Persönliche Eindrücke vom Luxemburg-Liebknecht-Gedenken

Bin ich mental ein Polizist? 13.01.2003 00:30 Themen: Kultur Soziale Kämpfe
Deutsche Vereinsmeier, die um neue Mitglieder werben, deutsche Geschäftsleute, die Bratwurst für 4 Deutsche Mark (2 Europäische Mark) verkaufen, alte DeutschlehrerInnen, die bei nasser Kälte eine gewohnheitsmäßige Pflichtrunde um den Gedenkstein drehen. Deutsche Sozialisten, die am ehemaligen Hauptsitz des MfS der DDR vorbeiziehen und sich nicht der Gesichtserkennungssoftware der deutschen Innenverwaltung entziehen können.
Ich habe ein komisches Gefühl im Magen, denke ich an die heutige Gedenkkundgebung an Liebknecht und Luxemburg in Berlin Friedrichsfelde.
Ein schöner Wintertag in Berlin Lichtenberg. Ich habe gut gefrühstückt und will mich leichten Schrittes zur Karl-und Rosa-Gedenkdemo begeben. Ich schlendere durch die Ostplattenbausiedlung entlang der Frankfurter Allee, die direkt nach Moskau führt, und stoße direkt auf den U-Bahnhof Magdalenenstraße. Wenn man hier zu DDR-Zeiten werktags gegen 16 Uhr mit der U-Bahn vorbeiführ, wußte man genau, wer der Brötchengeber der einsteigenden Fahrgäste war. Hier befand sich der Berliner Hauptsitz der Staatssicherheit. Genau hier finde ich mich wieder. Vor mir der ehemalige Stasi-Plattenbau, vor diesem die Berliner Polizei mit einem ihrer modernen "TV-Ü-Wagen" mir der ausfahrbaren Kamera zur Gesichtserkennung auf dem Dach. Hinter dem Wagen der erste Demonstrationsblock der PDS. Ein amüsantes Bild. Vor vierzehn Jahren hätte mir das niemand geglaubt. Egal, auch heute werde ich oft genug von meinen engsten Freunden ungläubig angestarrt.

Ich bin nicht sonderlich gut im Schätzen und Zählen von Menschenmassen.
Von hier bis zur S-Bahn-Brücke am Ring-Center (ehemals Markthallenbetrieb Ringbahnhalle) war jedoch kein Ende des Demonstrationszuges abzusehen. Wie stark die deutsche Linke ist? müssen sich die massig angereisten Gäste aus Österreich und Italien denken.

Wie viele Vereinsmeier es doch noch gibt, die sich auf Befehl den Arsch abfrieren, obwohl sie lieber noch länger gepennt hätten auf`n Sonntag? frage ich mich. Was such` ich hier überhaupt? Und warum sehe ich kein einziges penetrantes Linksruckschild? Doch, drei. Ich sehe so viele Menschen hier. Es würde mir glatt Angst einjagen, wenn die sich wirklich alle an politischen Aktionen beteiligen würden. Ich find es peinlich und lächerlich. Mir fällt auf, daß die zivilen Delegierten von der Innenverwaltung am Straßenrand genau das gleiche Grinsen drauf haben wie ich. Ich hör auf zu grinsen. Es wäre mir eh bald vergangen.

Auf Typen, die noch jünger sind als ich und Bilder von Mao, Uljanow und Tschugaschwili komme ich nicht wirklich klar. 41 noch jüngere Gesichter, die mit DDR- und FDJ-Fahnen rumhumpeln und Transpis halten, auf denen steht, daß sie immer noch da sind und immer noch gegen die Vereinigung sind, komm ich auch nicht wirklich zurecht. Die sind aber wenigstens noch niedlich und nicht angsteinflößend wie die Leninstalinvergötterer, die mich als Schmarotzer des Bildungssystems wahrscheinlich als erstes an die Wand stellen würden.

Bald kann ich aber wieder lächeln. Im schwarzen Block sehe ich ein paar bekannte Gesichter. Der Block wird von einem jungdynamischen "Wir sind alle gut drauf"-Team der Berliner Trachtengruppe begleitet. Die Jungs tragen lustige schwarze Basecaps mit gelber Aufschrift. Denk ich mir die Kluft weg, wirken manche von ihnen wie intellektuelle Café-Gänger aus der Simon-Dach-Straße oder Kastanienallee. Kolle ist ja seit Jahren out. Der Zug zieht weiter an mir vorbei. Würde mir jemand winken, würdeich mich fühlen, wie das Zentralkomitee auf der 1.Mai-Tribüne zu Ostzeiten. Meine Lieblingsparole kam von Demo-Christian: "Antifa ist gut!"

"Durchs Gebirge durch die Steppen zog...
unsere kühne Division, hin zur Küüüüste dieser wei-ßen... "
In der vierten Klasse hat mir meine Musiklehrerin Frau Mathiss eine 3 oder vier bei der "Partisanen vom Amur"-Singeleistungskontrolle gegeben. Ich fand das Lied toll, aber ich hatte einfach nicht diesen Partisanenvibe in mir.
Warum ich toll finden sollte, daß die Weißgardisten niedergemtzelt wurden, weiß ich bis heute nicht. Trotzdem, tolles Lied. Heute hab ich nochmal die Chance den Text zu üben. Schließlich plärrt er mich aus allen schlechten Lautsprechern an.

Jede Gruppe, jeder Block hat ganz wie im Kapitalismus eine eigene Corporate Identity, die aber maximal die Leute der Gruppe selbst cool finden. Am schärfsten fand ich die Live-Musiker der MLPD. Daß sind die mit dem Lenin-Zitat: "Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser". Mit denen möchte ich keine Revolution machen. Aber die waren ja alle nett drauf. Böse Menschen kennen keine Lieder. Ich muß voll an ein Feature denken, daß ich kürzlich auf Deutschlandradio gehört hatte. Dabei ging es um das Liedgut der Tschekisten, also um die Musik der Stasi.

Die nahezu gleiche Perspektive wie ich haben die drei Milzionäre in Zivil, die immer noch unweit von mir am Straßenrand stehen. Ich fühl mich unwohl. Oh Gott, wenn mich die Leute auch für einen von denen halten? Von den Klamotten und so komm ich ja schon so rüber. Selbst wenn, ist auch egal.

Je näher das Ende des Demonstrationszuges rückt, desto cooler und sympathischer werden die Leute. Von der "laß-uns-eine-beliebige-Parole-schreien"-Fraktion ist niemand mehr zu hören. Auch die roten Lieder dröhnen nicht mehr in den Ohren. Hier und da Pollizisten mit Digi-Cameras. "Die Philosophen haben die Welt verschieden interpretiert." schrieb Marx. Es kommt aber darauf an, sie zu überwachen.

Ein Wannenspalier weist den Weg zur versteckten Gedenkstätte. Im U-Bahnhof verkaufen asiatische Blumenhändler für einen silbernen Taler mit güldenem Rand rote Blümchen, die sieben Minuten später auf dem weißen Schnee geopfert werden.

Kurz vor den Toren der Gedenkstätte der Sozialisten beginnt ein gewaltiger Spießrutenlauf. "Vorsicht Mitgleiderwerbung!" Ich werde vorbeigedrückt an einer endlosen Reihe von Vereinsständen, die alle MICH als neues Mitgleid haben wollen. Ich hab keine Potte. Ich will keinen Verein, keine Partei und auch kein Flugblatt, auf dem steht: ES LEBE DER PROLETARISCHE INTERNATIONALISMUS! Schade ums Papier.

Ich treffe meinen Kumpel Bernd, der eher zufällig hier vorbei kam und kiecken wolte. Bernd ist etwas jünger als ich. Er fragt mich, ob Luxemburg hier denn begraben läge. "Nee, die hamse mit Liebknecht in`n Landwehrkanal geschmissen, weil die SPD kein Bock mehr auf die hatte." sag ich. "SPD eben." Sagt Benni und das Schalmei-Orchester Berlin spielt "Roter Wedding" an. "Es fährt ein Sonderzug nach Pankow" wäre lustiger gewesen. Hat Erich Honecker jemals die Lederjacke von Lindenberg angehabt? Hat Lindenberg jemals Erichs Schalmei gespielt?

Ich weiß es nicht. Zwar sind die ewigen Flammen auf dem brauen Ziegelportal längst erloschen, doch die PA funktioniert und spielt Trauermärsche und Kampflieder in dezenter Instrumentalversion. An der runden Gedenkmauer stehen die Namen der dort beigesetzten Sozialisten. Die, nach denen besonders viele Straßen benannt wurden, bekommen besonders viele rote Nelken. Der 1985 verstorbene Armeegeneral der NVA Heinz Hoffmann hingegen hat nur zwei verdient.

