Plan Condor 2

francophone 20.02.2002 21:31 Themen: Weltweit
Interview mit einem Rechtsanwalt aus Paraguay, der Archive zum Plan Cóndor eingesehen hat und sich zur Reaktivierung dieses Plans gegen die sued-amerikanischen "Globalisierungsgegner" aueszert. Dieser Anwalt hat auch am WSF in Porto Alegre teilgenommen.
Quelle: El Otro Paìs, 8. April 2000

Und: Ein Artikel zur internen Aktivitaet der Armee
Quelle: Jornal do Brasil, 19. Januar 2002

(Uebersetzung: Basistext von "Hot Red", 20.02.02, IMC Frankreich, dort ist auch das spanische Original zu sehen,  http://france.indymedia.org/front.php3?article_id=11054&group=webcast)
Otro Paìs war bei der Pressekonferenz vom 11. Januar 2000 des Martìn Almada, Rechtsanwalt und Professor, im Gebaeude der Unión Cìvica Radical von Ituzaingó. Der Senator Leopoldo Moreau war ebenfalls anwesend.


Wann wurde die Operation "Cóndor 2" begonnen?

Wir haben in der Zeit der Diktaturen in Lateinamerika die Operation "Cóndor 1" erlebt, und mensch kann sich an drei Fingern abzaehlen, dass ihre Funktion noch heute in der Demokratie, wenn auch subtiler, weiter verfolgt wird.
Eines Tages bin ich auf ein Dokument gestossen, das ein paraguayanischer Oberst an einen ecuadorianischen geschickt hatte, ein Fax in dem er schrieb: "ich sende dir, worum du mich gebeten hattest, eine Liste paraguayanischer Subversiver, damit du sie mit auf die latein-amerikanische Liste setzen kannst". Das war am 10. Juli 1997.
Mit diesem Dokument ausgeruestet, wandten wir uns an die Justiz und verlangten, dass der paraguayanische Militaer diese Liste Menschenrechtsorganisationen uebermittle und ihnen erklaere, wer diese "Subversiven" sind. Der paraguayanische Oberst Francisco Ramón Ledesma erschien zu der Anhoerung mit drei Anwaelten. Und mitten in der Anhoerunng machte ich einen Fehler. Als der Richter mir das Wort erteilte haette ich sagen muessen "dass sich nun die Verteidigung aeuszert", mir rutschte aber heraus "dass [parle le criminel]". Das verbreitete eine kalte Freude im Saal. Einer der drei Anwaelte forderte meinen Ausschluss.
Den Oberst hatte Angst ergriffen und er begann zu reden. Vor dem Vorfall schien er sich auf einen vorbereiteten Diskurs gefasst gemacht zu haben, aber der psychologische Druck machte ihn sein Szenario vergessen. Er berichtete, dass sich bereits im November 1995 latein-amerikanische Militaers mit Pinochet und Menem in Argentinien getroffen hatten. Er nannte auch Namen paraguayanischer Militaers, die an diesem Treffen teilgenommen hatten.

Hat es noch andere solcher Treffen gegeben?

Ja, im November 1997 traf der General Pinochet latein-amerikanische Militaers in Quito (Ecuador). Und wir haben auch herausgefunden, dass sie fuer November 1999 ein Treffen in Bolivien, mit Banzer, vorbereiteten. Also haben "Menschenrechte Argenitien" und "Menschenrechte Paraguay" von der bolivianischen Regierung verlangt, dass bei diesem Militaertreffen Menschenrechtsorganisationen anwesend seien. Banzer verweigerte uns das. Aber Argenitien und Paraguay haben die Berichte an "Menschenrechte Bolivien" uebermittelt, die nun eine Demonstration vor dem Gebaeude in dem das Treffen stattfand organisierten. Das aber ist nicht alles. Die Situation in Paraguay ist auszerordentlich schlimm. Man bereitet hier zur Zeit die Fusion der Geheimdienste, der Armee und der Polizei vor und die wichtigsten Berater sind ehemalige Agenten der chilenischen DINA. Wir machten dem Parlament, der nationalen und internationalen Oeffentlichkeit bekannt, dass der "Cóndor" immer noch fliegt und dass Spione Pinochets heute Berater der demokratischen paraguayanischen Regierung sind, was furchtbar ist.

