Übergabe der antirassistischen roten Karte an die Berliner PDS

freya fluten 05.07.2002 14:27 Themen: Antirassismus
Heute Morgen wurde der Berliner Sozialsenatorin Frau Knake-Werner erfolgreich die rote Karte für fortgesetzten staatlichen Rassismus und dreiste öffentliche Lügen übergeben.
Erfolgreiche Übergabe der Antirassistischen roten Karte an die Berliner Sozialsenatorin Frau Knake-Werner

Heut Morgen wurde der Sozialsenatorin von Berlin, Frau Knake-Werner, in ihrer Anwesenheit die rote Karte für fortgesetzten staatlichen Rassismus und dreiste öffentliche Lügen übergeben. Es waren mehr als 70 antirassistische AktivistInnen da, um dem Verwaltungsapparat der Sozialbehörde lautstark zu zeigen, wir lassen uns von euch nicht verarschen und wissen genau, wer für die Konzeption und Umsetzung der rassistischen Sondergesetze für AusländerInnen in der BRD zuständig ist. Die PDS hat sich wiederholt in Wahlkampfzeiten als die noch einzige antirassistische Partei hingestellt und so versucht, sich die WählerInnenstimmen zu erschwindeln. Denn die Politik zeigt deutlich, dass dies leider nicht viel mehr als leere Sprüche waren.

Wir sprechen hier die ganze Zeit von den unverschämten Lügen der PDS und diese sollen nun aufgezeigt werden, damit sich ein Sturm der Entrüstung erhebt und die RassistInnen von ihren Posten fegt:

Die neuste Lüge ist erst vor wenigen Tagen ans Licht getreten und karikiert die antirassistischen Worthülsen der PDS aufs schärfste: Im Gegensatz zu der regulären Sozialhilfe, die jedes Jahr an die gestiegenen Lebenshaltungskosten angeglichen wird, wurde die Hilfe nach dem Asylbewerberleistungsgesetz seit dessen Einführung 1993 kein einziges Jahr angepasst - dies bedeutet also eine faktische jährliche Kürzung. Nun kommt es aber noch heftiger: Da das Verhältnis der Heizkosten zur Gesamthilfe stetig steigt, die Hilfe aber noch nie angehoben wurde, kommt es durch Zahlenspiele der PDS in diesem Jahr zu einer realen Kürzung der an die Flüchtlinge ausgezahlten Hilfe. Dies ist eine Unverschämtheit und ein Schlag in Gesicht für alle Flüchtlinge!

Trotz der Wahlversprechen und der schriftlichen Fixierung in den Koalitionsvereinbarungen wurden die geringen geplanten Verbesserungen in den Abschiebeknästen nicht umgesetzt und es werden immer noch gesetzeswidrig minderjährige Menschen eingesperrt. Wir fordern natürlich die sofortige und endgültige Schließung aller Abschiebeknäste und nicht nur die Freilassung der Minderjährigen. Zwar stehen wir eigentlich nicht auf reformerisches Geschwätz, trotzdem entpuppt sich selbst hier die PDS als unfähig: So sollten die Innengitter in den Knästen entfernt werden und es sollten Trennwände in die sanitären Einrichtungen eingebaut werden – ist natürlich nicht passiert. Dies alles widerspricht nicht nur den Koalitionsvereinbarungen zwischen SPD und PDS, sondern auch geltendem Recht in der BRD – und wie minimal dessen humanen rechtstaatlichen Garantien sind, wissen wir ja alle.

Die PDS erklärte großspurig, sie wolle endlich die rassistische und diskriminierende Unterbringung von Flüchtlingen in Gemeinschaftsunterkünften beenden und Flüchtlinge das Recht auf eine eigene Wohnung zubilligen: wer sich gefreut hatte, dem wurde schlecht bei dem an den Tag gelegten Zynismus und Hohn der Berliner Regierung: Nicht frei gewählte eigene Wohnungen sollen die Flüchtlinge bekommen sondern in leer stehenden Plattenbauten in den Randbezirken ghettoisiert werden. Nicht nur, das jegliche Kommunikation mit dem Rest der Bevölkerung unterbunden wird, rassistische Vorurteile durch diese Ghettobildung forciert werden und die Plattenbauten dann ungeschützt randalierenden Nazibanden ausgesetzt sind, es soll gleichzeitig durch zweierlei Schachzüge massenhaft Geld gespart werden: die Betreuung, die in den Heimen noch halbwegs gewährleistet war, fällt weg. Gleichzeitig werden leer stehende Plattenbauten, die der Berliner Senat im Rahmen der letzten Korruptionsaffären in den Sand gesetzt hatte, zwangsbelegt und so fließt die Hilfe zum Lebensunterhalt für Flüchtlinge wieder zurück in die staatlichen Kassen.

