Rückblick auf das Land in Sicht Camp

eine von was dagegen 02.09.2002 17:58 Themen: Antirassismus
Campkritik am Land in Sicht Camp
Zunächst einmal eine Erklärung vorweg: wir von was dagegen[?] haben uns aus unterschiedlichen Gründen gegen eine gemeinsame "Stellungnahme" (die ja schon auf dem Abschlußplenum gewünscht wurde) entschieden, mangelnde Zeit und Abstimmungsmöglichkeiten untereinander haben nicht unwesentlich dazu beigetragen. Andererseits fanden wir es auch gut auf diese Weise unsere unterschiedlichen Sichtweisen und Kritikpunkte aufzuzeigen. Mit dem nachfolgenden erhebe ich ausdrücklich keinen Anspruch auf Vollständigkeit, vielmehr dürfen andere gerne weiterdenken, diskutieren, kritisieren...

Zu meiner Ausgangssituation bleibt zu erwähnen, daß ich von den Diskussionen/ Auseinandersetzungen und Vorbereitungstreffen im Vorfeld fast überhaupt nichts mitbekommen habe, weshalb ich mich in meiner Kritik auch nur in vereinzelten Fällen darauf beziehe. Warum ich dennoch meine Teilnahme an dem Camp bis wenige Tage vorher nicht für möglich gehalten habe, liegt nicht nur an denen mich mehr ansprechenderen Camps in Straßburg und Cottbus, sondern tatsächlich an den Gerüchten, die in den Wochen und Monaten zuvor zu mir durchgedrungen sind. Und es kam sogar noch ganz anders.


Beschlüsse, Entscheidungsfindung, Hierarchien

Entscheidungen zu unterschiedlichsten Fragestellungen die das Camp betrafen wurden im Vorfeld von den Vorbereitenden diskutiert und beschlossen. Ich finde jegliche Auseinandersetzung im Vorfeld über Fragen von Sicherheit, Organisatorischem und Inhalt wichtig um nicht zu sagen überlebenswichtig für ein möglichst schnell handlungsfähiges Camp. Mindestens genau so wichtig finde ich jedoch auch die Offenlegung gelaufener Diskussionen auf dem Plenum, eine Vorstellung bereits diskutierter Vorschläge (wobei dies vorraussetzt das vorab Diskutierte als Vorschlag anzusehen) sowie eine konstruktive Diskussion im Anschluß. Letztere Punkte waren scheinbar für die Land in Sicht Tage nicht vorgesehen. Die wie selbstverständlich von den Orgas fürs Camp getroffenen Entscheidungen wurden dabei lediglich in einem Punkt ansatzweise deutlich, als erklärt wurde daß eine Campdokumentation ausdrücklich erwünscht und organisiert sei. Dass diese Frage selbst in der Vorbereitungsgruppe auf keine einheitliche Zustimmung traf, sondern von einem Teil letztendlich einfach organisiert wurde, konnte nach ersten kritischen Stimmen und Nachfragen über das Filmen nicht mehr ganz unterschlagen werden. Das Ergebnis blieb das gleiche. Diskussionen über das Wann und Wie wurden abgeschmettert wie es auch noch später üblich werden sollte. Spätestens hier (und auch in weiteren Diskussionen rund ums Filmen bei denen immer wieder angeführt wurde, daß doch beschlossen sei das Camp zu dokumentieren) stellte sich mir die Frage wer eigentlich das Camp sei. In meiner bisherigen Vorstellung doch ich und du, die wir jetzt auf dem Camp zusammengekommen waren, auf dem LIS schien die Frage als einzige Antwort: die Orgagruppe zuzulassen. War das nur meine Wahrnehmnug?

