Operativer Bericht vom 7. April 2003, 17 Uhr 54 Moskauer Zeit.

Anonym 07.04.2003 18:36 Themen: 3. Golfkrieg Militarismus
Die Lage an der amerikanisch-irakischen Front war in der Nacht und am Morgen des 7.April von der außerordentlichen Heftigkeit der Kämpfe gekennzeichnet.
Operativer Bericht vom 7. April 2003, 17 Uhr 54 Moskauer Zeit.

Die Lage an der amerikanisch-irakischen Front war in der Nacht und am Morgen des 7.April von der außerordentlichen Heftigkeit der Kämpfe gekennzeichnet. Die Nacht hindurch und den Morgen über setzten die Koalitionstruppen die Eroberung der Stadt von Westen nach Osten fort. So traf die 2. Brigade der 3. Mechanisierte Division, wie bereits herausgefunden worden war, nach fünfstündigem Marsch in den nördlichen Vororten von Bagdad ein und eroberte das Quartal, das an die strategische Brücke Salach-Chasan angrenzt, konnte die Brücke selbst aber nicht besetzten, weil sie unter schweres Raketen-Artilleriefeuer geriet. Bis zu 10 Menschen wurden getötet, mindestens 20 weitere verletzt. Duch einen operativ-taktischen Raketenschlag der Iraker wurde der Kommunikationsknoten der Brigade zerstört. Wie vorhergesagt worden war, rückten Teile der US-Marineinfanterie (MI), nachdem sie mehrmals versucht hatten, die strategische Brücke über den Fluß Dijala einzunehmen, über Nacht von Südosten zu den östlichen Vororten von Neu-Bagdad vor und versuchten seit Morgen, die Brücken unweit vom Fluglplatz "Rashid" einzunehmen. Im Laufe des heftigen Kampfes wurden die Brücken von der irakischen Artillerie zerstört und die MI erlitt Verluste. Nach Angaben der Funkaufklärung wurden mindestens 5 Marineinfanteristen getötet und mindestens 12 verletzt. Drei Schützenpanzer und ein Panzer wurden zerstört.
Heute Nacht wurden auf dem rechten Tigris-Ufer in der Gegend von El'-Mansur im Quartal der Regierungsgebäude ein taktisches Luftlandekommando [desant] der amerikanischen Spezialeinheit mit bis zu 200 Leuten ausgesetzt und außerdem Kampfgruppen bei zwei Regierungsresidenzen in dieser Gegend ausgesetzt. Das Ziel der Operation besteht darin, hochgestellte Mitglieder der Regierung Chussejns gefangen zu nehmen. Fast augenblicklich wurde das Kommando entdeckt und nahm den Kampf auf. Um das Kommando zu entsetzen, rückte um 7 Uhr morgens ein verstärktes Panzerbataillon aus der 1. Brigade der 3. mechanisierten Division in die Stadt, das nach zweistündigem Kampf auf der Kadissija-Chaussee zur Chajfa-Straße durchbrechen und mit einem Teil seiner Kräfte an den Tigris-Fluß vorrücken konnte. Dieses Manöver kam für die Iraker überraschend und stieß anfänglich auf keinen Widerstand. Doch im Gebiet des Regierungsufers stießen die amerikanischen Truppen auf die organisierte Abwehr der Iraker und die amerikanische Kolonne zog sich nach dreistündigem Kampf aus der Stadt zurück, nachdem auch das Luftlandekommando seine Position eingenommen hatte.
Die Verluste der Amerikaner belaufen sich auf 10 Gefallene und 20 Verletzte. Weitere 10 gelten als Vermißt. Bis zu 3 Panzer und bis zu 3 Schützenpanzer wurden zerstört.
Dem Kommando gelang es lediglich, in einige Regierungsgebäude kurzen Einblick zu nehmen. Sie waren alle verlassen und man konnte keine Gefangene nehmen.
Die Verluste der irakischen Seite bleaufen sich seit 24 Stunden Kampf auf bis zu 150 Gefallene und etwa 200 Verwundete. Bis zu 5 Panzer und bis zu 5 Geschütze wurden zerstört.
Zur Zeit der Mittagspause nahm die Aktivität der Iraker einen überzeugteren Charakter an.
Es gibt Informationen, daß einer der gestrigen Luftschläge das Kommunikationszentrum und die Heeresleitung ernsthaft beschädigte und das irakische Kommando seitdem gezwungen ist, die Truppen über UKV-Stationen und mit Feldjägern zu befehligen, was die Übermittlungsdauer der Kampfbefehle und -anweisungen verlängert.
Das amerikanische Kommando mußte heute zugeben, daß das Kampfpotenzial der Truppen, die Bagdad verteidigen, "ziemlich hoch ist" und sich bislang keinerlei Anzeichen für eine Demoralisierung des Gegners beobachten lassen.

