Globalisierung - von 1947 bis GATS

slh-tijo 22.02.2002 20:21 Themen: Globalisierung
zusammenhängender text mit übersicht über verschiedene aspekte der GATT/WTO politik, und enstehungsgeschichte der GATT und schließlich WTO. ist von mir als beitrag in einem forum gepostet worden, war mir etwas schde zum vergammeln im archiv. konstruktive kritik wäre super.
transnationale konzerne sind konzerne, die auf der ganzen welt handeln. sie haben in einem land ihren "stammsitz", handeln, produzieren und verkaufen aber überall. damit unterstehen sie jedoch kaum der kontrolle lokaler regierungen.
die zahl der transnationalen konzerne ist von 1970 bis heute von 7000 auf >40.000 gestiegen. über 90% dieser firmen haben ihren stammsitz in den nördlichen industrieländern. mehr als die hälfte in den 5 ländern USA Japan, Deutschland, Frankreich, Holland.
doch auch diese 40.000 konzerne sind dominiert von wenigen großen. ein viertel des aktiven betriebsvermögens in der hand der 300 größten unternehmen.
die konzerne haben vom kapital her die größe von staaten angenommen. die einnahmen von GM und Ford übersteigen die summe der BIPs aller west, ost und südafrikanischen staaten.
51 der 100 größten ökonomischen einheiten sind konzerne, keine staaten.
transnationale konzerne sind also sehr groß, und damit einflussreich.
sie bauen Minen und Raffinerien, die erbauen Kraftwerke, sie produzieren autos, flugzeuge, computer elekronische geräe, medikamente. ihre produkte bestimmen unser gesamtes leben. von der babyflasche bis zum altenheim.
das ist natürlich keine kritik, soll aber klarstellen, mit wem man es zu tun hat.
diese multis haben ungeheuren einfluss auf die innen und aussenpolitik vieler staaten, und lassen sich doch immer weniger von diesen kontrolieren. sie sind (selbstverständlich!?) nicht demokratisch kontroliert, sondern nur abhängig von ihren aktionären, im normalfall einigen wenigen einflussreichen. diese haben natürlich vor allem ein ziel: gewinnmaximierung (normalprinzip im kapitalismus).
1947 wurde von der UNO die ITO(international trade organisation) geschaffen. sie hatte die aufgabe den globalen handel zu fördern. sie sollte jedoch ausdrücklich gemäß ihrem mandat wichtige soziale ziele verfolgen: Vollbeschäftigung, Umweltschutz, grundlegende Menschenrecht wie von der UNO festgelegt. doch wichtige industrienationen in der UN waren von der organisation nicht gerade begeistert. so gründeten die USA 1947 das GATT(General Agreement on Tarrifs and Trade) - unnabhängig von der UNO, ohne demokratische kontrolle, ohne soziale ziele. seit 1947 gab es 8 handelsvereinbarungsrunden der größten industrienationen, darauf ausgerichtet den handel auszudehnen, und zu vereinfachen. es war der erste ansatz für "globalisierung". die ersten sechs runden beschränkten sich darauf die Tarrifs(grenzzölle) zu senken, und so konzernen einfacher zugang zu anderen märkten zu gewähren.
doch die macht der GATT wuchs, weitgehend unbeachtet und ohne wissen der Zivilgesellschaft [oder kanntest du die GATT, oder deine Mutter, dein Vater??]. die siebte runde 1979, die Tokio-Runde, fiel zusammen mit dem auftauchen großer transnationaler konzerne, und zusammen mit einem neuen wirtschaftsdenken dem "washington consensus" einem wirtschaftlichen modell das auf dem prinzip der privatisierung, des freien handels und der deregulierungen basiert. einem "optimalen kapitalismus" also. zumersten mal mischte sich die GATT in nicht zollbezogene Beschränkungen ein. in Umweltschutzgesetze, offentlich finanzierte dienste, bestimmte grundsätze und praktiken von regierungen, die den freien handel einschränken. damit erweiterte die GATT ihren einflussbereich drastisch.
die Uruguay runde 1994 führte schließlich zur gründung der WTO, die die ziele des freien handels nun nicht nur auf zölle beschränkt sondern auf allen gebieten forcieren und barrieren abbauen sollte. zum ersten mal kahm in uruguay auch der handel mit dienstleistungen auf den plan die normalerweise kein handelsgut sind. dazu gehört die wasserversorgung, soziale leistungen, gesunheitswesen, krankenhäuser, öffentliche einrichtungen, bildung, also schulen und universitäten.

