AntiWahl Treffen in Jena: ohne Knoten auch kein Netz

Greschka Schroiberwelle 25.07.2002 23:00 Themen: Soziale Kämpfe
Bericht vom bundesweiten AntiWahl-Treffen auf dem Grenzcamp in Jena (better late than never) und bundesweiter Aufruf zu Aktionen.
Das bundesweite Vernetzungstreffen hat nicht stattgefunden. Oder doch?

VORGESCHICHTE
Im Arbeitskreis zu AntiWahl auf dem Graswurzelkongress in Muenster Anfang Juli hatten viele den Wunsch kundgetan, dass es ein bundesweites Vernetzungstreffen aller zu AntiWahl oder Wahlboykott arbeitenden Menschen und Gruppen geben moege. Hierfuer schien das erste Wochenende des Grenzcamps in Jena geeignet, da die Informationen sich von hier auf alle weitern Camps verbreiten koennen wuerden und die Lage Jena's es Menschen aus fast allen Teilen des Landes erlauben wuerde, an einem Tag an- und wieder abzureisen, so sie dies wuenschten. In Muenster teilten alle Teilnehmenden des Workshops die Auffassung, dass es ein Beduerfnis fuer ein solches Treffen gaebe, und so verabredeten wir uns, in unseren Kreisen dafuer zu werben.

WAS DANN GESCHAH
Tatsaechlich kamen Menschen aus vielen Ecken der Republik - und doch war es kein bundesweites Vernetzungstreffen. VertreterInnen aus allen moeglichen AntiWahl Initiativen fehlten, ein grosser Teil der Anwesenden hatte ohnehin schon Kontakt zu einander. Wir sind uns ziemlich sicher, dass die Information ueber dieses Treffen eigentlich alle Initiativen erreicht haben muesste. Wir koennen das nur so interpretieren, dass entweder eine Vernetzung bewusst nicht erwuenscht ist, oder der Sinn und Vorteil von Vernetzung und Koordination nicht verstanden wird.
Wir waren indes nicht untaetig und haben uns auch in kleinerer Runde ein paar Gedanken gemacht, wie mensch die Bundestagswahlen als Aufhaenger fuer grundlegendere Herrschafts- und gesellschaftskritik nutzen koenne.
Herrausgekommen sind ein paar nette Ideen zur Attac/DGB Demo in Koeln am 14.9. (Kontakt:  Treezagreen@linkeseite.zzn.com), und ein Aufruf zu bundesweiten Aktionstagen beginnend am 14.9. bis zum Wahlabend am 22.9. selber (und natuerlich darueberhinaus sowieso).

ANGEBOTE
Zur Mobilisierung, zum Verteilen und zur Anregung koennt ihr die MachtNix!, Zeitung gegen Herrschaft und Wahlen bei  projektwerkstatt@apg.lahn.de oder unter 06401/90328-3 bestellen.
Desweiteren gibt es unter www.hoppetosse.net und www.wahlquark.de.vu ReferentInnen zu Parlamentarismuskritik, Herrschaftskritik, freie Menschen in freien Vereinbarungen, Organisierung von Unten, Entscheidungsfindung von Unten und anderen Themen, die angefragt werden koennen (und eventuell sogar in Deiner Naehe wohnen!)
Unter www.wahlquark.de.vu sollen alle Informationen, Initiativen und Aktionen gesammelt, veroeffentlicht und vernetzt werden. Bitte schickt Eure Infos, Links und Ideen an das_Webmasti, damit sie allen zugaenglich werden.

AUFRUF
Achtung! Das Bundespropagandaministerium klaert auf!
Schmieroel fuer Herrschaft laeuft aus: Bundestaxwahl voraus!

Alle (vier) Jahre wieder soll das System demokratischer Herrschaft - wenn auch
nur symbolisch - legitimiert werden. Wer als guteR und muendigeR DeutscheR
zaehlt, darf dafuer ein wenig mitentscheiden, wer die Fremdbestimmung die
folgenden vier Jahre verwaltet. Selbstbestimmung jedoch steht nicht zur Wahl.
Wir koennen zwar der Wahl fernbleiben oder ungueltig waehlen, um unsere
Unzufriedenheit damit auszudruecken; geaendert wird dadurch aber auch eher wenig.
Daher passen zum Erreichen dieses Ziels andere Aktivitaeten besser, als sich auf
die Wahlentscheidung zu fixieren. Vergleiche zwischen den Angeboten der
Fremdbestimmung oder Appelle an die AnbieterInnen von Fremdbestimmung eruebrigen
sich somit weitestgehend.
Um Fremd- durch Selbstbestimmung zu ersetzen, ist vielmehr radikale Kritik am
Bestehenden in Wort und Tat notwendig. Die Wahl stellt eine Chance dar, dieses
Zusammenspiel von "Welt verstehen" und "Welt veraendern" an Hand eines konkreten
Beispiels voranzutreiben. Im Wort, indem wir uns und anderen klar machen, dass
sich Kapitalismus und Herrschaft nicht durch Wahlen beseitigen lassen; das und
die dafuer notwendige Organisierung muessen wir schon selbst in die Hand nehmen.
In der Tat z.B. durch Aktionen zur Demaskierung von Herrschaft und dem
Anzetteln von Debatten, sei es durch Symbolik, sei es durch Sabotage.
Es waere daher zu begruessen, wenn die Wahl zum Anlass genommen wuerde, sich
Freiraeume (Plaetze, Haeuser etc.) zu erschliessen, in den (General)streik zu
treten, sich die Produktionsmittel anzueignen, Hierarchien abzubauen und was
einen/r noch so alles einfaellt ...