Hierarchien die sich auch im Aufrechterhalten nichtselbstorganisierter Strukturen wiederfinden ließen. Offengelegt und eingeladen sich zu beteiligen wurde in der Moderation, beim Schnibbeln, Schutz, in der Campzeitung und im Webjournal. Daß es hier keinen regen Ansturm gab und auch ich lieber geschnibbelt und relaxend den Elbblick genossen habe bleibt (auch an mir) zu kritisieren. Dennoch spiegelt sich hier nicht mein Verständnis von hierarchiefreiem Umgang und Einbeziehung aller CamperInnen wieder. Für eine wirkliche Beteiligung an Wissens- und (leider immer wieder) Machtstrukturen hätten für mich aber auch andere Strukturen offenstehen müssen bzw. sich (in meinem immer noch bevorzugten Lieblingsfall) die Orgagruppe auflösen sollen. Dann hätten sich Koordination, Pressekontakte, Infobeschaffung, Cafeschichten, Veranstaltungen, Sicherheitsfragen, die Sorge ums eigenverantwortliche Kreieren leckerer Mahlzeiten u.v.m. tatsächlich ein Stück weiter in den Händen der CamperInnen wiedergefunden.

Ein zugegeben immer wieder auch aufreibender Teil an Camps, Kongressen und anderen Veranstaltungen. Auch ich kenne Marathondiskussionen die immer wieder um gleiche Fragen kreisen zur genüge, genieße die Freiheit meines mich-mal-nicht-in-Strukturen-einklinken-müssens sondern bereits ohne meine Einbringung Geschaffenes konsumieren zu können und schmecke gleichzeitig doch auch den bitteren Nachgeschmack einer Unmündigkeit, die ich lange nicht mehr in so ausgeprägter Form wahrgenommen habe wie auf den LIS. Vielleicht ist es Zeit sich noch intensiver und mit viel mehr Menschen Gedanken über die Formen unseres Umgangs zu machen, Fragen aufzuwerfen wie es möglich sein kann selbstbestimmt und dennoch handlungsfähig zu sein, Formen von Entscheidungsfindung und Campstrukturen weiterzuentwickeln, wie das von einigen ja auch versucht wird (ich möchte hier noch mal auf die Auswertung vom crossover camp verweisen:  http://www.de.indymedia.org/2002/08/28164.shtml ). Die Land in Sicht Tage sehe ich in diesem Zusammenhang als einen Schritt zurück. Dies ist zumindest nicht meine Richtung.

Anstelle starrer nicht offengelegter Entscheidungen wünsche ich mir Transparenz, anstelle von Resignation über nicht funktionsfähige Strukturen Debatten über diese, ein Fragen aufwerfen und diskutieren um was noch in Plena besprochen werden soll, was eher ausgelagert, wo inhaltliche Diskussionen laufen können, wie ein guter Informationsaustausch zu gewährleisten ist u.v.m. und immer wieder auch der Mut und die Bereitschaft zu experimentieren.


Plenumsstrukturen

Im Plenum wurden sämtliche Diskussionen abgeblockt, was seine Vorteile mit sich bringt und wohl auch aus Zeitmangel geschehen ist. Ich finde diese Umgehensweise dennoch bedenklich wenn es für die Diskussionen nach dem rauskicken keinen akzeptabelen anderen Raum gibt. Und ständig Raum für (für mich) selbstverständliche Diskussionen einzufordern ist mühselig und abschreckend.
Schwierig an den Plena fand ich in wiederholten Fällen auch den Umgang mit der undankbaren und nicht sehr beliebt gewesenen Aufgabe der Moderation. Von dieser Position aus wurden nicht nur die Punkte im Zeitlimit durchgebracht sondern immer wieder entweder unbemerkt oder auch gleichgültig von den anderen PlenumsteilnehmerInnen Beschlüsse über die weitere Vorgehensweise gefällt. Ein Stimmungsbild hätte hier zumindest ein gewisses Mitspracherecht eingeräumt, ebenso das Einführen von Handzeichen das leider erst im Abschlußplenum -und da vergeblich- von einer TeilnehmerIn eingebracht wurde. Lieber Coolness statt mitbestimmen?


