Bericht aus den Straßen von Buenos Aires

Mensch aus HH 21.12.2001 16:11 Themen: Globalisierung
Übersetzung des Titelberichtes aus Indymedia Argentina über die Aufstände in Argentinien
Hier die Übersetzung des Titelberichtes aus Indymedia Argentina über die Aufstände in Argentinien:

"Der Tag, an dem wir einen Präsidenten gestürzt haben"
Zusammenfassung der Vorkommnisse von heute. Teil uns mit, wie du es erlebt hast!

20. Dezember: Bericht aus den Straßen von Buenos Aires. Die Nacht hat jetzt alles umfasst und die Schreie und Schüsse, die hin und wieder vom Wind her rüber getragen werden, erlöschen mit jedem Tropfen Regen. Der heutige Tag wird in die Geschichte eingehen als der Tag, an dem die argentinischen Massen zum ersten Mal einen Präsidenten gestürzt haben, der an den Urnen gewählt worden war. Was aus einer Welle von Plünderungen aus Hunger begann, verwandelte sich nach Verhängung des Ausnahmezustandes in einen spontanen Aufstand der Mittelklasse sowie breiter Teile der Arbeiterschaft und führte zum Sturz der Regierung. Nach den letzten Berichten, kam es während des gesamten heutigen Tages zu Zusammenstößen im Zentrum der Hauptstadt (Anmerkung: Buenos Aires), in Mar del Plata, Córdoba, Río Negro, Neuquén, Chubut und Mendoza.
Nach der Mittagszeit versuchte ein Demonstrationszug, der von den "Müttern der Plaza de Mayo" angeführt wurde, auf einen Platz zu gelangen, um dessen Besetzung von spontan versammelten DemonstrantInnen mit der Polizei gekämpft wurde. Trotz der Repression, der eingesetzten Gummigeschosse, der Wasserwerfer und der berittenen Polizeikräfte kamen Hunderte von Personen hinzu, um sich den Protesten anzuschließen. Aus den Gebäuden wurden alle möglichen Gegenstände gegen die Polizei geworfen. Die DemonstrantInnen drangen vor, warfen Steine und zogen sich zurück, um sich neu zu sammeln.
In den Fluren der Macht wurde diskutiert, dass De la Rúa kurz vor dem Rücktritt stünde, aber die Polizei setzte die Repression mit aller Härte fort. Es wurde seitens der Regierung diskutiert, dass eine gemeinsame Regierung mit den Peronisten (Anmerkung: Konservative) gebildet werden sollte. Aber niemand wollte etwas davon wissen.
Wir waren Tausende und jetzt bewegten wir uns in Richtung des Obelisken (Anmerkung: Wahrzeichen von Buenos Aires). Wieder griffen wir an, drangen vor und zogen uns vor der berittenen Polizei zurück. Hunderte von Jugendlichen in der ersten Reihe boten dem Tränengas und den Gummigeschossen die Stirn. Die einzelnen Vorstöße waren nur so kurz wie notwendig, um sich wieder sammeln zu können.
Die Feuer hielten die Gase des Tränengases ein wenig zurück und die Geschäfte an den Straßenseiten - zumeist Großunternehmen - gingen ihrer Möbel verlustig, um die Straße am Brennen zu halten.
Zu diesem Zeitpunkt hatte es 5 Tote gegeben, alle durch Kugeln verletzt, ermordet durch die Repression. Man erlebte dramatische Szenen als die Krankenwagen die Körper wegbrachten. Die Wut wird noch größer und die Empörung macht uns wahnsinnig. Niemand wird sie vergessen und niemand wird zulassen, dass ihr Tod umsonst war. Einige weinen, aber es kommen immer mehr Leute und der Kampf geht weiter. Wir dringen vor, ziehen uns zurück und organisieren uns. Es werden an vielen Straßenecken Barrikaden errichtet, um das Durchkommen der Polizei zu verhindern. Wir bewegen uns durch einige Nebenstraßen, aber wir kehren schnell auf die Straße Diagonal Norte zurück. Die Polizei greift zeitweilig an, auf Motorrädern und zu Pferd. Jetzt sind wir am Obelisken angekommen und die Schlacht geht dort weiter.
Hier sind wir, Tränengas schluckend, wir schreien, dass wir nicht gehen werden und dass wir wollen, dass De La Rúa geht. Jemand hat den Geistesblitz, zu singen: "Die Kinder des Corbobesischen Aufstandes"! Und hier sind wir, wir sind weiterhin Tausende. Die Gesichter werden mit T-Shirts bedeckt, um das Tränengas abzuhalten und jeder bietet dir eine Zitrone und einen Schluck Wasser an. Die Polizei stellt sich vor uns auf. Wenn die Leute vordringen, ziehen sich die Polizisten zurück und geben sich Deckung mit Tränengas. Von den Reisebüros, von MacDonald´s und von einem Elektronikgeschäft bleibt nichts übrig. Später brennt OCA (Anmerkung: Privater Postdienst) und alle deuten dorthin, damit wir ein Foto machen und sagen: "Schreibt, dass wir dies Yabrán widmen (Anmerkung: Unternehmer aus einer Multimillionärsfamilie, der Eigentümer der OCA), damit er es im Fernsehen sehen kann". Es gibt immer noch Zeit, um Witze zu machen.
Später, zwischen Tränengas und Barrikaden, erreicht uns die Nachricht: De La Rúa ist gefallen! Die Freude explodiert, die Menschen springen und singen. Einige umarmen sich, aber die Polizei ist immer noch vor uns und jemand berichtet, dass immer noch eine Gruppe von 300 DemonstranInnen auf der Plaza de Mayo eingekesselt ist. Sie sind dort, sitzen auf dem Boden und singen die Hymne. Die Leute fahren fort vorzudringen und - wie bereits den ganzen Tag über - tauchen wieder "Berittene&" auf, dieses Mal aber unsere: Dutzende von Briefträgern auf Motorrädern und Fahrrädern drängen unter Motorenlärm auf die Polizisten zu. Einige tragen argentinische Flaggen mit sich. Wir wissen nicht warum, aber als wir sie kommen hören, drängen auch wir weiter vor. Die Organisation ist jetzt ein bisschen besser. Die Polizei schießt; alle werfen sich auf den Boden und einige dringen weiter vor, um es ihnen zurückzuzahlen.
Es kommt eine Polizeipatrouille durch die Straße 9 de Julio. Wir widersetzen uns. Wir ziehen uns ein bisschen zurück. Wie bereits den ganzen Tag über, gibt niemand ihnen Anweisungen, aber die Leute dringen 2 Mal weiter vor und beginnen durch die Straße Corrientes auf das Parlamentsgebäude zuzulaufen.
Wir laufen weiter und an einigen Straßenecken sind einige Bäume gefällt worden, um den Verkehr aufzuhalten, von ihnen sind nur die Samen übrig geblieben.
Die Szene, dass die Menschen von den Balkonen aus applaudieren, wiederholt sich immer wieder. Wir fahren fort, und in der Nähe des Parlamentsgebäudes sehen wir Barrikaden und Menschen in den Straßen. Das Trommeln auf Kochtöpfen (cacerolazo) dehnt sich in den Straßen der Stadt aus. Wir sind einen weiteren Schritt in dem verzwickten Labyrinth der Geschichte gegangen."

