Auftakt zur Aktionswoche an Hamburgs Uni - große Proteste gegen Bildungspolitik

ash 10.06.2002 20:39 Themen: Bildung
Zum Auftakt der Aktionswoche demonstrierten heute 2000 Studenten durch Hamburgs City. Auf dem Rathausmarkt gingen sie in die große Kundgebung von Schülern, Eltern und Lehren gegen die Bildungspolitik des Hamburger Senats auf.
Die Aktionswoche begann um 10 Uhr mit einer VollVersammlung im Audimax. Ab 12 Uhr waren treffen für die Demo. Vor allem Studis von der Hochschule für Bildende Künste hatten sich ein paar nette Dinge für die Demo einfallen lassen. Neben Schildern auch ein Iglu-Zelt, dass als Basislager für die Woche dient. Über die Grindeallee, Dammtorbahnhof, Gänsemarkt und Jungefernstieg ging es zum Rathausmarkt, wo schon die große Kundgebung war. Unterwegs wurden noch etliche versprengte und verspätete Schüler in die Studentendemo aufgenommen.
Der Protest richtet sich vor allem gegen die geplante Novellierung des Hamburger Hochschulgesetzes unter Wissenschaftssenator Jürgen Dräger (parteilos). Studiengebühren sollen eingeführt werden, "Langzeitstudenten" exmatrikuliert werden können und die Hochschulen ihre gesamte Autonomie an "unabhängige" Expertengremien verlieren.
Am Freitag um 10 Uhr ist die nächste VV. Thema u.a.: Streik?


Studentendemo auf der Grindelallee.

Studentendemo am Dammtor - Wieviele Fotos von Demos schon von dieser Brücke gemacht worden sind?

Die Zukunft der Arbeit?

Am Gänsemarkt.

Da soll's hingehen!

Bereits auf dem Weg zur Uni begegnetem einem viele Schüler. Teilweise waren ganze Schulen als Demo mit mehreren hundert Schülern unterwegs zu einem der drei Treffpunkte für den Sternmarsch zum Rathausmarkt. Einige Straßen waren komplett gesperrt, da alle paar Minuten eine Schule kam.
Heute wurde von der Bannmeile kein gebrauch gemacht. Nur die letzten 10 Meter vor dem Rathaus wurden durch "Hamburger Gitter" gesichert. So waren uf dem Rathausmarkt 20.000 (Polizei) bis 60.000 (Veranstalter) Menschen. Der Rathausmarkt war auf jeden Fall propevoll und durch die umliegenden Straßen strömten noch mehr Leute.
Hier richtete sich der Protest vor allem gegen der Schulsenator und ehemaligen Konteradmiral sowie Leiter der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg Rudolf Lange (FPD). Entgegen aller versprechen im Wahlkampf und danach soll auch im Bildungsbereich massiv gespart werden. Im Gegenzug sollen die Schüler mehr Leistung zeigen.
Der Name des Schulsenator eignete sich für etliche Wortspiele. Eine kleine Auswahl: "Wir haben Lange genug zugeschaut!" - "Lügen haben Lange Beine" - "Lange in die Zange" usw.
Für unschöne Szenen sorgte mal wieder die Hamburger Polizei mit mindestens vier Fest- oder Ingewahrsamnamen von Schülern. Warum hab ich nicht mitbekommen. Später erzählte jemand, dass Zivilpolizisten jagt auf Kiffer gemacht hätten. (Drogen gehören ja auch nicht auf Demos.)

Fazit: Studis noch etwas lahm. 2000 von 50.000 sind zu wenig. Hoffentlich lassen sich durch die Aktionswoche noch mehr mobilisieren und animieren. Solidarische Grüße nach NRW an dieser Stelle.
Schüler schon ganz gut. Bleibt nur zu hoffen das auch der Blick über den Tellerand gelingt und auch mal zu Demos, die nicht direkt mit Bildungspolitik und Schulfrei zu tun haben viele kommen.


Raider heißt jetzt Twix - sonst ändert sich nichts. Die letzte große Schülerdemo (40.000-80.000) richtete sich 1998 gegen den damaligen rot-grünen Senat.

Ketten zu bilden kann nie Schaden!

"Für unsere Kinder nur das Beste: Mehr Polizei noch mehr Knäste": Impressionen vom Rathausmarkt.

Zero Tolerance! - Ohne Helm und Panzerung wirken die gleich ganz anders

Rein in Wagen und mit zwei Beamten fixieren. Obwohl er sich nicht bewegte dürckten sie ihn zu zweit in den Sitz - Köln?!

P.S.: Heute streikten in Hamburg außerdem mehrere hundert Leute von Post und Telekom.
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Ergänzungen

biologische feldstudie

prof. dr. proudhon 10.06.2002 - 21:58
wie sich vor sport scheck rausstellte, sind bullen anscheinend doch rudeltiere. geraten sie alleine in kontakt mit anderen lebewesen, geraten sie in panik und rufen nach anderen mitgliedern des rudels, die in unverhältnismäßiger anzah herankommen und sich selbst(transformation!) zum affen machen... bleibt die frage, was würde darwin sagen???

grüsse nach hamburg

ein essener 11.06.2002 - 02:10
danke für die mutmachenden fotos! sieht ja so aus, dass mensch bei sonner regierung schon in frühen jahren scharf sehen lernt.....interessant übrigens auch, dass bei euch telekom und post auch streikt - wir bekommen den schulterschluss nicht hin: heute war einer von verdi auf unserer vollversammlung in der uni und grüsst uns, macht aber keinerlei vorschläge oder angebote zur unterstützung/zusammenarbeit bzw. benennt eigentlich mal, gegen wen der kampf eigentlich geführt wird. na ja: was nicht ist, das kann noch werden, wir können uns ganz schnell vermehren!