Aktionen, Workshops

Anregend und motivierend fand ich die vielen kreativen Aktionen, die sich über den ganzen Campzeitraum erstreckt haben. Größtenteils gut vorbereitet und gezielt eingesetzt war ich erstaunt über die Möglichkeiten die sich plötzlich auch wieder in Hamburg boten. Vermischt mit eigenen Ideen haben sie viel Spaß gebracht und erheblich zur guten Campstimmung beigetragen. Gelegentlich habe ich mich mehr als schmückendes Beiwerk empfunden (wie auf dem Stadtspaziergang) wobei mensch sich in den meisten Fällen mit etwas mehr Eigeninitiative hätte abhelfen können.
Es gab auch die Möglichkeit sich mit eigenen Aktionen und Workshops einzubringen. Aktionen besonders am letzten Tag sind in ihrer Wirkung aufgrund geringer TeilnehmerInnenzahlen eher verpufft, was zum Teil am zeitgleichen stattfinden lag. Für ein selbstständigeres Handeln und eine bessere Einbeziehung von gerade auch angereisten CamperInnen fände ich den Aufbau eines Kreativ/Bastel/Materialzeltes in der mensch Materialen zum vorbereiten von spontan überlegten oder auch mitgebrachten Aktionen findet sehr sinnvoll.


was dagegen [?]

Wir haben in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch übers Camp verteilt Schilder aufgehangen mit verschiedenen Sprüchen drauf, teilweise war auf einigen noch was dagegen[?] gesprüht und es gab auch einige Schilder auf denen nur was dagegen[?] stand. Im nachfolgenden zu den Sprüchen noch was konkreteres:

Hier scheint immer die Sonne
spricht für sich. Sonnenschein am Himmel, Sonnenschein im Gemüt, Sonnenschein auf dem Camp, dahinplätscherndes Wasser mal nebenan und nicht von oben. War da noch was?
Ein gewissenes Schönreden des Camps (daß ja auch durchaus nicht nur furchtbar schlecht war) ist mir auffällig in der Campzeitung begegnet, was mich teilweise hat zweifeln lassen ob ich auf dem selben Camp verweile, an den gleichen Aktionen teilgenommen habe wie die schreibenden Menschen. Ein anschauliches Bsp. findet sich hier auch in der Presseerklärung ( http://www4.nadir.org/nadir/kampagnen/landinsicht/content/text105.html ), in der das Abschlußplenum doch wieder sehr sympathisch daherlächelnd erscheint. Mit etwas Eigeninitiative hätte sich da einiges machen lassen. Schließlich ist es eh nervig wenn z.B. bei Aktionen immer wieder sowohl Vorbereitung, Durchführung, Auswertung und dann auch noch Pressearbeit an den gleichen Menschen hängenbleibt.
Aber auch auf dem Plenum sind mit einer ungeheuren Redegewandheit oder einfach nur Dominanz (?) immer wieder andere Wortmeldungen schön bzw. Kritik platttgeredet worden. So wurde z.B. aus der anfänglichen eher kritischen Sicht eines Teilnehmers an der Bombadiert Hamburg Harburg Aktion ein: ach was das haben doch alle schon verstanden daß das nicht ernst war und die Aktion ist durchaus gelungen, was anschließend in noch positiverer Schönfärbung in der Campzeitung zu lesen war.

Bombadiert das Plenum
Schließt sich mit Kritik an die genannte Aktion Bombadiert Hamburg Harburg an. In der Vorbereitung gab es scheinbar bereits Probleme mit der Aktion (u.a. weil Leidtragende wieder die eh schon gerasterten, kriminalisierten und diskriminierten in diesem Stadtteil sein könnten), dennoch wurde von den Orgas die Option eingeräumt die Aktion auf dem Plenum vorzustellen. Dort schien es dann aber nicht möglich noch einmal kurz zusammengefaßt die Kritikpunkte zu hören. Mehrmaliges drängen wurde zunächst abgewehrt, letztendlich konnte sich irgendjemand an einen der Kritikpunkte erinnern und im Anschluß wurden ausdrücklich Leute mit Kritik oder Fragen zu dieser vom Vorbereitungstreffen ausgeladen. Es gab praktisch keine Option mehr die bereits kritisch eingestufte Aktion noch zu diskutieren oder sie aus vielleicht triftigen Gründen ausfallen zu lassen.
Und um beim Spruch zu bleiben: diese allabendliche kurze Berichterstattung als Plenum zu deklarieren schien unserer Meinung nach inhaltlich nicht der Verpackung zu entsprechen.

Diskussionen sind Kinderkacke
oder warum wurden so viele Diskussionen die das Camp betrafen von uns CamperInnen ferngehalten? Und warum hat sie niemand vehementer eingefordert (inkl. mir)? Und über was wollen wir überhaupt noch miteinander diskutieren?