Die vollständige Ausgabe des Berichs wird heute gegen Nacht veröffentlicht werden.


Ramzaj.
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Ergänzungen

Langsam wird es richtig peinlich

Übersetzer 07.04.2003 - 18:49
Noch vor ca. 30 Stunden schrieb Ramzaj:

""Doch trotz des Schlagabtauschs gibt es keinen Grund, in der nächsten Zeit ernsthafte Versuche zu erwarten, die Stadt einzunehmen. Die Koalitionstruppen, die am Stadtrand eingetroffen sind, genügen nach ihrer Anzahl und Bewaffnung nicht einmal den allerminimalsten Anforderungen, um die Erstürmung der Stadt zu beginnen und schwere Straßenkämpfe zu führen.""

95 Prozent der irakischen Armee waren angeblich noch intakt und Putzmunter! (Vergleiche dort).

Trotzdem hat man irgendwie den Eindruck, diese restlichen 95 würden es irgendwie weniger bringen als die 5 Prozent, die die Amerikaner bisher so hartnäckig bekämpft haben. Ich denke mal, bis Sonntag ist Schluß mit Saddam und von da an gibt es höchstens noch einen Partisanenkrieg.
Vielleicht aber auch nicht, wenn die Armee erstmal komplett auseinandergefallen ist. Wer kann uns das schon sagen, was die Soldaten dann machen, Ramzaj vermutlich auch nicht.

Basra scheint indessen überhaupt nicht mehr zu existieren, ebensowenig En-Nadjaf und Kerbela. Haben diese Städte jemals existiert?

Tröstlich irgendwie, daß die Amerikaner trotz allem die Kampfmoral der Iraker anerkennen müssen. Da blieb ihnen auch keine Zeit, im Regierungsgebäude alle Schubladen aufzumachen, nach Tresorschlüsseln zu suchen oder die Kaffeekasse zu plündern. Nö nö, die mußten sich sofort wieder davon machen. Also, Sportsfreunde, glaubt ja nicht, der Krieg sei schon vorbei...

So long.

Warum machen die sowas?

Icke 07.04.2003 - 18:56
Irgendwie komisch. Wollen die sich mit solchen Berichten selbst unglaubwürdig machen? Langsam komme ich mir vor wie bei "wag the dog". Hab heute mal ein bischen Presseschau gemacht: Von der anderen Seite (CNN) wird fast genauso viel Unsinn verbreitet. Was wirklich passiert weiss wohl niemand.

Bin gestern auf eine Idee gekommen: Wie wäre es ein Fussballspiel in einem geschlossenen Raum zu machen und alle Berichte die von innherhalb nach draussen dringen sind gelogen. Die Leute draussen schliessen dann Wetten ab....

Re: Langsam wird es richtig peinlich

civilis 07.04.2003 - 19:31
Ramzaj ist wohl von einer Belagerung ala Leningrad im WK2 ausgegangen aber die taktische Überlegenheit der Koalition gestattet eine andere Strategie mit Kommandounternehmungen zur "Enthauptung" des Gegners wozu die Truppen ausreichen.Ich hoffe von der Lage in Basra und den anderen Kampfplätzen gibt es später Berichte .
Ps. ein groszes Dankeschön an dendie ÜbersetzerInnen

@ Übersetzer langsam wird es wirlich peinlich

Paula 07.04.2003 - 20:54
Also das alle Berichte mit Vorsicht zu genießen sind ist ja wohl klar. Erlich gesagt hatte ich hier und da auch meinen Zweifel an den Bericht, aber dennoch scheint er mir der Realität am nächsten zu kommen.Übersetzer ich kann nicht verstehen warum du jeden Tag einen Bericht komentierst und ließt den du für schlecht hällst. Irgend wie unlogisch finde ich, was auch auf deinen Analyse zutrifft.
Du kannst den Unterschied zwischen einem Bericht und einer eingebauten Vermutung die Subjektiv ist nicht unterscheiden und was der Autor auch machen kann, schließlich ist es sein Bericht und auch er hat das Recht zur Spekulation. Wenn er also schreibt das die 95 % noch voll einsatzfähig sind, ist dies logischerweise eine Vermutung die nicht stimmen muss. Interessanter für dich müsste dann der Ablauf sein , so und so viel Tote da und da die und die Aktionen. Ich hatte hier und da auch meine Zweifel , muste aber festsellen das z.B. auf NTV auf einmal Sachen gebracht und angedeutet wurden die im Bericht vorgekommen sind.