Tja

Achtung Satire 11.06.2002 - 23:00
hätten nicht einige hundert Chaoten sinnlos randaliert, würden
die Medien nicht nur über Gewalt sondern auch inhaltlich über die Demo berichten. Ihr Chaoten macht jede Aussenwirkung in die Gesellschaft hinein kaputt! --------
Na ja, nach Genua, Göteborg, Gorleben, dem 1. Mai, etc. wurde dieser Punkt schon oft genug angesprochen. Schmeisst
die Chaoten aus euren Demos, dann berichtet die Presse auch
über eure Forderungen, und transportiert eure Gesellschaftskritik!---

Satire?

Reflex-Atomat 11.06.2002 - 23:08
Wir haben in Nizza viel mehr Glück gehabt - es hat ordentlich gerummst, aber die Medien haben trotzdem nicht berichtet. Dasselbe ist uns vor ein paar Wochen in Barcelona passiert. Langsam glaube ich, die Medien verbreiten nur Informationen über Widerstand, wenn es den Herrschenden nutzt. Bisher dachte ich immer, wir können doch nur davon profitieren, wenn die Medien berichten, was für Kinderfresser wir sind. Hmmm., denken ist manchmal gar nicht so einfach für mich.
Vielleicht sollten wir doch mehr darauf achten, selbst die Menschen zu erreichen. Oder ist das jerzt zu sehr Hippie-mässig? Hmm.

taz dazu

13.06.2002 - 14:52
"Total überreagiert"
Am Tag nach der großen Bildungsdemo: Zeuginnen sind entsetzt über Polizeieinsatz gegen 15-Jährigen und berichten von Drohungen der Beamten
Einen Tag nach der großen Bildungsdemonstration haben sich gestern zahlreiche Zeugen gemeldet, die beobachtet haben, wie Polizisten einen 15-jährigen Jungen zu Boden warfen und verhafteten. Über die Darstellung der Polizei, der Junge sei betrunken, gewalttätig und nur mit vier Polizisten zu bändigen gewesen, schütteln sie den Kopf. Ebenso wie über die polizeiliche Wahrnehmung, sie selbst hätten in wilder Solidarisierung Flaschen und Farbeier geworfen und Beamte bespuckt.
Die Larsens beispielsweise, die mit der ganzen Familie auf der Demo waren, haben es eher so erlebt: "Auf der Mönckebergstraße sahen wir, dass ein Polizist und einige Jugendliche eine Diskussion hatten", erzählt Frieda Larsen (69), die für ihre 12-jährige Enkelin Nathalie demonstriert hat. Es habe wohl Streit gegeben, den die Jugendlichen aber ohne Polizei beilegen wollten. "Wir haben nicht gehört, was der Junge gesagt hat, aber plötzlich drehte der Polizist ihm den Arm auf den Rücken und drückte ihn gegen den Polizeiwagen." Als sie die Beamten aufforderte, "das Kind in Ruhe" zu lassen, habe ein anderer Polizist sie gegen den Wagen gedrückt und gesagt: "Wenn Sie noch mal gegen das Einsatzfahrzeug kommen, ziehe ich ihnen den Knüppel über den Kopf."
Derweil hätten vier bis fünf Beamte den Jungen zu Boden geworfen und ihn mit den Knien dort festgehalten. Bei dem Versuch, ihm Handschellen anzulegen, habe er sich gewehrt, sei hochgekommen, habe um sich getreten und sei wieder auf den Asphalt geworfen worden, "ein Polizist hat ihm ein Knie auf den Kopf und einen Schlagstock auf den Hals gedrückt", sagt Mutter Kristina Larsen, die von einer Polizistin fast zu Boden gerissen wurde. Natürlich hätten viele Passanten geschrien, man solle den Jungen in Ruhe lassen. Aber Farbbeutel geschmissen und gespuckt? "Schwachsinn." Nathalie Larsen ist ratlos: "In der Schule lernen wir, dass die Polizei unser Freund ist."
Auch die Studentin Franziska Weber wurde Zeugin der ihrer Meinung nach "völlig überzogenen Reaktion der Polizisten". "Der hat doch nichts getan, habe ich gerufen und wurde weggebufft", erzählt sie. Sie solle froh sein, habe ein Polizist sie beschieden, das seien doch die Jugendlichen, die sonst ihr Handy klauten. Als die Studentin ihren Unglauben darüber ausdrückte, "dass Sie einen Minderjährigen abtransportieren", habe ein Polizist ihr Luftküsse zugeworfen.
Die Lehrerin Eva-Maria Schulte war mit ihrer Klasse auf dem Weg zum Bahnhof, als ihr zwei Jugendliche entgegenkamen. "Helfen Sie uns, die haben unseren Freund mitgenommen", hätten sie gerufen und ihr eine Geschichte erzählt, die sich mit der der anderen Zeugen decke.
Der GAL-Abgeordnete Manfred Mahr hat zu den Vorgängen eine kleine Anfrage stellt. san