We speak german
leider in Szenezusammenhängen oft immer noch zu geläufig und unhinterfragt, die Annahme daß "wir" doch weiß und deutschsprachig sind (was ja leider auch größtenteils zutrifft und gleichzeitig auschließende Realitäten schafft). Von einem wie-auch-immer-Grenzcamp hätte ich mir einen anderen Umgang gewünscht, ja eher vorrausgesetzt um wenigstens die Ausschlußmechanismen von Sprachbarrieren zu verringern. An Stelle dieser präsentierte sich das Land in Sicht Camp in Plena, Veranstaltungen, Infowänden, Flugblättern, Workshops, im Web, der Campzeitung, auf sämtlichen Schildern, Beschriftungen und in der Umgangssprache als homogenes deutschsprachiges Camp. Natürlich ist es immer auch gut auf die Eigeninitiative jeder Camperin zu hoffen, aber wer hätte sich tatsächlich bei soviel deutschsprachiger Selbstverständlichkeit noch getraut Übersetzungen in all diesen Bereichen einzufordern, womöglich noch in anderen Sprachen als Englisch? Dass diese nötig gewesen wären konnte mensch -wenn vielleicht auch vereinzelt dennoch vorhanden (!)- im Campgewusel mit offenen Ohren hören

Für die Orgas sitzt ihr da Marionetten ha ha ha
sollte ein wenig das Gefühl der Verarschung ausdrücken, daß einige von uns sowohl auf den DeligiertInnentreffen als auch im Plenum gespürt haben. Die Tagesprogrammankündigung konnte mensch auch auf den Infotafeln nach dem Frühstück in aller Ruhe lesen und dass die Autos nicht im Wendekreis parken sollen hätte auch per Schild an Ort und Stelle vermittelt werden können (ist es dann auch).
Ich wünsche mir sinnvolle Besprechungen in Delistrukturen, das Einbringen von Kleingruppen und Diskussionsprozessen, wenn diese denn geführt werden. Scheinbar gab es nichts dergleichen in Hamburg.

Konsumieren ist cool
Hier ließe sich noch mal gesondert auf das hamburger größtenteils Abendpublikum eingehen. Warum so viele nur für die Abendstunden ihrer heimischen 4 Wände verlassen wollten bleibt angesichts des auch tagsüber schönen Elbblicks eine Frage die nur mit direkter Beteiligung der selten Dagewesenen zu klären wäre. Aber auch unter "uns" CampteilnehmerInnen schien konsumieren des so gut organisierten Campablaufes mit all den Aktionen., Veranstaltungen, dem Abendprogramm, Essen und Plena nicht der verkehrteste Zeitvertreib. Was dagegen [?]

FrauenLesbenRäume führen zu nix
transgendermenschen bzw. alle die sich keinem der 2 standardisierten Geschlechter zuordnen wollen wieder mal völlig ausgeklammert, mit einer Veranstaltung zu Beginn abgetan bei der die referiernde Person wieder einmal nur die Möglichkeit hatte sich zwischen Männer und Frauenklos zu entscheiden...
Desweiteren habe auch ich von der Einforderung eines Frauen/LesbenBereiches in der Vorbereitung von verschiedenen Menschen gehört, der jedoch abgeblockt wurde. Im nachhinein ist nun viel zu lesen von es wäre ja einfach möglich gewesen einen einzurichten. Wäre es hoffentlich. Dennoch sehe ich nicht, dass gesellschaftlich aufgezwungene und verinnerlichte patriachale Strukturen in der linken Szene schon überwunden wären und finde es politisch und persönlich immer noch sinnvoll und wichtig einen solchen Raum auf Camps einzurichten anstelle ihn als Frau/Lesbe (wenn auch mitlerweile nicht mehr so schwierig oder vielleicht schon wieder?) erst erkämpfen/einfordern zu müssen. Das ein im Vorhinein abgeblockter Frauen/Lesben Raum abschreckt dürfte auch klar sein.

