Flugblatt zu G8, WTO (inkl. GATS,GATT + TRIPS) und IWF

Global-Action-Osnabrück 26.06.2002 17:51 Themen: Globalisierung
Flyer zu G8,wto und IWF
G8, WTO und IWF: Was ist das eigentlich?
Ein Flugblatt der Global-Action-Gruppe Osnabrück

G8: Seit 1975 (damals noch G5) treffen sich die Staats- und Regierungschefs der am stärksten industrialisierten Länder der Erde (mittlerweile USA, Kanada, Frankreich, Italien, Großbritannien, BRD, Japan und Russland (Russland erst seit dem Genua-Gipfel)) jedes Jahr zwei Tage lang zu einem Meinungsaustausch über die wichtigsten aktuellen weltpolitischen Angelegenheiten. Die sich selbst gesteckte Aufgabe besteht in der Reaktion auf kapitalismusimmanente Krisenpotentiale und der Regulation bzw. Forcierung von aus Globalisierungstendenzen entstehenden Problematiken. Das G8 ist keine internationale "Institution", besitzt kein politisches Mandat und daher auch keine permanenten Strukturen. Dennoch genießen diese Treffen weltpolitisch eine immense Wichtigkeit. Staatschefs und ihre Deligationen (allein die USA reist nicht selten mit bis zu 500 VertreterInnen an) beraten über wirtschaftliche, militärische, entwicklungspolitische und ökologische Fragen. Zwar sind in vorangegangenen informellen Treffen verschiedener Delegationen oftmals bereits Entscheidungen vorformuliert worden, für einen politischen Abstimmungsprozeß und abschließende Entscheidungen in den genannten Bereichen genießt das Treffen der G8 dennoch eine bedeutende Rolle. Richtlinien der Weltpolitik werden hier medienwirksam festgelegt. Letztendlich entscheiden hier somit die wenigen Vertreter von 8 Staaten über Wohl und Werden der gesamten Erdbevölkerung (7.000.000.000).

WTO (World Trade Organisation): Die WTO wurde 1995 durch ein Abkommen unter 125 Ländern gegründet. Hauptsächliches Ziel der WTO ist der weltweite Abbau von tarifären und nicht tarifären Handelshemmnissen. Kommerzielle Interessen werden letztlich allen weiteren Interessen übergeordnet. In den Augen der WTO sind "Handelshemmnisse" z.B. nationale, regionale und lokale Gesetze sowie Standards, welche im Interesse von ArbeitnehmerInnenrechten, Umweltschutz, Menschenrechten, Verbraucherschutz, sozialer Gerechtigkeit, nationaler Souveränität und Demokratie verabschiedet werden.
Aufgabe der WTO ist es, die Bewegungsfreiheit der Konzerne und ihre Zugriffsrechte zu erweitern und somit vorhandene Ungleichheiten weiter zu forcieren. Parallel dazu soll sie die Rechte und die Möglichkeiten der Nationalstaaten und Bürgerbewegungen reduzieren, den Handel um der Menschen und der Natur willen zu regulieren. Die WTO ist nicht durch Wahlen legitimiert, gänzlich undemokratisch und besitzt den Status einer juristischen Person. Wenn ein WTO-Schiedsspruch eine Regierung des Verstoßes gegen einen WTO-Standard bezichtigt, können sehr schwerwiegende Wirtschafts- und Handelssanktionen verhängt werden.

Zu den wichtigsten Vertragswerken der WTO gehören das GATT, GATS und TRIPS:
GATT (General Agreement on Tariffs and Trade):
Erklärtes Ziel ist es, durch Abbau von Handelshemmnissen den Welthandel zu fördern. Auch diesbezüglich werden als Handelshemmnisse technische-, arbeitsschutzrechtliche- und Umweltvorschriften in den Bereichen Agrargüter, Textilien, Stahl- und Elektronikprodukte beurteilt. Umweltaspekte wie auch Interessen des Trikont erlangen bei der Organisation des Welthandels keine Bedeutung, die GATT-Regelungen orientieren sich fast ausschließlich an der Idee des Freihandels. Dadurch treten immer wieder Konflikte auf, wenn z.B. ein Import-Verbot eines einzelnen Landes oder etwa der EU aus Verbraucher-, Tierschutz- oder Umweltgründen erlassen wird. Das GATT bezieht sich ausschließlich auf den Handel mit Gütern.

