahmesituationen" beschönigt werden können. Und wo beim ersten Plakat Gesichter kaum erkennbar waren, wurde jetzt durch digitale Nachbearbeitung und Auswertung anderer Aufnahmen versucht, Details der Täter sichtbar zu machen. Herausgekommen sind mindesten drei Gesichter von Polizeibeamten, die in Zusammenhang mit schweren Körperverletzungen im Amt stehen.
Der Pressesprecher der Polizei kommentierte die erneute Provokation der ALB mit der Ankündigung, die Verbreitung der Plakate schon im Ansatz mit allen Mitteln zu unterbinden: "Wer den Rechtsstaat herausfordert, soll seine Stärke spüren!" so Matzdorf, Sprecher der Berliner Polizei. Wie das geschehen soll wollte der PR-Mann auf Nachfrage nicht weiter erläutern.

Die ALB begründet ihre Entscheidung für eine Neuauflage mit der fortdauernden Menschenjagd der Berliner Polizei, und der zu befürchtenden Kriminalisierung der linken Bewegung im Vorfeld des 1.Mai. Sie fordert, die üblichen Einschüchterungsversuche mit sogenannten Gefährder-Ansprachen bzw. Aufenthaltsveboten zu unterlassen. Außerdem sei die Aktion ein Beitrag zur Vermeidung von Schwerverletzten, und eine Erinnerung an die längst notwendige Kennzeichnungspflicht. In einer Presseeklärung zeigt sich die ALB aber verhandlungsbereit: "Für den Fall, dass sich Senat und Polizei einsichtig zeigen, haben wir ein Angebot: Sollte die Polizei ihre Menschenjagd einstellen, werden wir unsere Plakataktion sofort beenden."
Bei der PDS war über die Osterfeiertage kein "Verantwortlicher" erreichbar, so dass eine Abfrage des Gedächtnisses der demokratischen Sozialisten an der Macht nicht möglich war.

Die Plakate sind laut Auskunft der ALB in den bekannten Infoläden in Berlin zu haben oder direkt zu bestellen. Auf ihrer Internetseite wird dieses mal um Spenden für die Prozesskosten gebeten, die wahrscheinlich auch nach der Zweitauflage anfallen werden. Ob der 1.Mai durch die Aktion friedlicher wird und ob es weniger Opfer von Polizeigewalt zu beklagen gibt, bleibt abzuwarten.

Quellen:
Antifaschistische Linke Berlin [ALB]  http://www.antifa.de
Arbeitkreis kritischer JuristInnen  http://www.rewi.hu-berlin.de/stud/akj/aktuell/plakat.html
 http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/13384/1.html
Pressestelle der Polizei


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Ergänzungen

bullen kratzen schon wieder...

claude 22.04.2003 - 01:38
hab heute abend die bullen in der o-strasse beim kratzen eines plakats gesehen. sind leidenschaftlich bei der sache.
hihihi....

Respekt

hadjar 22.04.2003 - 13:46
Bei dem vielen Reden über Zivilcourage wird mit dieser Aktion mal gezeigt, was Zivilcourage praktisch heisst. Das hebt sich angenehm vom üblichen Gequatsche der deutschen radikalen Linke ab. Ich bin begeistert.

