Demo gegen die Wohnungsnot in München (Bericht/Bilder/Video)

chr 22.06.2002 19:05 Themen: Bildung
Bericht, Bilder und Video über die Demonstration gegen die steigende studentische Wohnungsnot in München vom Donnerstag den 20.06.02. + Kritik an den Plänen des Präsidenten der TU-München.
Am Donnerstag den 20.06.02 hat in München eine Demonstration gegen die steigende, vor allem studentische Wohnungsnot in München stattgefunden, initiiert wurde diese von der Studentischen Initiative gegen Wohnungsnot (  http://www.siw-muenchen.de ).

Der Demonstration gingen mehrere Protestcamps in München vor der Universität München (GSU/LMU) und in Garching und Freising vor der Technischen Universität München (TUM) voraus. In München schlugen ca. 20 Studierende von Montag bis Donnerstag ihre Zelte auf dem Geschwister-Scholl-Platz auf, welcher sich direkt vor dem Hauptgebäude der GSU befindet.

Die Demonstration selbst begann Am Donnerstag um 13:30 vor dem Hauptgebäude der TUM in der Innenstadt mit etwa 60 TUM-StudentInnen und führte anschließend zur GSU, wo etwa 200 GSU StudentInnen warteten. Nach einer Rede des TUM-Präsidenten Wolfgang A. Herrmann zog man anschließend gemeinsam mit ca. 250 TeilnehmerInnen zum Marienplatz wo noch eine Abschlusskundgebung mit Rednern der SIW-München und des AstA der GSU stattfand.

Die von den Veranstaltern erwarteten „mehrere tausend Teilnehmer“ sind leider nicht gekommen. Der Grund für diese magere Beteiligung dürfte wohl hauptsächlich an dem kaum vorhandenen Engagement der Studierenden in politischen und sozialen Themen sein, welches man hauptsächlich unterhalb des sogenannten „Weißwurstäquators“ antrifft. Dies zeigt sich auch darin, dass die jetzigen Studierendenstreiks nur im nördlichen Deutschland stattfinden, obwohl die studentische Wohnungsnot und Studiengebühren die gleichen Auswirkungen haben: soziale Selektion im Bildungbereich.

Diese soziale Selektion wurde interessanterweise auch ausdrücklich vom TU-Präsident Herrmann in seiner Rede kritisiert, obwohl dieser hauptsächlich an der Ausarbeitung der skandalösen Projektskizze für die Einführung von allgemeinen Studiengebühren an der TUM beteiligt war.
( Informationen hierzu unter:  http://www.asta.tu-darmstadt.de/hopo/tum/ )
Aber auch sonst war seine Rede bis kurz vor Schluss ziemlich ungewöhnlich für einen CSU nahen Präsidenten, der im Jahre 2001 vom bayrischen Ministerpräsident Edmund Stoiber als neuer bayrischer Verbraucherschutzminister eingesetzt werden sollte. So bekundete er zudem laufend seine Solidarität mit den finanziell schwächeren Studierenden und begrüßte die wachsende Zahl an Studierenden aus dem Ausland.

Der Schluss seiner Rede zeigte jedoch wiedereinmal worauf er eigentlich hinaus will. So versuchte er den Studierenden sein neustes Projekt „privates Studentenwohnheim“ zu verkaufen, für welches er schon einen „Sponsor“ an der Hand hätte, der bereit währe bis zu 25 Millionen Euro ein Studentenwohnheim zu errichten. Bisher fehle lediglich das Grundstück, so Herrmann.
Was dieses Projekt und dessen Vorbildcharakter jedoch für Folgen hätte, mag man sich gar nicht ausmalen. Dieser weitere Schritt in Richtung Privatisierung der Hochschule würde bedeuten dass man den Großunternehmen nun die Möglichkeit geben würde direkt an den Studierenden anzusetzen um sie in ihrer freien Studienwahl einzuschränken. Bei der Vergabe der Zimmer des Wohnheims würden sicherlich jene Studierende bevorzugt werden, die ein für das jeweilige Unternehmen verwertbare Studium belegen. Ganz zu schweigen von der politischen Meinungs- und Handlungsfreiheit in jenen Heimen.
Sollte nicht die eigentlich für so etwas zuständige Anstalt des öffentlichen Rechts, das Studentenwerk München durch die bayrische Staatsregierung finanziell gestärkt und das notwendige Geld durch stärkere Besteuerung der Unternehmen eingezogen werden?

