video aus magdeburg

autonomer streetfighter 17.11.2003 16:31 Themen: Antifa Repression
hier ein video aus magdeburg und der lange demonstrationsaufruf.
Linke Politik verteidigen! Freiheit für Marco, Daniel und Carsten!

Es ist der 27. November 2002, 9.00 Uhr. Marco kauft gerade Brötchen in einer Magdeburger Bäckerei. Kaum hat er sie verlassen, da kommen mehrere Personen auf ihn zu. "Sind Sie Herr Heinrichs?" Ohne die Antwort auf ihre mehr rethorische Frage abzuwarten, überwältigen sie Marco, legen ihm Handschellen an, ziehen ihm eine Maske über den Kopf und brausen mit ihm im Auto davon. Diese "freundlichen" Herren sind Beamte des Bundeskriminalamtes - auf Terroristenjagd. Gleicher Tag, anderer Ort und etwa 90 Minuten später. Daniel besucht gerade seine Mutter in Quedlinburg, etwa eine Autostunde von Magdeburg entfernt. Das Telefon klingelt. Noch etwas verschlafen geht er ran. "BKA, bitte öffnen sie die Tür!" und gleich aufgelegt. Etwas verwirrt - wohl nicht nur durch das Wort "Bitte" aus dem Munde eines BKA Beamten - geht er zur Tür. Durch den Türspion sieht Daniel eine Gruppe Männer und eine Frau im Treppenhaus stehen. Er öffnet die Tür einen Spalt weit, wird zurückgestoßen und die Beamten stürmen in die Wohnung. Marco und Daniel wird die Festnahme erklärt. Ihre Wohnungen in Magdeburg, die Wohnung von Daniels Mutter in Quedlinburg und die seiner Freundin in Berlin werden durchsucht. Beschlagnahmt werden persönliche Papiere, Computer, Adress- und Telefonbücher sowie bei Marco eine Flachbatterie, eine Fahrradglühbirne, Kabel und Reste von Feuerwerkskörpern. In der Polizeidirektion Magdeburg werden beide ED-Behandelt und getrennt voneinander in Zellen eingesperrt. Am darauf folgenden Tag werden beide nach Karlsruhe verfrachtet und dem zuständigen Haftrichter vorgeführt. Der verhängt Untersuchungshaft. Marco wird der JVA Köln-Ossendorf und Daniel der JVA Rheinbach zugewiesen. Seither sitzen sie im Knast. Und warum? Sie sollen Mitglieder einer terroristischen Vereinigung sein.

Magdeburg - war da was?
Auf der politischen Karte der Bundesrepublik nimmt Magdeburg nur einen unbedeutenden Platz ein. Das gilt auch für die politische Linke der Stadt, die wie fast überall ziemlich marginalisiert ist. Magdeburg wurde in den vergangenen Jahren eher durch besondere Brutalität rechtsextremer Gewalt in die überregionalen Schlagzeilen gebracht. Die Ermordung von zwei jungen Punkern 1992 und 1997, die "Himmelfahrtskrawalle", lebensbedrohliche Überfälle aus einer starken Neonazi-Szene heraus, markieren einen nicht unwesentlichen Bezugspunkt für die politische Linke in Magdeburg. Das Viertel Stadtfeld bietet noch die größte Verdichtung links-alternativer Ansätze. Hier befand sich bis zur Räumung im Sommer 2002 das durch Besetzung geschaffene Hausprojekt "Ulrike". Als politisches Wohnprojekt sollte die "Ulrike" eine Infrastruktur neu erschaffen, die es Anfang der 90iger Jahre durch das Projekt in der Uhlandstraße 8 (U8) bereits gab. Für die Magdeburger Szene gab es ohne ein solches selbstverwaltetes Objekt nur provisorische Möglichkeiten sich zu treffen, die Hausbesetzung hatte damit eine enorme Bedeutung. Im Zuge der Ermittlungen gegen Marco und Daniel wurde die "Ulrike" geräumt und damit die politischen und kulturellen Strukturen empfindlich getroffen. Die Magdeburger Linke ist eine vergleichsweise junge Szene. Ende der 90er gab es hier einen spürbaren Generationswegbruch, viele Linke verließen die Stadt aufgrund fehlender Perspektiven. Eine damit einhergehende fehlende Kontinuität bewirkt, dass sich die Magdeburger Linke ständig neu erfinden, organisieren und differenzieren muss. Zum einen wurde versucht mit Stadtteilarbeit und offenen Politikangeboten aus der Isolation auszubrechen. Daraus entwickelte sich ein bunter und vielfältiger Widerstand. Demonstrationen, spontane Kundgebungen und andere Aktionen fanden immer wieder zu Themen wie Umstrukturierung, Globalisierung, Antirassismus und Antifaschismus statt. Andererseits kam es in der Stadt auch zu militanten Aktionen und diese werden jetzt u.a. Marco und Daniel zur Last gelegt. Im August 2001 wurden mit Brandsätzen zwei Autos auf dem Gelände des Daimler-Chrysler Autohauses Krumey entzündet und die Fassade beschädigt. Dazu bekannte sich eine "Revolutionäre Aktion Carlo Giuliani". Am 17. Februar 2002 verübte ein "Kommando globaler Widerstand" einen Brandanschlag auf zwei Telekom-Fahrzeuge, die durch das Feuer zerstört wurden. Die Telekom wertete die Brandursache als "technisch bedingt", so dass die Polizei nicht eingeschaltet und erst durch das Bekennerschreiben darauf aufmerksam wurde. Am 18. März 2002 - dem Tag der politischen Gefangenen - ereigneten sich schließlich zwei Brandanschläge auf das LKA-Gebäude in Magdeburg und einen Bus des BGS. Hierzu bekannte sich ein "Kommando: Freilassung aller politischen Gefangenen".

