Richtigstellung Günter Jacob: jungle-World-Kongreß / Peter Nowak

doku 12.09.2002 20:23
Ich bitte um Abdruck folgender Richtigstellung in der jungen Welt zu dem Artikel:

Peter Nowak: "Wie ein Kongress am Wochenende in Berlin auf die Anschläge vom 11. September 2001 reagierte." Junge Welt vom 10.09.02
Vorbemerkung:

Peter Nowak, freier Mitarbeiter der "jungen Welt" hat dort am 10. September einen Bericht über den von Memri, Jungle World, Asta der TU Berlin und iz3w veranstalteten Kongress "11. September" (6.-8. September, Berlin) veröffentlicht.

Dieser Text enthält leider kein einziges richtiges Wort über Zielsetzung und Verlauf des Kongresses. Der Autor, der sich auf dem Kongress mehrfach mit grölenden Zwischenrufen bemerkbar machte, die nicht zuletzt seine Aggression gegen den israelischen Gast Yoram Kaniuk zum Ausdruck bringen sollten, nutzt die "Junge Welt" nun als Plattform seiner persönlichen Rache an jenen, die ihm nach seinen Ausfällen das Wort entzogen haben.

Dieses Motiv unterstreicht Nowak, indem er zeitgleich mit seinem Artikel einen "Offenen Brief an die Veranstalter des Kongresses" via Internet in Umlauf bringt und sich zusätzlich per Mail an mich (als einem der Referenten dieses Kongresses) wendet.

Weder der Artikel in der "Jungen Welt", noch der "Offene Brief", noch der Brief an mich können so hingenommen. Es sind drei Dokumente eines antisemitischen Wahns.

Linke Personen, die diesem Wahn verfallen sind, begegneten mir wiederholt während der Vorträge, die ich seit dem 11. September 2001 zu dem Anschlag auf das World Trade Center und zum Afghanistankrieg in verschiedenen Städten gehalten habe. Meistens reichte ihnen ein einziges positives Wort über Israel, um hysterisch loszuschreien. Die meistens konnten kaum das Ende des Vortrages erwarten. Manche hatten Aktenordner dabei, in denen sie Beispiele für die "Verbrechen Israels" gesammelt hatten. Sie waren stets die ersten, die sich zu Wort meldeten und dann nicht mehr aufhören wollten. Man merkte ihnen stets an, dass sie sich auf einer Mission befinden und einer Obsession verfallen sind. Wenn ich schon vor Beginn meines Vortrages ankündigte, ich würde auf Fragen nach der Ähnlichkeit zwischen Israel und Nazideutschland grundsätzlich nicht eingehen, war genau dies das Thema ihrer ersten Wortmeldung. Bei einer Veranstaltung des Hamburger Instituts für Sozialforschung, auf der Michael Wildt seine Forschungen über das Führungskorps des Reichssicherheitshauptamtes referierte, kam die erste Wortmeldung von einem linken Antisemiten, der von dem Referenten wissen wollte, ob all das, was wir gerade über das RSHA gehört hatten, heute nicht am ehesten auf die israelischen Streitkräfte zutrifft. Ist die Veranstaltung dann zu Ende, bedrängen solche Leute den Referenten, mit ihnen weiter zu diskutieren. Da helfen dann keine die Höflichkeitsregeln einhaltende Ausreden, sie brauchen die schroffe Abfuhr, damit es für sie ein gelungener Abend war. Sie gieren geradezu nach dem Vorwurf des Antisemitismus, den sie dann mit gespielter Empörung ("wieso ist das denn antisemitisch?") weit von sich weisen oder aber mit Prügel drohen.

Einem solchen Wahn kommt man natürlich mit einer Richtigstellung nicht bei. Der Antisemit betreibt ein performatives Spiel. Er fühlt sich grundsätzlich missverstanden. Sein Anliegen steht meistens zwischen den Zeilen. Er ist stets die verfolgte Unschuld. Auch Peter Nowak inszeniert sich so.

