550 Menschen demonstrierten gegen das Abschie

No-Lager 24.09.2005 22:57 Themen: Antirassismus
550 Menschen beteiligten sich an der Auftaktdemonstration der dritten Anti-Lager-Tour des No-Lager-Netzwerkes
Die Demonstration begann um 12 Uhr am Bahnhof in Hesepe mit Redebeiträgen des Komitees für Grundrechte und Demokratie und des No-Lager-Netzwerkes. Begleitet war dieser Auftakt von bunter Kultur und dem Aufzug von StelzenläuferInnen, die verschiedene fantasievolle Reittiere darstellten. Der Demonstrationszug setzte sich um 13 Uhr in Bewegung, an ihm nahmen auch ca. 50 BewohnerInnen des Abschiebelagers in Bramsche-Hesepe teil. Diese wurden besonders von der Demonstration begrüßt, denn da wieder einmal den TeilnehmerInnen der Aktion verweigert wurde, daß Lager zu betreten, um so mit Flüchtlingen in Kontakt zu treten, mußte die Isolation dadurch durchbrochen werden, daß die Flüchtlinge heraus kommen aus dem Lager, in dem sie sich sonst ausgegrenzt befinden.
Das Komitee für Grundrechte und Demokratie, welches in Kooperation mit dem No-Lager-Netzwerk zu dieser Demonstration aufgerufen hatte, forderte eine öffentliche Inspektion des Lagers, welche jedoch von der Lagerleitung untersagt wurde. Stattdessen wurde das Scheinangebot gemacht, daß eine kleine Delegation unter Führung der Lagerleitung die Einrichtung betreten darf, jedoch nicht den Bereich, in dem die Flüchtlinge untergebracht sind. Damit wäre eine Öffentlichkeit nicht gewährleistet gewesen, so daß dieses Angebot abgelehnt wurde.
Trotz dieser Vorgaben ist es gelungen, daß BewohnerInnen des Lagers Bramsche-Hesepe, gemeinsam mit den AktivistInnen des Grundrechtekomitees und des No-Lager-Netzwerkes, in dem auch viele Flüchtlinge aus anderen Orten der Ausgrenzung in Deutschland engagiert sind, gemeinsam die Forderung nach Abschaffung dieses Lagers und aller Lager in Deutschland und Europa zu formulieren und in die Öffentlichkeit zu tragen.
Eine sehr ausdrucksstarke Demonstration zog durch den Ort Hesepe zu dem Parkplatz vor dem Lager. Dort hatte die Polizei mit Absperrgittern dafür gesorgt, daß die DemonstrationsteilnehmerInnen in einem Abstand von 30 Metern von Zaun und Tor des Lagers ferngehalten werden. Damit wurde der Kontakt zu den Flüchtlingen, die sich noch innerhalb des Lagers befanden, selbst durch den Zaun hindurch erschwert oder unmöglich gemacht. Der Versuch, diese Absperrungen beiseite zu schieben, wurde durch den Einsatz der Polizei verhindert.
Von Seiten der Lagerleitung und der Polizei war vor den Aktionen zugesichert worden, daß alle Flüchtlinge, die sich beteiligen wollen, ungehindert das Lager verlassen dürfen. Diese Zusicherung wurde nur sehr unzureichend eingehalten. Jeder Flüchtling einzeln mußte bei einem Pförtner um Auslaß bitten, und nach jedem Flüchtling wurde die Pforte wieder geschlossen. Die Flüchtlinge mußten dann die Sperrzone der Polizei durchqueren und über die Absperrgitter klettern, teilweise wurden sie von PolizistInnen regelrecht über diese Gitter gescheucht. Einzelnen Flüchtlingen wurde zeitweilig auch das Verlassen des Lagers verweigert, vereinzelt unter Einsatz von Gewalt. Dennoch kamen immer mehr Flüchtlinge, unter ihnen viele Kinder zur Kundgebung vor dem Lager, einige von ihnen schilderten über die Lautsprecheranlage die inhumanen Bedingungen, unter denen sie im Lager leben müssen, oder berichteten von der Perspektivlosigkeit und den Ängsten vor der Abschiebung. Vor allem die Kinder machten sehr deutlich, daß sie es nicht verstehen können, daß ihnen nicht die Chance auf ein Leben in Würde und Freiheit gegeben werden soll. Gemeinsam von innerhalb und außerhalb des Lagers wurde immer wieder die Parole formuliert: „Das Lager muß weg – aber wir bleiben hier!“ Bis 17 Uhr dauerten die Aktionen mit Reden, Performances und Musik an, dann setzte sich der Konvoi aus Bussen und PKW Richtung Mecklenburg-Vorpommern in Bewegung, um dort an drei Orten die Aktionen der No-Lager-Tour fortzusetzen.
Im No-Lager-Netzwerk fordern Menschen mit und ohne Migrationshintergrund Bewegungsfreiheit und gleiche Rechte für Alle. Menschen, die gezwungen sind, in Lagern zu leben, haben keine Bewegungsfreiheit, Flüchtlinge und MigrantInnen in Deutschland und Europa haben nicht die gleichen Rechte wie der Rest der Bevölkerung. Zäune, die um Lager für Flüchtlinge herumgezogen sind, sind ein Symbol der Ausgrenzung, das wir nicht akzeptieren. Die Aktionen am Abschiebelager Bramsche-Hesepe haben deutlich gemacht, daß Flüchtlinge und UnterstützerInnen gemeinsam den Zaun überwinden. Die Aktionen werden jedoch erst dann ihr Ziel erreicht haben, wenn Lager, wie das in Bramsche-Hesepe endlich geschlossen sind.
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Ergänzungen

