Morde bei Coca Cola

David Bacon, Übersetzung Roberto Greco 08.12.2001 01:58 Themen: Weltweit
Coca Cola Kolumbien mit Todeskommandos gegen Gewerkschafter:
Nachdem ihr Gewerkschaftsvorsitzender vor dem Eingang ihrer Arbeitsstätte ermordet wurde, haben sich Edgar Paez und seine Kollegen aus der Abfüllniederlassung von Coca Cola in Carepa, Kolumbien, über vier Jahre lang bemüht, die Täter vor Gericht zu bringen. Stattdessen aber kamen einige der Arbeiter hinter Gitter und die Mörder blieben weiter in Freiheit...

mehr Texte zum Thema gibt es u.a. bei Amnesty (Kurzinfo zur Lage der Gewerkschaften in Kolumbien), Linke Seite (Artikel über die ´Coca-Cola-Affäre´ vom Juli) oder Telepolis (aktuelles Interview mit L.J.Correa, Präsident der kolumbianischen Lebensmittelgewerkschaft Sinatrainal); weitere Links findet ihr noch am Ende des Artikels.
Morde bei Coca Cola
David Bacon/ZNet www.zmag.org/Italy

Nachdem ihr Gewerkschaftsvorsitzender vor dem Eingang ihrer Arbeitsstätte ermordet wurde, haben sich Edgar Paez und seine Kollegen aus der Abfüllniederlassung von Coca Cola in Carepa, Kolumbien, über vier Jahre lang bemüht, die Täter vor Gericht zu bringen. Stattdessen aber kamen einige der Arbeiter hinter Gitter und die Mörder blieben weiter in Freiheit. Da sie die kolumbianische Justiz für unfähig hielten, Recht zu gewährleisten, brachten sie Coca Cola in den Vereinigten Staaten vor Gericht und erhielten Beistand von einer mächtigen usamerikanischen Gewerkschaft.

In diesem Sommer haben die kolumbianische Gewerkschaft SINALTRAINAL, zusammen mit United Steel Workers of America und International Labour Rights Found, in Florida Klage gegen Coca Cola Inc., Panamerican Beverages (größte Abfüllniederlassung Lateinamerikas für analkoholische Getränke und über 60 Jahren Zusammenarbeit mit Coca Cola), sowie gegen Bebidas y Alimentos (Besitz von Richard Kirby aus Key Biscayne, Florida, der auch die Niederlassung in Carepa leitet) erhoben. Die drei Firmen werden des gemeinschaftlichen Mords an kolumbianischen Gewerkschaftsführern beschuldigt. Die Gewerkschaften erhoffen sich von dem Prozess, dass so die seit Jahrzehnten anhaltende Mordwelle an Gewerkschaftern gestoppt werden kann. Die kolumbianischen Gewerkschafter reisen deshalb auch durch die gesamte USA, um für Unterstützung ihres Prozesses und evtl. ähnliche Aktivitäten in der Zukunft zu werben.



Der Prozess in Florida geht von folgender Sachlage aus: Am 5. Dezember 1996, um 8:30 Uhr morgens, erschien eine paramilitärische Gruppe vor dem Eingang der Abfüllfabrik von Carepa. Sie ist den Vereinigten Kräften zur Selbstverteidigung (AUC) zuzurechnen. Isidro Segundo Gil, ein Gewerkschaftsführer, wollte nachschauen, was sie wollten, sie eröffneten das Feuer und ermordeten ihn. Eine Stunde später versuchten die Paramilitärs einen weiteren Gewerkschaftsführer aus seinem Haus zu entführen. Dem gelang es zu entkommen und nach Bogota zu fliehen. Noch am gleichen Abend drangen sie ins Gewerkschaftshaus ein und steckten es in Brand.Den Tag darauf, betrat eine bis an die Zähne bewaffnete Gruppe die Niederlassung und trieb die Arbeiter zusammen. "Sie sagten, wenn sie bis 4 Uhr nachmittags nicht gekündigt hätten, geschähe ihnen das gleiche wie Gil: sie würden erschossen werden." erinnert Paez.

