In Kontakt mit Bagdad - Update 48

--- 05.04.2003 01:54 Themen: 3. Golfkrieg Militarismus
Eine unabhängige Reporterin, die sich in Jordanien aufhält, berichtet über das, was im arabischen Fernsehen zu sehen ist. - Bilder der Verzweiflung und der Hoffnungslosigkeit jagen einander - US-Soldaten, die einfache Menschen misshandeln, Ärzte, die mit nackten Händen und ohne Hilfsmittel versuchen, ein schwerverltzztes Kleinkind zu retten, eine Schwangere Frau, die im Bombenhagel stirbt - Die Lage in Basrah ist dramatisch - Der Bitte des Jordanischen Königs, die Hilfskonvois ins Land zu lassen, hat die amerikanische Regierung nicht entsprochen - 1.500.000 Menschen haben nicht zu essen und nicht zu trinken.
In Kontakt mit Bagdad - Update 48

Stand: Friday April 04, 2003 at 10:56 PM

 http://italy.indymedia.org/news/2003/04/246884.php

Rosarita aus Jordanien

Ich habe vor wenigen Minuten diese Impressionen aus Jordanien bekommen. Die Autorin ist eine unabhängige Reporterin die sich jetzt in Jordanien befindet, in Shafah Badran, unweit von Amman.

Ihr Stil ist trocken, vielleicht ein Wenig rau, aber er gibt sehr gut den Geist wieder, mit dem die arabische Öffentlichkeit diesen grausamen und illegalen Krieg gegen den Irak erlebt.

Hinzu kommt, dass Rosarita Catani, die offensichtlich italienischer Abstammung ist, uns die von den Arabischen TV-Sendern ausgestrahlten Bilder beschreibt. Bilder, die in Italien durch die zwischen den italienischen Networks existierende Kungelei zensiert, unterlassen und geschnitten werden.

Eine andere Erklärung gibt es nicht dafür, dass die Bilder, die Rai, Mediaset und La7 uns aus arabischen Quellen zeigen, alle gleich und im Sinne des Prinzips vom "gerechten Krieg" funktionalisiert sind. Dank Rosarita, die mit einer erheblichen Portion Mut und geistiger Aufrichtigkeit meiner Bitte, sich öffentlich zu erkennen zu geben, entsprochen hat. Wie eine waschechte Reporterin.

Rosarita, mit der ich in täglichem Kontakt bin, wird mir weitere Korrespondenzen zukommen lassen, und ich werde sie hier wiedergeben, so wie sie sie schreiben wird, ohne Zensur oder Vermittlung.
r.

Von Rosarita Catani
Aus Shafah Badran
Aman
Jordanien.

"4.4.03 - Der König Abdallah von Jordanien bat die amerikanische Regierung die Lebensmittellieferungen die an der Grenze zwischen Iraq und Jordanien liegen ins Land zu lassen.

Die Verantwortlichen haben die Einfuhr besagter Vorräte, die heute noch immer an der Grenze liegen, abgelehnt. Nach angaben örtlicher Quellen wollen die Amerikaner selbst die Lebensmittel verteilen, um sie nicht der ganzen Bevölkerung, die sie braucht, zu geben. Hier fängt es an, heiß zu werden, heute waren es in Amman 30°, weshalb die ganzen Lebensmittel und Medikamente Gefahr laufen, zu verkommen. Das arabische Fernsehen berichtet, dass etwa 1.500.000 Menschen aus der irakischen Bevölkerung nichts zu essen und nichts zu trinken hat. Heute haben in Amman etwa 15.000 Leute gegen den Krieg demonstriert.

