Kämpferischer Generalstreik im Baskenland erfolgreich

fritz 19.06.2002 18:01 Themen: Soziale Kämpfe
Vorgezogener Generalstreik im Baskenland zeigt, wie morgen ganz Spanien lahmgelegt werden könnte
Weitgehend nichts geht heute im Baskenland. Es erscheinen keine Zeitungen, es gibt nur Notprogramm im Radio und Fernsehen, die Industrie und der Verkehr steht still. Bei Auseinandersetzungen mit der Polizei wurden bisher etliche Menschen festgenommen und Verletzt. Die Gewerkschaft LAB warf den Sicherheitskräften vor, als „Streikbrecher auf Anordnung der Unternehmer“ zu agieren. Nach Angaben deren Spreche wurden bei Übergriffen der Ertzaintza einige Arbeiter zum Teil schwer verletzt.

Etliche streikende Arbeiter hatten schon am frühen Morgen in Bilbao mit brennenden Barrikaden Strassen gesperrt. Hunderte „mobile Streikposten“ ziehen durch die Städte und fordern Barbesitzer und Kleinunternehmer auf, sich am Streik zu beteiligen und die Läden zu schließen. Überall gibt es Demonstrationen. Am Morgen war das Ziel, zu verhindern dass der öffentliche Nahverkehr über die vereinbarten Minimaldienste hinaus fährt. Zahlreiche Busse konnten ihre Depots wegen der Streikposten von LAB und der größeren ELA nicht verlassen. Zum Teil wurden die Reifen zerstochen, um sie am weiterfahren zu hindern oder Fahrzeuge mit gelber und roter Farbe bemalt, den spanischen Nationalfarben.

Dahinter dem massiven Einsatz von Streikposten und den spanischen Nationalfarben verbirgt sich der Streit zwischen baskischen und spanischen Gewerkschaftlern. Der Chef von ELA, José Elorrieta, wertete den Streik bei einer Demonstration in Bilbao als vollen Erfolg: „Es hat sich gezeigt, dass die baskische Bewegung der Gewerkschaften nicht aus Spanien kolonisiert sind“. Aus Protest, von den Verhandlungen und Entscheidungen über den heutigen Generalstreik in Spanien ausgeschlossen worden zu sein, haben die baskischen Gewerkschaften ihren Generalstreik auf den 19. vorgezogen. LAB-Chef, Rafa Diez, erklärte, es habe sich im Baskenland endgültig gezeigt, dass die Basken nicht auf die Unterstützung der spanischen Gewerkschaften angewiesen sind, um einen wirksamen Generalstreik durchzusetzen.

Im Baskenland hatte sich der Generalstreik immer mehr zum politischen Streik gegen die spanische Regierung und deren Politik gegenüber dem Baskenland entwickelt. Die Reform der Arbeitsgesetze, eigentlicher Ansatzpunkt für den Streik, war nur noch der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Mit der Reform, die den Bezug von Arbeitslosengeld beschneidet, Kündigungen erleichtert und den Plan für ländliche Arbeit abschafft, soll der Zwang zur Arbeitsaufnahme erleichtert werden.

Leider haben Teile der spanischen Gewerkschaftler der UGT und der Arbeiterkommissionen (CO) aktiv versucht, den baskischen Generalstreik zu unterlaufen. Statt zu Hause zu bleiben und auf den Streik und die Streikposten zu verweisen, gingen sie teilweise als Streikbrecher an die Arbeit und stritten sich an einigen Orten mit den baskischen Kollegen. Es bleibt zu hoffen und ist wahrscheinlich, dass die baskischen Gewerkschaften sich beim Streik der spanischen Kollegen im Baskenland morgen anders verhalten.

Wegen des aktiv geführten Streiks lag trotz der fehlenden Beteiligung der spanischen Gewerkschaften die Produktion und das öffentliche Leben im Baskenland in den Provinzen Bizkaia und Giupuzkoa fast völlig lahm. Dass mussten auch die Unternehmerverbände anerkennen, die den Erfolg aber überproportional den Streikposten zuschreiben. In Araba und Navarra war die Beteiligung geringer. Doch dafür dürfte die Beteiligung dort morgen etwas stärker ausfallen, wenn die spanischen Gewerkschaften für ganz Spanien zum Generalstreik gegen die Reform blasen.