Rafael Fernandez, Sprecher von Coca Cola, meint dazu, dass der Verhaltenskodex der Firma, Respekt vor den Menschenrechten verlange. Der Sprecher von Coca Cola Kolumbien führt dazu aus, "Die kolumbianischen Abfüller sind absolut selbständig von Coca Cola Inc." Die Niederlassung Bebida y Alimentos meint, dass sie keinerlei Möglichkeit hatte auf die Paramilitärs einzuwirken. "Nicht du bist es, der sie benützt, sie sind es die dich benützen." sagt Kirby. "Niemand kann den Paramilitärs vorschreiben, was sie zu tun haben."

Gerade aber dem Direktor dieser Niederlassung, Ariosto Milan Mosquera, wird vorgeworfen, den Auftrag gegeben zu haben, die Gewerkschaft zu zerschlagen. In der Vergangenheit arbeitete er eng mit den Paramilitärs zusammen. Paez sieht nicht nur die Leiter dieser Niederlassung als Verantwortliche des Mords, sondern auch Coca Cola, das diese Aktion zumindest absegnete. "Zum Zeitpunkt des Todes von Gil standen wir in Verhandlungen mit der Firma", berichtet er. "Danach lehnte sie es ab mit der Gewerkschaft zu verhandeln. 27 Arbeiter aus 12 Abteilungen mussten die Firma verlassen und sich nach einem neuen Job umsehen. Alle Arbeiter der Fabrik wurden unter Bedrohung ihres Lebens gezwungen die Gewerkschaft zu verlassen, die damit völlig zerschlagen war. Zwei Monate lang lagerten die Paramilitärs dann vor dem Eingang unserer Niederlassung. Coca Cola hat sich deshalb nie bei den Behörden beschwert."

Die Entlassungsschreiben und die Entschädigungsforderungen waren von der Firma vorbereitet. Die Facharbeiter, welche die Niederlassung verlassen mussten, verdient 380-400$ im Monat. Sie wurden durch neue Angestellte zu einem monatlichen Minimallohn von 130$ ersetzt. Die Untersuchungen zum Mord führte das kolumbianische Justizministerium, in deren Folge der Verwaltungsdirektor, der Produktionsleiter der Niederlassung und der örtliche Chef der Paramilitärs verhaftet wurden. Alle drei wurden aber gleich darauf wieder frei gelassen, ohne dass eine Anklage erhoben worden wäre.

Der Mord war nicht der erste und auch nicht der letzte unter den Gewerkschaftsfunktionären der Niederlassung von Coca Coca Kolumbien. Bereits 1994 wurden zwei gewerkschaftliche Aktivisten, Jose David und Louis Granado in Carepa ermordet und auch da verlangten die Paramiltärs, dass die Arbeiter die Gewerkschaft verlassen. Im Jahre 1989 wurde Jose Avelino Chicano in der Niederlassung von Pasto erschossen. In diesem Jahr ist ein Gewerkschaftsführer der Niederlassung in Bucaramanga, Oscar Dario Soto Polo, ermordet worden. Als die Gewerkschaft die Morde anzeigte, bezichtigte der Sicherheitschef der Firma, Jose Alejo Aponte, die Gewerkschaftsführer des Terrorismus. Fünf von ihnen saßen deshalb 6 Monate in Haft. Auf den Mauern der Niederlassung von Barrancabermeja erschien ein Graffiti: "Galvis raus aus Coca Cola, Unterschrift: AUC". Juan Carlos Galvis ist Vorsitzender der Gewerkschaftsvertretung dieser Niederlassung.

"Eines unserer hauptsächlichen Probleme in Kolumbien besteht in der Kriminalisierung des sozialen Protestes", klagt Paez an. Nach einem anderen kolumbianischen Gewerkschaftsfunktionär, Samuel Morales, von der Konföderation Arbeitereinheit (CUT), der größten Gewerkschaftsorganisation des Landes, sind "es in den meisten Fällen die transnationalen Corporationen, welche ganz sichtbar die Staaten regieren, in denen sie agieren. Sie in unserem Land anzuklagen ist fast schon ein Verbrechen. Sie bekommen ihre billigen Arbeitskräfte indem sie die Gewerkschaften schwächen und die älteren Arbeiter auf die Straße setzen."