Weitere Beschuldigte und die Militanzdebatte
In der Berliner Szenezeitschrift "Interim" wird unterdessen über Möglichkeiten des militanten Widerstandes diskutiert. In dieser geführten Debatte wurden zwar keine neuen Strategien entwickelt, doch das Interesse der Sicherheitsbehörden war nachhaltig geweckt. In Ermangelung geeigneter Ansatzpunkte, war ihnen ein Zugriff verwehrt. Ein Fingerabdruck von Daniel, der sich auf dem Karton befunden haben soll in dem der Brandsatz unter dem BGS-Bus deponiert war, änderte diese Situation schlagartig. Die Ermittlungen konzentrierten sich nicht nur auf Daniels politische Zusammenhänge in Magdeburg. Eine Verbindung zu Gruppen die sich an der Debatte in der Interim beteiligt hatten (z.B. die Militante Gruppe "MG") wurde von den Ermittlern vorausgesetzt. Schließlich wurde sich ja in der Anschlagserklärung des "Kommando: Freilassung aller politischen Gefangenen" in einem Nebensatz auf die MG bezogen. Die Suche nach weiteren Personen die Mitglieder in der vermeintlichen Vereinigung gewesen sein könnten, war zwingend notwendig um den Vorwurf nach §129a aufrecht erhalten zu können. Zu diesem Zweck wurden neben Marco und Daniel sechs weitere Magdeburger Szene-Aktivisten der Gruppe zugerechnet. Diesen geschah erstmal nichts, was ziemlich ungewöhnlich ist bei einem Vorwurf dieser Art. Schließlich ist es ein gehöriger Widerspruch zu behaupten, Leute wären Teil einer terroristischen Vereinigung gegen die ermittelt werde, diese aber andererseits nicht mal zur Vernehmung vorzuladen oder die Wohnungen zu durchsuchen. Das änderte sich mit dem 1. April 2003. An diesem Tag wurden insgesamt 10 Objekte darunter die Wohnungen der sechs noch in Freiheit befindlichen Beschuldigten und das AJZ in Dessau, durchsucht. Dort hätten "die Magdeburger" Kartons oder Kisten deponiert, sei den Ermittlern von einem anonymen Hinweisgeber geflüstert worden. Gefunden wurde natürlich nichts. Im Anschluss an diese Durchsuchungen wurde einer der Betroffenen massiv unter Druck gesetzt. Die BKA-Beamten nutzten persönliche Dinge die sie durch die Ermittlungen erfahren hatten als psychisches Druckmittel, um ihn zu Aussagen zu bewegen bzw. zu erpressen.