"Die Toten mahnen uns" steht auf dem Gedenkstein in der Mitte des Rundgangs. "Freiheit ist immer die Freiheit der anders Denkenden" stand auf dem Transparent der 1988 hier bei dieser Veranstaltung von der Stasi Verhafteten. Aber daran denkt ja heute keiner mehr.

Mir wird es zu religiös, ich will nur noch weg hier. Wobei, Bock' auf eine Bratwurst hätte ich ja schon noch. Aber für EVP 4,- Euro Nee, danke. Um den riesigen Stand des Kreuzberger Gemischtwarenlades für revolutionären Bedarf stehen Massen von Menschen. Es ist schweinekalt, aber doch ein schöner Wintertag. Ein Antifa-Checker-Kiddie klaut sich ein paar tolle schwarze Handschuhe, eine Frau blättert im FeministInnenkalender. Chomsky-Bücher bleiben unangerührt und ich verdrück mich richtung Burgerking, aber irgendwie habe ich ein komisches Gefühl im Magen.
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Ergänzungen

Mehr Bilder/Bericht von der LL-Demo in Berlin

13.01.2003 - 00:40

Hoffnungmachende Relativierung von mir

Anwesender 13.01.2003 - 00:54
Naja, vielleicht haben diese Transparente und "Bratwurst-Kommies" die Optik an vielen Stellen dominiert - aber ich denke schon, daß ein guter Teil der Demonstrierenden nicht mit den üblen Auswüchsen in einen Topf zu werfen ist. Die Emotionen sind zu verstehen: Ich hab 2 DDR-Fahnen und 2 mal Stalin gesehen (bei 10.000 Leuten) und war bedient - ist eigentlich unfair den anderen gegenüber, die nichts an Transpis bei hatten und jetzt in Sippenhaft genommen werden.
(Wieviele Mitläufer die MLPD hat, hat mir aber wirklich Angst gemacht - bei denen waren gut 400 Leute - samt Irak-Flagge)

War da nicht mal was?

flopserver 13.01.2003 - 00:59
Rosa-Luxenburg-Demonstartion? War das nicht die Demonstration wo sich Autonome und alte DDR-Spießer (PDS-Wählerpotential) gute Nacht sagen ...

alle jahre wieder

13.01.2003 - 01:03
revolutionen sind spontan, rituale sind reaktionär.
ein ritual kann nicht revolutionär sein.

anarchia si 13.01.2003 - 01:08
"revolutionen sind spontan, rituale sind reaktionär. ein ritual kann nicht revolutionär sein."
was ist überhaupt revolutionär? anstatt immer möglichst der revolutionärste zu ein, sollten wir mal wieder anfangen, an moral und menschlichkeit zu arbeiten. das was passiert ist ja auch ausdruck von was..... naja, guter text!

Versteh auch nicht so recht....

d5431251 13.01.2003 - 09:27
..was der Artikel soll...Irgendwie ist er peinlich.

Rosa pfiff auf die Organisation

xxl 13.01.2003 - 10:38
Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg wurden am 15. Januar 1919 von Freikorpssoldaten der Garde-Kavallerie-Schützen-Division in einem konspirativen Versteck in Wilmersdorf verhaftet und am selben Tage ermordet.
Der letzte Artikel von Rosa Luxemburg „Die Ordnung herrscht in Berlin“ erschien am 14. Januar 1919 in der „Roten Fahne“, der Zeitung der KPD. Mit keinem Wort erwähnte sie darin die Partei, die sie gerade gegründet hatte! Die Massen seien das entscheidende, die Spontaneität, nicht die Organisation, die sie in anderen Artikeln spöttisch als „Organisationsdünkel“ und „Organisationsfanatismus“ belächelte. „In den wichtigsten Momenten der Revolution versagt vorerst das gerühmte „Organisationstalent“ in kläglichster Weise. Revolutionäre Aktionen zu organisieren ist eben noch ganz was anderes, als Reichstagswahlen oder Gewerbegerichtswahlen nach Schema F zu „organisieren“. Die Organisation der revolutionären Aktionen muss und kann eben nur in den Revolution selbst gelernt werden, wie das Schwimmen nur im Wasser gelernt wird.“ (Versäumte Pflichten 8.1.1919) Alle ihre letzten Gedanken und wirklichen Grundhaltungen von Rosa werden von solchen Organisationen wie PDS, Linksruck, MLPD und DKP verleugnet. Sie schnappen sich die Hülle von Rosa ohne ihren Geist. Der tote Körper ist ihnen lieber, als die lebendige Rosa. Das ist der eigentliche Sinn des Marsches nach Friedrichsfelde, denn eine Tote kann sich nicht mehr wehren, sie muß den Überlebenden gehorchen.

auch:  http://germany.indymedia.org/2003/01/38485.shtml
darin: Zurück zu den Ursprüngen
Von: kein friedrichsfeld-gänger 12.01.2003 16:09

Karl grüsst Rosa und Lenin!

Karl 13.01.2003 - 10:40
Da Luxemburg und Liebknecht engen Kontakt mit Lenin hatten und diesem Kontakt die Gründung der KPD voraus ging, ist es unverständlich, Lenin raus zu mobben und ein "L" zu streichen.

Es lebe die lebendige Tradition der LLL-Demonstrationen in Berlin, welche an die Verbrechen der deutschen und russischen Bourgeoisien erinnern!

Der Burgfrieden in Deutschland hält schon viel zu lange!

Nieder mit Fischer und Schröder, nieder mit Merkel und Stoiber! Nieder mit Schill und den Neonazis!

Keine deutschen Soldaten für imperialistische Eroberungskriege!

Solidarität mit Chavez und Kuba libre!

lange lebe die dumme parole

ne karl?! 13.01.2003 - 11:38

Bericht eines unpolitischen Zuschauers

Marat&Kumpanei 13.01.2003 - 11:54
Der Bericht sollte besser "Bericht eines unpolitschen & unbeteiligten Zuschauers" heißen. Heute schaun wir bei Rosa/Karl zu und morgen "kieken" wir bei der "Love Parade"!
Bericht eines unpolitischen "linken" - Zuschauers! 'Ne Bockwurst gefällig?

zeig mir mal die arbeiterklasse.....

man kann sich drüber lustig machen .... 13.01.2003 - 12:26
...man zeigt dadurch jedoch nur wie unwissend der mensch ist.die klasse des arbeiters wird dann entstehen wenn sich das kleinbürgerliche nullentum die ketten der lohnarbeit ablegen wird und die soziale revolution ausüben wird.
also kapische?es nützt´n scheiß kleine demonstrationen unter jugendlichen zu veranstalten und dabei gleich auch noch seinem zerstörerwahn zu fröhnen.der arbeiter,der normale bürger hat aus seinem sozialen unmut auf die strasse zu gehen dann wird die revolution früchte tragen.
dazu engels über marx:"...die bisher unter ideologischen Überwucherungen verdeckte einfache Tatsache, daß die Menschen vor allen Dingen zuerst essen, trinken, wohnen und sich kleiden müssen, ehe sie politik, wissenschaft, kunst, religion usw. treiben können...."
nicht anders herum die politische arbeit sollte daher nicht der verschreckung der bürger dienen(1. Mai,Sylwester in leipzig,etc.pp),sondern sie mit einzubeziehen und ihnen bewusst zu machen welche kreise der bürgerliche demokratismus zieht.
also dann überlegt euch genau was ihr hier als unpolitisch schimpft,den trauerzug für revolutionäre kämpfer oder terrorismuspolitik der 68iger oder kreuzberger 1.mai´ler...
wer sich nicht bewegt,spürt auch die ketten nicht

Vollwertriges von kommunisten-online.de

stalinator 13.01.2003 - 13:02
Raussendorff-News

Liebe Leute,

anlässlich der LLL-Demo in Berlin am 12. Januar 2003, die zu einem machtvollen Protest gegen die Unterstützung des Irak-Krieges der USA durch die Bundesregierung werden muss, dokumentiere ich neue historische Erkenntnisse

Zur Ermordung von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg: Waldemar Papst - Militär, Agent, Faschist. Mann der Industrie in drei Ländern

Von Doris Kachulle*

A b d r u c k e r w ü n s c h t ­ B e l e g e r b e t e n

Mit internationalistischen Grüßen

Klaus von Raussendorff

----------------------------------------------------------------------------

Anti-Imperialistische Korrespondenz (AIK), Redaktion: Klaus von Raussendorff Postfach 210172, 53156 Bonn; Tel.&Fax: 0228 - 34.68.50; Email:  redaktion@aikor.de