die sexismusdiskussion fällt aus
um dazu nicht auch noch Seiten schreiben zu müssen verweise ich auf Beiträge zu Diskussionen die im Vorfeld des Camps gelaufen sind ( http://www4.nadir.org/nadir/kampagnen/landinsicht/debatte/sexualitaet/index.html - wobei ich einen Text dort nicht mehr wiederfinden konnte) und stelle fest, dass Sprechen über Sexualität kein Ersatz ist sich mit Sexismus auseinanderzusetzen, wie scheinbar von einigen auf dem Camp die Meinung vertreten wurde. Im Hinblick darauf finde ich es wichtig sich noch mal mehr Gedanken zu der gelaufenen Sexualitäts-AG zu machen sowie deren Veröffentlichung in der Campzeitung, die, wenn ich sie richtig verstanden habe mir ziemlich die Sprache verschlagen hat. Dazu hier aber aus Zeitmangel erst mal nichts.

heute schon mal mitbestimmt ?
siehe Hierarchien...

Dieses Camp wird basisdemokratisch kameraüberwacht
und die leidige Filmdiskussion
Dass es gewünscht und organisiert ist auf dem Camp zu filmen wurde im Anfangsplenum eingebracht inklusive kurzer Vorstellung der Frau und was sie gerne Filmen mag. Eine Diskussion ob überhaupt gefilmt werden soll und selbst die Fragen um das Wie (wenn es denn eh schon unangreifbar beschlossen ist) wurden größtenteils abgeblockt. Für mich ist das keine Grundlage mit der ich mich auf Camps wohlfühlen kann. Immer wieder gab es Situationen in der das Filmen bzw. die Art des Filmens Menschen vom Camp unangenehm aufgefallen sind, sie sich gestört gefühlt haben bzw. Einwände gegen das Filmen hatten. Letztere wurden spätestens nach einem kurzen AG-Treffen das einige Vorschläge erarbeitet hatte vehement abgewiesen, Menschen die sich in Situationen oder allgemeiner gegen das Filmen stellten als Minderheiten abgetan um über sie hinweggehen zu können. Ein Stimmungsbild wurde zu keiner Zeit erfragt. Warum also im Abschlußplenum die allermeisten Menschen im nicht zu filmenden Bereich saßen und deshalb nicht geflimt wurde bleibt ein Mysterium, die Frage nach Selbstbestimmung und Wunsch nach Öffentlichkeitswirksamkeit doch weiterhin abzuwägen statt durchzusetzen.
Für einen weiteren Umgang wünsche ich mir, daß die verschiedenen Standpunkte, gerade vor dem Hintergrund so weit auseinanderklaffenden Vorstellungen zur Campdokumentation, ausgetauscht und miteinander diskutiert werden wonach im Anschluß konstruktive Vorschläge erarbeitet werden können wie nun mit den unterschiedlichen Interessen umzugehen sei. Für mich eigentlich eine Selbstverständlichkeit, eine weitere, die auf dem LIS unter dem Stempel fortschrittlich durchbrochen wurde.


Absicht der Aktion+Selbstkritik

Die Aktion entstand bei mir aus einer Unzufriedenheit heraus, die sich an oben genannten Punkten festmachen ließ, einer Unzufriedenheit über einige der vorgegebenen Strukturen/ Inhalte und nicht minder der Verwunderung über die angenommene Zustimmung der schweigenden Masse, zu der auch ich mich zähle. Wut und Enttäuschung über die eigene Unfähigkeit sich klarer über Mißmutiges zu werden und Kritik zu äußern. Erschwert hat mir letzteres zum einen die schweigende Masse (und der innere Zweifel ob denn nur ich hier einiges ganz schön schräg finde), das Nichtwissen wo die Kritik sinnvoll einzubringen, Befürchtungen im Plenum als nicht so wortgewandter Mensch von einigen niedergeredet zu werden (so wie ich es immer wieder im Plenum oder bei Workshops mitbekommen habe), die nicht vorhandenen Zeitlücken und andere Mehr-oder-weniger Ausreden. Gerade das Summieren der angefallenen Kritikpunkte hat es mir zunehmend schwerer gemacht einen Weg zu finden diese einzubringen. Hätte ich zuerst das Abschmettern eines Frauen/Lesben Bereiches thematiesieren und einen aufmachen, die nicht geführten Diskussionen im Plenum einfordern, mit der konsequenten Übersetzung aller Rede- und sonstigen Beiträge beginnen, in der Campzeitung die so nötig gewesenen Gegenartikel zu einigen Veröffentlichten schreiben sollen oder oder oder ? Hier schien sich eine persönliche Prioritätensetzung aufzuzwingen, die ich zugegeben aus den verschiedenen Gründen größtenteils für das Beteiligen an Aktionen und Veranstaltung entschieden habe. Unsere anfängliche Überlegung eine AG zur Campreflexion- und kritik einzuberufen, scheiterte u.a. an Zeit- und Initiativenmangel. Den ganzen aufgestauten Unmut deswegen wieder mit nach Hause zu nehmen hätte ich dennoch ungemein schlechter und nicht sinnvoll gefunden, genauso wenig wie ein vorbildliches einbringen im Abschlußplenum, daß dort doch vermutlich auch nur schöngeredet und im Sande verlaufen wäre...