Doch selbst die konservative Regionalregierung von Navarra musste für einige Zonen Navarras eine Beteiligung von 60 Prozent am Streik einräumen. In Pamplona konnten trotz der ausgesprochenen Verbote die Demonstrationen der Gewerkschaften stattfinden. Gerichte hatten die Regionalregierung in die Schranken verwiesen. Die hatte argumentiert, die Demonstrationen würden das Gewerbe beeinträchtigen, was genau das Ziel eines Streik ist.

Mit den Verboten war die regierende Volkunion Navarras (UPN), der Parole der konservativen spanischen Schwester gefolgt, den Generalstreik zu unterlaufen. Die Volkspartei (PP) von Ministerpräsident Jose Maria Aznar, hat ebenfalls klar gemacht, dass der ehemalige Falangist von dem in der Verfassung verankerten Recht auf Streik ebenfalls wenig hält. Aznar erklärte, die Regierung werde die „Normalität garantieren“.

Doch das Säbelrasseln der spanischen Regierung wird am erfolgreichen Streik nichts ändern, auch wenn der sich auf Südspanien und die Industriezentren konzentrieren wird. „Wenn jemand glaubt, mit Sabotage und Nötigung den Streik zum Erfolg bringen zu können, dann irrt er sich“, hatte Außenminister, Josep Piqué, am Freitag erklärt. Damit hatte er eine Sabotageaktion mit dem Generalstreik verknüpft. Mit Motorsägen hatten die Saboteure am helllichten Tag an verschiedenen Stellen gleichzeitig 20 Glasfaserkabel durchtrennt. Große Störungen im Telefon- und Internetverkehr in der Hälfte von Spanien war die Folge. In 15 Provinzen brach die Kommunikation teils völlig zusammen. Bis zum Sonntag brauchte der ehemalige Staatsmonopolist, Telefonica, um die Schäden zu beseitigen.

Die Regierung ist angesichts des Generalstreiks und des gleichzeitig stattfindenden EU-Gipfel nervös. Ob die Sabotage mit dem Streik zu tun hatte, ist fraglich. Möglich ist, dass militante Globalisierungsgegner in der Gegend um Madrid gezeigt haben, wie man den EU-Gipfel an diesem Wochenende empfindlich treffen könnte. Auch die Unterstützer von Einwanderern könnten zur Tat geschritten sein. Denn das restriktive Ausländergesetz soll nun zum zweiten Mal verschärft werden. Aus Protest dagegen haben etwa 400 Einwanderer die Universität in Sevilla besetzt und sind in einen Hungerstreik getreten. Dem seit mehr als einer Woche andauernden Protest haben sich inzwischen Einwanderer an anderen Orten angeschlossen, auch um ihre Solidarität mit den Generalstreiks zu bekunden. Auch Studis und Schüler könnten geneigt sein angesichts des neuen Universitätsgesetz (LOU) und dem Qualitätssicherungsgesetz langsam zu radikaleren Formen des Kampfes übergehen.

Indem die Regierung sich gleichzeitig mit vielen Sektoren der Gesellschaft anlegt, vom Wahnsinnsprojekt, Nationaler Wasserplan, etc, gar nicht zu reden, hat sie selbst hat für das Gelingen des Generalstreiks gesorgt. Ausgestattet mit einer absoluten Mehrheit und einer guten Portion Arroganz ist ihr die EU-Präsidentschaft, die sie noch bis Ende des Monats inne hat, offensichtlich zu Kopf gestiegen. Hatte sich der Generalstreik nur gegen die Reform des Arbeitsmarktes gewandt, entwickelt er sich immer mehr zum politischen Streik gegen die Regierung.

Die Reform besteht im wesentlich aus Zwangsmaßnahmen, wie Beschneidung des ohnehin befristeten Arbeitslosengeldes, um den Druck zur Annahme ungesicherter Billigjobs zu erhöhen. Zeitarbeitsfirmen werden gesponsort, der Kündigungsschutz wird weiter gelockert und der „Plan für Ländliche Arbeit“, der noch aus der sozialistischen Regierungszeit stammt, abgeschafft. Doch der gilt ohnehin nur für Andalusien und Estremadura, weshalb dort die Beteiligung am Generalstreik besonders hoch sein wird.

