Mehr baskische politische Gefangene als unter der Franco-Diktatur

Ralf Streck 29.06.2003 19:02 Themen: Antifa Repression
Die baskischen politischen Gefangenen haben die repressive Gefängnispolitik Spaniens und Frankreich für gescheitert erklärt. In einem mit mehreren Tausend Menschen prall gefüllten Velodrom in Donostia - San Sebastian haben die fast 700 Gefangenen ihre Bereitschaft betont, den "Befreiungskampf fortzusetzen, bis es eine demokratische Lösung für den politischen Konflikt im Baskenland gibt".
Die Amnestiebewegung hatte den Akt unter dem Motto "Zeugnisse der Würde" organisiert, auf dem vier Ex-Gefangene stellvertretend für das neu gebildete Kollektiv der Baskischen Politischen Gefangenen (EPPK) sprachen. Es hat als Ziel, als "politischer Vertreter" und "Vermittler" mit der baskischen Gesellschaft zu wirken. Die Sprecher, hinter denen sich auf dem Podium Hunderte Ex-Gefangene gruppierten, erklärten, die Gefangenen werden nicht "aufgeben". Die Knäste würden sich weiter füllen, solange ein Kampf um Befreiung notwendig sei, nur eine Lösung des Konfliktes könne sie leeren.

Die Politik aus Madrid und Paris, die Gefangenen als schwächstes Glied in der Kette zu knacken, sei gescheitert. Die seit 1978 andauernde Zerstreuung der Gefangenen über beide Staaten habe kein Ergebnis gebracht. Die Zerstreuung müsse aufgehoben werden und die Gefangenen ins Baskenland verlegt werden, forderten die Sprecher der Gefangenen. Nur 33 Gefangene sitzen derzeit in den vier Gefängnissen im Baskenland. Im Durchschnitte sind sie etwa 700 Kilometer entfernt vom Baskenland inhaftiert. Die Zerstreuung, die auch als Bestrafung der Angehörigen angesehen wird, provoziert drei Unfälle monatlich. 13 Angehörige haben auf den langen Wegen zu Besuchen auf spanischen und französischen Straßen ihr Leben gelassen. Auch die neuen Gesetze in Spanien, die Strafen auf 40 Jahre anzuheben, würden die Gefangenen nicht zum ?aufgeben? bringen. Das neue Strafrecht sieht praktisch lebenslänglich als Strafe vor. Erst nach 35 Jahren sind Hafterleichterungen möglich, wobei zuvor vom Kampf abgeschworen werden muss, wozu bisher nur wenige bereit waren.

Kritisiert wurden von den Gefangenen auch die moderaten Nationalisten. Sowohl die Baskisch-Nationalistische Partei (PNV), als auch die Baskische Solidaritätspartei (EA) machten sich zu "Komplizen" von Madrid und Paris. Beide fordern zwar immer die Zusammenführung der Gefangenen ins Baskenland, doch praktisch unternehmen sie nichts dafür, dass das spanische Strafrecht eingehalten wird. Es sieht eine Verbüßung der Strafe in der Nähe der Heimat vor.

Durch kurze Videofilme waren auch verschiedene Flüchtlinge in der Veranstaltung präsent. Sie berichten Beispielhaft über das Schicksal von mehr als 2000 Menschen, die in diverse Länder verstreut wurden. Kürzlich zurückgekehrte Flüchtlinge bekräftigen auf dem Podium ihren Beschluss, nur mit dem baskischen Ausweis ENA zu leben, den eine Stiftung als Akt des zivilen Ungehorsams herausgibt.

Es ist bezeichnend, dass es heute mehr baskische politische Gefangene gibt als unter der Diktatur Francos. Da nun fast alle Organisationen der linken Unabhängigkeitsbewegung als angebliche Teile der ETA kriminalisiert werden, war nur ein Teil der Gefangenen effektiv oder mutmaßlich Mitglied eines Kommandos. Unter den Gefangenen befinden sich Journalisten der im Februar verbotenen Tageszeitung Egunkaria, Politiker der verbotenen Partei Batasuna und Vertreter etlicher politischer Gruppen. Darunter befinden sich auch die Führung von Askatasuna (Freiheit) die sich für Gefangenen eingesetzt und ihre Angehörigen unterstützt hat. Unter den fast 700 Gefangenen befinden sich auch die beiden Deutschen Gaby Kanze und Petra Elser. Letztere hat mit einer Verfassungsbeschwerde nach fast zwei Jahren Haft ihren Prozess erzwungen, der am Dienstag in Madrid beginnt.

© Ralf Streck, Donostia - San Sebastian den 29.06.2003
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Ergänzungen

startseite.

29.06.2003 - 22:09
bitte...

http://www.intsol.de/paulo/

natalja 30.06.2003 - 11:28
Freiheit für Paulo Elkoro !!!

Freiheit für Gabriele Kanze und Paulo!

autonome internationalistInnen 01.07.2003 - 00:45
Am 22.7. findet in Berlin-Friedrichshain ab 19 Uhr eine Veranstaltung zur aktuellen Situation im Baskenland, für die Freiheit von Gabriele Kanze, Paulo und anderen politischen Gefangenen statt. Ort: Sama-Cafe, Samariterstr. 32, nähe U-Bhf. Samariterstrasse

Film, Infoveranstaltung und Soliparty, mit Cocktail-Tresen
Fight EU-Terror! Stop the repression in the Basque country! Freiheit für Gabriele Kanze und Paolo Elkoro!


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Hört mal her — Freiheit