Peter Nowak schreibt:

»Die USA haben immer auf Seiten der Freiheit gestanden und gegen Tyrannen wie Hitler, Stalin und Franco gekämpft«. Dieser Satz ist am Wochenende in Berlin nicht etwa auf einem Symposium der Bildzeitung oder der Konrad-Adenauer-Stiftung gefallen. Nein, der israelische Schriftsteller Yoram Kaniuk sprach diesen Satz auf einem Kongress, an dem sich mehr oder weniger radikal Linke am Wochenende mit der Frage auseinander setzten, was sich nach den Anschlägen vom 11.September geändert hat und wie eine »emanzipatorische Bewegung reagieren könnte«.

Der israelische Schriftsteller Yoram Kaniuk hat sich tatsächlich so geäußert. Unter anderem. Denn er sprach über ganz unterschiedliche Themen, die aber ein gemeinsames Zentrum hatten, das Peter Novak verschweigt: Die Vernichtung der europäischen Juden (Kaniuk erwähnte, dass einst 11 Millionen Juden in Europa lebten, jetzt hingegen nicht ganz eine Million), die Flucht seiner Eltern, das neue deutsche Selbstbewusstsein, wenn es um den Holocaust geht (die Kombination von fragwürdiger "Gedenkkultur" mit Nazi-Vorwürfen gegen Israel), die Bedrohung, der Israel und auch er selbst heute ausgesetzt ist (Herr Kaniuk berichtete u.a. von einem Selbstmordattentat, dessen Opfer er fast selbst geworden ist). Man muss daher schon ein Judenhasser sein, um Herr Kaniuks Idealisierung der USA, die er in anderen Sätzen durchaus relativierte, mit den Motiven der Bildzeitung oder der Konrad-Adenauer-Stiftung gleichzusetzen. Man muss von Herrn Kaniuks guten Erfahrung mit den USA (die die Sicherheit Israels bisher garantierte) und seinen schlechten Erfahrungen mit den Linken (die meist gemeinsame Sache mit den Feinden Israels machten) bewusst ignorieren, um ihn als Reaktionär darstellen zu können. Peter Nowak, ein deutscher Linker, der so bösartig
noch nie über die deutsche Tätergeneration geschrieben hat, muss den Juden zum Reaktionär machen.

Peter Nowak schreibt weiter in der "Jungen Welt":

"Ein Teil der Frage ist damit schon beantwortet. Ein Großteil der rund 120 Zuhörer, überwiegend Angehörige des akademischen Spektrums und Jungantideutsche, die die Bahamas so dogmatisch rezipieren, wie weiland die K-Gruppen die Blauen Bände, spendeten frenetisch Beifall. Vor einigen Monaten haben manche von ihnen noch Fischer und Co. als Kriegstreiber denunziert. Nun ist ihnen die Bundesregierung zu defätistisch, weil sie nicht mit wehenden Fahnen nach Bagdad marschieren will. Dabei müsste allen Antideutschen angesichts historischer Reminiszenzen, Stichwort Bagdadbahn, vor einer solchen Vision grausen. Doch schon sind aus den Antideutschen Antiaraber geworden, die »islamische Zentren militärisch ausschalten wollten.""

Nachdem Nowak Herrn Kaniuks Äußerung zum Zentrum von dessen Ausführungen erklärt hat und über den Holocaust daher nicht mehr reden muss, behauptet er, diese Äußerung wäre auch die Leitlinie des Kongresses gewesen, von der nur eine (unterdrückte) Minderheit abgewichen sei. In Wirklichkeit hat niemand auf dem Kongress der Bundesregierung Defätismus vorgeworfen, man war sich im Gegenteil einig, an Großdeutschland überhaupt keine Appelle zu richten. Darin unterschieden sich die Kongressteilnehmern von jenen Linken, die die Bundeswehr als Friedensstifterin nach Israel schicken wollen. Anders als andere Linke, die Deutschland vorwerfen, ein Vasall der USA zu sein, wurde auf diesem Kongress auch kein "deutscher Weg" gefordert. Deshalb wollte auch niemand mit "wehenden Fahnen" nach Bagdad marschieren. Im Mittelpunkt des Kongresses stand vielmehr die Sorge im Israel, das vom Irak bedroht wird und das nicht sicher sein kann, was sein wird, wenn geschieht, was sich alle wünschen, wenn Saddam also beseitigt sein wird. So befürchtet man in Israel zum Beispiel, die USA könnten auf die Idee kommen, den Irak und Jordanien zu einem haschemitischen Königreich zu vereinen, in dem dann auch die Palästinenser einen Platz hätten. Ein solches Konzept könnte der Ausgangspunkt neuer großer Sorgen für Israel werden.