Eine fertige Kritik wollten wir mit unserer Aktion jedenfalls auf dem Camp nicht liefern, mir es ging es nicht ums vorkauen sondern anstoßen, provozieren um andere CampteilnehmerInnen aus der Reserve zu locken, sie anzuregen auch für sich das Camp zu reflektieren. War wirklich immer nur Sonnenschein oder haben außer uns auch andere die aufziehenden Gewitterwolken wahrgenommen. Oder waren sie doch nur Einbildung? Und was denkst du dazu?
Es gibt zweifelsohne andere vielleicht bessere Möglichkeiten sich mit Kritik einzubringen, in jedem Fall hätte ich einer früher angebrachte Kritik, ein Eingreifen in unhinterfragt ablaufende Prozesse sinnvoller gefunden.
Was mich immer noch stark irritiert ist, daß tatsächlich erst im Abschlußplenum Kritik überhaupt auf den Tisch kam, ich dennoch im Ausstausch mit Menschnen auf dem Camp und auch im nachhinein festgestellt habe daß nicht nur wir mit unserer Aktion was dagegen hatten. Vielleicht können andere mein diffuses Ohnmachtsgefühl, dieses gegen eine Wand rennen müssen Gefühl besser reflektieren und analysieren um nicht auch bei anderer Gelegenheit wieder in Ohnmachtsgefühlen steckenzu bleiben.


Letztendlich

Die Campstruktrur war (abgesehen von den Duschen) beachtlich. Es gab einen sich täglich prall füllenderen Zeitplan, viele organisierte Veranstaltungen, Filme, Musik, ein Cafezelt mit angenehmem Flair, eine scheinbar breite Einbindung verschiedenster Gruppen in die Vorbereitung und Camporganisation, die vieles im Vorfeld für den Elbstrand erst möglich gemacht haben, viele kreative gut vorbereitete Aktionen...und dennoch trotzdem was dagegen.
Nach dem LIS scheint mir die Frage nach der Organisationsform wieder eine grundlegendere geworden zu sein. Ist Selbstorganisation überhaupt erwünscht und wenn ja wie können "wir" sie fördern und wenn nein wohin geht es dann? Fragen um Transparenz, für mich real vollzogenen Rückschritte während der Tage, Fragen immer noch um Sexismus und Sexualität und ein hoffen auf eigene Reflexion vieler Menschen die da waren und hoffentlich beim nächsten Camp ihre Schummeltricks zu Hause lassen.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Echt schade

holla 03.09.2002 - 13:52
..find ich das. Ich hatte eigentlich auch in erwägung gezogen zum LIS zu fahren, aber das macht mir ja fast Angst, dass bei einemLIBERTÄREN Camp solche mÄngel auftreten können.Klar die meinung ist subjektiv(von der Autorin), und ich kann sie nicht wirklich einschätzen-da ich nich da war- aber ich finds schade.
Es geht auch besser verdammt, wenn mensch sich ma in dem Arsch treten würde...

transgender und sexismus

lis-teilnehmerin 03.09.2002 - 17:07
was ich schade finde ist, dass viele linke sich nicht genügend mit den themen sexismus,transgender und geschlechterverhältnisse auseinandersetzen.das war in hamburg zu spüren, aber auch in straßbourg.anti-sexismus darf meiner meinung nach nicht dem anti-faschismus,anti-rassismus und anti-antisemitismus untergeordnet werden.wird aber leider getan.die leute legen sich einen politischen schwerpunkt,was ja auch ok ist,aber es sollte trotzdem versucht werden,alles im zusammenhang zu sehen.auch der sexismus innerhalb der linken muss bekämft werden.ich hoffe, dass die sexismusdebatte das nächste mal auch ein zentraler bestandteil der diskussionen sein wird!!

