Flaschenwurf und Spitzelei gegen Projektwerks

Projektwerkstatt soll leben! 26.01.2004 20:05 Themen: Freiräume Repression
Der sozialrassistische Mob im Dorf Saasen (ein tonangebender Teil der Bevölkerung) sowie der Filz aus Polizei, Presse und Politik setzt der unabhängigen Projektwerkstatt wieder vermehrt zu. Gerichtsprozesse, ständige Gewahrsam, Hausdurchsuchungen und offensives Aufhetzen in den Giessener Tageszeitungen sind die „offizielle“ Seite. Am Samstagabend (24.1.2003) wurde eine Flasche gegen die Haustür der Projektwerkstatt geworfen, zudem eine Mülltonne umgekippt. Da der Schnee frisch war, konnten die Fußspuren zum Jugendzentrum des Dorfes verfolgt werden. Zwischen sozialrassistischen Mob und offizieller Polizei gibt es zudem inzwischen eine Verbindung. Rüdiger S., einer der Nachbarn der Projektwerkstatt, arbeitet als Polizeispitzel. Seit Wochen notiert er Nummernschilder, hört bei Gesprächen heimlich zu und leuchtet mit seiner Taschenlampe in das Innere von Autos vor der Projektwerkstatt.
Die Attacken auf die Projektwerkstatt sind nicht neu. Die Menschen, die in der Projektwerkstatt aktiv sind, verstehen ihr Haus als offenen Freiraum – widerständig gegen jeden Versuch der Dominanz, Verregelung, Ausgrenzung usw. Seit Jahren wird die Projektwerkstatt von „offizieller“ Seite verdächtigt, hinter vielfältigen Aktionen gegen Herrschaftssymbole im allgemeinen oder Unterdrückungsverhältnisse im Konkreten (Abschiebung, Geschlechterzuordnungen, Schulen oder Behörden, Sozialabbau oder Law and Order, Repressionseinrichtungen oder Umweltzerstörungen usw.) zu stecken. Kriminalisierung ( http://www.projektwerkstatt.de/pwerk/saasen/durchsuchung.htm) und öffentliche Pressehetze ( http://www.projektwerkstatt.de/gav/texte/presse01.html) waren die Folge in den vergangenen Jahren.
Aufgehetzt zunächst aus politischen Kreisen, dann aber als Selbstläufer mit immer deutlicher sozialrassistischen Zügen griffen Teile des Dorfes die Projektwerkstatt immer offensiver an. Politiker aus SPD und CDU (anderes im Dorf nicht relevant) deckten die AngreiferInnen öffentlich und formulierten immer wieder sozialrassistische Vorwürfe („lebt auf unsere Kosten“ usw.) gegen die Menschen in der Projektwerkstatt. Bereits Mitte der 90er Jahre ließ die Gemeindeverwaltung den Nachbarn Karl S. die Projektwerkstatt beobachten – er und das Einwohnermeldeamt tauschten ihre Daten aus. Karl S. ist Ex-SPD-Abgeordneter und Nazi-Sprüche-Klopper („Euch müsste man vergasen“ und ähnliche Sprüche). Seit einiger Zeit ist er wegen eines Schlaganfalls weitgehend außer Gefecht ... nur noch ab und zu pöbelt er über die Straße.
Am 1. Mai 2001 eskalierten die Geschehnisse mit einem bewaffneten Angriff auf die Projektwerkstatt ( http://www.projektwerkstatt.de/pwerk/saasen/pogrom.html). Es gab drei Verletzte bei der fast dreistündigen Auseinandersetzung. Strafverfahren fanden trotz Kenntnis der Namen von AngreiferInnen nicht statt – während die Justiz die Projektwerkstatt kriminalisiert, werden Angriffe auf die Projektwerkstatt seit Jahren gedeckt (ist nicht der erste Fall).
Noch Tage danach waren vor allem Politiker mit weiterer Hetze dabei, Öl ins Feuer zu gießen. Sowohl die Gemeinde wie auch Vereine und die Kirche in Saasen lehnten den Vorschlag aus der Projektwerkstatt ab, gemeinsame Gespräche zwischen den verschiedenen Seiten zu initiieren. Ein Jahr später beruhigte sich die Konfrontation durch ein massives Polizeiaufgebot im Dorf, wachende SaasenerInnen und die Selbstverteidigung der Projektwerkstatt. Allerdings nahmen in den Jahren 2002 und 2003 die Anpöbeleien und Sachbeschädigungen wieder zu. Vor allem jüngere führten sie aus – meist aus dem Jugendzentrum heraus. Einige konnte im Laufe der Zeit in Gespräche verwickelt werden. Auf die Frage, warum sie gegen die Projektwerkstatt sind, stammelten sie meist sozialrassistische Floskeln und verwiesen beim Nachhaken, woher sie ihre Informationen hatten, in mehreren Fällen auf ihre Eltern. Das zeigt die sozialrassistische Orientierung – inzwischen beteiligen sich Menschen an den Aktionen gegen die Projektwerkstatt, die selbst niemals einen Kontakt mit ProjektwerkstättlerInnen hatten noch überhaupt wissen, was in dem Haus so vor sich geht.