Jetzt auch noch Carsten
Als vorläufiger Abschluss der Suche nach weiteren Beschuldigten wurde am 16. April Carsten in Magdeburg verhaftet und dem Haftrichter am Bundesgerichtshof vorgeführt. Das Konstrukt der terroristischen Vereinigung wurde durch Carstens Festnahme erstmals in eine Richtung konkretisiert, die viele schon geahnt hatten. Der "Autonome Zusammenschlusz" (AZ), eine offen arbeitende linke Gruppe aus Magdeburg, soll demnach Keimzelle der angeblichen terroristischen Vereinigung gewesen sein. Die Beschreibung als Keimzelle ist jedoch nicht mehr als ein juristisches Feigenblatt. Faktisch werden die Struktur und die Personen des AZ mit einer "illegalen" Gruppe gleichgesetzt, eine legal und offen arbeitende linke Gruppe zur Terrorvereinigung erklärt. Damit werden alle die im AZ aktiv waren in die Ermittlungen hineingezogen und zu potenziellen Terroristen. Diese generelle Kriminalisierung linker Politik ist nicht beispiellos. Bereits in der Vergangenheit wurde in einigen wenigen Fällen versucht gegen legale linke Gruppen mit der großen Repressionskeule, dem §129a, vorzugehen. Die Versuche scheiterten, in Magdeburg versucht es die Bundesanwaltschaft erneut. Ein solches Vorgehen passt gut in die momentane politische Landschaft und Angst vor allzu viel Protest muss man in Karlsruhe ohnehin nicht haben.

Ordnung, Kontrolle, Sicherheit
Die bestehende gesellschaftliche Ordnung die auf der Verwertbarkeit von Menschen aufbaut, produziert geradezu automatisch ein Interesse an der Kontrollierbarkeit dieser Menschen. Überwachung und Repression sind seit jeher integraler Bestandteil kapitalistischer Produktion. Die Zwangsverhältnisse des Lernens, Lebens und Arbeitens nach dem Modell des Exerzierens, das im Produktionsbereich seine Vollendung im Takt der Fließbänder fand, ist in den letzten Jahrzehnten neuen Strategien gewichen. Danach steht weniger die sklavische Disziplin beim Befolgen starrer Regeln im Vordergrund, als soziale Integration und Ausbeutung in einem nicht klar umrissenen Normalbereich. Sozialarbeit, Markenfetisch, Teamwork, dezentralisierte und privatisierte Verhaltenskontrolle sind einige Strukturen der postmodernen Kontrollgesellschaft. Daneben erlebt die "öffentliche Ordnung" in Deutschland eine regelrechte Renaissance. Aussagen wie "man muss die Ängste der Bürger ernst nehmen" signalisieren, obwohl diese Ängste häufig mehr gehört als geäußert werden, dass zunehmend nicht mehr konkrete Straftaten, sondern subjektive Befindlichkeiten zum Gegenstand sicherheitspolitischer Interventionen werden. Beispiel Videoüberwachung. Dabei handelt es sich um eine Form der Überwachung, wie sie schon seit längerem im privat-kommerziellen Bereich z.B. in Kaufhäusern und Bahnhöfen praktiziert wird. Das alte panoptische Disziplinarmodell des "gesehen zu werden, ohne selbst zu sehen" dient damit vor allem präventiven Zwecken. Die sichtbare Installierung eines Kontrollsystems soll Menschen zu einem bestimmten Verhalten bewegen. In zwei Punkten allerdings unterscheidet sich diese Art der Überwachung ganz wesentlich vom Panopticon wie es Michel Foucault in "Überwachen und Strafen" als Disziplinierungsinstrument beschrieben hat. Das postmoderne Modell lässt sich durch seine Dezentralisierung der Überwachung kaum mehr lokalisieren und schafft damit den Eindruck der "rundum-Überwachung". Zudem beruht es nicht unwesentlich auf der Zustimmung und dem Einverständnis der Betroffenen. Es ist durch die anhaltenden Sicherheitsdebatten der letzen Jahre und insbesondere durch den 11.9.2001 ein wachsendes Bedürfnis entstanden, beständig überwacht zu werden. Wer meint nichts zu verbergen zu haben, braucht die Kontrolle ja nicht zu fürchten. Das ist der Boden auf dem die diffusen Bedrohungsängste gedeihen, die jeden Vorgarten zur militarisierten Zone und jeden Konsumtempel zum Hochsicherheitstrakt werden lassen können.