Wir wuenschen uns, dass ...
. an vielen Orten Menschen die Wahlen nutzen, um Kritik und Visionen zu
vermitteln. Laut, bunt, subversiv oder offensiv, militant oder gewaltfrei -
aber immer radikal herrschaftskritisch! Wir sind keine BeraterInnen der
Herrschenden, wir wollen nicht selbst Macht ausueben und wir wollen nicht
waehlen, welchen Haufen Scheisse wir diesmal wieder fressen muessen!
. Gruppen, die Herrschaftskritik ohnehin zum Teil ihrer Aktionen gemacht haben,
in diesen Anti-Herrschafts-Aktionstagen rund um die Wahl mitmischen, so dass
insgesamt eine groessere Wahrnehmung der grundlegenden Forderungen moeglich ist.
. den ganzen September bzw. die Woche vor den Wahlen ueberall Aktionen steigen
. lokal oder auch von mehreren Gruppen
zusammen regional.
. viele Lust haben, z.B. als besondere Hoehepunkte das Wochenende vor den Wahlen
(13.-15.9.) und das Wahlwochenende bzw. der Wahltag am 22.9. selbst zu
gestalten und regionale Kooperationen entstehen.
. am 22.9. viele unter dem Motto "Wir waehlen ... Selbstbestimmung!" Haeuser
besetzen, mit Reclaim-the-Streets Konsumflaechen aneignen, autonome Zentren
schaffen, Parteibueros oder Knaeste angreifen,
Betriebe oder Baustellen besetzen, Schulen, Unis oder Arbeitsaemter in Freiraeume
verwandeln usw. Und gleichzeitig viele Aktionen rund um die Wahllokale sowie
spaeter die Wahlparties laufen (Trauerzug "Die Demokratie hat wieder gewonnen"
oder "Deutschland war wieder nicht abwaehlbar" u.ae.).

Lokale Kreativitaet ist gefragt. Darueberhinaus stehen als Aktionsmaterialien
bereit:
. Plakate und Aufkleber (z.B. zum Kopieren/Drucken auf Adressetiketten) unter
www.wahlquark.de.vu
. Zeitung "Macht nix!" zur Mobilisierung (Bestellung gegen Spende, Richtwert
ca. 20 Cent/Zeitung plus Porto - bis 10 Zeitungen pauschal 2 Euro).
. Entstehen sollen noch Schafsmasken (wuerden gedruckt und gestanzt ...
Gummiband dann selbst antackern)

Regionale Schwerpunktaktionen
Bekannt sind neben lokalen Aktivitaeten auch regionale, groessere Aktionen, zu
denen dann ueber die jeweilige Stadt hinaus mobilisiert werden soll. Das kann
noch verstaerkt werden, zudem sind es bisher noch wenige.
Berlin: Aktionswoche um den Wahltag herum, wobei jedoch der Wahltag selbst
nicht das Ende der Aktionstage darstellen sollte (um klarzustellen: fuer uns ist
das ganze mit der Wahl nicht zuende)
. Demo in Berlin 2-3 Tage vor der Wahl (und/oder am Wahltag, z.B. abends zu den
Wahlparties?)
. gemeinsame Broschueren, Plakate (inwieweit auch ein gemeinsames Flugi sinnvoll
ist bleibt zu diskutieren, die einzelnen Gruppen koennten ihre Texte einander
auch zur Verfuegung stellen
. massenhaftes Wahlzettel-ins-Klo-werfen ("Wahlen sind scheisse") mit
Kloattrappe an oeffentlichen Orten
. Sozial- u. Arbeitsaemter als Brenn- und Aktionspunkte
. Nachbarschaftsversammlungen