Schließlich schreibt Peter Nowak über mich:

"Es blieb dem Hamburger Publizisten Günther Jacob vorbehalten, der im Stil brillant wie immer, auf die Paradoxie aufmerksam machte, dass ehemalige Kriegsdienstverweigerer auf einmal blutige Kriegsvisionen ausspinnen. Jacob zog auch Parallelen zwischen der unbedingten Israel-Solidarität mancher zu Antideutschen mutierten ehemaliger K-Grüppler und der früheren
Nibelungentreue zu Albanien, China, der Sowjetunion oder anderen Vaterländern aller Werktätigen. Doch seine Diskussionsangebote wurden am Wochenende ebenso wenig aufgegriffen wie die anderer Referenten, deren Beiträge um so interessanter waren, je mehr sie die internationale Debatte mit rezipierten. Zu nennen seien da nur der Frankreich-Korrespondent der Jungle World Bernhard Schmid, ihr US-Experte Michael Hahn, Marco Bascetta von Il Manifesto aus Rom oder Taheema Faryal von der afghanischen Frauenorganisation RAWA."

Das Lob für meinen "brillanten Stil" ist wohlkalkuliert. Nowak will, wie schon gegenüber Herrn Kaniuk, einzelne Aussagen von mir aus ihrem Zusammenhang herausnehmen und andere dafür überhören. Er erfindet sich eine Gruppe von "anderen Referenten", deren "interessanten Beiträge" angeblich von einer ignoranten Mehrheit abgelehnt wurden. Systematisch verschweigt er, dass ich und etliche andere Referenten gegen die militärische Beseitigung Saddams im Interesse Israels nichts einzuwenden haben, dass ich selbst und andere Referenten es aber bedauern, dass das "internationale Kräfteverhältnis" sich heute so darstellt, dass diese gute Tat nur von Kräften bewerkstelligt werden kann, an deren imperialistischen Eigeninteresse nicht zu zweifeln ist, die gegen Belgrad und mit der Förderung der UCK beweisen haben, dass ihre "zivilisatorischen Ziele" eine abhängige Variable strategischer Ziele sind und die nicht nur uns obendrein überhaupt nicht um Erlaubnis oder Rat fragen. Womit sich das "Ja" zum Krieg Gegend en Irak wieder auf ein "Ja " zu Israel reduziert. Nur die irakische Linke hat vielleicht eine kleine Chance in diesem "Kräfteverhältnis" zum Akteur zu werden und zu versuchen, im Geiste Lenins aus dem Krieg einen Bürgerkrieg zu machen und darin eigene Ziele zu verfolgen. Die Behauptung "Krieg ist keine Lösung" war nie eine marxistische.