Sicherheitswahn und Asozialisierungsprozesse des Kapitalismus Verantwortlich für die eklatant gestiegenen Sicherheitsängste sind aber keineswegs reale Bedrohungen durch gestiegene Kriminalitätsraten - diese stagnieren bzw. gehen beständig zurück - noch einzelne Anschläge durch wie auch immer geartete Terroristen. Diese Frage muss vielmehr im allgemeinen gesellschaftlichen Kontext betrachtet werden. Dabei spielt vor allem die Erosion des Typus des Wohlfahrtsstaates und die stetige Durchsetzung neoliberaler Modelle eine wesentliche Rolle. Diese Umwälzung - auch wenn sie in Deutschland langsamer als z.B. in Großbritannien und den USA vonstatten geht - gewinnt auch hier an Profil. Privatisierung von öffentlichem Eigentum und vormals staatlichen Aufgaben, flexibler Arbeitsmarkt, niedrige Einkommenssteuern und "Schlanker Staat" sind ihre Schlagworte. Diese Transformation strukturiert auch den sicherheitspolitischen Bereich neu. Der Siegeszug marktregulierter Steuerung entzieht auf bestimmten Politikfeldern dem Staatsapparat einen Teil seiner Handlungsressourcen. Das bringt Legitimationsprobleme mit sich, da die Erwartung, dass der Staat regulierend und intervenierend eingreifen solle, bei den Menschen nach wie vor präsent ist. Da ist eine Kernfunktion des Staates - die Gewährung der Sicherheit - ein geradezu unerschöpfliches Quell der Legitimierung. Auf diesem Feld können Regierung und Parteien Handlungsfähigkeit demonstrieren, was ihnen in anderen Bereichen längst nicht mehr möglich erscheint. Somit sind die juristischen Waffenkammern im Kampf um die Sicherheit immer randvoll gefüllt. Dass viele Menschen auf die Law and Order-Kampagnen ansprechen, hängt mit ihrer Position im kapitalistischen Verwertungsprozess zusammen. Sie sind verstärkt dazu angehalten sich an der Lösung bestimmter Probleme und Angelegenheiten (z.B. der Altervorsorge) zu beteiligen, die bisher von spezialisierten und autorisierten Staatsapparaten reguliert wurden. Dieser Hegemonialdiskurs der Individualisierung propagiert einerseits den Traum des "Tellerwäscher zum Millionär", verschweigt aber das dieser nur für eine verschwindend kleine Minderheit im Bereich des möglichen liegt. Die strukturellen Risiken des Scheiterns werden so zum Individual-Problem. Als Reaktion auf die Wirkung dieser Deregulierung verstärken sich gesellschaftliche Strömungen, die den Verlust bestimmter Normalitätsstandards oder die Bedrohung ihres sozialen Status durch harte Grenzziehung und rigide Normierung zu bearbeiten versuchen. Sei es durch Strafbereitschaft, ja Straffreude gegenüber abweichendem Verhalten oder zunehmend auch in der handfesten Variante mit Gewalt. Damit wird Stabilität erzeugt, wo die unreglementierten ökonomischen Verhältnisse diese zerstören. Die Etablierung der Kontrollgesellschaft begleitet diesen Asozialisierungsprozess. Die angebliche Naturgesetzlichkeit der kapitalistischen Produktionsweise verunmöglicht andere Lösungen zu denken. Ein Leben ohne den Zwang seine Arbeitskraft auch unter noch so miesen Bedingungen verkaufen zu müssen ist für die Mehrheit nicht vorstellbar. Solange man innerhalb dieses Systems, das immer mehr Not und Elend produziert, noch zu denen gehört die ökonomisch verwertbar sind, wird darum gekämpft diese Stellung aufrecht zu erhalten. Die Bedingungen hierfür werden schlechter und somit wird sich angepasst. Die Identifikation mit dem "Standort" der sich gegen andere durchsetzen muss, mit den "Deutschen" die ihren Wohlstand gegen "Wirtschaftsflüchtlinge" verteidigen müssen, mit den "Fleißigen" denen die Schmarotzer und Sozialhilfeempfänger wie Florida-Rolf auf der Tasche liegen oder die Flucht in Verschwörungstheorien, sind der einfache Reflex der davor bewahrt sich grundsätzlich die Frage nach dem Funktionieren des herrschenden Systems und der eigenen Rolle zu stellen. Während Analysen jenseits der Repressionslogik zunehmend aus dem Blickfeld geraten, befindet sich die Gesellschaft in einem andauernden Sicherheitswahn. Allein schon die massive Präsenz von Staatsgewalt und Repression in der Öffentlichkeit erzeugt das Gefühl der Bedrohung durch jene die außerhalb der Gesellschaft stehen. Die Folge sind populistische politische Entscheidungen, die wiederum dieses Gefühl verstärken. Dezentralität und Diffusität sind somit die wichtigsten Merkmale im Zusammenspiel der Ideologien von Überwachungsstaat und Kontrollgesellschaft.

