Sozialisten wollen Bruch der katalanischen Koalition

Ralf Streck 05.02.2006 18:54 Themen: Weltweit
Der katalanische Sozialistenchef Pasqual Maragall schwenkt auf Kurs seiner spanischen Zentralpartei ein. Er fordert nun die Republikanische Linke Kataloniens (ERC) auf, die Regierungskoalition zu verlassen, wenn sie das umstrittene Autonomiestatut der Region nicht mittragen will. Er erklärte, die „Stabilität“ der Regionalregierung hänge von der „Kohärenz“ der ERC ab. „Das Statut benötigt die ERC genauso, wie die ERC das Statut braucht“, drohte er den Linksnationalisten kryptisch Neuwahlen an.
Zuvor hatte der Organisationssekretär der Sozialisten (PSOE) die neue Richtung nach einem Treffen der Parteiführung am Freitag bestimmt. Die „Reform des Autonomiestatuts“ sei das wichtigste Projekt der Koalition. „Wir verstehen nicht“, wie die ERC in der Regionalregierung bleiben kann, wenn sie deren wichtigstes Projekt für gescheitert erkläre, sagte José Blanco. Die Katalanen wollten bisher auch bei einer Ablehnung des Statuts durch die ERC mit ihr bis zum Ende der Legislaturperiode 2007 weiter regieren.

Nun muss sich die ERC entscheiden. Stimmt sie dem stark abgespeckten Statut zu, das die Sozialisten hinter ihrem Rücken in Geheimverhandlungen mit den konservativen Nationalisten (CiU) ausgedealt haben, verliert sie die Glaubwürdigkeit ihrer Basis. Lehnt sie es ab, zerbricht ihre Koalition.

Dabei wäre es an der ERC „Kohärenz“ zu fordern. Denn der nun ausgehandelte Text hat wenig mit dem zu tun, den das katalanische Parlament letztes Jahr mit 90 % der Stimmen verabschiedete. Statt Katalonien demnach das historische Recht als „Nation“ zurückzugeben, wird nun nur noch in der Präambel von „Nationalität“ gesprochen. Statt nach baskischem Modell künftig die Steuern selbst einzutreiben, soll die Finanzierung Kataloniens nur verbessert werden.

Die CiU hatte zunächst feierlich verkündet, dies bedeute 5,1 Milliarden mehr für Katalonien im Jahr. Doch das hat Maragall dementiert, der nur von drei Milliarden spricht. Sogar die sind nach Ansicht von Finanzexperten unsicher, weil im Gegenzug Zahlungen aus Madrider Töpfen wegfallen. Mehr Geld gäbe es auch bei einer baldigen Verabschiedung frühestens ab 2008.

So dürften die Würfel dafür gefallen sein, dass die sozialistische Minderheitsregierung in Madrid nun mit der CiU statt der ERC regiert. Dieses Modell strebt sie mit Neuwahlen offenbar auch für Katalonien an. Die ERC hatte schon erklärt, dieses Statut werde sie nicht mittragen. Zuvor hatte sie in weiteren Gesprächen mit dem spanischen Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero festgestellt, dass es nach dessen Abkommen mit der CiU kaum noch Verhandlungsspielraum gibt. Der Generalsekretär der Linksnationalisten Joan Puigcercós sagte der PSOE, „sie täusche sich“ wenn sie glaube die ERC durch die Drohung mit vorgezogenen Neuwahlen zur Zustimmung für dieses Statut bewegen zu können.

Die ultrarechte spanische Volkspartei (PP), nur deren Parlamentarier stimmten im katalanischen Parlament gegen den Ursprungstext, mobilisieren auch gegen die neue Version weiter. Doch zeigen sich nun deutliche Divergenzen. Denn der katalanische PP-Chef in Katalonien Josep Piqué hatte nach dem Abkommen mit der CiU letzte Woche eine mögliche Zustimmung seiner Partei angedeutet. Weil die PP auf Landesebene aber damit Stimmung gegen die PSOE macht, wurde er dafür heftig abgewatscht. In einem stundenlangen Gespräch konnte der PP-Chef Mariano Rajoy gerade noch dessen Rücktritt verhindern.

Seit einigen Tagen sammelt die PP nun Unterschriften, um im gesamten spanischen Staat ein Referendum gegen das Statut vorgehen. Weil es „ganz Spanien“ betreffe, müsse auch ganz Spanien darüber entscheiden und nicht allein Katalonien. Nach Angaben der Partei hätten in wenigen Tagen 500.000 Menschen ihre Unterschrift dafür abgegeben. Doch dies ist ausgerechnet nach der Verfassung ausdrücklich verboten, welche die PP mit dem neuen Statut verletzt sieht. Sie hatte in ihrer Regierungszeit sogar ein Gesetz gemacht, dass derlei Vorgehen mit Haftstrafen bedroht, was aber von der PSOE inzwischen geschliffen wurde.

© Ralf Streck, Donostia-San Sebastian den 04.02.2006
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