Anmerkung: Die Zahl der Toten hat sich bis heute auf 26 erhöht. Heute gegen 11 Uhr argentinischer Zeit wird vermutlich eine noch konservativere Regierung (Peronisten) bestimmt werden, die die Forderungen des IWF durchsetzen will. Die Plünderungen und Ausschreitungen halten an.
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Ergänzungen

ah......

stoked 21.12.2001 - 19:29
krass

Wo bleiben Soliaktionen?

said 21.12.2001 - 19:48
Bei Genua hat es doch auch funktioniert. Die deutsche Linke ist einfach viel zu unflexibel. Smash Capitalism!

Demo

Tschiri 21.12.2001 - 20:17
DEMO!

Los alle auf die Straße!
Mailt an die AAB streßt sie solange bis ´ne Demo auf die Beine gestellt wurde.
Soliaktion für die Argentinische Bevölkerung!
Laßt uns alle auf die Straße gehen auch die anderen Anti-Globalisierungsorganisationen, denn die Krise dort ist ja auf nichts anderes zurückzuführen als auf die dämliche iwf-politik.

FIGHT FIGHT FIGHT!

Peronisten sind aber scheisse

BB 21.12.2001 - 23:40
eine neue regierung wird es wahrscheinlich auch nicht besser machen. KEINE MACHT FÜR NIEMAND !