Der Kapitalismus und die Gefahr der Personalisierung der Schuld
Nur allzu verführerisch ist der Glaube die Schuld an gesellschaftlichen Entwicklungen personalisieren zu können. Wenn beispielsweise in verkürzter Kapitalismuskritik alle ökonomischen Entwicklungen zu Projekten der herrschenden Klasse erklärt werden, die daraus angeblich ihren Nutzen zieht, wird versucht konkrete Hauptschuldige für die gegenwärtigen Entwicklungen zu suchen. Darin finden sich einerseits Anknüpfungspunkte für antisemitische Denkfiguren, andererseits geht dieser Glaube an den gesellschaftlichen Realitäten weit vorbei. Vielmehr zeigt sich, dass ökonomische Verwertung, Repressionslogik, vortäuschen politischer Handlungsfähigkeit und gesellschaftliche Ausgrenzungsmechanismen sich zwar gegenseitig unterstützen, aber kein homogenes gesteuertes Gebilde sind, ja sich unter Umständen auch entgegen stehen können. Deshalb muss linksradikale Kritik diegesamtgesellschaftliche Dimension erfassen. Die herrschende kapitalistische Ordnung beruht auf der Aneignung fremder Arbeitskraft zur Produktion von Waren. Welche Waren das sind und ob sie die realen menschlichen Bedürfnisse befriedigen können, ist zunächst einmal gleichgültig. Für diejenigen die das zur Produktion notwendige Kapital zur Verfügung stellen, zählt einzig und allein ob diese Waren mit Gewinn verkauft werden können. Sie werden produziert durch Arbeit, dem herrschenden patriarchalen Prinzip der Unterwerfung von Mensch und Natur. Auf dem Markt wird der in den Waren enthaltene abstrakte Mehrwert dann in der Geldform realisiert. Produziert wird also alles was sich zu Geld machen lässt, selbst wenn es die natürlichen Lebensgrundlagen der Menschen zerstört. Geld ist also keine praktische Angelegenheit, sondern ein gesellschaftliches Verhältnis. Schließlich schmiedet es über den globalen Markt Menschen zusammen, unabhängig von deren Willen, d.h. die kapitalistische Vergesellschaftung ist keine freie und faire Übereinkunft, sondern ein Zwangsverhältnis. Die Warengesellschaft vermittelt sich global über das Geld, dass die vernutzte menschliche Arbeitskraft ausdrückt. Diese Vernutzung geschieht aus reinem Selbstzweck, dem Selbstzweck der Kapital-Akkumulation. Somit kann die kapitalistische Produktionsweise nicht zu allgemeinem Wohlstand führen, sondern nur in einen fundamentalen Selbstwiderspruch und in die gesellschaftliche Krise einesverselbstständigten Marktsystems. Der Selbstwiderspruch besteht auf der einen Seite im absurden Selbstzweck, die Akkumulation "abstrakter Arbeit" in eine Akkumulation von ökonomischem "Wert" zu verwandeln. Das ganze stellt sich als pulsierendes Wachstum des Geldkapitals um seiner selbst Willen dar. Auf der anderen Seite aber ersetzt die selbe irre Vernunft mit zunehmender Produktivkraftentwicklung menschliche Arbeit fortlaufend durch technisch-wissenschaftliche Entwicklungen und höhlt so die Substanz der "Wertschöpfung" selbst aus. Hinter den "drei Gewalten" der staatlich politischen Sphäre der modernen "Demokratien", nämlich Legislative, Exekutive und Judikative, steht deutlich die Vierte - die strukturelle Gewalt des totalitären Marktsystems, d.h. die Regulations- und Realisationssphäre der Kapitalverwertung. Und da die Gesellschaft als originär politisch betrachtet, und die herrschende Produktionsweise als naturgegeben angesehen wird, erstrecken sich die Vorstellungen von gesellschaftlicher Veränderung nur auf die ersten drei Gewalten. Die innere Krisenpotenz des Kapitalismus steht aber außer Zweifel. Das klaffende historische Missverhältnis zwischen einer Steigerung der menschlichen Potenzen einerseits und der Erzeugung immer neuer Armuts- und Krisenpotenziale andererseits hat bisher nicht zur Überwindung des bestehenden Zwangssystems von Wert, Arbeit, Ware, Geld und Staat geführt. Und sollte sich eine solche Veränderung nur im geringsten Ankündigen ist der Staat zur Stelle. Der moderne Staatsapparat ist nur eine Funktionssphäre des Kapitalismus, genauso wie der Markt. Der Staat reguliert die Märkte, schafft Rahmenbedingungen, ist Funktionär der allgemeinen kapitalistischen Menschenverwaltung. Die Rahmenbedingungen werden im Notfall auch mit allergrößter Härte aufrecht erhalten.