Zwischen den Repressionsbehörden und dem Mob als Teil der Bevölkerung Saasens unter weitgehender Akzeptanz seitens der offiziellen Dorfoberen, Vereine usw. ist seit einigen Monaten ein direkter Kontakt entstanden. Nachbar Rüdiger S. arbeitet als Polizeispitzel. Er überwacht ständig BesucherInnen der Projektwerkstatt, versucht hinter seiner Hausecke verborgen Gespräche zu verfolgen, notiert Nummernschilder und leuchtet auch schon mal mit seiner Taschenlampe in Autos vor dem Haus. Ungefähr Mitte der Woche vom 18.-25.1.2003 verteilte er einen Brief (siehe Bild – der Brief ist leider eher schlecht aus dem Fax gekommen) an zumindest einen großen Teil der Haushalte mit der Aufforderung an die Saasener Bevölkerung, ihm bei der Arbeit zu helfen. Angesichts des herrschenden sozialrassistischen Diskurses ist zu befürchten, dass die Rechnung aufgeht – obwohl es einige Hinweise gibt, dass Rüdiger S. bei seinen Polizeigesprächen am Rande des Dorfes (und anderswo?) auch andere BewohnerInnen anschwärzt.
In der Nachte von Samstag auf Sonntag warfen Jugendliche aus dem Jugendzentrum eine Flasche gegen die Projektwerkstatts-Eingangstür und warfen eine Mülltonne um. Da Schnee gefallen war, konnte die Fußspur bis ins Jugendzentrum verfolgt werden. Dass seit Jahren das Jugendzentrum Ausgangspunkt von Aggressionen ist, mag angesichts der Zurichtung von Jugendlichen, der sozialrassistischen Hetze und der Frustration vieler Jugendlichen aufgrund ihrer eigenen Perspektivlosigkeit in einer Zwangsgesellschaft wenig überraschend (Menschen geben Druck von oben meist gegen vermeintlich Schwächere oder Ausgegrenzte weiter) – es ist aber doch eine Ironie der Geschichte: Als Mitte der 90er Jahre Jugendliche das Jugendzentrum durchsetzten, war die Projektwerkstatt als einziges auf deren Seite. Die Parteien und Vereine, die eine eigenständige Jugendarbeit verhindern wollten, können heute mit ihrer Hetze die Jugendlichen genau gegen die Projektwerkstatt dirigieren, die ursprünglich mit für das Jugendzentrum eingetreten ist. In der Projektwerkstatt hoffen die Menschen trotz allem, dass es Chancen gibt, die Mauer der sozialrassistischen Ausgrenzung zu durchbrechen. Perspektive für ein selbstbestimmtes Leben bieten für die NutzerInnen des Jugendzentrum wie für viele andere Menschen im Dorf nicht die Obrigkeit, auch nicht Arbeits- oder Ausbildungsplätze mit ihrem Zwangscharakter, sondern ein gemeinsames Wehren und ein Schaffen von Freiräumen in einer Gesellschaft, die davon wenig hat.

Für eine herrschaftsfreie Welt!
- Utopien:  http://www.herrschaftsfrei.de.vu
- Termine in und um Gießen :  http://www.projektwerkstatt.de/termine

Zu den bevorstehenden Prozessen gegen ProjektwerkstättlerInnen und Umfeld:
- Nächstes Verfahren wegen vermeintlicher Wahlplakatefälschungen ... 12.2., 9.15 Uhr, Amtsgericht Gießen, Raum 200a
- Hintergrundinfos:  http://www.projektwerkstatt.de/prozess

Besprechungen zur Vorbereitung von Aktionen, u.a. der Aktionswoche gegen Repression, Knäste & Co. (8.-14.3. in Gießen) und der Dokumentation gegen Polizeitaktik, Pressehetze und Politikerlügen in und um Gießen:
- Die nächsten beiden Dienstage je kurz nach 20 Uhr (erstmal essen in Vokü, dann Treffen!) im Infoladen Gießen, Alter Wetzlarer Weg 44
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Schreibt selber Fleyer/Briefe

Karl-Heinz Schreiber 26.01.2004 - 22:36
Wie wär´s wenn ihr selbst Briefe bzw. Flugis schreibt und diese in Sassens Briefkästen werft? so könnten zumindest einige Vorurteile verloren gehen.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 5 Kommentare an

verdammt... — jaques

"sozialrassismus"? — fragerIn

@fragerIn — kein Saasener