Der Berliner rot-rote Senat war neben Brandenburg das Zünglein an der Wage bei der Abstimmung zu dem Zuwanderungsgesetz. Neben den katastrophalen Implikationen für hier lebende Flüchtlinge – ein Großteil wird durch das Gesetz wahrscheinlich in die Illegalität abgedrängt - haben sie mit dem Gesetz für jedes Bundesland ein Ausreisezentrum beschlossen. Ausreisezentren sind Lager, in denen Flüchtlinge, die ausreisepflichtig sind und denen vorgeworfen wird, sie würden sich nicht aktiv an ihrer Abschiebung beteiligen, unter absolut inhumanen Bedingungen eingewiesen werden. Das Taschengeld ist komplett gekürzt, die Residenzpflichtkreise liegen direkt um die Zentren und zwei mal die Woche gibt es organisierten Psychoterror mit dem Ziel, dass die Flüchtlinge ihre Perspektivlosigkeit in der BRD einsehen und freiwillig ausreisen sollen. Die bereits bestehenden Pilotprojekte haben gezeigt, dass kein Flüchtlinge freiwillig ausreist, doch der Erfolg liegt laut der Regierungen in dem Drittel, welches abgeschoben werden konnte und in der mehrheitlichen Gruppe von Flüchtlingen, die in die Illegalität angetaucht sind – unkontrollierte Ausreise auf beamtendeutsch. Trotz der Zustimmung zu dem Gesetz, welches diese Zentren bundesweit beschließt, schreibt die PDS in ihr Wahlprogramm, dass sie Ausreisezentren als Repressionsmittel ablehnt.

Der Ausschlag gebende Grund unserer Anwesenheit war eigentlich die Nichtkündigung des Vertrages mit der Firma SODEXHO, die in Berlin das Chipkartensystem betreibt. Trotz anderer Zusagen wurde das System mit fadenscheinigen Gründen und vorgeschobenen Verbesserungen im System nicht gekündigt. Doch im Vergleich zu den anderen Diskriminierungen, denen Flüchtlinge in der BRD und im besonderen in Berlin ausgesetzt sind, erscheint dies nicht mehr als unser wichtigste Anliegen.

Was klar wird, ist das von Parteien jeglicher Couleur nicht mehr zu erwarten ist als die Umsetzung der herrschenden Politik. Parteien definieren sich durch ihre Funktion innerhalb der parlamentarischen Demokratie, und der so konstituierte Staat ist bekanntlich der Staat des Kapitals. Das erschreckende und peinliche Beispiel der GRÜNEN hat gezeigt, wohin dies führt und wie schnell sich linke Sprüche als wahltaktische Lügen erweisen. Ob nun Kriege führen oder rassistische Gesetze verabschieden, alles wird möglich, wenn man oben angekommen ist und die Doktrinen des kapitalistischen Systems durchsetzen muss. Was deutlich wird ist, dass auch positive Statements, die von der Opposition kommen, genau und nur aus dieser Funktion erklärbar sind und mit wirklichen Absichten nichts zu tun haben!

Der Antirassistische Aktionstag geht natürlich noch weiter, also kommt alle heute Nachmittag zu der großen und bunten Demo gegen die staatlichen Sondergesetze für AusländerInnen in der BRD, Treffpunkt ist 16:30 vor der Humboldt Universität in Berlin, Unter den Linden 6. Kommt pünktlich, denn es gibt zum Auftakt ein tollen Theaterstück. Die Demo geht zum Heinrichplatz in Kreuzberg, hier findet noch ein Abschlusskonzert statt mit Kommando Victor Zoy, doncax & family G und flexicute. Natürlich gibt es auch noch ein paar gute Reden und leckeres Essen für umsonst.
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Ergänzungen

Bilder dazu

- 05.07.2002 - 19:29

wie oft denn noch...

der genervte 07.07.2002 - 12:21
kann mal jemand den Leuten erklären was das Wort RASSISMUS bedeutet? Ich bin es leid diese ewige Benutzung des Wortes zu kritisieren. Wenn man dem Gegner Beschuldigungen an den Kopf schmeißt, die er ganz leicht entkräften kann (den Rassismus bezieht sich auf RASSE, wenn es sowas überhaupt gibt, und nicht auf STAATSANGEHÖRIGKEIT. Dennn darum gehts hier!) dann ist der Kampf gegen diesen Gegner zum Scheitern verurteilt.

lieber genervter Idiot...

Relaxter 08.07.2002 - 11:06
Nei, lieber "Genervter"...das IST Rassismus, weil aus Nationalität auch "Rasse" konstruiert wird...Gib mal "institutionellen Rassismus" als Suchbegriff ein, vielleicht hilft Dir das dann weiter...

KEIN Rassismus

Togliatti 11.07.2002 - 11:48
jeoje! Die isolierte Antifa-Politik wurde Mitte der 90er eingebunden in einen Kontext, der den gesellschaftlichen "Rassismus" berücksichtigte, also die institutionalisierte Diskriminierung von Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit. Leider ist es dann bei diesem "AntiRa"-Konzept geblieben. Denn die staatliche und nichtstaatliche Gewalt richtet sich eben nicht gegen wohlhabende AusländerInnen, sondern allgemein gegen arme Menschen. Von Rassismus kann überhaupt keine Rede sein. Der Gewalt der faschistischen Straßenbanden fallen ebenso Obdachlose zum Opfer ("Arier"), und die Ausgrenzungspolitik von Staat und Wirtschaft unterscheidet nur als KonsumentInnen interessante oder eben uninteressante Personen, ohne Ansehen von Hautfarbe oder Religion etc.

Wirklich bedauerlich ist an dieser konsequenten Fehlanalyse, daß eine wirkungsvolle Intervention leider nicht möglich ist, wenn die Ursachen und Mechanismen des Krieges gegen die Armern verkannt werden.
Postmoderne Linke, du dauerst mich!!