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julian 25.09.2005 - 14:13
naja, das ist auch schwachfug....es war schon sehr krank, die kleinkinder da mitmarschieren zu lassen, aber mit holzlatten gabs da nichts, die bullen haben ein paar mal den knüppel geschwungen und wurden etwas persönlich und haben ihre köter knurren lassen, aber sonst gabs keine gewalt...auch nicht von demoteilnehmern.
die demo war sehr laut und gut, die redebeiträge vorm lagertor ebenfalls, eine gelungene demo!

Presse

(muss ausgefüllt werden) 26.09.2005 - 14:17
Neues Deutschland - 26.09.05
Reiterstaffel gegen Inspekteure
Demonstrationen vor Abschiebelagern zum europaweiten Aktionstag

Von Martin Kröger

Aus den »Grenzcamps« der vergangenen Jahre in Deutschland ist eine europaweite Aktion gegen Abschiebelager geworden. Am Wochenende erhielten Abschiebelager in Deutschland Besuch.
Die Inspekteure lehnten die Inspektion ab. Rund 400 waren am Samstag nach Bramsche in der Nähe von Osnabrück gekommen, um im Rahmen des europäischen Aktionstages gegen Lager für Flüchtlinge das so genannte Ausreiselager in dem Ort zu inspizieren. Zu der Aktion hatten das Komitee für Grundrechte und Demokratie und das »No-Lager-Netzwerk« sowie Flüchtlingsorganisationen wie »The Voice« aus Jena und die Brandenburger Flüchtlingsinitiative aufgerufen.
Die Leitung des Ausreiselagers wollte jedoch nur eine zehnköpfige Delegation in das »Ausreiselager« hineinlassen, worauf die Organisatoren verzichteten. »Das Scheinangebot, sich mit einer Delegation von maximal 10 Personen das Lager von den Verantwortlichen vorführen zu lassen, haben wir abgelehnt«, erklärte das Komitee für Grundrechte und Demokratie. Schließlich ginge es darum, die Isolation und Abgeschlossenheit der Insassen zu durchbrechen.
Seit dem Jahr 2000 experimentiert die niedersächsische Landesregierung in Bramsche, wie die im Behördenjargon »freiwillige Ausreise« genannte Rückkehr der Flüchtlinge sich durch psychologischen Druck beschleunigen lasse. Das Grundrechtekomitee spricht in diesem Zusammenhang von einem »Klima existenzieller Ausweglosigkeit«. Zur Zeit sind in Bramsche 500 zumeist abgelehnte Asylbewerber untergebracht, aber auch solche, denen das Bundesamt für Migration eine schlechte Prognose für ihren Prozess bescheinigt. Bei einer gegenwärtigen Anerkennungsquote von 0,9 Prozent betrifft das fast jeden Flüchtling, der es schafft, nach Deutschland zu kommen. Unter ihnen auch viele Kinder, die in Bramsche in einer lagereigenen Schule unterrichtet werden. Viele dieser Kinder nahmen auch am Aktionstag teil und berichteten am offenen Mikrofon des Lautsprecherwagens über die schlechte Situation in der Modellunterkunft, das fade Kantinenessen und die desolate Lage in der Schule, die sie besuchen. »Wir kommen uns vor wie im Zoo.«