AIK-Infos können auf der Seite der AIK  http://www.aikor.de

unter "Info-Dienst der AIK" runtergeladen werden Webmaster: Dieter Vogel, Email:  webmaster@aikor.de

********************************************************************** Anlage

Zur Ermordung von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg: Waldemar Papst - Militär, Agent, Faschist. Mann der Industrie in drei Ländern

Von Doris Kachulle*

Es fehlte nicht viel, und Major a.D. Waldemar Pabst hätte von der Adenauer-Regierung das Bundesverdienstkreuz dafür bekommen, dass er Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht liquidieren ließ; eine Tat, die er Anfang 1962 erstmals öffentlich zugab. „Jedenfalls ist Ihnen dafür jetzt eine amtliche Anerkennung zuteil geworden“, stellte der „Spiegel“ damals in einem Gespräch mit ihm fest, „der Sie sogar zu Hitlers Zeiten hatten entraten müssen. Das bundesamtliche Bulletin vom 8. Februar 1962 hat die Ermordung Liebknechts und Luxemburgs für standrechtliche Erschießungen ausgegeben und sich Ihre Deutung der Tat zu eigen gemacht, dass nämlich Deutschland nur so vor dem Kommunismus habe bewahrt werden können.“ In welcher Zeitung Pabst sich als Organisator des Doppelmordes vorgestellt hatte, war im Bulletin des Bundespresseamtes weggelassen worden und auch nicht im „Spiegel“ zu finden. Das war offenbar Absicht. Die Öffentlichkeit sollte nicht auf bestimmte Zusammenhänge gestoßen werden, die denn auch nie ans Licht gekommen sind. Pabst hatte sich in einer Abonnements-Zeitung geäußert, die „Das deutsche Wort“ hieß und von ihm mit herausgegeben wurde. Im Verfassungsschutzbericht von 1962 wurde es als rechtsradikal bezeichnet, gleichwohl wurde es von Bonn subventioniert. Das Bundesverteidigungsministerium, das Gesamtdeutsche Ministerium und das Bundespresseamt kümmerten sich darum; auch Verbindungen zum Bundesnachrichtendienst sind belegbar. Pabst war ein wichtiger Mitarbeiter des Propagandaapparats dieser Instanzen.

Pabst hat den Mord an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht als Protofaschist organisiert und stand bereits in den 20er Jahren auf faschistischen Positionen. Dabei war er nie „Nur-Militär“, sondern immer auch ein Mann der Industrie. Er machte sich ihre Interessen zu eigen, er versuchte, diese mit allen Mitteln durchzusetzen und arbeitete dafür auch im Geheimdienst. Und: er arbeitete eben auch nicht nur mit Konservativen zusammen. Wenn es gegen die Kommunisten ging und wenn er sich einen Erfolg davon versprach, schloss er auch Bündnisse mit Sozialdemokraten und Liberalen. Ein Faschist mit viel Sinn für Realpolitik, den die offizielle Geschichtswissenschaft als Desperado und Abenteurer hingestellt hat, als habe Major a.D. Waldemar Pabst außerhalb der bürgerlichen Gesellschaft gestanden. Das schon zitierte Bulletin stilisierte Pabst sogar zum Nazigegner: „Pabst ist ein bekannter Freikorpsführer gewesen und im Nazi-Reich von der Gestapo verhaftet worden. Einer nochmaligen Festnahme entzog er sich durch die Flucht in die Schweiz“.

Doppelmord mit geheimdienstlichem Hintergrund?

Die Mörder von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht kamen aus einer regulären Heeresdivision, der Garde-Kavallerie-Schützen-Division (GKSD), deren Stabschef Waldemar Pabst war. Die GKSD war vom Rat der Volksbeauftragten entgegen öffentlichen Verlautbarungen nicht aufgelöst worden und bildete den Kern der neuen Reichswehr. Die Mörder als Freikorpsleute zu bezeichnen, erweckt den irreführenden Eindruck, als hätten sie spontan und ohne Wissen der Staatsmacht ihrem Hass auf zwei radikale Linke freien Lauf gelassen haben. Es gibt Anzeichen dafür, dass hinter dem Mord der militärische Nachrichtendienst steckte; ein in diesem Rahmen während des Krieges entstandenes Personengeflecht von Militärs, Großindustriellen und rechten Sozialdemokraten. Die bekanntermaßen an der Mordaktion beteiligte Antibolschewistische Liga (AL) war im wesentlichen nichts anderes als eine Tarnorganisation der Nachrichten- Abteilung (III B) des Großen Generalstabs. Hugo Stinnes, der im Januar 1919 dafür sorgte, dass die AL große Summen aus der Privatwirtschaft bekam, ist engstens mit General Ludendorff verbunden gewesen, der die Abteilung IIIB großgemacht hat. Stinnes hat in der ersten Zeit auch die Garde-Kavallerie-Schützen-Division in Berlin alimentiert, und Pabst hat jahrelang mit ihm zusammengearbeitet. Ebenso mit Gustav Stresemann, der die von Stinnes gleichfalls finanzierte Deutsche Volkspartei (DVP) führte. Pabst war häufig bei Stresemann zu Hause und konferierte mit ihm über die Möglichkeiten „der Beseitigung der Novemberverbrecher aus der Regierung“ (Pabst).

Als Verschwörer gegen die parlamentarische Republik immer dabei

Im Juli 1919 machte Pabst einen ersten Putschversuch. Er wurde nicht entlassen (Noske log), er sollte lediglich versetzt werden , zog es dann aber vor, den Dienst zu quittieren, um in Berlin bleiben zu können. Als Geschäftsführer der „Nationalen Vereinigung“ hat er auch den Kapp-Putsch mit vorbereitete. Aus der Literatur ist bekannt, dass Stresemanns DVP im Erfolgsfall bei dieser ja auch von oder über Stinnes gesponserten Unternehmung mitgemacht hätte. Dass Stresemann schon bei der Vorbereitung derart eng mit Pabst kooperierte, ergibt sich aus Briefen von Pabst und anderen unveröffentlichten Dokumenten. In diesen Briefen macht Pabst auch Andeutungen über die Verstrickung der Sozialdemokratie in diesen Staatsstreichversuch. Wir wissen, dass rechte Sozialdemokraten auf der Kabinettsliste der Verschwörer gestanden haben, aber wenig Konkretes darüber, womit sie sich dieses Vertrauen verdient hatten. Zu vermuten ist, dass für solche SPD-Leute im Vordergrund stand, dass die Verschwörer alle Hebel in Bewegung setzten, um Deutschland durch eine Beteiligung an einem Interventionskrieg gegen die Sowjetunion außenpolitisch wieder ins Spiel zu bringen. Mit diesem Ziel hatten sie sich mit vielen prominenten weißgardistischen Emigranten verbündet und ihnen mit Hilfe der Industrie den Aufbau eines antisowjetischen Nachrichtenapparates ermöglicht, der bis in die NS-Zeit hinein aktiv und wirkungsvoll war. Als Pabst diese Emigrantenszene in Vorbereitung des Kapp-Putsches organisierte, konnte er sich auf den preußischen Verfassungsschutz stützen, das Staatskommissariat für öffentliche Ordnung, das praktisch eine Abteilung eines Kölner Industriekonzerns war. Aufgebaut mit den Geldern des Eisen- und Schrotthändlers Otto Wolff und seines Kompagnons Othmar Strauß, die zu den großen Kriegsgewinnlern gehörten. Und Strauß hatte bis zum Kapp-Putsch sogar selbst eine Schlüsselfunktion in dieser Behörde!