Ein sensibleres Vorgehen hätte die schwächelnden großen spanischen Gewerkschaften sicher davon abgehalten, so gegen die Reform zu mobilisieren. Wenigstens hätte es ihnen die Möglichkeit geraubt, durch den EU-Gipfel weltweite Beachtung zu finden. Anders sieht es ohnehin bei der Südspanischen „SOC“ aus, die mit Besetzungen von Besitztümern, Straßen, etc., Druck für ihre Forderung macht und ohnehin nicht daran glaubt, dass sich die Konservativen mit einem Generalstreiktag von ihren Vorhaben abbringen lassen. Doch die Regierung hatte die großen Gewerkschaften quasi zum Generalstreik gezwungen, nachdem sie sich den beliebten Verhandlungen verweigerte und die Reform einfach angeordnet hat. Zum zweiten Mal in gut einem Jahr wurde damit per Dekret der Arbeitsmarkt in Spanien neu neoliberal heruntergeregelt..

Den EU-Chefs ist trotz aller Versuche, Normalität zu suggerieren, ein heißer Empfang in Sevilla sicher. Auch die massiven Grenzkontrollen, die derzeit stattfinden, um Globalisierungsgegner aus dem Ausland abzuhalten, werden daran nichts ändern.
Ebenso wenig dürfte es Aznar, noch gelingen, über das Dekret der Minimaldienste den Generalstreik zu unterlaufen. Durch die „völlig überzogenen Minimaldienste“, wie die Gewerkschaften meinen, hat Aznar die Arbeitnehmervertreter erneut brüskiert. Sie haben dagegen vor dem Obersten Gerichtshof geklagt. Der Oberste Gerichtshof der Provinz Valencia hat die in Katalonien dekretierten Minimaldienste vorläufig außer Kraft gesetzt.

fritz
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Ergänzungen

Bitte auf die Startseite

Anarres 19.06.2002 - 19:19
setzt den artikel doch bitte auf die startseite, er hat es verdient!

sag ich doch

19.06.2002 - 19:47
ja, bitte den streik auf die startseite, bin bereit auch aus barcelona zu berichten!!

Startseite und so

ichweissdas 19.06.2002 - 19:57
Artikel die gepostet werden erscheinen zunächst im Open Posting. Sobald bestimmte Kritierien erfüllt werden, wird er von den Modas auf die Startseite gesetzt. Das dauert aber manchmal einige Zeit. Also nicht verzagen! ;-)

Mal ne Frage: Morgen ist in ganz Spanien Generalstreik. Hängt das zusammen?

PCE(R) http://www.antorcha.org

Auf Muck 19.06.2002 - 21:01
Klassenkampf in Spanien - Die Kommunistische Partei Spaniens (reconstituido)nimmt Stellung.

 http://www.antorcha.org

 http://www.kpd.net

Rising up angry!
Auf Muck

EUSKAL HERRIA ASKATU

EUSKAL HERRIA ASKATU 19.06.2002 - 21:26

Mehr infos für Generalstreik im Baskenland .

 http://euskalherria.indymedia.de/

@ ichweissdas

euskal herria askatu 19.06.2002 - 21:54

Hast du problen ,wenn die Baskisischen sprechen mit seinen Mund .
Was haben die spanischen Gewerkschafte UGT und CCOO für Klassearbeit ?, Nichts!
und morgen auch wird die Baskisischen mit Spanischen Arbeiter zusammen solidarität machen .

!!!!!!!!! KAMPF DEN GROßEN SPANIEN !!!!!!!!!

@ euskal herria askatu

Moskito 20.06.2002 - 12:04
Was willst du damit sagen? Sorry, ich kann aber nicht verstehen.
Es ist ein Problem, wenn jemand die Indymedia-Kriterien erklaert?
Oder die Frage vielleicht?
Keine Ahnung, mein Junge, du weisst.

VIVA LA REVOLUCION
GORA EUSKADI ASKATUTA

Kampf der grossen Dummheit

20.06.2002 - 15:58
statt Kampf dem grossen Spanien!