Vor dem Eingangstor, das von zwei Hundertschaften der Polizei und Reiterstaffeln gesichert wurde, wurden die Kinder und Erwachsnen von der bunten und lautstarken Demonstration in Empfang genommen. An den Absperrgittern war es zuvor zu Rangeleien zwischen Demonstranten und Polizisten genommen. »Wir wollten nur symbolisch zeigen, das wir die Abgeschlossenheit dieser Menschen durchbrechen wollen«, erklärte Matthias Cornelsen vom »No-Lager-Netzwerk«.
Die Proteste beschränkten sich nicht auf Bramsche: Nach einer Nacht in einem sachsen-anhaltischen Kloster gingen am Sonntag die Aktionen auch in Mecklenburg, wo trotz eines Koalitionsbeschlusses Flüchtlinge in abgeschiedenen Lagern leben müssen, weiter.

@Julian: Apropos Kleinkinder

Mein Name? 26.09.2005 - 20:05
Lieber Julian,

Die Formulierung "es war schon sehr krank, die Kleinkinder da mitmarschieren zu lassen" ist ihrerseits ziemlich krank -- in zweierlei Hinsicht:

(1) Es ging nach meine Verständnis nicht darum, in den
Krieg zu ziehen, sondern letztlich auch darum, Solidarität zu zeigen
mit den "Insassen" der Lager, diese zum Herauskommen zu animieren
(nicht wahr, es ging ja um Bewegungsfreiheit) evtl. für die an der
Veranstaltung beteiligten Aktivisten unter den Flüchtlingen auch mal was
anderes als Lagerroutine einkehren zu lassen. Deshalb auch zB das
Picknick in Goerries.

(2) Eben deshalb ist der Begriff mitmarschieren
Unsinn, weil es ja (a) kein Krieg war, und (b) mit Fahrzeugen
an Ort und Stelle gefahren wurde (Ausnahme: Bramsche-Hesepe, aber
da würde ich eher für "mitspazieren" plädieren :-).

Was dagegen ziemlich krank war, war der Versuch der Ordnungsmacht, (in
Goerries) mit aufgepeitschen Hunden [1] und mit ihren schwarz
gekleideten Hunden Furcht und Schrecken zu verbreiten. Was die Hunde
betrifft und ihre strategische Platzierung (die haben sich ja schier am Halsband erwürgt ...), würde ich dafür glasklar den begriff Terror
wählen. Der Duden hierzu: "[systematische] Verbreitung von Angst u.
Schrecken durch Gewaltaktionen (bes. zur Erreichung politischer Ziele)".
Die Definition trifft, oder? Gewalt ist nicht nur "physische Gewalt"
und das Schreckenselement war ganz klar da.