GATS (General Agreement on Trade in Services):
Das GATS beschäftigt sich mit der Liberaliserung von Dienstleistungen. Es erfaßt gesellschaftliche Basisleistungen wie Bildung, Gesundheit, Umwelt, Wasser, soziale Sicherheit und Transportwesen und ist somit relevant für grundlegende soziale Dienstleistungen sowie ökologische und entwicklungspolitische Fragen. Verhandlungen wurden im Februar 2000 begonnen, ein Abschluß ist für Dezember 2002 vorgesehen. Generell in der WTO und somit auch hier dominiert der reiche Norden ganz eindeutig die Verhandlungen. Dennoch wird auch ein Großteil der Bevölkerung der nördlichen Halbkugel unter den Auswirkungen des GATS leiden. Die Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen macht aus Gesundheit, Sozialsystem, Bildung und Kultur eine bloße Ware. Somit entsteht ein verschärftes 2-Klassensystem. Dieses kommt ausschließlich denjenigen zu Gute, die sich hohe Qualität sichern können. Sozial schwache Gruppen der Gesellschaft sind dagegen für profitorientierte Konzerne uninteressant, werden vernachlässigt und haben keinen materiellen Zugang zu Dienstleistungen. Profiteure sind konzernartig agierende Dienstleistungsanbieter, welche zum Zwecke der Kapitalakkumulation alles der kapitalistischen Verwertbarkeit unterordnen.
Wie in der WTO üblich fehlen demokratische Verhandlungen völlig. Weder Europaparlament noch Bundestag haben bei den GATS-Verhandlungen einen echten Einfluß.


TRIPS (Agreement on Trade Related Intellectual Property Rights):
Das TRIPS-Abkommen der WTO stellt ein weiteres Machwerk aus dem Ausbeutungssammelsurium der WTO
dar. Auch hiermit wird Konzernen tüchtig unter die Arme gegriffen. Das Abkommen schafft die Möglichkeit, Lebensformen zu privatisieren, die dann unter die Kontrolle von transnationalen Konzernen kommen. Dieses schafft Monopole über Grundelemente des Lebens wie z.B. Saatgut oder Medikamente. Unternehmen können beispielsweise Saatgutsorten durch kleine gentechnische "Veränderungen" verbessern und dann patentieren!
Die WTO sichert ihnen das alleinige! Recht zu, dieses Patent zu verkaufen. Das TRIPS-Abkommen wurde übrigens innerhalb der WTO von einer Lobby-Gruppe namens Intellectual Property Commity gestaltet (die zwölf größten US-Konzerne waren hierdran beteiligt (z.B. IBM, Hewlett Packard, General Motors, Warner,.....). Nichtregierungsorganisationen hatten wie bei allen Vertragswerken der WTO keinen Einfluß.
Ein Beispiel wie sich das TRIPS-Abkommen auswirkt: Die Pharmaindustrie der USA ging gegen Südafrika und Thailand vor, welches deren AIDS-Medikamente in leicht abgewandelter Form zu einem Bruchteil des üblichen Preises herstellte. Das Antibiotikum Fluconazol (wirkt gegen eine Form der Hirnhautentzündung von der jeder 5. AIDS-Patient in Thailand betroffen ist) konnte so anstatt zu dem ursprünglichen Preis von 14 $ zu 1 $ verkauft werden. Die USA drohten Thailand daraufhin unter Berufung auf die WTO-Regeln mit Handelssanktionen. Obwohl sich das Land in einer gesundheitlichen Notlage befindet, mußte der Verkauf des günstigeren AIDS-Medikamentes gestoppt werden.