Als Deutschtumsagent: Organisator der Heimwehr in Österreich

Nach dem Kapp-Putsch, der eigentlich Ludendorff-Putsch heißen müsste, hat Pabst gut ein Jahrzehnt in Österreich gewirkt. Von Innsbruck aus machte Pabst die österreichische Heimwehr als schwer bewaffnete „antimarxistische“ Bürgerkriegstruppe zu einer bundesweiten einheitlichen und straff geführten Massenorganisation; er war ihr eigentlicher und tatkräftigster Exponent. Die deutsche Regierung hatte Pabsts Steckbrief nur fürs Volk herausgehängt. In Berlin war sein Aufenthaltsort von Anfang an bekannt, und auch die christlichsoziale Tiroler Landesregierung wusste, wem sie den Aufbau ihrer Heimwehr anvertraut hatte. Auch in Innsbruck stand Pabst mit dem militärischen Nachrichtendienst in Verbindung. Ich wage die Hypothese, dass die Tiroler Heimwehr als politische Bewegung überhaupt ein Produkt der deutschen Abwehr gewesen ist. Deren terroristischer Arm war die Organisation Consul (OC); das ist nicht die vorherrschende Auffassung in der Geschichtswissenschaft; auch die einschlägige DDR- Historiographie hat die OC nicht als Teil der Abwehr begriffen. Aber nach gründlicher Beschäftigung mit der Materie bin ich überzeugt, dass Ernst v. Salomon, der selber OC-Mitglied gewesen ist, recht hat, wenn er diese Organisation in seinem autobiographischen sarkastischen Entnazifizierungsroman „Der Fragebogen“ (1951) als Arm der Abwehr charakterisiert hat. Pabst war in Österreich Anlaufstelle für viele der Täter und Mittäter der Erzberger- und Rathenaumorde und anderer Terrorakten der Organisation, wobei die christlichsoziale Landesregierung von Tirol ihm sogar half, für seine Klientel falsche Papiere oder Arbeitsstellen zu beschaffen. Pabst war auch am Ludendorff-Hitler-Putsch vom 9. November 1923 beteiligt. Als Kapp-Putschist fiel er im August 1925 unter eine nicht zuletzt von Gustav Stresemann durchgesetzte Amnestie, und anschließend arbeitete Pabst auch für das Auswärtige Amt: Als „Deutschtumsagent“, als Berichterstatter und Berater des „ Anschluss“-Freundes Stresemann, als Verbindungsmann zwischen dem deutschen Außenminister und der Tiroler Landesregierung und als Verbindungsmann zwischen dem Außenminister und der österreichischen Bundesregierung. Da Stresemann Probleme hatte, die „Repräsentationszulage“ für Pabst im Budget seines Auswärtigen Amts unterzubringen, wurde Pabst Ende 1926 in den Etat des Deutschen Schutzbundes für das Grenz-und Auslandsdeutschtum (DSB) übernommen, der beträchtliche Summen aus Geheimfonds des Auswärtigen Amtes und des Innenministeriums erhielt; Aus der Pabst-Stresemann-Korrespondenz ist ersichtlich, dass bei dem mit dem Schutzbund getroffenen Arrangement auch Othmar Strauß seine Hand im Spiel gehabt hat, „unser gemeinsamer Freund“ (Pabst). Der Otto Wolff-Konzern war an der vom deutschen Stahltrust kontrollierten Alpine Montan- Gesellschaft in der Steiermark beteiligt, dem größten österreichischen Hüttenwerk ; wie überhaupt das deutsche Industrie- und Bankkapital zunehmend und systematisch die Wirtschaft des Landes durchdrang.

Doch Pabst taktierte und machinierte so geschickt, dass ihn die Öffentlichkeit durchweg nicht als Repräsentanten einer großdeutschen Politik ansah, sondern eher den Eindruck gewann, dass er die Heimwehr zu einem Instrument des Mussolini-Faschismus zu machen versuchte und für eine Achse Rom-Wien-Budapest war. „Ein Agent der italienischen Politik“, so hat ihn z.B. auch Carl von Ossietzky in der „Weltbühne“ beschrieben, und so wird er auch heute noch durchweg gesehen. Daher ist es auch nicht im historischen Bewusstsein, dass ein Agent der deutschen Reichsregierung die Bedingungen mit geschaffen hat, die zu den Ereignissen um den 15. Juli 1927 führten (Stichwort: Wiener Bastillensturm) und damit zur Wende in der österreichischen Politik. Von Anfang an hatte Pabst die Heimwehr auf den „Entscheidungskampf“ mit der austromarxistischen Sozialdemokratie und ihrer Parteiarmee, dem Republikanischen Schutzbund orientiert.

Anlässlich des 10. Jahrestages der Ermordung Rosa Luxemburgs und Karl Liebknechts referierte Pabst in Berlin am 16. Januar 1929 in dem vom Deutschen Schutzbund betriebenen Volksdeutschen Klub über „Die österreichischen Selbstschutzverbände und die innere Lage Österreichs“. In den folgenden Tagen konferierte er einmal mehr mit Stresemann, er wurde auch von Alfred Hugenberg empfangen und führte Geheimverhandlungen mit dem Stahlhelm. Im Mai 1929 wäre es fast herausgekommen, dass Pabst in Österreich deutsche Regierungspolitik machte. Das Berliner Tageblatt berichtete, dass ihm offenbar über den Deutschen Schutzbund Reichsgelder aus Geheimfonds für Grenzland- und Deutschtumsarbeit zugeflossen seien. Innenminister Carl Severing ließ verlautbaren, dass er seine Zahlungen an den Schutzbund eingestellt habe, bis die Sache durch eine gründliche Untersuchung geklärt sei. Die Öffentlichkeit wurde belogen und beruhigt, und als das Interesse abgeflaut war, nahm Severing die Zahlungen wieder auf.

Als Vertreter der Rüstungsindustrie: Brückenbauer zwischen Faschismus und Konservatismus

Im Herbst 1931 kehrte Pabst nach Deutschland zurück und bekam eine Direktorenstelle beim staatlich kontrollierten Rheinmetall-Konzern, und zwar im Berliner Büro des Konzerns „zur besonderen Verwendung der Generaldirektion“. Da es konkret um illegalen Waffenhandel und die geheime Forcierung verbotener Rüstungsprojekte ging, sollte seine Anstellung nicht bekannt werden. Nach außen hin führte er die Existenz eines Verlegers. Er war Teilhaber des renommierten nationalistischen Verlages „Tradition“ geworden und kümmerte sich tatsächlich auch um dieses Geschäft. Er behauptete, keine Beziehungen mehr zur Heimwehr zu haben. Doch auch in Berlin verging kein Tag, an dem sich Pabst nicht mit Angelegenheiten der Heimwehr befasste. Fürst Ernst Rüdiger von Starhemberg, der um diese Zeit an der Spitze der Heimwehr stand, machte ihn zum „alleinigen bevollmächtigten Vertreter der österreichischen Heimatschutzbewegung im deutschen Reich.“ Pabst sähe sich selbst als Faschist und plädiere dafür, in Deutschland ein „leicht modifiziertes Mussolini-System“ zu errichten, hatte die Presse nach seiner Rückkehr berichtet. Pabst leitete die von ihm mit gegründete Gesellschaft zum Studium des Faschismus (GSF), die „ in der faschistischen Staats- und Wirtschaftsidee grundsätzlich eine Lösungsmöglichkeit aus der gegenwärtigen deutschen Krise erblickte.“ Im Rahmen der GFS arbeitete er auch mit prominenten Nationalsozialisten wie Hermann Göring zusammen, mit dem er spätestens nach dem Ludendorff-Hitler Putsch in ein enges Verhältnis gekommen war, als er den schwerverwundeten Göring in Innsbruck unter seine Fittiche genommen hatte. Außerdem hatte Pabst auch ständig in Sachen Heimwehr mit Göring zu tun. Beide bemühten sich, eine Einheitsfront Heimwehr/NSDAP zustande zu bringen, und Pabst konferierte in diesem Zusammenhang auch mit Adolf Hitler. Pabst im Juni 1932 an einen österreichischen Industriellen: „Ich könnte mich nie und nimmer dazu hergeben, etwas gegen die NSDAP ­Bewegung zu unternehmen, sondern nur in einer gemeinsamen Linie mit derselben. Das erfordert nicht nur meine Überzeugung, sondern auch meine Tätigkeit in Deutschland.“ Wie Pabst dann dennoch unter den Nazis im Juni 1934 auf die Proskriptionsliste geriet (Stichwort: Röhm-Affäre), ist ungeklärt. Er kam in Haft, wurde aber nach sechs Wochen wieder freigelassen. Göring, von Papen und andere Freunde hatten sofort interveniert; anschließend bescheinigte ihm die Gestapo seine Unschuld: „Die wegen des Verdachts der Teilnahme an der Röhmrevolte geführten Ermittlungen gegen Major a.D. Waldemar Pabst haben keinerlei belastendes Material erbracht.“