Argentina and the IMF

onReact 21.12.2001 - 23:46
story von:
 http://www.alternet.org/story.html?StoryID=11416


Argentina and the IMF
Institute for Public Accuracy
August 29, 2001

Last week, the International Monetary Fund and Argentina´s government agreed to another loan package of $8 billion and further austerity programs. The Institute for Policy Studies asked the following policy critics to weigh in on the decision.


BEVERLY KEENE is the coordinator of Dialogue 2000, a coalition representing human rights and other groups in Argentina.


Keene said: "This new agreement with the IMF brings no resolution to growing unemployment and poverty. In fact, it will only make things worse since these loans are conditional on implementing more of the policies that have impaired the economy and taken an enormous human toll due to the cuts in health and social services ... Argentina will pay some $30 billion in interest and foreign debt service this year, more than half the national budget and many times over what it will spend on education and healthcare. This debt itself is fundamentally illegitimate, in part because it largely originated in loans taken out by a military junta responsible for the torture and disappearance of more than 30,000 Argentinians during the so-called ´dirty war´ during the 1970s and ´80s. The governments, bankers and corporations of the rich north are continuing to oppress us by forcing us to pay them back for their loaning money to the murderous junta."


MARK WEISBROT is co-director of the Center for Economic and Policy Research, a Washington D.C.-based think tank.


Weisbrot said today: "Argentina has borrowed more than $40 billion at high interest rates to defend its overvalued currency. That would be the equivalent of our government borrowing $1.4 trillion -- 70 percent of our federal budget -- to defend our own overvalued dollar. For 20 years now, Latin America has followed Washington´s advice and slashed tariffs, swallowed IMF austerity plans and sold off tens of billions of dollars of state assets to foreigners. This has brought a lot of pain, but no gain. Over the last 20 years, income per person in Latin America grew by a mere 7 percent, compared to 75 percent for the two decades before that (1960-1980), when governments exercised more control over their economic policies."


GREG PALAST is an economist and author of "Democratic Regulation." Palast writes the column "Inside Corporate America" for Britain´s Guardian newspapers.


He said: "Last September, while Argentina was already on the cliff-edge of a deep recession, the IMF required Argentina to cut the budget deficit from $5.3 billion to $4.1 billion and asked for ´a 12-15 percent cut in salaries´ of civil servants. The economists at the IMF surely know that holding back government spending and snuffing out purchasing power in a contracting economy would be like turning off the engines on an airplane in stall. The payoff for these delusional and cruel policies was a $26 billion emergency loan package. However, the IMF also forced Argentina to ´peg´ its currency to the dollar, which meant that Argentina was at the mercy of banks and speculators and ended up paying a whopping 16 percent risk premium above normal in return for the dollars needed for this scheme. Argentina´s people don´t net one penny. Little of the bailout money escapes New York, where it lingers to pay interest to U.S. creditors, like Citibank. What´s more, the peg causes the peso to remain overvalued, making it very hard for Argentina to export its way out of recession. This disaster was created by IMF policies which transformed a mild recession into a depression and international crisis."



onReact

Ja, da hast du recht...

Mensch aus HH 21.12.2001 - 23:48
die Peronisten werden es eher noch schlechter machen. Abgesehen davon, dass sie das Land im letzten Jahrzehnt erst in diese Situation gebracht haben, da sie jeder "Sparauflage" des IWF bereitwillig gefolgt sind, haben sie schon heute angekündigt, dass die neue peronistische Regierung, die höchstwahrscheinlich morgen gewählt werden wird, allen Forderungen des IWF nachkommen, insbesondere die am 17.1.2002 fälligen Zahlungen leisten wird, was weitere Einsparungen im Sozialbereich und bei den Gehältern der Staatsbediensteten bedeutet und zu extremer Repression gegenüber etwaigen weiteren Protesten führen wird.

Na und

die keine haben 22.12.2001 - 00:03
Also so wie ich das mitbekomme, ist das vor allem die
Mittelschicht, die in Argentinien auf die Straße geht,
und Argentinien ist ein Land, dem es trotz Rezession immer
noch am besten geht in Südamerika, und wohin viele Leute
aus anderen lateinamerikanischen Ländern emigrieren, um
dort von einer rassistischen Mittelschicht als Menschen
zweiter Klasse behandelt zu werden. Also, warum schreit ihr
nicht nach Soliaktionen bei anderen Ländern, die im täglichen Existenzkampf nicht einmal die Zeit dafür haben
auf die Straße zu gehen, und die die Maßnahmen des IWF
viel stärker treffen, als dies in Argentinien der Fall ist.