Wie steht's mit der Repression?
Der Staat ist quasi der gesellschaftliche Rahmen der Produktion für den Profit und sichert die Reproduktion der hiesigen Verhältnisse. Sein Zweck ist die Aufrechterhaltung des warenproduzierenden Systems, er verwendet Repression ebenso wie soziale Absicherung als Mittel und gerät auch schon mal mit einzelnen Kapitalisten in einen Interessenkonflikt, wenn diese die Grundlage der Produktion zu zerstören drohen. Seine Grundlage ist die Sicherung des Eigentums nach innen und außen - die Vorraussetzung zur Profitproduktion. Demzufolge gehören Eigentumsdelikte zu den am schärfsten Verfolgten. Entsprechend viele soziale Gefangene finden sich in den Knästen. Sei es weil die Über-Identifizierung mit den herrschenden Werten von Leistung, Status und Geld oder ihre ökonomische Situation durch den Zwang der Verhältnisse sie dort hinein gebracht haben. Daneben finden sich im Knast auch die politischen Gefangenen wie Marco, Daniel und Carsten. Sie sitzen, weil es zu einer der grundlegenden Aufgaben des Repressionsapparates gehört, jene zu verfolgen, die das bestehenden System überwinden wollen. Dabei spielt es keine Rolle ob die Bemühungen erfolgreich sind oder nicht, wenn sich ein Ansatzpunkt bietet wird zugeschlagen. Wer gegen Gesetze verstößt, muss damit rechnen bestraft zu werden. Egal ob er/sie aus politischer Motivation handelt oder nicht. Mensch wird nicht zwangsläufig härter bestraft, nur weil eine linksradikale Einstellung Motiv irgendeiner Tat ist. Vielmehr vergleicht der Staat die Tat mit seinem allem vorangestellten Regelwerk. Im Falle des Nichtübereinstimmens folgt die Verurteilung. Dabei steht dieses gesetzliche Regelwerk nicht zur Disposition. Es regelt und exekutiert den repressivenGesamtzusammenhang. Justiz ist somit immer politisch und repressiv denn sie formuliert welche Interessen erlaubt sind und welche kriminalisiert werden. Das die Sicherheitsbehörden sich nicht zwangsläufig an die von ihnen selbst gewaltsam durchgesetzten Regeln halten, mag als Widerspruch erscheinen, kann aber kaum jemanden noch ernstlich empören und erst recht nicht Ansatzpunkt für Kritik von links sein. Diese würde sich dann als die rein reformistische Politik darstellen, welche sie doch abzulehnen vorgibt. Es kann also in dieser Situation konkreter Repression nicht darum gehen auf das Einhalten demokratischer Spielregeln zu pochen. Vom repressiven Charakter der Verhältnisse sind viele Menschen wesentlich mehr und wesentlich härter betroffen als die politische Linke. Der Repressionsapparat ist inzwischen zur Verfolgungsinstanz von Minderheiten wie Flüchtlingen und sozial Ausgegrenzten mutiert, die ein ganz anderes Maß an polizeilichem Terror und Willkür zu erdulden haben, als wir es uns oft vorstellen. Vom repressiven Charakter der Sozialverwaltung und dem ökonomischen Überlebensdruck der auf vielen Menschen lastet, ganz zu schweigen. Zudem gibt es einen erheblichen Unterschied zwischen selbstgewählter Opposition und aufgezwungenem Außenseiterstatus. Kritik am repressiven Charakter der Verhältnisse braucht demzufolge keine Trennung zwischen "normaler" Strafverfolgung und politischer Repression. Die Mechanismen sind die gleichen. Trotzdem gibt es ein ganzes Arsenal von exekutiven und juristischen Möglichkeiten, die die politische Repression kennzeichnen. Das sind die Sondergesetze wie der §129a und entsprechende Abteilungen bei Polizei, Staatsanwaltschaft und Geheimdiensten. Sie zielen insbesondere auf die Kriminalisierung von Menschen und Handlungen die Staat und Verwertungslogik angreifen, dafür werben oder Handlungsmöglichkeiten einfach nur diskutieren. Ihre Auswirkungen sind weniger konkrete Verurteilungen. Sie zielen auf Einschüchterung und Verunsicherung - das Erzeugen einer allgemeinen Ohnmacht - und damit auf die Abschreckung. Diese Abschreckung wirkt nicht allein auf jene, die derzeit linksradikale Politik machen, sondern auch auf jene die nach Ausdrucksformen ihrer Unzufriedenheit suchen. Nicht ohne Grund sind deshalb gerade junge Menschen Opfer dieser Repression. Doch das ist kein privater Kleinkrieg des Sicherheitsapparates gegen die politische Linke. Im Gegensatz zum Herbst '77 geht es heute bei der politischen Repression gegen Linke nicht um deren vollständige Zerschlagung - strukturell und personell - was in anbetracht der momentanen Kräfteverhältnisse auch nicht wirklich verwundern kann. Die Repression ist die gegenüberliegende Seite der Vereinnahmung bzw. Integrierung in den Schoß der Gesellschaft. Die Linke wird einfach dort gehalten wo sie auch schon vorher war - vornehmlich mit sich beschäftigt in der relativen Bedeutungslosigkeit. So geht es im momentanen Verfahren gegen Marco, Daniel und Carsten auch nicht um das Weiterleben linksradikaler Politik im Allgemeinen. Auf abstrahierter Ebene hingegen, geht es für uns aber darum in welchem Maße wir - bzw. jegliche emanzipatorische Politik - in Zukunft eine Chance auf politische Relevanz haben werden.