Eine irakische Frau mit einem vom Schmerz gezeichneten Gesicht, die nicht einmal mehr Tränen hat, um ihre Toten beweinen zu können, erzählte, dass sie ihre Kinder verloren hat und dass die anderen beiden im Iraq waren. Sie sagt "Inshallah" (wenn Gott will) verjagt Saddam die Amerikaner aus unserem Land. Eine weitere schreit hoffentlich (inshallah) bricht Bush in zwei Stücke auseinander und die Amerikaner gehen raus aus diesen Landstrichen. Ein Mann weint: "Genug! Sagt er, sie bringen unsere Kinder um!"

Das arabische Fernsehen sendet weiter einander jagende Bilder und Nachrichten. Die Amerikaner haben den Flughafen "Saddam Hussein" in Bagdad erreicht.

Saddam Hussein macht eine Mitteilung im Fernsehen, und erklärt, den Flughafen bombardieren zu wollen, um ihn nicht in amerikanischer Hand zu lassen. Weitere Bombardements über Iraq. Die Bomben fallen auf die Menschen, auf die zivilen Gebäude. Die Bilder, die wir sehen, sind schrecklich. Eine schwangere Frau, in Folge des Bombardements gestorben, während sie auf dem Weg ins Krankenhaus war, um zu gebären. Ein verletzter Junge riskiert sein Bein zu verlieren. Ein Aufeinanderfolgen von Nachrichten, die eine hinter die andere.

Die Genfer Konvention ist für die Amerikaner nicht existent.

Sie achten die Menschenrechte nicht.

In Najef, einem kleinen Ort, sieht man amerikanische Soldaten, die ein Auto anhalten, in dem zwei irakische Bürger sind. Siw werden aufgefordert, auszusteigen. Anschließend misshandeln sie die beiden, sie werden mit Gewalt geschubst, an den Kopf geschlagen, durchsucht. Die Männer werden wie Ziegen gepackt und auf Lkws verfrachtet.

Am schlimmsten ist die Situation in Basrah, wo Wasser, Strom und Medikamente fehlen. Es herrscht eine ernste Seuchengefahr. Vor allem die Kinder werden es nicht schaffen, zu überleben. Insbesondere die Kleinsten, die schwere Durchfallerkrankungen haben und für die es keine Medikamente gibt, um sie zu behandeln. In den Krankenhäusern fehlt es an Allem. Es fehlen Narkosemittel, Desinfektionsmittel. Um zu behandeln verwendet man Verbandsmaterial, das zufällig zusammengekratzt wurde.

Die Kinder, wie übel ist es, diese gemarterten kleinen Körper zu sehen. Ein kleiner Junge, er wird vielleicht drei Jahre alt gewesen sein, mit offenem Bauch und einem zerfetzten Arm. Er weint nicht, er vergießt keine Träne, er schreit nicht und er fragt nicht nach der Mutter, er ist nicht tot, er ist wach, und schaut sich um. Die Ärzte sind dabei, zu versuchen, ihn zu retten. Ohne Handschuhe, mit blutbeschmierten Händen, um zu versuchen, die Blutungen zu stillen, um zu versuchen, zu behandeln. Ich kann diese Bilder nicht ansehen."

Von Rosarita Catani
Aus Shafah Badran
Aman
Jordanien.
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Ergänzungen

Die Imperialistischen Agressoren Schweine!

Antifleischer 05.04.2003 - 02:03
Und Schweine enden immer in der Wurst!

Die Wahnvorstellungen des US-Präsidenten:

G.Kennwood 05.04.2003 - 03:58
Entnazifizierung der Iraker +
Entgläubigung der Schiiten?