Scharnierfigur zwischen deutscher und schweizer Kriegswirtschaft Im Juni 1938 wurde Pabst von Hitler zum Wehrwirtschaftsführer ernannt. Nach Kriegsbeginn tat Pabst im Wehrwirtschafts- und Rüstungsamt Dienst. Er war als erster Generalstabsoffizier unter seinem Freund General Georg Thomas Verbindungsoffizier zum Oberkommando des Heeres und hat zum Beispiel wichtige Entscheidungen hinsichtlich der Okkupationspolitik in Polen mitbekommen und mitgetragen. Richtig ist, dass Pabst ab Frühjahr oder Frühsommer 1940 keinen regulären Dienst mehr tat und dass er auch nicht mehr die Abteilung „Zentrale Verkauf Waffen“ bei Rheinmetall-Borsig unter sich hatte. Im September 1940 ließ er sich in Berlin als Hauptgesellschafter der „Auslandshandel GmbH“ registrieren. Über deren Tätigkeit konnte ich in deutschen Archiven jahrelang keine Belege. Meine Erkenntnisse stammen aus einem Aktenbestand der Schweizer Staatsschutzbehörde, zu dem ich mir in einer langwierigen Auseinandersetzung Zugang erkämpft habe. Danach war die „Auslandshandel GmbH“, eine Im- und Exportfirma , die zu einer hauptsächlich im neutralen Ausland operierenden Tarnfirmenorganisation gehörte, die im Auftrag des NS-Regimes laufend kriegs- und ernährungswichtige Waren und Rohstoffe aufkaufte. Außerdem diente sie auch nachrichtendienstlichen Zwecken. Ihren Aufbau besorgte der mit Pabst befreundete aus der Ukraine stammende Geschäftsmann Gregori Messen-Jaschin, der in den 20er Jahren irgendwie die lettische Staatsangehörigkeit erworben hatte. Die Zentrale dieser Organisation wurde 1941 in der Schweiz eingerichtet, die Firma „Sfindex“, mit Messen als Verwaltungsratspräsident und zwei Schweizer Strohmännern, die zum eidgenössischen Establishment gehörten.. Die von Pabst geführte „Auslandshandel GmbH“ fungierte als Bindeglied zwischen den Tarnfirmen und den einschlägigen wehrwirtschaftlichen Instanzen bzw. bestimmten deutschen Großkonzernen, die an der Sache beteiligt waren, zum Beispiel Siemens, die Frankfurter Metallgesellschaft und der Otto Wolff-Konzern. Die einzelnen Geschäfte wurden staatlich finanziert, hauptsächlich aus dem Etat des Reichsluftfahrtministeriums. Pabst ist eine wichtige Scharnierfigur zwischen der deutschen und der Schweizer Kriegswirtschaft gewesen. Eine seiner wichtigsten Bezugspersonen in der Schweiz war der Führer des „Schweizerischen Vaterländischen Verband“(SVV), Dr. Eugen Bircher, der als Arzt, Militär und Politiker im öffentlichen Leben der Schweiz eine große Rolle spielte. Dieser organisierte als Beitrag der neutralen Eidgenossenschaft „zum Kampf des Führers gegen den Bolschewismus “(Bircher) die berüchtigte Schweizer Ärztemission. Der SVV, dem Pabst Tips für präventive Aufstandsbekämpfung gegeben hatte, besaß einen eigenen scheinbar privaten Dienst, der faktisch mit der Schweizer Staatsschutzbehörde, der dazu gehörenden Bundespolizei (politischen Polizei) und dem militärischen Nachrichtendienst verkoppelt war. Von daher war auch Pabst mit diesen offiziellen Einrichtungen in Verbindung gekommen, und besonders gut war sein Verhältnis zum Chef der Bundespolizei. Von August 1943 an hielt sich Pabst dauernd in der Schweiz auf. Er ist in der Schweiz weiterhin als Wehrwirtschaftsführer, Major z.V., Chef der Auslandshandel GmbH und Agent des NS-Regimes tätig gewesen. Gleichzeitig hat er sich in die Bemühungen um einen antisowjetischen Separatfrieden eingeklinkt, für den auch Bircher machinierte, und u.a. versucht, in Bern an den Hauptresidenten des amerikanischen Kriegsgeheimdienstes OSS, Allan Dulles, heranzukommen. Pabst diente sich dem späteren CIA-Chef mit Nachrichtenmaterial an, einmal, um sich selber eine Perspektive für die Zeit nach Hitler zu eröffnen; er muss aber auch Auftraggeber in Berlin gehabt haben, und vieles spricht in dieser Beziehung für den SD der SS. Dass Pabst Beziehungen zur SS gehabt hat, ist belegbar. Dem sowjetischen Rundfunk zufolge und nach Berichten, die Ende 1944 dem militärischen Nachrichtendienst vorlagen- von absolut seriösen Informanten- wäre Pabst sogar „engster Vertrauensmann von Heinrich Himmler“ und als solcher in der Schweiz maßgeblich an der Organisation der„ nationalsozialistischen Untergrundbewegung“ beteiligt gewesen. Auf alle Fälle gehörte er zu einem Kreis von deutschen und Schweizer Wirtschafts­ und Geheimdienstleuten, die an den Strukturen eines antikommunistischen Nachkriegsdeutschlands arbeiteten. Mit Hilfe eidgenössischer Staatsschützer und anderer Leute im Berner Bundeshaus ist es Pabst gelungen, sich eine sehr erfolgreiche Legende zu stricken: Pabst, der Gegner und Verfolgte des Naziregimes …

Im Dienste der psychologischen Kriegführung der BRD gegen die sozialistischen Staaten

In der Bundesrepublik war Pabst u.a. mit dem Bonner Nachrichtenoffizier Achim Oster liiert, dem Sohn des nach dem 20. Juli 1944 hingerichteten Abwehr-Mannes Hans Oster. Oster versuchte im Sommer 1950 erfolglos, dem inzwischen immerhin schon 70jährigen Pabst ebenfalls in Bonn eine feste Position zu verschaffen. Pabsts „Auffassung von der Notwendigkeit einer offensiven Bekämpfung des Bolschewismus“ habe „sich seit den Tagen, in denen er die Verantwortung für die Liquidierung Liebknechts und Luxemburgs übernahm, nicht geändert“, stand in Osters Empfehlung. Auch der sozialdemokratische Verfassungsschützer Günter Nollau kannte die Wahrheit, schrieb aber in seinem 1959 erschienenen Buch „Die Internationale“: Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht „wurden nach ihrer Festnahme in das Hauptquartier gebracht, von wo aus ihr Schicksal seinen Lauf nahm.“ Nollau hatte Pabst vor der Publikation seines Buches interviewt und darin dessen Geschichte von der „verräterischen Rolle Wilhelm Piecks“ aufgegriffen. Der zusammen mit Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht verhaftete Pieck habe zur Rettung seines Lebens „rote Aufstandspläne“ und die Ausweichquartiere anderer spartakistischer Führer preisgegeben. Der Verlag, in dem Nollaus Buch erschien, stand der „Psychologischen Verteidigung“ (sprich: Kriegführung ) nahe, genau wie das von Pabst mit herausgegebene Blatt „Das deutsche Wort“.

Sein coming out als Initiator der „standrechtlichen Erschießungen zweier im Dienste Moskaus tätigen kommunistischen Volksverhetzer“ war von jenen Leuten wohlüberlegt, die Pabst als das „standhafte Kernstück der CDU um den Kanzler “ bezeichnete; die auch nach dem Mauerbau die Realitäten des internationalen Kräfteverhältnisses nicht anerkennen wollten. Sein Beitrag war Teil ihrer psychologischen Kriegführung. „Moskau griff schon einmal nach Berlin“, war er überschrieben. Pabst legte darin dar, wie das Militär 1919 mit einer vergleichbaren Situation fertig geworden war, und die Legitimierung des Mordes an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht hieß nichts anderes als dies: Es wäre genauso legitim, die Führung der DDR zu liquidieren.

* Die Historikerin Doris Kachulle, Bremen, forscht seit längerer Zeit über Waldemar Pabst. Sie wird demnächst seine Biographie vorlegen. Der vorliegende Beitrag ist die gekürzte Fassung ihres Vortrags auf einer Konferenz des Marxistischen Arbeitskreises zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung bei der PDS am 31.8./1.9.2002 in Berlin zum Thema „Konservatismus, Faschismus und sozialistische Bewegung“. Ihr Vortrag ist abgedruckt in „GeschichtsKorrespondenz“ Nummer 1/9.Jhg. Januar 2003, zu beziehen durch Prof. Dr. sc. Hans-Joachim Krusch, Else-Jahn-Straße 2, 13088 Berlin; Telefon: 030-9263334

Was wollen die Kommies hier eigentlich?

13.01.2003 - 13:28
Ich denke, Anarchismus, Grassroots, libertärer Kommunismus und Räte-Kommunismus etc,. sind Antilinks und müssen unbedingt vernichtet werden .... Und jetzt hängt ihr doch den ganzen Tag auf ner Grassroots-Seite rum. So richtig ernst nehmen tut ihr Prateiwixer euch auch nicht - oder?