IWF: Der IWF wurde 1944 in Bretton Woods (USA) gegründet. Ursprüngliches Ziel war die
institutionelle Neuordnung und Stabilisierung der internationalen Wirtschaftsbeziehungen auf der Basis fester Wechselkurse. Mittlerweile sind über 180 Staaten Mitglied. Im IWF gilt das Prinzip "one dollar-one vote", d.h. also, daß sich die Stimmrechte über die Maßnahmen des IWF nach den Einlagen der Mitglieder bemessen. Auf diese Art verfügen z.B. alle Länder Afrikas gemeinsam über weniger Stimmen als die BRD, allein die USA verfügt über 17% der Stimmrechte.
Verschuldete Mitgliedstaaten des IWF können Zahlungsbilanzhilfen (sogenannte Strukturanpassungskredite (SAKs)) in Anspruch nehmen, um vorübergehende außenwirtschaftliche Ungleichgewichte zu überwinden. Die SAKs haben in der Regel das kurzfristige Ziel, Schulden der Entwicklungs-/Schwellenländer an die Banken im Norden zurückzuzahlen, sowie das langfristige Ziel, die Länder im Süden noch weiter in die vom Norden dominierte Weltwirtschaft zu integrieren.
Mit der Kreditaufnahme wird ein wirtschaftspolitisches Stabilisierungsprogramm des Mitgliedslandes vorausgesetzt. Somit werden nicht nur Defizite in den Zahlungsbilanzen finanziert, sondern gleichzeitig wirtschaftspolitische Kurskorrekturen vorgenommen. Diese "Kurskorrekturen" haben es allerdings in sich!
Um Milliardenkredite zu erhalten, müssen die Bittstellerländer eine Fülle von Bedingungen erfüllen:
? Umorientierung der Volkswirtschaft auf den Export, um Devisen für den Schuldendienst einzunehmen. Die Folge ist eine schlechtere Selbstversorgung und ein Rückgang der Diversifizität einheimischer Produkte zu Gunsten von schädlingsanfälligen Monokulturen.
? Kürzung von Löhnen oder Verzicht auf Lohnerhöhungen, also eine arbeitgeberfreundliche Politik im Sinne der Konzerne und zu Lasten der ArbeiterInnen.
? Niedrigere Besteuerung des Kapitals: Führt zu verschärften Einkommensungleichheiten und stellt im Endeffekt eine Umverteilung volkswirtschaftlichen Wohlstandes zu Gunsten der Besitzenden dar.
? Kürzung der Staatsausgaben einschließlich der Budgets für Gesundheit, Bildung und Soziales.
? Agressive Privatisierungen von Staatsbetrieben, wodurch frühere staatliche Leistungen für die Armen unerschwinglich werden...............etc.

Die Annahme eines Strukturanpassungsprogrammes des IWF bedeutet, daß sich ein Land völlig der wirtschaftlichen Kontrolle des IWF und dessen haupteinflußnehmenden Mitgliedsländern unterwirft. Die Politik des IWF gleicht einem agressiven wirtschaftlichen Imperialismus des Nordens über den Süden. Beurteilt nach ihren offiziellen Zielen ,,Lösung der Schuldenkrise der Entwicklungsländer und Erzeugung neuen und nachhaltigen Wachstums bei gleichzeitigem Abbau von Armut und Arbeitslosigkeit" waren die SAKs ein furchtbarer Fehlschlag, langfristig werden die Krisen oftmals sogar noch verstärkt.
Beurteilt nach den strategischen Zielen ist die Politik des IWF jedoch ein voller "Erfolg". Weltweit wurden die Rolle der Staaten in der Wirtschaft beschränkt, Restriktionen für ausländische Investoren wurden abgebaut, Konzerne gestärkt und die kreditaufnehmenden Länder in eine krasse Abhängigkeit und Kontrollierbarkeit gestürzt.

Ausführlichere Infos (u.a. auch zur Weltbank) demnächst auf unserer Homepage:
www.gag.webhop.org
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Ergänzungen

Verlinkt

Pete 26.06.2002 - 19:02
Der Text ist jetzt mit dem Startspecial zum G8-Treffen verlinkt.

Merci

Puhderbär 28.06.2002 - 00:19
Liest sich gut,danke.

GATT?

roter hase 05.10.2002 - 15:14
Ich dachte das GATT wäre mit Gründung der WTO sozusagen in diese übergegangen? Oder ist das GATT immer noch ein eigenständiges Regelwerk in der WTO wie GATS und TRIPS? Kann mir da jemand weiterhlefen?

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