Wie steht es um die Moeglichkeiten, Untersuchungen anzustellen und die verantwortlichen Militaers zu inhaftieren?

Es gibt weder Anklagen noch Verhaftungen. Wir haben weiter gemacht wie in einem Traum: wir verlangten vom paraguayanischen Richter, dass er von der CIA und vom Pentagon die Namen der paraguayanischen Militaers anfordere, die in den USA in der "Schule der Amerikas" ausgebildet worden waren. Das war also ein Ersuchen der paraguayanischen Justiz an die US-amerikanische. Die Liste der Namen haben wir bereits, doch wir wollen ihr einen offiziellen Charakter geben. Wir wollen beweisen, dass das paraguayanische Militaer nicht unabhaengig ist und US-amerikanischen Weisungen folgt. Die Verantwortlichen sind in den USA.
Es ist kein Prozesz im Gange. Die Gefahr liegt nicht allein in Paraguay: das ist ein Problem, das ganz Lateinamerika angeht. Ungluecklicherweise hat die Presse dabei zuviel zu Pinochet und seiner Vergangenheit geschrieben. Das Problem aber ist, dass in der Demokratie noch immer militaerische Spionagenetze aktiv sind.
Wir wissen sehr wohl, wer die paraguayanischen "Subversiven" sind: Obdachlose, Landlose, Marginalisierte, Menschenrechtsorganisationen und v. a. Journalisten.

Sie sagten, Ex-Praesident Carlos Menem habe an den Treffen der Militaers teilgenommen. Koennen Sie das genauer ausfuehren?

Die Praesidenten sind Oberkommandierende der Streitkraefte und kraft dieses Titels sind alle Militaeraktivitaeten von ihnen autorisiert. Die Frage ist nicht, ob Menem dort war oder nicht, sondern ob in Gegenwart eines Praesidenten einer Demokratie die interne Spionage besprochen wurde. Menem wuszte um die Vorgaenge bei diesem Treffen und es lag in seiner Verantwortung, dass die argentinischen Gesetze eingehalten werden, die interne Spionage verbieten. Er hat es nicht getan, und ist somit Komplize des "Plan Cóndor".

Wie ist der "Plan Cóndor 2" entstanden?

Um dem Plan "Cóndor 2" zu verstehen, musz mensch den "Vor-Cóndor" gut verstanden haben, um die aktuelle Situation gut zu verstehen, musz mensch auf die Vergangenheit zurueckkommen. Nach dem Triumph der Kubanischen Revolution initiierten das Pentagon und die CIA in Panamá ein Treffen latein-amerikanischer Militaers. Sie trafen im Rahmen des Kalten Krieges die Entscheidung, jedwede demokratische, fortschrittliche Aktion zu neutralisieren. Man schuf also die Konferenz Amerikanischer Armeen (KAA). Sie entschieden, dass die Treffen alle zwei Jahre stattfinden sollten, dass man dort Informationen austauschen sollte und dass man fuer den "anti-subversiven Kampf" in Panamá Militaers ausbilden wolle. Die USA engagierten sich in Form technischer und finanzieller Unterstuetzung.
Das funktionierte so zwischen 1960 und 1973. Dann sagte Pinochet "Das reicht, all das ist nichts weiter als eine stille Uebereinkunft zwischen Gentlemen. Die Linke schreitet voran und macht sich ueber uns lustig: es muessen Koepfe rollen." Pinochet verfolgte also eine andere Linie und ordnete seine Politik, jeden Inhalt seiner Maxime unter: "Alles fuer die Freunde, Kugeln fuer die Feinde und das Gesetz fuer alle anderen." Und Stroessner setzte diese furchtbare Weisung strikt um. Pinochet mchte sich den "Cóndor" zu eigen, aber mehrere Laender demokratisierten sich und man kam also auf die KAA zurueck. Daher treffen sich diese Leute noch heute und werden sich weiterhin treffen. Die Zeit hat sich geaendert: der Kalte Krieg ist zu Ende gegangen und fuer die Militaers ist es unmoeglich, Einheiten ohne konkretes Ziel aufrecht zu erhalten. Der "Cóndor 2" ist also auch eine exzellente Arbeitsbeschaffungsmasznahme fuer den "arbeitslosen" Sektor der Streitkraefte.