Was meine Äußerung über "ehemalige Kriegsdienstverweigerer" betrifft, so bezog sich diese auf etwas, was Nowak nicht aussprechen mag und daher unterschlägt: Auf die Frage nach effektiven Formen der Solidarität mit Israel. Als gefährlich für Israel schätzte ich nach der Zerstörung des World Trade Centers durch die Islamisten die Vorstellungen einer Minderheit unter den Unterstützern Israels ein, die während des Afghanistankrieges "symbolisch" die militärische "Beseitigung islamischer Herrschaft" postulierte: "US-amerikanische Militärschläge gegen islamische Zentren hätte jeder bis auf weiteres zu begrüßen...". In KONKRET 11/2001 bezeichnete ich diesen "Vorschlag" der Gruppe "Bahamas" als "einen Ruf nach Kriegsverbrechen", der (offenbar unbewusst) in einer deutschen Tradition des "totalen Krieges" steht, eines Kriegszieles, das die USA bisher nie verfolgt hat, auch nicht im Vietnamkrieg. Auf dem Kongress betonte ich, dass solche "Forderungen" wohl weniger dem Wunsch nach Unterstützung Israels entspringen, sondern wohl eher einem Distinktionsbedürfnis gegenüber anderen Teilen des linken Milieus. Außerdem sagte ich, dass solche "dadaistischen Provokationen" dem Ernst der Lage nicht angemessen sind und dass diese kindischen Überbietungsrituale auch noch von militärischen Laien kommen, aus einer Linken, die sich mit militärischen Fragen nie ernsthaft auseinandergesetzt hat und die daher nicht einmal weiß, wovon sie redet. Da ich jedoch, angesichts der Bedrohung Israels durch den Irak den israelischen Wunsch nach einer militärischer Beseitigung des irakischen Regimes unterstützte, fragte ich nach konkreten Formen der dringend gebotene Solidarität mit Israel. Ich erwähnte, dass es Israel angesichts seiner gut funktionierenden Rüstungsindustrie derzeit nicht an Waffen fehlt, jedoch an vielen Dingen im sozialen Bereich. Israel befindet sich im Kriegszustand und hat angesichts der vielen Selbstmordanschläge der Islamisten den nationalen Notstand ausgerufen. In dieser Situation braucht Israel auch materielle Hilfe, da die militärischen Ausgaben in vielen anderen Bereichen des Haushalts Israels fehlen. Die notwendige Konzentration der Kräfte auf die militärische Selbstverteidigung hat zu empfindlichen Einsparungen in fast allen sozialen Einrichtungen geführt - bei Krankenhäusern, bei der Betreuung traumatisierter Menschen, in Kindergärten etc.

Die gegenwärtige Lage in Israel - besonders die Leiden der verletzten israelischen Terror-Opfer - erfordert es, dass Israel und seinen Bürgern jede nur mögliche Hilfe zukommt. Aus diesem Grund rufen verschiedene Organisationen auch in Deutschland zu Spenden für Israel auf. Die Mehrheit der deutschen Linken sammelt hingegen Geld und Sachmittel für die Gegner Israels. Außerdem sammeln Islamisten in Deutschland (etwa die Aachener "Al-Aqsa e.V.") Geld, das zur Rekrutierung von Selbstmordattentätern eingesetzt wird. Das explizite Ziel jenes Teils meiner Rede, die Peter Nowak verfälschend darstellt, war also eine Unterstützung Israels, die sich auf die ganz konkreten Umstände bezieht. Die Israel-Solidarität, so meine Ausführungen, ist für Linke keine Fortsetzung der Solidarität mit El Salvador oder mit der Sowjetunion. Derartige Projektionen würden die bittere Tatsache ignorieren, dass Israel gerade deshalb nicht in diese Traditionslinie passt, weil die Linke bereits in den 30iger Jahren der Verfolgung und dann der Vernichtung der europäischen Juden nur in seltenen Fällen entgegentrat. Auch kurz nach der Gründung Israels hat die Linke diesen Staat im Stich gelassen und statt dessen arabische Nationalismus zum Kampf gegen Israel angestachelt. Meine Position zu dieser Frage ist in eine Reihe von Artikeln, u.a. in KONKRET nachzulesen, und sie ist Peter Nowak bekannt.