Bis Oktober sind in Kolumbien in diesem Jahr 125 Gewerkschaftsführer ermordet worden. Die Mordanschläge von letztem Jahr, haben 129 Gewerkschaftern das Leben gekostet. Von 5 ermordeten Gewerkschaftern weltweit sind 3 aus Kolumbien. Die Paramilitärs zeichnen für alle diese Morde in Kolumbien verantwortlich. Robin Kirk, Verantwortlicher für Monitoring von Menschenrechtsverletzung in Kolumbien der Organisation Human Right Watch berichtet, dass starke Verbindungen zwischen AUC und kolumbianischer Armee existieren. "Kolumbianischen Militärs und Geheimdienst sind seit den 50igern virulent antikommunistisch", erklärt er. "sie betrachten Gewerkschafter als subversive Elemente, als eine potentielle und sehr gefährliche Bedrohung. "Sie glauben, dass es ein Verbrechen ist", fügt Morales hinzu, "Alternativen, Optionen sozialer Veränderung aufzuzeigen oder sich auch nur für die Rechte und Notwendigkeiten der Arbeiter einzusetzen. Die Paramilitärs agieren nicht selbständig. In Kolumbien werden sie sechste Division der Armee genannt."

Trotz dieser Welle von Mord und Gewalt ist die Hilfe aus den USA für die kolumbianischen Streitkräfte enorm gestiegen. durch den Plan Kolumbia haben sie mehr als 1 Milliarde Dollar in das Land gepumpt, vornehmlich als Militärhilfe. Paez vermerkt, dass der Kampf gegen die Drogen, den die USA finanzieren, lediglich der Vorwand darstellt, die Investoren der transnationalen Konzerne zu schützen. "Das Ziel Plan Columbia ist die Eliminierung der Bewegungen und die soziale Veränderung des Landes", sagt er, "All das schafft ein sehr günstiges Ambiente zur Ausbeutung unserer natürlichen Ressourcen und unserer Arbeitskraft."

Eines der Prozessziele gegen Coca Cola besteht darin, Druck auf die kolumbianischen und usamerikanischen Regierungen auszuüben, damit sie sich an die Konventionen der Arbeiterinternationale halten (ILO) und an die Genfer Verträge zu den Menschenrechten. Aber die kolumbianischen Gewerkschafter wollen auch sehen, dass die für die Morde Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. "Wir wollen die Maske herunterreißen, welche die Verwicklung der transnationalen Konzerne in unseren internen Konflikt verbirgt", sagt Paez, "um das zu erreichen, brauchen wir außerhalb des Landes ein Forum für Gerechtigkeit, damit in Kolumbien die Verantwortlichen für diese Verbrechen bestraft werden. In diesem Fall, ist Coca Cola einer der Verantwortlichen. Doch das ist nicht die einzige Firma, die eine Politik der Verletzung von Menschenrechten praktiziert. Wir setzen unsere globale Antwort ihren globalen Operationen gegenüber."

Übersetzt bei: Attac Italien -Granello di sabbia -Modello Azienda, Informazione 20 - Roberto Greco


Weitere Links:

-Jungle World über Plan Kolumbien: USA und kommerzielle Sicherheitsunternehmen arbeiten zusammen
-Deutsch/Engl.-sprachige Gewerkschaftsseite mit mehreren Meldungen zum Thema sowie weiteren Links
-Indymedia Colombia: über die Suchfunktion ('coca cola') kommen Nicht-Spanisch-SprecherInnen auch zu einem engl.Bericht
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Ergänzungen

Gab schon einige Texte dazu7

Surfer 08.12.2001 - 03:22
wenn ich di finde, poste ich die Kommentare dazu. Im Mehringhof war vor einem Jahr die Veranstaltung "Über den Tellerrand" gewesen. Anwesend waren einige Kolumbianer und es gab eine Staellwand zum Thema. Auch dort war zu lesen, daß Coca Cola Gewerkschafter aus dem Weg räumt. Zusammen mit dem Plan Columbia zeigt es, wie die Situation in diesem Land ist. Es ist immer wieder wichtig, dieses Thema anzusprechen.