Gäähn .... sehr Oberflächlich

stalinator 13.01.2003 - 14:13
1. Lesen ist echt ein Vorteil. Siehe Auszug aus Indymedia-Grundsätze

wo liegt der polit. ansatz von indymedia
im gegensatz zu den mainstreammedien?

indymedia d. versteht sich als ein emanzipatorisches, unabhängiges mediennetzwerk ohne kommerzielle interessen (hier ist die information kein modethema, keine 'handelsware' mit marktwert), mit dem zentralen ansatz, gegenöffentlichkeit zu schaffen, indem die menschen an der gesellschaftl. basis DIREKT zu wort kommen; darum ist auch das open posting ein so wichtiger bestandteil der idee.

diese form des direkten zugriffs öffnet die grenze zwischen konsumentInnen und produzentInnen, verstärkt das -von den vorherrschenden informationsstrukturen weitgehendst unangesprochene..- bewusstsein der menschen in bezug auf ihr gesellschaftliches mitsprache-u.-gestaltungsrecht und kann somit effektiv zu emanzipatorischen veränderungsprozessen sowohl inner- als auch ausserhalb der medienlandschaft beitragen.

alle beteiligten handeln eigenverantwortlich, mitgliedschaften oder interne hierarchien/führungsstrukturen wie in anderen organisationen widersprächen massiv dem grundprinzip des projekts. alle, die sich einbringen, SIND dadurch gleichzeitig (und von daher gleichberechtigt) indymedia.

indymedia ist immer auch teil der bewegung, von der es berichtet.

was will indymedia NICHT sein?

* ersatz für schon bestehende alternative informationsstrukturen;
hier soll indymedia nur unterstützende/vernetzende funktion haben.
* veranstaltungskalender oder absatzpool für vorbereitete stellungnahmen hierarchischer, etablierter oder kommerzieller gruppierungen
* plattform für menschenverachtende, sexistische, rassistische, rechtsradikale u./o. totalitäre beiträge jeder art.

1 b). Hier steht nix von theoretischer festlegung auf eine befreiungsideologie oder pol. programmatik. ich lese hier nichts

2. ob sich libertäre, anarchisten usw. bourgeois correct verhalten oder nicht, darüberentscheiden sie doch selbst. Einen Standpunkt darf man aber schon haben, oder ist das zu autoritär? Außerdem entscheidet Fehleinschätzung in einem Fall nicht über die grundsätzliche haltung. jedenfalls nicht unter demokraten.

3. Es macht mir Spaß Stalinos mit Trotzki, Trotzkisten, Anarchisten, libertäre Linke und Sozis mit Stalin zu Ärgern. WEil solche Diskussionen an den Realitäten voprbeigehen. Der Penner am Straßenrand interessiert sich einen Scheiß ob Stalinisten oder Syndikalisten seine Situation verbessern. und im Falle des Falles stellt die Bourgeoisie uns nebeneinander an die wand. Übrigens ist Sozialismus von der Klassenfrage zur Menscheitsfrage geworden.

Spinnt mein Rechner?

Dortmunder 13.01.2003 - 14:24
Oder warum kann ich die Links nicht oeffnen?

Na wenn dann richtig lesen

13.01.2003 - 14:26
Da stehen Dinge wie:

emanzipatorisch
unabhängig
menschen an der gesellschaftl. basis DIREKT zu wort

Indymedia ist praktizierter Grassrootsansa - also was fürs Gulag.

Als Stalinist solltest Du nur ZK-gesteuerte Seitennutzen, das hier ist Feindsender!

d o n t f e e d t h e t r o l l

13.01.2003 - 14:29

hmm

Joshek 13.01.2003 - 17:34
das macht mich hier alles ganz deprimiert

avantgarde in den lokus

d. roeschen 13.01.2003 - 20:53
wir brauchen keine fuehrerInnen, ob tot oder lebendig! klar waren wir da, um persoenlichkeiten emanyipatorischer bewegungen zu gedenken. das heisst nicht, dass wir sie auf ein podest stellen wollen. von der geschichte lernen, heisst nicht, in der vergangenheit leben. auch in den letyten jahrzehnten gab es entwicklungen emanyipatorischen denkens. es gibt jedoch bis heute keine lehre, die uns einen sicheren weg ins paradies weist, es sei denn, es handelt sich um eine religion.

wir veryichten auf die priester!
revolution ist zum selbermachen!
es gibt keinen kommunismus aus dem backbuch!!
es leben die }haupt} und }neben} widersprueche !!!

poempel und banane auf die rosa fahne!!!

Pieck der Lump

Lumpi 13.01.2003 - 21:37
Was dieses PDS-Gesülze mit leicht kommunistischen Einschlag hier soll? In dem Text-Paket habe ich es gefunden:

„Nollau hatte Pabst vor der Publikation seines Buches interviewt und darin dessen Geschichte von der „verräterischen Rolle Wilhelm Piecks“ aufgegriffen. Der zusammen mit Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht verhaftete Pieck habe zur Rettung seines Lebens „rote Aufstandspläne“ und die Ausweichquartiere anderer spartakistischer Führer preisgegeben.“

Wilhelm Pieck, der spätere Arbeiter-Bauern-Präsident der DDR, soll hier reingewaschen werden. Sein Verrat an Rosa Luxemburg an ihrem Todestag soll als Propaganda-Lüge von Verfassungschutz-Nollau und Mörder Pabst hingestellt werden. Tatsache bleibt: Pieck führte die Freikorps, die gezielt und mit militärischem Auftrag nach Rosa und Karl suchten, zu den beiden. Pieck, der mit einer „Roten Fahne“ in der Tasche angetroffen wurde, wurde nicht erschossen, sondern freigelassen, obwohl er Liebknecht und Luxemburg sowjetrussische Pässe zur Flucht überbrachte. Der Leiter des Geheim-Apparates der KPD, Heinz Kippenberger, untersuchte diese Angelegenheit nach mehr als 10 Jahren. Er belastete den Moskauer Lakaien Pieck. Kippenberger wurde von Stalins Schergen 1936 ermordet. Pieck wurde Präsident der DDR.
Mit den Nachfolgern und Bildträgern dieser Mörder und Lumpen könnt ihr jedes Jahr im Januar zu Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht ziehen und so tun, als ob nichts gewesen sei.
Es lebe die Einheit der deutschen Linken!

Solidarität

Rote Rübe 13.01.2003 - 23:16
Endlich mal wieder eine breite solidarische Bündnisdemo zehntausender Menschen unterschidlicher linker Postionen, Gruppen und Organisationen, einig in den Punkten antikapitalistisch und gegen den (imperialistischen) Krieg. Erfrischend und optimistisch stimmend, bei dem sonst oft kleingeistigen Gezänk, das sich die deutsche Metropolenlinke auf den Leichenbergen des Trikont meint leisten zu können.

die feindseligkei der ultralibertär-tolerante

stalinator 13.01.2003 - 23:50
....n hier ist traurig, und das meine ich ausnahmsweise nicht hämisch. wie oft stehen wir gemeisam auf der straße? angenommen ihr seid keine provokateure.ein neues gefühl für bündnis und solidarität täte alllen strömungen gut. die frasge nach einer neuen sdtalinisierung eines zukünftigen anlaufs zum sozialismus wird sich vermutlivh nicht stellen. wir werden neue probleme zu lösen haben.

ich verstehe die agressive diskussion nicht g

tim 14.01.2003 - 00:16
also... so schlimm war die demo nun auch nicht!!! im gegenteil - ich fand sie nett. es waren leute aus den unterschiedlichsten zusammenhängen da - jeglichen alters oder hautfarbe. ich hab schon viele demos gehabt, bei denen ich mich einfach nur noch geärgert habe - aber die ll-demo gehörte sicher nicht dazu. die bemängelten stalin-bilder waren eine marginale erscheinung. viele leute, die sich hier über die linken sekten empören (ich find sie eher lustig, mensch muss ja nicht mitglied werden), scheinen selber ein sektierisches weltbild zu haben. und viele der kommentare zu den ll-demo-artikeln lesen sich für mich als reine provokation von leuten, die sich einen spass draus machen.

Hallo Tim

irgendwer 14.01.2003 - 00:30
Die heftigsten Kommentare wurden von den Mods entfernt. Du glaubst gar nicht, wie heftig die ML-Fraktion die user dieser Seite beschimpft haben. Eigentlich hätten die Mods alle Kommentare zur Disko rausnehmen sollen - kommt jetzt etwas schräg so.