Noch wüten die anglo-amerikanischen Freiheitsbringer mit Tod und Zerstörung im Irak, aber sie bereiten schon intensiv vor, wie sie sich »Freiheit und Frieden« für das irakische Volk vorstellen:

Nach Pressemeldungen vom 27.3.2003 soll der ehemalige US-General Jay Garner nach dem Sieg die Zivilverwaltung im Irak übernehmen. Garners Behörde soll nach den Vorstellungen der Bush-Regierung unter dem Schutz der US-Truppen von General Tommy Franks stehen. Die Einbeziehung von Irakern ist nur in Form eines Beratungsgremiums vorgesehen, das vor allem aus Exil-Irakern bestehen soll. Die US-amerikanische Zivilverwaltung soll sich um den raschen Wiederaufbau des Landes und um die Versorgung der Bevölkerung kümmern, aber auch um die »Demokratisierung«:

»In Anlehnung an die "Entnazifizierung" Deutschlands nach dem Krieg wird dazu auch ein Programm gehören, mit dem die weit verzweigten Strukturen der regierenden Baath-Partei zerstört werden sollen.«
(WAZ, 27.3.2003)

Im nächsten Schritt zur »Demokratisierung« müssen die Freiheitsbringer dann wohl die Schiiten »entgläubigen«. Über 60 Prozent der Iraker könnten sonst bei der Einführung von freien Wahlen ihren im Iran wartenden Ayatollah wählen, der möglicherweise dann das islamische Recht einführen und einen Gottesstaat errichten würde. Dann aber hätten die US-Öl-Multis die erhofften irakischen Ölquellen endgültig verloren.

Der Plan, den Irak und dann ganz Arabien mit der US-amerikanischen Freiheit zu beglücken, kann nur eine Wahnidee sein - oder das wohlüberlegte Vorhaben, die Welt in Brand zu stecken.

hmmmm...

frage 05.04.2003 - 04:19
was wohl von-der-osten-sacken dazu sagen würde?

Hilfe für Irak

Umm Alja 05.04.2003 - 11:09
Kann mir jemand hilfreiche Tipps und Adressen geben, wie man effektiv vor Ort im Irak helfen kann?

antwort (oder so)

weist 05.04.2003 - 17:22
gar nichts. aus der ecke kommt momentan ziemliches stillschweigen. naja, so haben auch die sich die 'befreiung' nicht vorgestellt.

was soll ich sagen? sollen 'wir' uns jetzt darüber freuen, daß wir recht hatten, und die 'antideutschen' bloßstellen? in saddam-nostalgie verfallen?
nö, denk ich, denn was soll das bringen? hätt ja auch seinen können, daß sie recht gehabt hätten und wir unrecht, konnte man alles nicht wissen.
hinterher ist man immer schlauer. erstens hat das krepieren gerade erst angefangen, und zweitens ist die 'operation iraqi freedom' ein lehrstück darüber, daß im wirklichen leben eben wenig nach plan verläuft, und daß bei der ganzen scheindebatte über die unumgänglichkeit einer militärischen 'befreiung' der menschen im irak der zentrale punkt völlig verfehlt worden (auf allen seiten): nämlich, daß man zuerst mal diejenigen hätte fragen sollen, die sich damit am besten auskennen - die menschen im irak.

mensch lebt und lernt, hoffentlich. ich nehme osten-sacken das, was er gesagt hat, nicht krumm. 's war halt ein disput, den man sich in dieser abgehobenheit nur an den fleischtrögen der freien westlichen welt(tm) leisten kann, und nicht dort, wo die bomben dann fallen.
und wenn wir alle das erkannt und unsere konsequenzen daraus gezogen haben, dann war es wenigstens nicht ganz umsonst.

zu einer wirklich progressiven haltung gehört meiner meinung immer noch, daß man in der lage ist, seine kritik nicht gleich zu einer breitseite gegen alles und jeden, der sich ein bestimmtes label (antideutsch, antifa, antiimp...) ansteckt, auswachsen zu lassen, sondern, daß man sich auf konkrete aussagen von konkreten individuen bezieht.
und, und das ist ganz entscheidend, daß man zu einem 'agree to disagree' in der lage ist, so daß die differenzen im einen bereich nicht einer zusammenarbeit in einem anderen (zb faschoaufmärsche verhindern) im wege stehen.
schwierig, aber möglich, und der erfolg rechtfertigt es tausendfach.