Abschließend kann man sagen, dass die Aktionen gegen die Wohnungsnot in letzter Woche sicherlich ein wenig Aufsehen erregt haben. Da zumindest in der lokalen Presse trotz der mageren Teilnehmerzahl ausführlich darüber berichtet wurde. Jedoch sieht man auch ganz klar welche weiteren Gefahren unabhängig von der sozialen Selektion entstehen: Dieses Problem darf nicht in einer Privatisierung des Studentenwerks enden!

Video des Demonstrationszuges und der Ansprache von W. Herrmann unter:  http://data.cwz.net/traegerwelle/video/20.06.02-Demo-gegen-Wohnungsnot.rm
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Ergänzungen

wohnung noetig -> hausbesetzen!

bewegung der arbeiter ohne wohnraum 22.06.2002 - 20:07
protest ist wenn ich sage, das und das past mir nicht:
eine demo gegen die wohnungsnot

widerstand ist wenn was dagegen unternehme:
es stehen auch in muenchen genug haeuser/wohnungen leer

deshalb HAEUSER HER!

auch die sogennante berliner linie sollte uns nicht abschrecken. auch eine polizeizelle ist ein unterkommen, und zwar ein fuer den staat eher teures. steht der tropfen hoehlt den stein.....

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--- 22.06.2002 - 21:33
Ist ja superpeinlich, dass der TU-Präsident auf der Studidemo redet. Ein Glück, dass ich nicht da war.

ja, schrecklich...

roter hase 23.06.2002 - 05:28
Dass der Hermann dort gesprochen hat, ist tatsächlich eine ziemliche Katastrophe. Das liegt aber daran, dass die studentische Vertretung der TU auch vollkommen dumm ist (will auch mit ihm in einen Dialog wegen Studiengebühren treten). Hermann hat ja auch behauptet, dass die Wohnungsnot hauptsächlich durch Bürokratie verursacht wird und das mit der sozialen Selelktion ist angesichts der Studiengebühren ein echter Witz...
Das so wenig Studis da waren, lag wohl auch an der mangelhaften Mobilisierung, aber erschreckend ist die schwache Beteiligung dennoch. Es waren übrigens meiner Meinung nach mindestens genauso viele Leute, die von der TU kamen wie von der Uni...

zeichnung

ron k 23.06.2002 - 17:38

ja,ja

kai 27.06.2002 - 19:58
es gibt in münchen eine ganz andere struktur als in anderen städten
a) es gibt keinen leerstand
b) es gibt keine obdachlosigkeit

in münchen gibt es (im gegensatz zu den anderen städten in deutschland) ein recht auf wohnraum. die stadt münchen vermittelt innerhalb von 24 stunden einen platz in einem wohnheim.
hausbesetzungen in münchen scheitern _nicht_ an der entschlossenheit der leute sondern daran das der besitzer auftaucht und darlegen kann, dass das haus genutzt werden soll(zb durch bereits abgeschlossene mietverträge).

allerdings gibt es in münchen ein sehr hohes mietniveau, und es gibt massiv zweckentfremdung. ausserdem gibt es in münchen kaum studenten, die aus wirklich armen verhältnissen kommen(wer kennt studenten aus dem hasenbergl oder neuaubing? -getos in münchen).

auch bei PISA zu finden: soiale abhängigkeit, abgängerzahlen, anzahl der gymnasiasten unter den schülern.
und der rest ist das sog. "hohe bildungsniveau" das sich aus dem rest rekrutiert. die sehen aber überhaupt nicht ein auf ihre privelligierung zu verzichten.
als beispiel:

 http://fs.e-technik.fh-muenchen.de/degradierung/index.html

insgesammt entsteht daraus kein klima wie es in anderen städten entstehen kann.
... leider ...

01.07.2002 - 00:16
Dass Hermann dort gesprochen hat, wäre ja nich so schlimm gewesen, wäre er an der richtigen Stelle (bei einem kleinen Nebensatz über Studiengebühren) wenigstens ausgebuht worden.

Dem Uni-AStA wurde ürbrigens vom den TUM-Leuten versprochen, dass Hermann dort nicht spricht.
Ach ja, bleibt nur noch anzumerken, dass der TUM-AStA recht wenig damit zu tun hat; er macht schließlich kaum noch was, seitdem der StuRa der TUM die Sache mit den Studiengebühren beschlossen hat (außer villeicht zurücktreten).

Komisch nur, dass auf der Demo so wenig los war. Wären nur die Leute gekommen, die jetzt wegen der Leichtathletik-EM aus ihrem Studentenwohnheim geworfen wurden. Aber die haben wohl andere Sorgen als die Wohnungsnot...