ETA dementiert Waffenruhe

Ralf Streck 17.02.2006 17:45 Themen: Weltweit
Mit einer Bombe gegen Firma Enrique Otaduy bei Bilbao hat die baskische Untergrundorganisation ETA eine unmittelbar bevorstehende Waffenruhe dementiert. Mehrere spanische Zeitungen hatten am Donnerstag berichtet, die Waffenruhe sei beschlossen und die offizielle Einleitung des Friedensprozesses stehe damit direkt bevor.
Ein Anrufer warnte im Namen der ETA am Donnerstagabend erneut vor einer Bombe bei der Tageszeitung Gara. Daraufhin wurde die Gegend um die Firma abgesperrt, weshalb nur Sachschaden entstand. Schon am Dienstag Nacht hatte die ETA mit einer Autobombe eine Diskothek in der Provinz Navarra zerstört, vor der sie ebenfalls frühzeitig warnte.
Die ETA erhöht offenbar den Druck auf die sozialistische spanische Regierung, dem angestrebten Friedensprozess Taten folgen zu lassen. Seit sich Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero im Mai 2005 die Erlaubnis für Verhandlungen mit der ETA geholt hat, ist nichts wirkliches passiert, obwohl die ETA den Schritt mit einer unerklärten Waffenruhe im vergangenen Sommer antwortete. Seither steigert sie die Intensität der Angriffe wieder. Dass die Regierung nun „Anklagen konstruieren“ will, um die Freilassung von ETA-Gefangenen nach der Strafverbüßung zu verhindern, trägt nicht zur Entspannung bei. Das gilt auch dafür, dass die Aktivitäten der Partei Batasuna (Einheit) erneut vorläufig verboten wurden, die den Friedensprozess mit einem Vorschlag im November 2004 angeregt hatte.
Heute (Sa.) wird es eine sehr große Demonstrationen in Bilbao geben. Eine breite Plattform, unterstützt von allen baskischen Parteien und Gewerkschaften, fordert die Einstellung der Massenprozesse nach dem Aktenzeichen 18/98. Die Verfahren begannen 1998 mit der Schließung der Tageszeitung Egin. Dauernde Anomalien in dem Prozess gegen 56 Angeklagte zeigten, dass es sich um einen politischen Prozess handele, in dem elementare Rechte missachtet würden. Das Auftauchen von 100.000 Blatt „geheimer Ermittlungsakten“, zu denen die Anwälte sich seit Dezember Schritt für Schritt den Zugang erkämpfen müssen, macht es seither unmöglich ordentlich zu verhandeln. Die zahlreichen Verbote beschnitten Grundrechte der Basken und verhinderten eine friedliche Lösung des Konflikts, argumentieren die Veranstalter.

© Ralf Streck, Donostia-San Sebastian den 17.02.2006
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Ergänzungen

Kontext

Torbs 18.02.2006 - 01:09
Die Lage in Spanien bleibt in Bezug auf die ETA unübersichtlich. Während die rechtskonservative Partido Popular (PP) zusammen mit den Opferverbänden getreu der Parole "Kein Vergeben - kein Vergessen" jegliche Verhandlungen mit der baskischen Terrororganisation ablehnt und alleine mit polizeilichen Mitteln gegen die ETA vorgehen will. Die an der Regierung befindliche Arbeiterpartei (PSOE) hingegen, spricht sich relativ offen für Verhandlungen, also Gespräche, aus, wobei sie auf einen Ausgleich zwischen Opfern und Tätern bemüht ist. Dieser Spagat ist dabei typisch für die Regeirung unter Ministerpräsident Zapatero und ob diese Strategie Ergebnisse zeitigen (und somit die baskische Frage in irgendeiner Form klärt), ist derzeit vollkommen offen. Dritter wichtiger Akteur ist die baskische Regionalregierung, die von der baskischen Nationalpartei (PNV) geführt wird. Sie verfolgen zum einen eine eigene Autonomiepolitik gegenüber der Zentralregierung in Madrid und versuchen so den radikalen Nationalisten das Wasser abzugraben. Verhandlungen mit der ETA müssen also die PSOE und PNV einbinden. Der "Waffenstillstand" wurde nicht von der ETA selbst, sondern vom PNV-Ministerpräsidenten Ibarretxe gegenüber Journalisten verkündet (so meldete es El País). Inwieweit die ETA interne Diskussionen über ihre politische Linie führt ist derweil unklar, wobei der Verbot der ETA-nahen Partei Batasuna ein legales Sprachrohr des bewaffneten Armes fehlt. Die laufenden Prozesse hingegen müssen durchaus als politisch Vehandlungsmasse angesehen werden. Amnestie gegen Frieden ist durchaus eine nicht unmögliche Variante gleichwohl die PP sicherlich massive Volksproteste organisieren würde. Seot sie sich in der Opposition befinden, haben sie verstärkt Massenproteste (z.B. gegen Homo-Ege) organisiert. Ein gesellschaftlciher Konsens dürfte daher viel schwieriger herzustellen sein, als ein politischer. Und selbst das scheint schwer genug.

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tim 18.02.2006 - 15:31
@flatliner
bei firmen gehts oft um die sogenannte revolutionssteuer, bei discos etc. oft auch um den kampf gegen die drogenmafia.

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