Ganz deutlich wird Nowaks antisemitische Intention auch in der folgenden Passage:

"Doch kontroverse Debatten, wie sie von den Kongressorganisatoren, darunter die Wochenzeitung Jungle Word und die entwicklungspolitische Zeitschrift iz3w aus Freiburg erwartet wurden, waren bei der überwiegenden Mehrheit des Publikums verpönt. Michael Hahn erwähnte, dass eine jüdische Organisation in den USA, die die aktuellen Entwicklung des Antisemitismus untersucht, Jörg Haider zugute hält, dass er kein so schlimmer Antisemit sei, weil er Entschädigungszahlungen für NS-Verfolgte zugestimmt habe. Sofort schellten bei einen Jungantideutschen die Alarmglocken. Was er denn da gesagt habe, ob er das noch mal wiederholen könne, schrillte es mit bebender Stimme aus den vorderen Reihen."

Nowak ist ganz begeistert von dem Versprecher eines Referenten. Michael Hahn hatte in der Tat unter anderem erwähnt, dass die US-amerikanische jüdische Anti-Defamation League (ADL) Haiders Antisemitismus sehr zurückhaltend bewertet, weil Haider (damals unter Druck der EU) der Zahlung von Entschädigung für sogenannte Arisierungen prinzipiell zustimmte (im konkreten Fall macht er Schwierigkeiten und die Zahlungen sind bis jetzt kaum erfolgt und werden in der Restamtszeit der ÖVP/FPÖ-Koalition auch nicht mehr erfolgen). Nun gehört die traditionsreiche ADL, was das politische Spektrum der jüdischen Dachorganisationen betrifft, zweifellos zu den konservativen Kräften, bei denen staatstragende (außenpolitische) Rücksichten oftmals die Bewertung bestimmen. Jüdische Organisationen, die z.B. an Entschädigungsverhandlungen teilnehmen, können es nicht vermeiden, mit einem Faschisten wie Haider zu reden, wenn der in Österreich was zu sagen hat. Entsprechend diplomatisch muss dann auch die Sprache ausfallen. Michael Hahn hat diesen Zusammenhang mit einer unglücklichen Formulierung zum Ausdruck gebracht als er sinngemäß sagte: weil Geld fließt, nimmt man sich im Urteil zurück. Da Hahn viel mit jüdischen Linken in den USA zu tun hat, hatte er in diesem Moment vergessen, dass er in einem Land spricht, wo man zwischen politisch linken und politisch konservativen Juden grundsätzlich nicht unterscheidet. Er hatte gerade nicht daran gedacht, dass man in Deutschland, wenn davon die Rede ist, dass Juden im Zusammenhang mit einer politisch ausgehandelten Entschädigungszahlung einem Faschisten, weil er dieVerhandlungen nicht sabotiert, nicht ganz laut einen Faschisten nennen, für Agenten einer "Holocaust-Industrie" halten. Eifrige Teilnehmer, die Michael Hahn nicht näher kennen, haben wegen Hahns Formulierung etwas geraunt. Das war´s auch schon. Und Nowak? Für ich steht fest, dass Michael Hahn von einer Meute von Jungantideutschen daran gehindert wurde, das auszusprechen, was Nowak schon immer dachte - dass Finkelstein und seine Anhänger doch recht haben. Nur deshalb erwähnt Nowak diesen Marginalie des Kongresses. Der Antisemit findet immer sein Thema.

Nowaks Artikel in der "Jungen Welt" endet, wie er angegangen hat - mit der Beschimpfung des einzigen Juden auf dem Podium:

"Yoram Kaniuk wiederum, der ins Anekdotenerzählen abschweifte, hatte die Redezeit vergessen. Als ihn ein Zuhörer darauf aufmerksam machte, rannte ein antideutscher Rasta-Jüngling nach vorne, um sich bei Kaniuk für diesen Beitrag zu entschuldigen und unter Applaus zu postulieren, dass der Israeli so lange reden könne, wie er wolle. Moderator Stefan Wirner von der Jungle World beugte sich schließlich nach einigen schüchternen Einwänden diesen irrationalen Publikumsanwandlungen. Es blieb auch hier wieder Jacob vorbehalten zu konstatieren, dass diese Geste Kaniuk signalisierte, dass man ihn als Diskussionspartner eigentlich gar nicht ernst nehme."