ZITAT AUS INDY-GRUNDSÄTZE

stalinator 14.01.2003 - 09:35
"...alle, die sich einbringen, SIND dadurch gleichzeitig (und von daher gleichberechtigt) indymedia."

noch fragen, kienzle?

Gegen Schwafel

eine Linke 14.01.2003 - 11:50
Das Geschwafel über die friedlich fröhliche Einheit der Linken bei der LLL-Demo nach Friedrichsfelde überdeckt die eigentlichen Nutzer dieses Rituals. Es ist nämlich nicht
d i e L i n k e, sondern es sind drei:
1. die PDS, die damit ihre immerwährende natürlich kritisch gebrochene KPD-SED-PDS-Kontinuität nachzuweisen versucht, als eine ihrer zentralen Wurzeln, 2. die Gruppen, die ihre eigenen Götzen mit zur Demo bringen, die ihnen viel wichtiger als Rosa und Karl sind, Stalin, Lenin, Mao und vor sich hertragen oder im Herzen haben: Ulbricht, Honecker, Lamberz oder mit den größten Fahnen schwenken: DKP,MLPD, Linksruck,Attac usw. 3. das Bürgertum, das zufrieden aus dem Fenster schaut, und meint: "Ja, da gehören sie hin, die Linken, auf den Friedhof". Der Weg zu diesem Friedhof ist inzwischen zur verlogensten Gasse der deutschen Linken verkommen. Hier darf man endlich über die Geschichte nicht streiten, hier muß man sie beschweigen. Und jeder darf sich von dieser Torte des Schweigens ein Stück abschneiden. Dies ist nur allzu verständlich, verhalten sie sich doch alle so, wie es im Kapitalismus üblich ist. Ein Produkt wird vermarktet.
Wer aus der Beobachtung der linken Friedhofsruhe aber auf Synergieeffekte z.B. im Kampf gegen den drohenden Irak-Krieg schließt, der ist entweder ein Narr oder ein Demagoge. Eher handelt es sich um einen durch und durch kommerzialisierten Trödelmarkt. Jeder findet dort etwas und alles bleibt beim Alten. Niemals ist dort jemand nach dem Nelkenabwurf als anderer Mensch herausgekommen, als er hineinging. Nur das Bürgertum kann sich lautstark bejubeln, wie tolerant es doch im Umgang mit seinen angeblich lautesten Kritikern sei, siehe:

Das letzte Mal
Von: Friedrichsfelderin 13.01.2003 11:35
Wie in den letzten Jahren, war ich auch dies Jahr mit gemischten Gefühlen nach Friedrichsfelde gefahren. Das liegt so in dem Trend, wie die kritischen Beiträge hier, insbesondere von kein-friedrichsfelde-gänger, was sehr interssant war. Aber nicht eure kritischen Meinungen, mit denen ich ja übereinstimme, haben mir die Augen geöffnet, sondern ein Artikel in der "Berliner Zeitung" von heute 13.1.2003 auf Seite 4. Unter der Überschrift "Gut für die Demokratie" werden wir dort wie die wilden Tiere im Zoo abgehandelt, Elefanten, Raubtiere, Reptilien, jeder in seinem Käfig, aber alle ordentlich friedlich vereint an ihrem PLatz. Die richten keine Unordnung mehr an. Wenn schon die bürgerliche Presse kaum noch ihre Freude über die Domestizierung der deutschen Linken zurückhalten kann, dann haben wir etwas falsch gemacht. Es soll aber jedem selbst überlassen bleiben, wie er in Zukunft verfährt. Ich jedenfalls war diesmal das letzte Mal dabei. Das steht für mich fest. Rosa und Karl im Herzen sind mir lieber, als mit tausenden Stalinisten und PDSlern ihre Gräber und Gedanken mit Nelken zuzudecken.

14.01.2003 - 14:51
"Geschwafel über die friedlich fröhliche Einheit der Linken bei der LLL-Demo nach Friedrichsfelde"
Da ist ein L zuviel - Jaja die Geschichtsfälscher und Gulagfreunde versuchen immer die Sachen für sich zu instrumentaliseren...

deshalb das dritte L

stalinator 14.01.2003 - 20:33
An die Genossen Intellektuelle
von Valerie Brjussow (1919; Auszüge!!!!)

Noch neulich habt ihr am allliebsten
von neuen zukunftsmärchen gehört
wells und jack london, leroux und andere -
euch haben die scönen geschichten betört (...)

vergnüglich erschien euch tragik und trauer
der kommenden sintflut, die alles verdirbt.
gerätselt habt ihr, in welchem feuer,
an welcher folter europa stirbt.

und da geschah es. das schlimme schicksal
bewies seine ganze verworfenheit.
aus eurem leben, aus eurer prosa
warf euch die unwahrsceinliche zeit. (...)

was gestern noch traum war und unklar lockte,
hat sich verwirklicht durch feuer und blitz.
was blickt ihr mit scheelen ungläubigen augen,
wie ein aus büchen gwescheuchtes kitz? (...)

Oder, Phantasten - oder, Ästheten -
war der traum nur als traumbild lieb?
solange er in büchern, solange er bei dichtern,
solange er als wunder unwirkloich blieb?

(übers. Heinz Kahlau)

schönes gedicht

bin jetzt überzeugt 14.01.2003 - 22:06
jetzt hast du mich überzeugt: eine freie, gerechtere welt ist dämlicher hippie-kram. jetzt weiss ich es: das heil liegt in einer
strammen führung und einerm system mit ganz vielen gulags. schliesslich muss die revolution ja gesichert werden.
ausserdem kann man mit dissidenten toll heizen!

frage

julchen 14.01.2003 - 23:09
was sind n gulags?
die linken sollten wirllich ihre bildc hen und fahnen zuahuse lassne und zu einer ll-demo wirklich ausschließlich rosa und karl gedenken und nicht stalin und seine arbeitslager beseelt lächelnd verleugnen.
was sind jetzt gulags?

julchen

Gulags

- 15.01.2003 - 02:57
Das weissst Du echt nicht? as sind diese Arbeitslager, die Typen wie "stalinator" sich herbeisehnen.
Hier mal Texte zum Thema:




 http://germany.indymedia.org/2003/01/38134.shtml
 http://germany.indymedia.org/2003/01/38276.shtml
 http://germany.indymedia.org/2003/01/38341.shtml
 http://germany.indymedia.org/2003/01/38425.shtml
 http://www.left-dis.nl/d/cajogik.htm
 http://www.left-dis.nl/d/mattickbol+stal.htm

Da dürfte ne Menge zu Gulags drinne stehen. Besonders Link 2 und 3 bieten da einiges.

"Was sind denn nun Gulags?" (Julchen)

Karl 16.01.2003 - 00:12
Wie schon die Links meines Vorposters sagen, handelt es sich um die Hauptverwaltung der Arbeitslager in der SU.

Abgesehen von der Vernichtung echter oder nur vermuteter politischer Gegner (samt ihrer Sippen) hatten die Arbeitslager in der SU tasächlich ökonomische Funktionen. Es ging - wie überhaupt im ganzen Land - um das gewaltsame Aufholen des wirtschaftlichen Rückstandes auf die entwickelten kapitalistischen Länder.

Die Geschichte der Menschheit ist voll von massenhaften Quälereien und Morden. So wurden dem Aufbau von Amerika nach gewissen Schätzungen ca. 150 Millionen afrikanische Sklaven geopfert und die Hälfte der arbeitsunwilligen und landliebenden Indianer noch dazu ausgerottet. Dies nur als Beispiel.

Doch im Unterschied zu grausamen Siedlern, mittelalterlichen Inquisitoren oder gar Faschisten hatten die Kommunisten den Menschen einst einen Rosengarten versprochen ...-

Wer die Methoden des eurasischen "3.-Welt"-Sozialismus attackiert, findet mein Verständnis. Und bei den Anarchos ist diese Wut echt.

Doch den rechts-bürgerlichen und erst recht faschistoiden "Kritikern" geht es gar nicht um die Methoden des sozialistischen Aufbaus. Sie verurteilen stets das ZIEL, egal, welche Methoden die revolutionäre Regierung anwendet.

Das Ziel des Kommunismus ist - ähnlich wie im Anarchismus - die Abschaffung des Staates und die Zerschlagung aller rückständigen Institutionen insgesamt, das Zerlegen der bürgerlichen Produktionsmaschinerie und ihr Neu-Zusammenbau für menschliche Zwecke und die Schaffung einer Produktionsdemokratie bezogen auf die gesamte Gesellschaft.