Linke Politik verteidigen
Linksradikale Politik heißt die Verwertungsbedingungen zur Disposition zu stellen, Widerstand gegen die Strukturen zu leisten die Herrschaft und Ausbeutung reproduzieren, also gegen Kapitalismus und die dazugehörigen Formen der Politik. Das ist ohne Analyse der Verhältnisse nicht zu machen, insbesondere da alle möglichen Gesellschaftsalternativen tabuisiert werden. Dabei spielt weniger eine Rolle, an welchen konkreten Ansatzpunkten sich die linke Fundamentalopposition artikuliert, sondern vielmehr wo es gelingt in das politische Geschehen einzugreifen. Unser Kampf gegen die Repression ist deshalb auch ein Kampf für unseren Anspruch auf ein besseres Leben. Niemand wird für sich in Anspruch nehmen können den ultimativen Weg dahin eingeschlagen zu haben oder überhaupt nur genau zu kennen. Wir solidarisieren uns mit Marco, Daniel und Carsten die wegen ihres politischen Engagements jetzt vor Gericht gestellt werden. Nicht wir haben uns den Zwangsverhältnissen anzupassen sondern die Verhältnisse der Bedürfnissen der Menschen. Und das geht nur ohne Ausbeutung, Patriarchat, Rassismus und Antisemitismus. Als freie Vereinbarung freier Menschen.

Gehen wir am 25. Oktober auf die Straße, um unseren Widerstand kraftvoll und lautstark zu demonstrieren, denn zeigt der Staat die Zähne, sorgen wir für Zahnausfall!

Die Gefangenen müssen raus - der Kapitalismus muss weg!


Linke Politik verteidigen!
Freiheit für Marco, Daniel und Carsten!