Juden sind große Geschichtenerzähler, das ist für Nowak keine Frage. Sie vergessen ihre Redezeit, während die den Holocaust offenbar nie vergessen. Aber noch übler findet er Deutsche, die - zumal mit ausländischen Frisuren - von diesen Juden nicht genug kriegen, aber einem wie Nowak glatt Redeverbot erteilen. Der Moderator (in Nowaks Drama gibt es immer auch die guten Deutschen) hat noch versucht, die Judenfreunde zur Vernunft anzuhalten. Vergebens. Und warum erwähnt Nowak meine Anmerkung vom nächsten Tag, als ich sagte, Herr Kaniuk habe sich sicher eine heftigere Diskussion gewünscht? Er erwähnt sie gar nicht. Vielmehr sagt Nowak, wenn man seinen Satz genau liest, ich hätte mir - wie er - gewünscht, dass Herr Kaniuk endlich den Mund hält. Wie soll es auch eine Diskussion geben, wenn "der Israeli so lange reden" kann und Nowak seine Meinung daher rausschreien muss: "Die Amis haben die Indianer umgebracht!"

Das ist es, was nach Nowaks Meinung auf dem Kongress zu kurz kam. "Die Amis haben die Indianer umgebracht!" - mit diesem Vorwurf steigen die Deutschen immer wieder gerne in die Relativierung der deutschen Verbrechen an den Juden ein. Da ist dann der obligatorische Hinweis auf die Bombardierung Dresdens gleich mitgedacht. Daher: Freiheit für alle Unterdrückten, vor allem aber für Mumia Abu-Jamal, den Judenhasser. Und Rückkehrrecht für "multinationale Gruppen im Nahen Osten!" Redezeitbegrenzung für Juden in einem binationalen Israel. Die Indianer schweigen ja auch. Mit Dresden haben die Antideutschen schließlich auch kein Mitleid. Nicht mal jetzt, wo die Stadt abgesoffen ist.

Aber kann man Nowaks Aversion gegen Herrn Kaniuk nicht auch als ungewollt treffende Charakterisierung dieses Berliner Kongresses lesen:

"Yoram Kaniuk wiederum, der ins Anekdotenerzählen abschweifte, hatte die Redezeit vergessen."
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Ergänzungen

Jacob und Nowak - zwei Seiten einer Münze

kommt runter 12.09.2002 - 20:37
Peter Nowak schreibt sicher viel Unsinn und hat auch abstruse Projektionen. Ihm deswegen gleich Antisemitismus zu unterstellen halte ich für Unsinn.
Doch es scheint Teil der Projektionen zu sein die Günther Jacob vornimmt. Ein Beispiel: "Die Mehrheit der deutschen Linken sammelt hingegen Geld und Sachmittel für die Gegner Israels."
Ich würde mal wagen zu behaupten die Mehrheit der deutschen Linken hat keinen Bock mehr auf diese Diskussion und verurteilt palästinensische Selbstmordanschläge und israelische Militärbesatzung.

langweilig!!!

----- 13.09.2002 - 01:14
if i cant dance, its not my revolution!!!

liebe doku ?

luser 13.09.2002 - 04:44
dieser artikel ist an manchen stellen etwas verwirrend geschrieben.
ich habe schwierigkeiten dem wechsel zwischen ironie und kritik zu folgen. das finde ich bedauerlich weil ich das anliegen ernst nehmen will. ich würde mir gerne ein bild machen. anhand dieses artikels ist es schwer - anhand des anderen, den ich nicht sonderlich ernst genommen hatte, auch.
es scheint mir seit langen ein versuch einer auseinandersetzung mit linkem antisemitismus auf indy zu sein, der nicht in pauschalem kriegsgeheul und linkenvervolgung endet.
aber ich kann mich auch irren: ich komme nicht ganz durch - ich habe ihn jetzt dreimal gelesen - gebe auf.

liebe LOOP
hätte es nicht genügt einen link zu setzen?