Ich fordere euch dazu auf, nicht immer den bürgerlichen
Medien zu folgen und das zu thematisieren, was gerade
"in" ist.

Den Leuten eine Stimme geben

echt krass

Hans Olo 22.12.2001 - 03:22
Kann mir richtig vorstellen was passiert, wenn die das militärisch nicht in den Griff bekommen. Die Amies werden einfach ein Massaker machen oder machen lassen. Wir sollten uns überlegen, wie wir die unterstützen können. Auch wenns Mittelschichtler sind (wie ich es einer bin).

Tschiri 22.12.2001 - 03:52
Hey klar die Leute aus der Mittelschicht protestieren gerade und deswegen soll uns alles egal sein. Es ist doch egal wo die Leute herkommen. Sie haben aus Hunger die Supermärkte geplündert. Mittelschichtler und Arbeiter also genau die 40% des Landes welche unter der Armutsgrenze leben. Ich weiß nicht wie gut es dir geht bzw. ob du arbeit hast oder arbeitslos bist ob es dir einigermaßen gut geht oder nicht, jedoch bestimmt geht es dir 100mal besser als den Leuten in Argentinien. Das Argentinien trotzdem eines der reichsten Länder Südamerikas ist, wirft doch eher ein katastrophales Bild auf die ungleiche verteilung von wohlstand in dieser Welt, als das wir uns mit dem Thema deswegen nicht zu beschäftigen brauchen. Fakt ist die Krise ist ein Produkt der IWF-Politik und deswegen heißt es auf die Straße gehen. Und ich SCHEIß drauf ob die nun Mittelschichtler sind oder "nur" Arbeiter, denn im Kampf um die eigene Existenz sind alle Menschen gleich.
Und wir sollten sie unterstützen in ihrem Kampf gegen die Ausbeuter-Politik der G-8!

Stimmt!

Hans Olo 22.12.2001 - 04:13
Ich glaube aber auch, daß Positionen, wie "das sind ja gar keine richtigen Proletarier" eh nur auf ein paar K-Sekten beschränkt sind. Die Dinge könen eh nicht getrennt betrachtet werden. Die Ursachen für den Scheiss in Argentinien sind dieselben, wie die für die Armut in Afrika (wobei übrigens Somalia jetzt angegriffen wird, ohne daß es jemanden stört): Der Kapitalismus.

"Mittelklasse"

Mensch aus HH 22.12.2001 - 18:58
Einer meiner Vorschreiber äußerte sich dahingehend, dass man für die Proteste in Argentinien kein Verständnis, keine Unterstützung haben könne, da es sich um einen Aufstand der "Mittelklasse" und nicht der "Arbeiterklasse" handele. Ich glaube, dass du dir falsche Vorstellungen über die "Mittelklasse" in Argentinien und anderen südamerikanischen Ländern machst. Abgesehen davon, dass große Teile der DemonstrantInnen und "Aufständischen" der vergangenen 2 Tage ArbeiterInnen und vor allem Arbeitslose (20% der ArgentinierInnen ist nach offiziellen Angaben arbeitslos, inoffiziell liegt die Zahl viel höher, da nach der Statistik als "in Arbeit" zählt, wer irgendetwas tut, z.B. auch Fensterscheiben von Autos putzen an Ampeln, wenn die Autos halten...) waren, ist die argentinische "Mittelschicht" keineswegs mit unseren Vorstellungen von "Mittelschicht" gleichzusetzen: der Mindestlohn in Argentinien (der schwarz oft noch weit unterschritten wird) beträgt 200 Dollar pro Monat, bei weit höheren Lebenskosten als in der BRD. Dies betrifft ebenso Arbeiter wie Angehörige von "Mittelstandsberufen" wie Lehrer, Staatsangestellte etc. Viele Rentner erhalten nur mickrige Renten um die 100/150 Dollar im Monat, 500.000 Menschen im Rentenalter erhalten überhaupt keine Rente. Die Staatsangestellten einiger Provinzen haben teils weit über ein halbes Jahr überhaupt kein Gehalt ausbezahlt bekommen! Das Durchschnitsseinkommen der Angestellten von Privatunternehmen beträgt 400 Dollar im Monat! Wohlgemerkt: alles bei gleichen Lebenshaltungskosten wie in der BRD! Und nun stell dir vor, du arbeitest ganz normal und erhälst einen Lohn von DM 400 (umgerechnetes Mindestgehalt), das unterschreitet bei weitem den Regelsozialhilfesatz in der BRD! Wie willst du davon leben? Viele sog. "Mittelstandangehörige" in Argentinien, die eine Hochschulausbildung haben etc. waren so in den verganenen Jahren und Monaten mit der einfachen Frage konfrontiert, will ich mir lieber eine Wohnung von meinem Gehalt leisten (die billigste 1Zimmer-Unterbrindung kostet schon zwischen 300 und 400 Dollar pro Monat) oder will ich lieber essen und obdachlos sein?! Wenn man in solchen Zeiten keine Verwandten hat, bei denen man noch mit unterkommen/essen kann, ist man schlicht gesagt verarmt. Rund 15 Millionen Argentinier (die sog. "Mittelschicht") ist in den vergangenen Monaten unter die Armutsgrenze gefallen, und wie gesagt die "Armutsgrenze" dort ist keineswegs mit der hiesigen Armutsgrenze vergleichbar. In Argentinien kann sich ein Hochschulabsolvent der sog. "Mittelschicht" freuen, wenn er ein Gehalt erzielt, dass gerade an den hiesigen Regelsozialhilfesatz heranreicht (bei gleichen Lebenshaltungskosten wie in der BRD). Ich wäre also sehr vorsichtig mit "Verurteilungen" der sog. "Mittelschicht" in Argentinien. Nach den hiesigen Lebenshatungsmaßstäben gerechnet ist diese "Mittelschicht" nämlich überhaupt nicht vorhanden.