Soviel ich weiss...

Schüler 08.12.2001 - 04:07
...gibt auch Deutschland beträchtliche Summen aus, um den Plan Columbia zu unterstützen. Zum ersten Kommentar: Auch auf Indy.de ist ne Menge gepostet worden. Einfach mal die Suchfunktion nutzen.

Danke für die Übersetzung

ein Mod 08.12.2001 - 04:46
Ich hab zweimal "Abfüllniederlage" in "Abfüllniederlassung" geändert. Ist das richtig so, Roberto?

Grazie

Roberto Greco 08.12.2001 - 06:26
Ce l´hai fatto benissimo! Auguri

Coca Cola war noch Nie Gesund!

Nina 08.12.2001 - 06:55

lest chomsky!!!

y 08.12.2001 - 11:29
weil der konkret aufdeckt wer auch konkret dahinter steckt. sei es in kolumbien oder anderswo. die usa hat ihre finger im spiel. politsch wie wirtschaftlich. politisch als wegbereiter und wirtschaftlich um dann das land auszunehmen. kommunismus gilt als virus das es auszurotten gilt.

Ich trinke seit Jahren schon keine Cola mehr

Pit 08.12.2001 - 13:26

Trinkt mehr ...

Herr Rossi 08.12.2001 - 13:47
Afri-Cola! (Die schmeckt so wie so besser.)

konsequent

dickbäuchige 08.12.2001 - 15:47
herr rossi. dann solltet ihr afri cola aber auch in der kneipe feilbieten. ick meen ja nur.

Nee abba ma im Ernst!

Nina 08.12.2001 - 19:24
Der Übermässige Zucker in der Cola macht Fett, Fett macht Bewegungsmangel, Schlecht für die Knochen, Phospor in der Cola entkalkt die Knochen, da lacht die Osteoponie, oder Rasende Osteoperose, na den Gut Schrumpf.

Africola...

Netzguerilla 11.12.2001 - 09:49
... gibt´s auch im Infoladen München. hat lange gedauert, bis wie die durchgesetzt haben ;-)


Ich denke, mensch sollte auch im Alltag auf political correctness achten! Kein Windows, Kein Coca Coke, Kein Mc Donalds, Keinen Mercedes fahren!

Nicht nur Coca mordet, es ist ganz Amerika

Pit 11.12.2001 - 10:10
schaut doch mal bei www.BBCWORLD.com rein. Das Panorama von letzter Woche zeigt die wahren Gesichter amerikas.
Es lohnt sich!!!!!!

Coca-Cola Trucker genervt

autonomat 19.12.2001 - 17:20
Hey Leute,
wenn ihr Lust auf Aktionen habt, dann macht doch einfach Flyer zu der Coca-Cola Affäre und stellt euch mit nem Transparent in eure Stadt, Coca-Cola ist gerade überall unterwegs und da hat man ein riesiges Publikum! Das haben wir gestern nämlich kurzfristig in Aurich gemacht und das war einfach nur super, einige Leute fanden das sehr gut, dass da jemand was macht, andere haben uns nur angschnautzt. Lohnt sich auf jeden Fall, Coca-Cola und die Polizei fanden das nämlich gar nicht gut, dass jemand was gegen die tolle Weihnachtsaktion macht.
Wissen ist Stärke!

Revolutionäre Praxis

luempen 31.12.2001 - 13:19
Prima kritische Perspektive. Afri- statt Coca-Cola trinken. Ist das alles was ihr zu den Vorfällen zu melden habt?
Es lebe die Revolution im Supermarkt!

Eine Reportage des D-Funks..

Fuffa 18.01.2002 - 16:35
beschäftigt sich ebenfalls mit dem Thema Kolumbien und Gewerkschaften. Der Link dazu:  http://www.dradio.de/cgi-bin/es/neu-hintergrundw/129.html

Weltweite Protestwelle gegen Coca Cola

20.06.2003 - 11:46