Antwort von Mina Ahadi an das deutsche Außenministerium

Mina Ahadi 22.12.2002 19:58 Themen: Weltweit
Das Außenministerium Deutschlands hat auf die Kritik von Mina Ahadi an der deutschen Regierung über die Steinigungs-Urteile im Iran auf der Konferenz der Heinrich Böll Stiftung am 10. Dezember 2002, am Tag der internationalen Menschenrechte, geantwortet. Diese Antwort ist am 12. Dezember 2002 in der TAZ mit dem Titel „Außenministerium verteidigt sich“ erschienen.
Hier ist die Antwort von MIna Ahadi an das MInisterium!
Antwort von Mina Ahadi an das deutsche Außenministerium
Kopie an die TAZ und an die deutschen Medien


Das Außenministerium Deutschlands hat auf meine Kritik an der deutschen Regierung über die Steinigungs-Urteile im Iran auf der Konferenz der Heinrich Böll Stiftung am 10. Dezember 2002, am Tag der internationalen Menschenrechte, geantwortet. Diese Antwort ist am 12. Dezember 2002 in der TAZ mit dem Titel „Außenministerium verteidigt sich“ erschienen.
 http://www.de.indymedia.org/2002/12/37192.shtml

Ich möchte hier noch einmal meine Kritik an der deutschen Regierung und des Außenministeriums formulieren und hoffe, dass sie zu diesen konkreten Fällen antworten, damit die Öffentlichkeit informiert wird.

1- Vor zwei Jahren wurde Maryam Ayubi, eine junge Frau und Mutter von zwei Kindern, sieben und neun Jahre alt, zur Steinigung verurteilt. Das internationale Komitee gegen Steinigung hat eine weltweite Kampagne für die Rettung des Lebens dieser Frau gestartet. Das Komitee hat es geschafft, Hunderte von Protestbriefen und Unterschriften zu sammeln, und viele Demonstrationen in verschiedenen Ländern zu organisieren, und die Regierung im Iran unter Druck zu setzen. Der Vollzug des Urteils wurde zweimal verschoben.
Die Erwartung und die Forderung des Komitees an die deutsche Regierung war, gegen dieses Urteil zu reagieren und um zu verhindern, dass diese Frau gesteinigt wird, etwas Ernsthaftes zu unternehmen. Aber es ist nichts passiert. Maryam Ayubi wurde am Juli 2001, während sie vor Angst ohne Bewusstsein war, auf einem Tragebrett zum Steinigungsort getragen, und wurde dort gesteinigt.
Ihre Regierung und das Außenministerium hat weder vor dieser Tat noch danach darauf reagiert.
2- Azam, eine 21-jährige junge Frau, wurde Anfang 2002 zur Steinigung verurteilt. Das Urteil war, ihre Augen raus zu nehmen, weil sie, während sie von einem Mann vergewaltigt wurde, seine Augen verletzte. Das Internationale Komitee gegen Steinigung hat eine Kampagne für die Rettung dieser Frau ausgerufen. Unser Versuch, einen Termin mit den zuständigen Personen bei der deutschen Regierung zu holen, um die Regierung aufzufordern, gegen dieses barbarische Urteil zu protestieren, war vergeblich.
3- Während der letzten Hinrichtungswelle im Iran, die zum Teil in der deutschen Presse erschien, wurden täglich bis zu 10 Menschen in verschiedenen Städten im Iran aufgehängt.
Die deutsche Regierung war sogar während des Höhepunktes der Hinrichtungen im Iran, der Gastgeber der iranischen Staatsdelegation, und nahm die Lügen über die Verbesserung der Lage im Iran auf. Das letzte Beispiel war die gemeinsame deutsch-iranische Konferenz in Loccum, und der Besuch des iranischen Außenministers Kharazi in den letzten Monaten. Gegen diese Besuche hat die iranische Opposition, besonders die Arbeiterkommunistische Partei Irans stark protestiert.
4- Mitte September 2002 wurden zwei Personen namens Goli Nik-Khah und Junes Asadi völlig unerwartet und ohne Vorankündigung, in dem Stadtzentrum von Naghade gesteinigt. Zwei Tage später konnte Nosrat Abui in der Stadt Yazd, sich während der Steinigung aus der Grube befreien. Obwohl man sogar nach islamischen Gesetzen sie dann hätte freilassen müssen, wurde sie wieder festgenommen und ihr droht immer noch die Gefahr, gesteinigt zu werden.
Meine Frage ist:
Was Sie über diese Taten zu sagen haben und was dagegen getan wurde?
Und zuletzt, warten momentan vier Frauen namens Sima, Ashraf, Shahnaz und Ferdous in den Gefängnissen der islamischen Regierung auf den Vollzug ihres Steinigungs-Urteils.
Was unternehmen Sie für die Rettung dieser Frauen?