Habe ich anders erlebt

küscchen 03.09.2002 - 17:39
Hallo,
ich war auf dem LIS, auch wenn ich erst am Sonntag ankam.
Ganz anders als Du, habe ich die Diskussion um die Frage nach dem Filmen als dominierend wahrgenommen. Keine Rede davon, dass das totgeschwiegen wurde. Genau im Gegenteil: Einige hat das Thema nur noch angekotzt, weil es mehr Raum einnahm, als ihm gebührt hätte.
Gegen Ende der ausführlichsten Diskussion, die ich dort zu diesem Thema erlabt habe, hat sich noch eine Person gegen das Filmen ausgesprochen, eine weitere Person hat applaudiert. Allerdings war die Argumentation leicht zu entkräften, da ihr die politische Begründung fehlte. Als das deutlich wurde, hat NIEMAND mehr gegen das Filmen unter den genannten Bedingungen protestiert.
Dass sich die Kamerafrau dann nicht konsequent an diese Abmachungen gehalten hat, steht auf einem anderen Blatt.

Eure "Was dagegen" Aktion habe ich übrigens nicht kapiert. Ihr habt da ein paar symbolische Aktionen durchgezogen, die nicht selbsterklärend waren und nur äußerst vage in einem Artikel in der Campzeitung begründet wurden.
Schade, dass Ihr Euch der Diskussion im Plenum entzogen habt.

euer camp is blöd ;)

clandestino 03.09.2002 - 22:20
... in den berichten drüber gehts nur um irgendwelche internen sachen, die auf den aussenstehenden (wie mich) nur verwirrend wirken und vernachlässigbar sind: eben interne sachen, die der aussenstehende garnicht verstehen kann. worums geht, erfährt man eigentlich kaum. und ich hab das starke gefühl, dass das vielen so geht. wenns schon die meisten leute "aus der szene" oder sympathisanten nicht kapieren, wie hat das ganze dann eigentlich auf die "normale" bürgerliche öffentlichkeit gewirkt? wahrscheinlich einfach wie ein haufen leute, die campen.

eigenartig

Mb 03.09.2002 - 23:19
also eigentlich bin ich nach Hamburg gefahren um u.a. an eurem Camp teilzunehmen, aber leider gab es einige Probleme, die nicht nur mich irritiert und abgeschreckt haben:
ich weiß zwar, dass hptschl die Behörden daran schuld waren, aber ich fand es schon krass, dass ihr im grunde genommen am Tag bevor es anfing immer noch nicht wusstet wo ihr überhaupt campen würdet etc.
Da ich in Hamburg kein netanschluss hatte hab ich euch nur zufällig entdeckt.
Außerdem hatte ich stark das Gefühl, dass ihr euch unglaublich von der "Außenwelt", also auch selbst der Stadt, abgekapselt habt. Kaum einer wußte von dem Camp und mit Leuten außerhalb des campes wurde doch nicht wirklich diskutiert.
Aber ich denke sowas sollte ein viel größerer Bestandteil eines Campes sein, denn wir wissen wofür wir kämpfen und was sich ändern muss!

Schade

küsschen 04.09.2002 - 11:47
Mb,
dass das mit dem Platz an der Uni nicht geklappt hatte, war schade. Schade auch, dass in der Zeitung der falsche Ort abgedruckt war.
Dass wir zu wenig Kontakt zur Stadt gesucht hätten, kann ich für mein Umfeld nicht bestätigen. Aber 150 Leute, die aktiv Kontakt suchen sind, selbst wenn sie laut und auffällig sind, in einer Stadt wie Hamburg nebebsächlich. Wenn 5000 Personen sich inhaltlich mit LIS auseinandergesetzt haben, dann ist das ein Erfolg.