[1] Was den psychischen Zustand der kranken Köter betrifft: Ich
postuliere mal, dass ein gut ausgeebildeter Polizeihund friedlich da
sitzt, bis er ein Einsatzsignal bekommt. In anderen (auch nicht gerade
unkritischen Einsatzbereichen) ist das nämlich so, und Hunde sind recht
intelligente Tiere. Entweder waren die Hundeführer wahnsinnig
inkompetent (dann möchte ich mich hier mal drüber echauffieren,
dass solche Linkshänder mit scharfen Hunden in der Nähe von Zivilisten
hantieren dürfen :-) oder sie waren eben scharf gemacht und bewusst und
absichtlich aufgehetzt (von Schäferhunden weiss man, dass es zur
Steuerung eines Hundes nur geringfügige Körpersprache des Besitzers/
Hundführers braucht). Kann man sich aussuchen, was zutrifft. Kann sich
die ordnungsmacht aussuchen, was sie sich hinter den Spiegel stecken.

Grüsse -- Nemo.

Hunde ...

Mein Name? 26.09.2005 - 20:19
Kleine Korrektur: Da war ein Tippfehler. Es muss "schwarz gekleidete Festnahmekommandos" heissen :-). So ist das verständlicher.

Grüsse -- Nemo

Leider war es so...

Dide 27.09.2005 - 15:35
Ich war auch auf der Demo und muss leider bestätigen, dass mehrere Kinder tatsächlich mit Gegenständen (...ob nun Holzlatten oder "Wasserbomben"...egal) auf die Bullen geworfen haben. Auch das die Kinder über den Lautsprecher mehrere Minuten scheiß Polizei und ähnliches riefen ist wahr. Dafür gab es dann mehrfach Applaus. Das so etwas die Kinder animiert und diese sich da weiter reinsteigern ist wohl nicht von der Hand zu weisen und desshalb ganz schön bitter. Durch diese Aktion wurde die egentlich gelungende Demo etwas kaputt gemacht!!!

Fotos

zur Demo 27.09.2005 - 16:44
Für die Fotos zur Demo s.:  http://de.indymedia.org/2005/09/129033.shtml

verdammt, kinder sind doch nicht blöde...

nolager 27.09.2005 - 17:31
die debatte um die kinder scheint mir ein bisschen daneben zu sein. deshalb ein paar klärende worte: die kinder, um die es ging, leben alle im abschiebelager bramsche. insofern ist es eine etwas merkwürdige unterstellung, sie wüssten nicht, wovon sie sprechen, wenn sie rufen "das lager muss weg". natürlich wissen kinder nicht, inwieweit das abschiebelager bramsche ein modellprojekt deutscher, mihin europäischer lagerpolitik ist. die kinder wissen aber sehr wohl, was es heißt, jeden tag scheiße fressen und ansonsten mit 6 personen auf einem zimmer wohnen zu müssen. und auch kriegen sie ganz genau mit, was es heißt, wenn die familie praktisch kein geld hat und die eltern den ganzen tag frustriert durch die gegend laufen. von so etwas haben kinder durchaus einen begriff! bei einem vorbereitungstreffen am freitag vor der aktion waren mehrere der besagten kinder anwesend. sie haben dort sehr ausführlich über die situation im lager berichtet, unter anderem haben sie auch für ihre eltern übersetzt. schließlich: was daran so schlimm sein soll, wenn kinder wasserbalons auf bullen werfen, weiß ich wirklich nicht. klar - kinder verbinden damit etwas anderes, als wenn erwachsene das tun würden. das heißt aber noch lange nicht, dass sie damit nichts 'ernsthaftes' verbinden würden.
dass all dies die kinder aufgeheizt hat, kann nicht bestritten werden. allein: das heißt noch lange nicht, dass es korrekt gewesen wäre, die kinder an all dem zu hindern. niemand hat die kinder aufgefordert es zu tun, sie haben es aus eigenem antrieb und aus eigener lust getan - und dabei passiert es halt, dass kinder sich aufheizen, so wie sich auch erwachsene mitunter zu stimulieren wissen. was soll daran, bitte schön, so schlimm sein?

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