Warum entwarf man "Cóndor 2"?

Wir denken, dass "Cóndor 2" jeder Bewegung gegen die Globalisierung entgegnen soll. Alle, die gegen Weltbank und IWF sind, sind "Subversive" und von neuem muessen Koepfe rollen. Ich bin hier, um Ihnen alles zu sagen was ich denke und vermute, und um selbst zu erfahren, was Sie von dieser Situation halten. Ich will es wiederholen: die entdeckten Dokumente belegen, dass waehrend dieses Treffens amerikanischer Armeen den Teilnehmern befohlen wurde, Informationen ueber die neuen Subversiven Lateinamerikas zu sammeln. Allein Argentinien ist, dank der neuerlichen Wahlen, in der Lage, der internationalen Gemeinschaft Erklaerungen zu bieten.

Sie haben die Ministerin Fernández Meijide und andere Persoenlichkeiten der neuen argentinischen Regierung getroffen. Was haben Sie von ihnen verlangt?

Ich verlangte von der neuen argentinischen Regierung Solidaritaet, in concreto dass sie die Faelle der paraguayanischen "Verschwundenen" in Argentinien untersucht. Und dass die Verantwortlichen verhaftet und verurteilt wuerden.

Mueszte mensch nicht eine andere Globalisierung anstreben? Eine Globalisierung der Marginalisierten, eine der Kaempfenden, eine jener, die Gerechtigkeit wollen?

Der Gedanke ist interessant. Pinochet, Videla, Stroessner haben den Terrorismus des Staates globalisiert. Danke an den Richter Garzón, der die Justiz globalisiert. Natuerlich muessen wir den Kampf, den der Gewerkschaften, der Basisgruppen und der Viertel, globalisieren und wir brauchen eine bessere Kommunikation untereinander. Die Frage ist, zu wissen wie wir selbst globalisieren koennen und wie wir diesen Prozesz effektiv gestalten koennen. Das Problem ist schwerwiegend: wenn wir nichts tun, werden sie sich nicht damit begnuegen, uns noch aermer zu machen, sondern sie werden uns [offen] unterdruecken, uns liquidieren, so wie man gestern die Bauern in Paraguay und die Landlosen in Brasilien ermordete. Ich weisz nicht, ob sich das bereits hier abspielt, aber es konnte passieren: die Politik der Unterdruecker verlangt es.
Teilen und zusammen handeln, das sind ist meine Motivation und ich danke Ihnen, mir Gelegenheit gegeben zu haben, mich zu aeuszern.


Diese Interview fand zu dem Zeitpunkt statt, da bekannt wurde, dass Jack Straw, der britische Innenminister, Pinochet aus "humaitaeren Gruenden" frei lassen werde. In Argentinien spricht mensch von Kindesentfuehrungen durch das Militaer und der gesellschaftliche Aufstieg in die illegale Repression verwickelter Militaers ist ungebrochen. Der Senat schmaelert mit einer gewissen Leichtigkeit die Anklagen. Leopoldo Moreau, ein zur Pressekonferenz von Martìn Almada geladener Senator, hat im Senat fuer Befoerderung [Versetzung?] der entsprechenden Militaers gestimmt!
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Ergänzungen