Die WTO ist ein internationel organisation mit ungeheurer macht, sie ist gesetzgebend un hat juristische macht. kann gesetze abschaffen die "handelseinschränkend" sind.
die WTO behinhaltet keinerlei minimalforderungen bezüglich arbeit, menschenrechte, sozial- oder umweltstandarts. ihre einzige aufgabe ist die forcierung des handels.
in jedem einzelnen fall (mit der ausnahme, eines nahrungsmittelschutzgesetzes) hat sie alle gesetze bezüglich gesundheit, nahrungssicherheit, fairem handel oder umweltstandarts, die sie überprüft hat für "handelseinschränkend" befunden und abgeschafft.
Die WTO ist die mächtigste und geheimste gesetzgebende kraft auf erden. sie gewinnt rasend schnell an macht, und nimmt immer mehr die züge einer globalregierung an sich.
all das völlig undemokratisch, ohne parlamentarische kontrolle, ohne information der Zivilpersonen die von ihren gesetzen so beeinflusst werden.
die hauptentscheidungsgewalt innerhalb der WTO haben die EU, die USA, Japan und Kanada. Vertreten werden diese länder jedoch vor allem von idustrievertretern, keiner dieser unterliegt parlamentarischer kontrolle oder wurde gar gewählt. die usa haben als endscheidungsträger sog. "handels und beratungsgremien" eingerichtet. diese bestehen vor allem aus industrievertetern. im gremieum für energie, das in der wto sitz sitzen ausschließlich die vertreter großer öl- und gaskonzerne, darunter Texaco, Enron(nicht mehr ;) und Halliburton.

die nordamerikanische freihandelszone[NAFTA], die im gegensatz zur EU tatsächlich nur auf den handel ausgerichtet ist, und keinerlei soziale kompnente hat, zeigt welche probleme mit der ganzamerikanische freihandelszone[FTAA] und der weltweiten globalisierung verbunden sind:
die freihandelszone hat in mexico 100.000de neue jobs geschaffen, aber: 1981 lebten 49% der mexicaner unterhalb der armutsgrenze, nach wichtigen reformen und dem beitritt zur nafta waren es 1999 75% der bevölkerung.
die Zahl der mexicaner, die unter 2Dollar pro tag verdienen ist seit inkrafttreten der nafta um 4millionen gestiegen.
das ergebnis einer investitionsfreudigen industrie, ohne umweltschutzbegrenzungen ist ein anstieg der umweltverschmutzung und neue gesundehitsprobleme in den großstädten, die nun kein gesundheistsystem mehr auffangen kann, da es keins mehr gibt. innerhalb der ersten vier jahre von nafta haben 15 große hersteller von holzprodukten niederlassungen in mexico eröffnet und den größten noch intakten wald in nordamerika zu großen teilen fällen. die hunderttausenden mexicanischen arbeitsplätze sind zum großen teil in den usa weggefallen, vor allem in der textil und elektronik branche.
mit dem inkrafttreten der FTAA würde sich die lage sogar verschärfen, nun soll zum ersten mal der freihandel auch auf öffentliche und soziale bereiche ausgedehnt werden. in bereichen wie Gesundheitswesen, Bildungs und Sozialsystem, der Kulturpolitik und dem umweltschutz sollen dann komerzielle unternehmen mit den regierungsorganisationen konkurieren dürfen, bzgw. sollen diese dinge privatisiert werden.
und auch global soll es bald noch weiterreichendere vollmachten für firmen geben mit in krafttreten des GATS, dem abkommen über den handel mit dienstleistungen, sollen staaten dazu gezwungen werden können unternehmen freien zugang zu allen dienstleistungen zu gewährleisten. das heisst: bildung und gesundheitswesen, strassenverkehr und sozialsysteme, wasserversorung und öffentliche einrichtungen, alles das soll die privatwirtschaft übernehmen dürfen.
mit ungeahnten folgen: kein konzern baut schulen aus sozialen gründen, sie wollen verdienen, also wird bildung an allen besseren schulen etwas kosten müssen.
angefangen hat das schon jetzt mit der wasserversorgung. einige länder und gemeinden (auch in de) haben ihre wasserversorgung "aus kostengründen" privatisiert. doch keiner der großen konzerne (u.a. Vivendi) betreibt die städtischen wasserwerke ohne eigennutz. die folge, auch in den deutsche gemeinden war, nach wenigen monaten massiv gestiegene wasserpreise, oft vervierfachten sie sich, oder stiegen noch mehr, bei gleichzeitig schlechterer versorgung. [berichte darüber gibt es auch aus deutsche gemeinden, war teilw. im fehrnsehen zu sehen evtl. auch irgendwo online, wer suchet der findet..].
solche abkommen, zumal festgelegt und bestimmt ganz ohne das einverständniss der bürger, vorgeschlagen und festgesetzt allein von unternehmen, durchgeführt im geheimen, ohne anteilnahme der öffentlichkeit, ist das ende der sozialen marktwirtschaft, ist das ende der demokratie.