Giessen: Anti-Wahl-Aktionstag und antirassistische Demo am 14.9. Eine
druckvolle, lautstarke, inhaltsreiche und bunte Demo am 14.9. vom Hauptbahnhof
(Treffpunkt: 12 Uhr) durch die Innenstadt bis ca. 15 Uhr, Kundgebung vor dem
U-, Straf- und Abschiebeknast (17 Uhr Ostanlage/Gutfleischstrasse) sowie
dazwischen und rundherum weitere Aktionen.
Waehrend des Demozugs:
Kontakt: Infoladen Giessen ( infoladen-giessen@web.de) und Projektwerkstatt
( projektwerkstatt@apg.lahn.de)

Koeln: Aktionen gegen Wahlen, Herrschaft und Demokratie waehrend der demokratie-
und staatsbewerbenden Grossdemonstrationen und Volksfeste von Gewerkschaften,
Attac und der Attac-Gemeinde (NGOs, Parteijugenden, vielen marxistischen
Demokratiefans usw.)
Kontakt:  Treezagreen@linkeseite.zzn.com
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Ergänzungen

veralteter herrschaftsbegriff

A! 26.07.2002 - 12:08
herrschaft ist doch nicht das, was die in der bundesregierung machen. also das auch, klar, aber herrschaft, machtgefälle und hierarchien finden wir überall in dieser gesellschaft. sich jetzt derart auf die bundestagswahl zu konzentrieren und so zu tun, als wäre dort die büxe der pandorra, scheint mir doch aus der untersten anarchistischen schublade gekramt... die bundestagswahl verkörpert vielleicht das system des parlamentarismus, das kann man ja auch kritisieren, aber das prinzip der herrschaft wird durch jene wahl nun wirklich nicht angemessen symbolsiiert.

@ A!

Greschka 26.07.2002 - 12:29
Es ist uns sehr wohl klar, dass Die Bundestaxwahl nicht das alleinige Uebel ist. Ich finde aber, sie ist eine sehr schoene Moeglichkeit, die Unzufriedenheit vieler Menschen mit RotGruen und die offensichtliche Qual der Wahl von pest oder Cholera, die vielen menschen sauer aufstoesst (zumindest ist das die Einschaetzung von mir und den meisten Leuten, mit denen ich darueber spreche, egal ob aus der Szene oder Normalis) mit Inhalten zu fuellen; Die Wahl bietet einen sehr schoenen Anknuepfungspunkt, das ist alles. Mehr wollten wir auch nciht sagen, zumindest sehe ich das so.

Ach Menno

Schal 26.07.2002 - 17:00
Ach Menno, natuerlich sind die Parteien wie Pest & Cholera - aber mir gehen "AntiWahlInis" deshalb auf die Nerven, weil sie doch meistens so tun, als waeren nun auch alle gleich und total egal, wer an der MAcht ist. Wir glauben nicht an Veraenderungen in unserem Sinne durch Wahlen und durch die SPD... Aber selbstverstaendlich bleibt es ein Unterschied, ob Stoiber, Schroeder oder Moellemann. Das kann auch niemand wegdiskutieren.

ebenfalls @ A!

Michi gegen die Gesellschaft 26.07.2002 - 23:23
Wie kommst du denn darauf, dass sich im Aufruf die Herrschaftskritik nur auf Staat/ Parlament beschränken würde? Eine Projektion vielleicht?
btw.: ich finde es auf jeden Fall angemessen, den Staat (und seine aktuelle Organisierung als parlamentarisch-demokratisch) zu kritisieren - z.B. auch viele der gesellschaftlichen Hierachien zu nicht unwesentlichen Teilen durch den (parlamentarischen) Staat geschaffen und/oder aufrechterhalten wurden und werden.

@ach menno

di-er 27.07.2002 - 02:34
ich finde auch dass es nicht "total egal ist wer an der macht ist" aber die frage "wer" an der macht ist lenkt von der wichtigeren frage "ob" wer an der macht ist ziemlich ab.

Hallo Jörg B.,

G.G. 28.07.2002 - 03:36
hat Dir schon mal jemand ordentlich vor Deine 12er Nudel getreten??

Lern erst ma das kleine ABC des Linksradikalismus, bevor Du wieder so'n Stuss laberst!!!

Schäm Dich, Saasener Kretin!!!

ABC des Linxradikalismus?

Michi gegen die Gesellschaft 28.07.2002 - 13:32
Hallo G.G.,

was soll denn das sein, das "ABC des Linksradikalismus"? Sowas wie das kleine rote Buch?
Lernt mensch durch dessen Lektüre Politik auf persönliche Beleidigungen zu beschränken, statt auch nur ansatzweise ein Argument zu bringen? Falls ja, hast du es wohl gut verinnerlicht ...

Für Anarchie weltweit! Gegen Demokratie und Wahlen!
Michi gegen die Gesellschaft

P.S.: der Antiwahlaufruf ist nicht nur von Jörg B.