Also ich weis nicht ob du uns das antun must jeden Tag ein Haar in der Suppe zu suchen, denn ich denke alle hier sind schlau genug die Wertigkeit der Aussagen selber zu deuten und wenn nicht ist das auch egal da keiner von uns Einfluss auf den Krieg hat.

Sehe bitte meine Zeilen nicht als Angriff, sonder nur als bitte darüber mal nachzudenken und wenn du einen richtigen Ablauffehler siehst kannst du uns das schreiben.

Zur Zeit zeigt der Bericht das alles hart umkämpft ist was sicher realistisch ist und die Fortschritte der US Streitkräfte werden auch aber sehr nüchtern dargestellt.

So meinen Überzeugung bis jetzt und das kann sich auch ändern wenn es wirklich Müll ist und wir das rausbekommen.
nun denn.

Da wird jetzt nicht mehr viel kommen

tote kapelle 07.04.2003 - 22:39
Es liegt in der Natur der Sache, dass die Lageberichte jetzt vermutlich rapide ungenauer werden. Die Spatzen pfeifen ja mittlerweile von den Dächen, das Ramzaj's (war übrigens das Pseudonym von Richard Sorge ;-) Primärquellen seit gestern "trocken" sind. Gemeint sind damit die Abhör- und Funkauswertungsspezialisten der russischen Botschaft in Bagdad, die auf Anweisung von Putin gestern abrücken mußten und dabei zum Abschied noch ein wenig von der US-Luftwaffe beschossen wurden. Ohne die ausgedehnte Auswertung des militärischen Funkverkehrs, der Telefonate der Kriegsberichterstatter und anderer Vor-Ort-Quellen werden die Informationen dünner und in der Folge die Einschätzungen spekulativer.

kann sein und würde es erklären

Paula 07.04.2003 - 22:51
Das kann sein und zufällig wurden erst ab dann die Berichte dünner.Es könnte auch sein das gerade dadurch jetzt die Iraker in stärkere Probleme kommen, weil sie sicher ihre Einheiten mit dem Lagebericht des Gegners besser koordinieren konnten. Das negiert aber nicht die Richtigkeit der Beiträge.

Den Beweis für die Richtigkeit kann hier natürlich auch keiner geben das ist klar, aber am Anfang waren sie sehr stichhaltig bis vor 2 Tagen

fog of war

weist 08.04.2003 - 00:01
Was ich weiß:
- irakische Soldaten machen sich aus dem Staub. Sie ziehen ihre Uniformen aus, aber die Stiefel lassen sie an (kluge Jungs; das erste, was die Briten machen, wenn sie n irakischen Stützpunkt einnehmen, ist das Schuhlager zu plündern. Diese irakischen Militärstiefel scheinen ihren Zweck sehr gut zu erfüllen).
- die Taktik der US-Truppen bei Baghdad besteht im Moment aus 'tastenden' angriffen: sie rücken vor bis sie auf Widerstand stoßen, dann ziehen sie sich zurück und lassen einen Luftangriff fliegen. Kommen die Irakis ihnen hinterher, werden sie zusammengeschossen ('Hinterhalt?! Können WIR auch!')
- Im Norden gehts und gehts nicht vorwärts.
- Kurden und Schiiten werden langsam zickig und überlegen sich ernsthaft, ob und wenn inwiefern sie auf den neuerlichen Verrat der USA reagieren sollen (also nicht auf Guerillaebene, da sind die Schiiten ja schon etwas am Rotieren, sondern auch auf Ebene der politischen Führung im Irak und im Exil)
- tote Kapelle hat das ja schon angedeutet: der Beschuß der russischen Botschaftskolonne ist für mich eine mittlerweile zu 98% geklärte Sache. Ich bin ziemlich sicher, zu wissen, wer warum und auf wessen Befehl hin geschossen hat, aber das ist ja ein offenes Geheimnis.
- die 51. irakische PGD ist NICHT in der Altstadt von Basra gewesen. Dort versackst du mit schweren Fahrzeugen komplett (Gruß an Übersetzer!).