AFA Halle, AKA Mannheim, Alhambra Zeitung, Antifacafe Oldenburg, Antifa Iserlohn, Antifa Nierstein, Anti-Knast-Gruppe Dresden, Antifa Hagen, antifa hg Bad Homburg, Antifaschistische Aktion Hannover [aah], Antifaschistische Aktion Lüneburg / Uelzen, Antifaschistische Aktion Nordfriesland, Antifaschistische Aktion Rendsburg [AARD], Antifaschistische Initiative Heidelberg, antifaschistische linke berlin [ALB], Antifaschistisches Komitee [AK] Bremen, Antifaschistisches Plenum und Jugend Antifa Aktion [JAA] Braunschweig, AAE Marburg, Autonome Antifa Altmark, Autonome Antifa [f] Frankfurt/Main, Autonome Antifa Gruppe Bremen [AAGB], Autonome Antifa Ludwigsburg, Autonome Antifa Lüdenscheid [AAL], Autonome Antifa [M] Göttingen, Autonome Antifa Nordost [aano] Berlin, Autonome Antifa Schwerin, Autonome Kommunisten Berlin, Autonomer Zusammenschlusz Magdeburg, Autonomes Zentrum (im Exil) Heidelberg, AZ-Wagenplatz Osnabrück, Bündnis 18.10. Berlin, Gruppe Paula, Infobüro Barnstorf, Infoladen Metropole, Initiativ e.V. - Verein für Demokratie und Kultur von unten Duisburg, junge Autonome München, Internationale KommunistInnen Berlin, JungdemokratInnen/ Junge Linke, Kommission für eine Rote Hilfe International, Libertad!, Offene Antifajugend Magdeburg, Offene Antifa Münster (OAM), Oldenburger Rechtshilfe, Pankower Antifaschistische Offensive (PAO) Berlin, Projekt und Initiativenrat Berlin (PiRAT) Rote Hilfe Bundesvorstand, Rote Hilfe Dresden, Rote Hilfe Hamburg, Rote Hilfe Magdeburg, Rote Hilfe München, Rote Hilfe/Revolutionärer Aufbau Schweiz, Rote Hilfe Schweinfurt, Solidaritätskomitee zur Freilassung von Gabi Kanze, Soligruppe Magdeburg / Quedlinburg, Organisierte Autonomie Närnberg, Zeitung Initial, Junge Linke Lippstadt, Antifaschistische Aktion Leverkusen, Antifa AG Uni-Bielefeld, AZ-Wagenplatz Osnabrück




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BILDER aus Magdeburg:
 http://www.mobaction.de
 http://www.krasse-zeiten.de
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Ergänzungen

Solikonzi in Magdeburg am kommenden Samstag

Soligruppe 17.11.2003 - 20:09
Solikonzert für Marco, Daniel und Carsten
Samstag, 22.11.2003 im Mikrokosmos Magdeburg, 20:00 Uhr

1. The Spectacle [Norwegen]: aus dem Kaospilot-Dunstkreis aufgetauchte Walze mit chaotischem Screamo in bester Swing Kids/Yage/Uranus-Manier.
2. Eskimobaby [Magdeburg]: Post Rock der ruhigeren Gangart: melancholisch, schwer und wunderschön.
3. Five Finger Discount [Magdeburg]: melodischer, energiegeladener Bastard aus schnellem Punk, Oldschool-Hymnen und vertrackten Songstrukturen. Herrlich erfrischend für Magdeburger Verhältnisse; ex-The Jukebox Scenario / 77Days.
4. Sense Never Came [Genthin]: Kumpels von Fall of a Season und somit steht die Richtung auch schon fest: kompromissloser Metalcore mit adäquater Bühnenumsetzung.

VOKÜ: ab 20:00 gibt es leckeres veganes Essen.

Die Soligruppe wird mit einem Infostand beim Konzi präsent sein.

Alle Einnahmen des Konzerts werden der Soligruppe zu Gute kommen.

(Weitere Infos unter www.soligruppe.de)

hier ist das video

hulli 17.11.2003 - 20:27
sorry, aber irgendwie hat das mit dem Video doch nicht so ganz geklappt, dass Video könnt ihr euch aber über die beiden Links anschauen:

+  http://www.mdr.de/Media/stream/1010557-WinMedVideo-Medium.asx
+  http://www.mitglied.lycos.de/antifalp/magdeburg-video.asx