Sehr geehrte Damen und Herren,
Herr Joschka Fischer,

Nehmen wir an, es würden ein Paar Faschisten (Neo-Nazis) in Deutschland eine Frau wegen einer sexueller Beziehung im Stadtzentrum von Berlin oder Köln bis zur Brust in die Erde eingraben und steinigen.
Wäre es dann auch Ihre Politik, mit denen auch Gespräche und Dialoge hinter der geschlossenen Tür zu führen?
Würden Sie denen auch freundschaftliche Hände, vor der Öffentlichkeit und den Medien reichen?
Würde das nicht zur einen politischen, unverzeihlichen Katastrophe werden?
Wenn in Deutschland die Antwort ja ist, warum ist es im Iran und anderen islamisierten Ländern nicht der Fall?
Woher kommt diese Doppelmoral?
Sind die Menschenrechte, was Deutschland meint, für die Menschen im Iran nicht gültig?
Ich rede von Steinigung. Steinigung in diesem Jahrhundert ist ein furchtbares, mittelalterliches und unvorstellbares Ereignis. Wenn die heutige Welt, eine wirkliche zivilisierte Welt wäre, hätten meiner Meinung nach alle Räder still stehen bleiben müssen, um sich um diese Schande und Wunde kümmern zu müssen!
Es ist heute leider nicht so, und es wurden vor meiner und vor Ihren Augen bis jetzt alleine während Khatamies Regierung, der Präsident, den Sie für „liberal und reformistisch“ halten, 23 Frauen und 7 Männer gesteinigt. Ihre Regierung hat eine gute, wirtschaftliche Beziehung zur iranischen Regierung. Wenn sie will, kann sie einen ernsthaften Einfluss auf die iranische Regierung für die Abschaffung des Steinigungs-Gesetzes haben.
Welche Rolle hat die deutsche Regierung bis jetzt bezüglich dieses Prozesses gespielt, außer ein paar Kritiken, wie Sie selbst gesagt haben, die Sie hinter geschlossenen Türen ausgeübt haben?
Und ansonsten setzten Sie Ihr normales wirtschaftliches Handeln, und das freundschaftliche Händeschütteln mit diplomatischen Staatsmännern der islamischen Regierung fort?

Was wir tun, ist nicht, um Wirbel zu verursachen!
Was wir tun, ist Kampf für die Abschaffung des Steinigungsurteils. Und zufälligerweise haben wir gesehen, dass, wenn das Thema Steinigung in den Medien reflektiert wird, und die Öffentlichkeit davon erfährt, unsere Chancen zum Erfolg steigen. Zum Beispiel der weltweite Protest gegen das Steinigungsurteil der Safiea Hosseini, der zu ihrer Rettung und unserem Sieg in diesem Kampf geführt hat. Nun ist Safiea Hosseini am Leben und Maryam Ayubi tot. Sie musste mit voller Verwunderung und Erstaunen sehen, dass sie vor Augen der zivilisierten Welt gesteinigt wurde, und kein großer „Wirbel“ stattfand!
Die Frage ist, wie viele Hunderte von Menschen müssen noch gesteinigt werden, bis Sie Ihre „Politik hinter den geschlossenen Türen und vertiefte Aktivitäten“ zum Ergebnis führen?
Zum Schluss, um die Wahrheit ans Licht zu bringen, kündige ich meine Bereitschaft an, mit Joschka Fischer oder jeder anderen verantwortlichen Person vom deutschen Außenministerium auf einer Pressekonferenz oder einer Fernseh-Diskussion gegenüber zu stehen.
Ich hoffe, dass das Außenministerium bereit wäre, seine Politik zu erklären!


Mina Ahadi
Koordinatorin des Internationalen Komitees gegen Steinigung
18. Dezember 2002

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Tel: 0049-177-5692413
E-Mail:  minaahadi@aol.com
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Ergänzungen

Bericht über eine Demonstration der WP-Iran

30.12.2002 - 11:34