"Interim" hat diese Liste veröffentlicht

Fragender? 22.04.2003 - 14:29
Jan. Buttersäure beim Nazi-Laden Harakiri
11.01 Glasbruch und Buttersäure beim „Rumpelplatz“ wg. dort geplanter NPD-Veranstaltung
13.01 Glasbruch bei Triga-Zeitarbeitsfirma
13.01 militanter Angriff auf Nazis in der Straßenbahn in Lichtenberg
18.01 entglastes und tiefgelegtes Naziauto in Friedrichshain
30.01 platte Reifen bei Sodexo-Transporter (Chipkartenhersteller)
05.02 Brandanschlag auf das Sozialamt des Rathauses Reinickendorf – wegen Sozialstadtrat Balzer
12.02 Glasbruch beim Extra-markt im Prenlauerberg – „weg mit der sodexo-card“
17.03. Farbangriff gegen ein Burschschaftshaus
29.03. Brandanschlag auf Mercedes-Autohändler in Zehlendorf – 2 Fahrzeuge brennen aus
30.03. kaputteScheiben beim SPD-Büeo in Friedrichshain
März / April Glasbruch bei Schlecker
21.04. Glasbruch beim JU-Büro in Tempelhof sowie zerstochene Reifen und kaputte Scheiben bei 4 Polizei-Autos in Kreuzberg
22.04. zerstochene Reifen bei zwei BGS-Fahrzeugen in Mitte
22.04. 2 brennende Luxus-Sportwagen in Prenzlauer Berg undCharlottenburg
27.04. Angriff auf LKA-Gebäude Treptower Park „Fight the Police“ und Farbflaschen
29.04. Brandanschlag auf Daimler-Chrysler in Berlin-Großziethen – „Bushbegrüßung“
30.04. Walpurgisnacht: O-platz: Plus wird geplündert / anrückende Polizei wird massiv angegriffen – danach relativ schnelle Auflösung. Am späten Abend gibt es schwere Ausschreitungen am Mauerpark (ca.3 – 5 h lang) viele Partypeople und Alkoholisierte
01.05 Maispektakel: Nazidemo im Osten / rev. Maidemos in Xberg und Mitte / Riots rund um den Mariannen- bzw.Michaelkirchsplatz
12.05 Auseinandersetzungen am Boxhagenplz/Kreuzigerstr. Nach Räumung einer Party – Barris und Wurfgeschosse
17.05 Versuchter Brandanschlag gegen Walmarkt in Neukölln – bald kommt Bush
18.05 „$-Kills“ in riesigen KreideLettern im Treptower Park / Randale im Mauerpark – Feuer und Wurfgeschosse gegen Polizei
21.05 Farbangriff gegen das Verteidigungsministerium / Glasbruch bei Deutscher und Dresdner Bank
22.05 zerstochene Reifen und rote Farbe „Stop War“ bei Fahrzeugen der PR Agentur Hill und Knowfton in Mitte
23.05 Krawalle während des Bushbesuches – Riots rund um den Berliner Dom , Barris sowie Glasbruch beim Kaufhof, NcDonalds u.a.
29.05 Brandanschlag auf Siemensfahrzeug in Kreuzberg
04.06 Brandanschlag gegen eine Polizeiwache in Kreuzberg
21.06 Ärzte-Konzi in Xberg: brennende Dixiklos / Polizeifahrzeuge werden mit Pyros und Steinen angegriffen / Glasbruch bei Sparkasse
23.06 Glasbruch bei Deutscher Bank – „Carlo schon vergessen“
27.06 militante Fruchtfliegen beim Extramarkt in Prenzlauerberg – fantasievoll Rassisten angreifen
09.07 Brandanschlag auf Siemenstransporter in Friedrichshain
20.07 rote Farbe und Graffitti vor dem italienischen Tourismus-Büro in Mitte
21.07 Glasbruch bei einer Sparkasse in der Greifswalderstr. – Vive Carlo
16.08 Brandanschlag auf CDU – Lokal in Spandau
28.08 Mercedes Cabrio in Kreuzberg abgefackelt
Sept. Wahlkampf: viel verunstaltete oder zerstörte Wahlwerbung, gestörte Wahlverantstaltungen und gefälschte Wahlbenachrichtigungen
04.09 Räumung Rigaer94 – kleine Barris im Umfeld, ein ziviles Polizeiauto, ein Bagger und ein paar Mülltonnen brannten
06.09 Brandanschlag auf einen BMW in Kreuzberg
07.09 Glasbruch bei zwei Polizeifahrzeugen in Kreuzberg
08.09 Brandanschlag auf NPD-Lautsprecherwagen in Lichtenberg
08.09 Steinschlag gegen SPD-Büro in Kreuzberg
13.09 Brandanschlag auf Fahrzeug eines NPD-Mitarbeiters im Hof der Bundeszentrale in Köpenick
17.09 Glasbruch bei SPD-Landeszentrale in Wedding – „Rigaer94 bleibt“
23.09 Brandanschlag auf Fiat-Autohausin Spandau
23.09 Brandanschlag auf DB-Fahrzeug in Pankow
03.10 Glasbruch beim Checkpoint Charlie – „Deutschland verrecke“
30.10 Brandanschlag auf dasFahrzeug des Xberger Baustadtrates
02.11 mehrere Personen greifen nach einer Kundgebung die NPD-Zentrale in Köpenick mit Steinen an (will aber nicht so richtig klappen)
04.11 Anschlag auf IOM-Büro in Mitte – Glasbruch und Toner-sauereien – no borders !
11.11 Farbanschläge auf Kriegsdenkmäler am Columbisdamm
28.11 ausgebrannter Porsche in Kreuzberg
05.12 Anschlag gegen Sexmesse – Glasbruch, Graffitti und Feuerlöschersauereien
15.12 stadtweite Anti-Werbe-Aktionen
25.12 wiedermal Glasbruch beim SPD-Büro in Friedrichshain
31.12 Brandanschlag gegen das Finanzamt Neukölln-Süd – Sozialtechnokratie angreifen


Anti-Abreiß-Methode

Peter Pan 22.04.2003 - 14:54
Es gibt möglichkeiten das man sich ganz dolle Aua macht wenn man versucht Plakate von Wänden zu reißen.
z.B. son bisel gecrashtes glas in den Kleister!
Das dürft ihr aber niemals tun. Denn damit kann ja jemand verletzt werden.!

geil auf Anonymität

Marat&Kumpanei 22.04.2003 - 19:33
Ja, Schläger-Bullen, korrupte Politiker und korrupte Richter/Schreibtischtäter versuchen sich in die uniformierte Anonymität wegzuschleichen!
Eine sehr gute Sache, dieses Fahndungsplakat!

Anti-Abreißen, Nr.2

noch jemand 22.04.2003 - 20:42
Was auch hilft, dafür muss der Kleister aber schon ein bisschen angetrocknet sein: Mit nem Teppichmesser kreuz und quer schlitzen, dann geht das nur noch streifenweise ab oder zerreißt dabei ganz und gar...

KRAWALL AM 1.MAI

Rache-Engel 23.04.2003 - 12:49
Gewalt von Bullen?

Ich will RACHE!!!!!

Wann, wenn nicht am 1.Mai...

Wo, wenn nicht auf der 1.Mai-Demo
 http://www.move.to/erstermai

Angst scheinen sie schon zu kriegen:
 http://de.indymedia.org/2003/04/49607.shtml

U N T E R B I N D U N G S G E W A H R S A M

Scheiß-Polizei 23.04.2003 - 16:11



A C H T U N G !

Die Bullen drohen am 1. Mai mit Unbindungsgewahrsam!

Seid vorsichtig!!!

1.Mai Berlin Übersichts thread

24.04.2003 - 00:26