Was ich glaube:
- abgesehen von Baghdad funktioniert die irakische Kommandostruktur noch bis ca. zur Regimentsebene aufwärts (also bis hoch zu Einheiten von vielen 100, aber weniger als 1000 Soldaten, um dem mal ne numerische Dimension zu geben). Wie zu sehen ist, ist der Kontakt zwischen Oberkommando und den im 'Hinterland' befindlichen Einheiten effektiv abgebrochen (wenn die Befehle kommen, ist die taktische Situation ganz anders), und die Kohärenz der Einheiten ist aufgrund der Situation (Koalition, Irakis, immer noch bunt gemischt) auf Brigadeebene fraglich und auf Divisionsebene höchstens noch ab Baghdad nördlich erhalten.

Was ich als irakischer Kommandant tun würde (technical):
- die Panzer dearmieren und Scheinstellungen draus bauen. Panzer sind defensiv nur brauchbar, wenn man etwas hat, was man verteidigen kann, aber in dem Durcheinander zwischen Baghdad und Basra hat ja jede Einheit, ob Koalition oder Irakis, ständig irgendwelche Feinde im Rücken. 'Dearmieren' bedeutet: das fette MG vom Turm abmontieren und Munition sowie Treibstoff bergen. Zumindest die 125mm-Mun ist für Glattrohrgeschütze, und so ein Ding läßt sich (im Gegensatz zu einem mit Zügen im Lauf) zumindest theoretisch mit einem soliden Stahlrohr, Wrackteilen und der Hilfe eines versierten Schmieds später wieder improvisieren. Für Sprenggranaten braucht man das gar nicht; daraus bastelt man halt Bomben wie in Afghanistan oder Tschetschenien. Wenn sich irgendwelche unverbesserlichen Fanatiker finden, um so besser: dann stehen zwischen 10 Panzerfakes halt noch 2 funktionierende herum.
Soldaten als Kanonenfutter loszuschicken, einfach weil es geht, ist das idiotischste, was man in einer solchen Situation tun kann - irgendwann erkennt einen ein Überlebender wieder, und dann gute Nacht Marie; wir sehen uns vor einem US-Kriegsgericht. Man hat ja an Basra gesehen, daß Durchhalten um jeden Preis nur für die Fedayyin eine Option ist, die sie den normalen Soldaten, die halt letztlich auch bloß irgendwelche unegalen Menschen und keine Fanatiker sind, definitiv nicht mehr vermitteln können. Truppen sind etwas für eine Regierung; eine Untergrundregierung braucht Untergrundtruppen.

Mit anderen Worten: wenn die irakische Militärführung schlau ist, erkennt sie, daß seit heute die Zeit des normalen Kriegs zumindest südlich von Baghdad vonbei ist. Wenn sie wirklich schlau sind, haben sie für diesen Fall standing orders, alles Nötige zur Wiederaufnahme von Guerilla-Aktionen vorzubereiten. Die USA haben sich gerade fett ins politische Abseits manövriert und sind gerade dabei, sich noch die letzten Freunde, die sie dort unten haben, zu vergrätzen. Man sieht es ja am Beispiel Afghanistans, wo genau wie nach dem Einmarsch der UdSSR das erste Jahr über wenig los war, weil die Mujahedin nur ab und zu einen Konvoi gebombt haben und ansonsten Freiwillige ausgebildet, Waffen organisiert und ihre Connex gepflegt haben, und den Russen zusahen, wie sie begannen, sich langsam aber sicher unbeliebt zu machen. Das hat sich bislang ziemlich wiederholt; im Sommen läßt sich abschätzen, ob die Parallelen darüber hinausgehen (weil dann der fallout des Irakkriegs in der Ummah 'gegriffen' hat). Es sieht für die USA momentan sehr nach overcommitment aus; einen mittelgroßen Krieg können sie sich finanziell und militärisch noch leisten, aber das wird nicht Nordkorea sein. Columbien oder Philippinen sind meine heißesten Tips.

Und wenn ich irakischer Soldat irgendwo im Süden wäre, hätte ich vorgestern meinen Kram klargemacht und seitdem auf eine gute Gelegenheit gewartet, die Biege zu machen. Selbst wenn ich mit den Kuffar noch 'ne Rechnung offen hätte, ist jetzt nicht die Zeit, sie zu begleichen.