doch die weitaus größten probleme ergeben sich nicht für uns, sondern für die drittwelt länder.
der IWF hat seit den 80ern "strukturanpassungsprogramme" in über 70 staaten verordnet.
staatliche unternehmen mussten privatisiert werden, oder umstrukturiert, ausgaben für bildung, gesundheit, soziales wurden drastisch gekürzt oder gestrichen.
das hat in 36 afrikanischen ländern in denen die strukturprogramme durchgeführt wurden dazu geführt, das der binnenmarkt weiter an bedeutung verliert. die anzahl der menschen, die in absoluter armut leben ist in den gebieten der strukturprogramme, in osteuropa, ind südasien, in latein-amerika, in der karibik, und in afrika südlich der sahara, erheblich gestiegen.
die maßnahmen geschahen gegen den willen der bevölkerung, in vielen staaten kahm zu heftigen protesten, teilw. ausschreitungen.
nach berechnungen des us-finanzministeriums erhalten US-konzerne für jeden dollar, den die USA an Entwicklungsbanken zahlt Aufträge in mehr als der doppelten höhe von ebend diesen Banken. es ist also vor allem ein großes subentionsgeschäft.
dazu kommt, das selbst nach eigenen maßstäben, also ohne besonderen umwelt, sozial und gesundheitsvorschriften ca. 75% der Weltbankprojekte als nicht erfolgreich gelten.
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Ergänzungen

Info

Bodo 23.02.2002 - 18:51
Liebe Leute, sehr gute Informationen zur Entwicklung des Gats im Kontext der Herausbildung einer neoliberalen Entwicklungsweise des Kapitalismus befinden sich auf der Homepage der "Unabhaengigen Linken" (Hochschulgruppe an der FU Berlin). Ein längerer Text von Mario Candeias, basierend auf einem Beitrag zum Historisch Kritischen Wörterbuch der Marxismus (HKWM).
ciao

Das Zinssystem ist unser Untergang

Gabriela 26.03.2003 - 13:10
Ich glaube, gegen diese Entwicklung ist kaum was zu machen. Wenn nicht das Zinssystem überall auf der Welt abschaffen wird, ist gegen eine Abwärtsentwicklung der Gesellschaft kaum was auszurichten. Dazu gibt es interessante Lektüre wie "Geldcrash-So retten sie Ihr Vermögen". Das Zinssystem, wo Anleger bis zu 10 % pro Jahr bekommen, muss irgendwann zusammenbrechen, weil es ein Schnellballprinzip ist. Angenommen, Jemand erhält 7% Zinsen pro Jahr auf sein angelegtes Geld, dann hat sich ein sein Vermögen in 10-12 Jahren verdoppelt. Nun bekommt er auf das doppelte Vermögen seine Zinsen und in über 20 Jahren ist sein Vermögen auf das Vierfache angewachsen, und so weiter... Irgendwann fängt der Zinseszins an zu explodieren. Da wo jemand aber Geld verleiht (halt das angelegte Geld), muss ein Anderer wieder Schulden machen(Schulden von Privathaushalten, Firmen und Staaten) sonst geht diese Rechnung nicht auf. Das Zinssystem in der heutigen Form läßt sich nur für ungefähr 2 Generationen aufrecht erhalten, dann hat sich durch Zinseszins soviel Geld in wenige Hände konzentriert, dass fast alles zusammenbrechen muss, oft verbunden mit Krieg. Beispielsweise, musste 1950 nicht einmal 1% des Bundeshaushaltes für den Schuldendienst aufgewandt werden, sind es heute schon 30%. In einer UNO-Studie wurde 1996 bekannt gegeben, dass weltweit die 358 reichsten Milliardäre fast die Hälfte des Welteinkommens besitzen. Würde man statt des Einkommens das Vermögen berücksichtigen, wäre der Gegensatz noch viel größer.