@ Mensch aus HH

usr/bin 23.12.2001 - 07:11
Was Du meinst, würde ich nicht weiter beachten. Das ist die typische Haltung der Stalino-Fraktion. Unsere Solidarität sollte allen Menschen gelten, die unterdrückt werden. Egal, ob sie 40 oder 400,- bekommen.
Ansonsten bin ich angenehem berührt, daß Du Dir so viel Mühe mit den Fakten machst! Das ist das schöne an Indy. (Wenn mal die Trolls nicht gerade wieder verhindern, daß die Kommentare zur Informationsweitergabe genutzt werden kann.

Solidaritaet

kamisaraky 13.02.2002 - 14:10
Mittelschicht oder nicht? Solidaritaet oder nicht?
Ich darf dazu ergaenzen, dass Proteste, politische Auseinandersetzung generell und groesstenteils von der Mittelschicht ausgetragen wird.
die Oberschicht hat vestaendlicherweise wenig Interesse an Veraenderung und der Unterschicht besonders in Argentinien fehlt es meist an der noetigen Bildung. Ausserdem lebt diese eigentlich schon immer in unvorstellbarer Armut, so dass sie eigentlich auch schon immer protestieren haette koennen. Also ist sie schon ewig resigniert.
Was bleibt ist die Mittelschicht und ein Teil der gebildeten Unterschicht. Dazu gehoert uebrigens auch der kleine Anteil von Indigenen Einwohnern (Mapuche im Sueden; Guaraní im Nordosten;etc.), der schon immer seinen eigenen Kampf gefuehrt hat, wie auch in den USA. Nach einer Veranstaltung eines Argentiniers letzte Woche ist mir klar geworden, dass diese Menschen groesstenteils auch bei den Protesten vergessen werden. Das ist angreifbar.

Ich habe sehr viele Freunde in Argentinien. Sowohl in der unterschicht als auch in der unteren Mittelschicht. Ich weiss wie sie leben und vor allem wie gluecklich sie sein koennen, mit dem wenigen was sie haben. Wir haben das verlernt hier in Deutschland. Sogar in der Linken ist kaum einer Imstande abzugeben. Das wird nicht wenig sein. Die Forderung nach mehr Gerechtigkeit bedeutet fuer uns hier, sich den eigenen materiellen Ast abzusaegen. Jeder der fuer mehr Gerechtigkeit auf die Strasse geht, muss damit rechnen auf viel zu verzichten. Erst wenn wir das koennen, machen wir uns glaubwuerdig. Ich kann es wahrscheinlich auch nicht.
Aber ich will es koennen und deshalb kaempfe ich weiter.

Sicher: Solidaritaet fuer alle. Aber lass uns Argentinien als Beispiel/Anfang/Etappe nehmen.

Wer weiss was ueber Soliaktionen?