Die Sowjetunion stand nach dem Sieg der Revolution vor unglaublich schwierigen Aufgaben, so dass die Fehler und Verbrechen der Bolschewiki einerseits vor den heeren Revolutionszielen, den immensen Schwierigkeiten und den Fähigkeiten und Eigenschaften der Kommunistischen Partei- und Revolutionsführer gesehen werden müssen.

Nachtrag zu Karl

Anarchist 16.01.2003 - 03:30
Und: Daß sich daraus die Lehre ergibt, daß Sozialismus nur dann sein kann, wenn es Freiheit gibt. Schon Bakunin und Proudhon wiesen darauf hin, was passiert, wenn es einen Sozialismus ohne Freiheit gäbe. Die Geschichte gab ihnen recht!
Ein Hoffnungsvoller Ansatz war die Idee des Anarchosyndikalismus: Kommunisten und Anarchisten nähten ihre Fahnen zur schwarzroten Fahne zusammen, da sie erkannten, daß sie Ähnliches wollten. Ihnen standen die Parteikommunisten feindlich gegenüber.

Aber ich schweife ab - ging ja um Gulags ;-)

Freie Assoziation der Produzenten @ Anarchist

Karl 17.01.2003 - 12:55
Anarchist schrieb:

"Und: Daß sich daraus die Lehre ergibt, daß Sozialismus nur dann sein kann, wenn es Freiheit gibt. Schon Bakunin und Proudhon wiesen darauf hin, was passiert, wenn es einen Sozialismus ohne Freiheit gäbe. Die Geschichte gab ihnen recht!"

Freiheit für Rassisten/Sexisten/Antisemiten, Nationalisten, Ausbeuter, Imperialisten, usw. darf es NICHT geben!!!

An Chile sieht man, was passiert, wenn die sozialistische Regierung nicht wachsam ist. Die Revolution von Allende wurde durch rechte Militärs und den CIA in Blut und Folter ertränkt.

Die bürgerliche Freiheit kann folglich nicht die Freiheit sein, die wir meinen.

Dann schreibst Du:

"Ein Hoffnungsvoller Ansatz war die Idee des Anarchosyndikalismus: Kommunisten und Anarchisten nähten ihre Fahnen zur schwarzroten Fahne zusammen, da sie erkannten, daß sie Ähnliches wollten. Ihnen standen die Parteikommunisten feindlich gegenüber."

Die Partei darf kein Fetisch sein. Sie ist kein Selbstzweck, sondern Mittel der Organisation. Organisiert werden muss: Und zwar Ernährung, Verkehr, Transport, Landesverteidigung, politische Diskussionen und gesamtgesellschaftliche Produktion.

Dafür ist vorübergehend auch die Staatsmaschinerie Mittel zum Zweck, aber so, dass die Massnahmen den Staat selbst überflüssig machen. Der Slogan
"Die Partei hat immer Recht!"
ist ziemlich dusselig und nicht gerade transparent und nachvollziehbar. So verkommt die Revolution zu einer black box.

Die Gemeinsamkeiten zwischen Anarchisten und Kommunisten hat Marx ungefähr so formuliert:

Der Mensch soll die Freiheit besitzen, heute zu fischen, morgen zu forschen und übermorgen zu regieren, ohne notwendig Fischer, Forscher oder Politiker zu sein. Aber die freie, umfassende Tätigkeit und der Zugriff auf alle gesamtgesellschaftlichen Ressourcen, Produktionen und Organisationen soll jedem Menschen gleichermassen offen stehen.

Was die Gulags betrifft, - um mal zum Thema zurück zu kehren -, so sind sie die falsche Methode, welche auch durch noch so edle Ziele nicht gerechtfertigt werden kann un dvon diesen Zielen notwendiger Weise wegführen müssen.

Dagegen sind die Nazi-KZs die absolute Verwirklichung der faschistischen Politik. Das ist einer der wesentlichen Gegensätze zwischen Komunismus und dem bürgerlichen Faschismus. Letzteren kann man nicht "verbessern" ...-

Unterstellungen

18.01.2003 - 00:17
"Freiheit für Rassisten/Sexisten/Antisemiten, Nationalisten, Ausbeuter, Imperialisten, usw. darf es NICHT geben!!!"
Wo wurde das behauptet? Wenn dann trifft das doch eher irgendwelche Partei-Kommies. Diese miesen Diffamierungen hab ich echt satt und kann daraus nur eine Lehre ziehen: Kommunismus bekämpfen! Lernt es, Eich ehrlich mit anderen auseinanderzusetzen oder lasst es bleiben und wundert Euch nicht, warum klar denkende Menschen auf Euch keine Lust haben.

Re: Unterstellungen

Karl 18.01.2003 - 11:38
"Wo wurde das behauptet?", dass Anarchosyndikalisten Freiheit für Rassisten/Sexisten/Antisemiten, Nationalisten, Ausbeuter, Imperialisten, usw. befürworten, fragst Du.

Ich würde sagen, um dieses Thema schleichen sich bestimmte Anarchos herum, insofern wurde jenes weder behauptet noch dessen Gegenteil. Ihr sagt einfach gar nichts dazu, so als gäbe es dieses Problem nicht. Aber dieses Problem existiert und die sozialistischen Revolutionen wurden stets damit konfrontiert, sogar Allende und Chavez!

Anstatt hier mal ein wenig nachzudenken, kommt die Retourkutsche:

"Wenn dann trifft das doch eher irgendwelche Partei-Kommies."

Was ist für Dich die Lösung? Die Säuberung der Kommie-Partei von "irgendwelchen Partei-Kommies"?

Wie Du siehst, sind wir hier beim zweiten Problem. Es nützt ebenfalls nichts, es zu leugnen.

Aber von zu viel Problembewusstsein hast Du die Schnauze einfach voll:

"Diese miesen Diffamierungen hab ich echt satt und kann daraus nur eine Lehre ziehen: Kommunismus bekämpfen!"

Na ja, das zeichnet Dich als Antimarxisten (- und nicht bloss Antikommunisten! -) aus. Aber dass Du durch eine solche Abkürzung zu Deinem Fazit gelangst, ist dann doch rekordverdächtig.

Dein Guter Rat zum Schluss

"Lernt es, Eich ehrlich mit anderen auseinanderzusetzen ..."

ist sicherlich sehr ehrlch gemeint. Und sind wir nicht willig, gibt's Aufmerksamkeitsentzug:

"... oder lasst es bleiben und wundert Euch nicht, warum klar denkende Menschen auf Euch keine Lust haben."

Dass Du als "klar denkender Mensch" keine Lust hast, über die ungelösten Fragen des Anarchosyndikalismus zu sprechen, ist für mich klar ersichtlich. Offensichtlich endet bei Dir die Lust auf klares Denken da, wo Du keine Antworten mehr zu bieten hast.














Alles nur Rethorik

18.01.2003 - 15:30
Für eure menschenverachtende Gulag-Ideologie habt ihr keine Argumente, daher jetzt also Diffamierungen und Rethorik.
Hatte bevor ich hier Karls und stalinators Behauptungen gelesen hab weniger Probleme mit Kommunismus als jetzt. Danke für die "Offenbarung"! Kommunismus bedeutet Ausschliesslichkeitsdenken und geistigen Absolutismus. (Wer nicht für Lenin ist, kann ja nur ... sein)
Was hab ich ausserdem mit Anarchosyndikalismus zu tun? Ich gehöre zu den Leute, die keine Fahne brauchen, um geistigen Halt zu finden!

Von wegen "nur Rethorik"

Karl 18.01.2003 - 16:54
Der namenlose schreibt:

"Für eure menschenverachtende Gulag-Ideologie habt ihr keine Argumente, daher jetzt also Diffamierungen und Rethorik."

Wenn der namenlose lesen könnte, könnte er Argumente entdecken. Es gibt Alphabetiserungskurse selbst auf dem Dorf. Man muss nur suchen: siehe oben!

Weiter schreibt der namenlose:

"Hatte bevor ich hier Karls und stalinators Behauptungen gelesen hab weniger Probleme mit Kommunismus als jetzt. Danke für die "Offenbarung"! Kommunismus bedeutet Ausschliesslichkeitsdenken und geistigen Absolutismus. (Wer nicht für Lenin ist, kann ja nur ... sein)
Was hab ich ausserdem mit Anarchosyndikalismus zu tun? Ich gehöre zu den Leute, die keine Fahne brauchen, um geistigen Halt zu finden!

Sehr geehrter Herr Stoiber, schade, dass es uns nicht gelungen ist, Sie von unserem Programm der Weltrevoluton zu überzeugen! Tja, vielleicht das nächste Mal, gelle?

Wir verbleiben

Ihre "rotlackierten Faschisten"



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