Genua: Versuch einer politische Einschätzung - Überarbeitet

info_berlin 26.07.2001 12:23 Themen: Globalisierung
Bisher ist die Berichterstattung bei indymedia, vor allem von Augenzeugenberichten, Bilddokumentationen und wichtigen Informationen geprägt. Eine politische Einschätzung, der Versuch einer strategisch orientierten Reflektion fand bisher nicht statt. Hier eine erster Beitrag für diese notwendige Debatte.
Bei denjenigen von uns, die in Genua vor Ort waren, herrscht bisher noch vornehmlich Sprachlosigkeit vor. Sprachlosigkeit angesichts eines Eskalationsniveaus militärischer Auseinandersetzungen, die keineR von uns in Westeuropa so einfach vermutet hätte. Dieser Text soll den Versuch
darstellen, diese Sprachlosigkeit zu überwinden und, jenseits von Augenzeugenberichten, zu einer ersten politischen Einschätzung der Ereignisse zu gelangen.

In Genua hat der Straßenkampf, der seit Seattle die Anti-Globalisierungs- Proteste kennzeichnet, regelrecht militärische Dimensionen angenommen. Das begann schon im Vorfeld in Form eines Informationskrieges, in dessen Verlauf
die italienische Regierung die Bereitstellung zusätzlicher Kühlhäuser und Särge für die zu erwartenden Toten und aufgestellte Kleinraketen auf einen nahegelegenen Stützpunkt ankündigte. Doch auch vor Ort wurden DemonstrantInnen, obwohl sie sich bereits auf dem Rückzug vom Hauptgeschehen befanden, von Panzern durch die Straßen getrieben. Eine Polizeiwache brannte komplett aus, ein Gefängnis wurde gestürmt (La Repubblica 22.7.2001). Die militanten Straßenkämpfer haben mehrere Tankstellen in der Innenstadt geplündert, um serienmäßigen Nachschub an Molotov-Cocktails zu produzieren.

Die italienischen Medien berichten, militärische Einrichtungen seien in Gefahr gewesen, was die Intervention der Marine notwendig gemacht habe. Auch wurden Menschen, die vor der Polizei ins Wasser flüchteten, von Polizeibooten aus angegriffen. Und es wurde an mehreren Stellen, zu mehreren Gelegenheiten
scharf geschossen, nicht nur an dem Ort, wo Carlo Giulani aus nächster Nähe exekutiert worden ist, sondern mindestens noch beim Angriff auf eine weitere Polizeistation und bei den Krawallen am Samstag durch die sogenannte Finanzpolizei. Man kann also sagen, daß auf beiden Seiten Mittel der Auseinandersetzung gewählt wurden, die für Westeuropa zumindest im Kontext
sozialer Bewegungen unüblich sind.

Zunächst steht die Frage im Raum, wie dieses Eskalationsniveau erreicht werden konnte. Zunächst muß an dieser Stelle davon ausgegeangen werden, dass jeder Anstaz von Bewegung, die es wirklich ernst meint mit staatlicher Repression zu rechnen hat. Die historisch relativ junge internationale Bewegung gegen die Globalisierung vermittelot zumindest in Teilen einen solch entschlossenen Eindruck. Geheimdienste gehen inzwischen sogar von der Gefahr eine "neuen Qualiotaät des internationalen Gewaltpotentials" aus, da sich bei den Protestereignissen verschiedenen Erfahrungen des Widerstandes verbinden und von eine ander gelernt werden kann. die staatliche Reaktionen auf diese neue Stärke einer Protest- oder Widerstandsbewegung waren eindeutig, neben dem Informationskrieg im Vorfeld (siehe oben) wurde die Militarisierung des polizielichen Handelns vorangetrieben. Das Schießtraining von Göteburg mag dafür ebenso stehen wie die Hochrüstung des Schutzkonzeptes in Genua selbst.

Vor dem Hintergrund dieser strategischen Konstellation sollten die Ereignisse der letzten Woche betrachtet werden: als taktischer Ausdruck einer politischen Konfrontation. Auch die umstrittenen Bewertung des "Schwarzen Blocks" sollte aus dieser Perspektive unternommen werden.

Augenzeugen berichten, daß die militanten Gruppen, die später von
den italienischen Medien als "Anarchisten" und "Schwarzer Block" homogenisiert worden sind, am Freitag morgen (also dem Tag des Gipfelsturms) sich über mehrere Stunden lang quasi unbehelligt in der Innenstadt ausagieren konnten.
Ohne nennenswerte Eindämmungsversuche seitens der Polizei zerstörten sie in ganzen Straßenzügen die Geschäfte und Banken. Als die großen Demonstrationszüge in der Innenstadt ankamen, stiegen dort bereits dicke Rauchsäulen auf. Erst als die Massendemos ankamen, startete die Polizei ihre Gegenangriffe durch sehr massiven CS-Gas-Beschuß, Knüppel und Wasserwerfer, wobei diese sich vornehmlich gegen die Demozüge richteten und nicht gegen die militanten Gruppen. Hierbei wurde nicht differenziert zwischen Gruppen mit einem erklärtermaßen gewaltfreien Konzept, den Anhängern der von den Tute Bianche propagierten defensiv/offensiv-Strategie (siehe unten) und eventuellen "Schwarzen Blocks". Die Repression richtete sich also ausdrücklich gegen die nicht-militante breite Masse, während im Stadtzentrum der Rock?n Roll immer noch fortgesetzt wurde.

Carlo Giuliani wurde am Rand der Tute-Bianche- Demonstration erschossen, deren Spitze an das Innenstadtgebiet angrenzte, als sie von der Polizei aufgehalten und zurückgeschlagen wurde. Diese Demonstration war straff organisiert, zielte in ihrer Militanz ausschließlich auf die Durchbrechung von Polizeikordons und Zaun auf dem Weg in die Rote Zone und wollte, um einer breiten Öffentlichkeit ein politisch gezieltes offensives Vorgehen zu vermitteln, explizit keinen Sachschaden in der Stadt anrichten. Ein siebenköpfiges, plural zusammengesetzes Gremium traf im Verlauf der Demonstration die Entscheidungen über das gemeinsame Vorgehen, die bis zum Schluß über den (für die Menge zu leisen) Lautsprecherwagen an die TeilnehmerInnen vermittelt wurden. Auch das interne Infosystem über Funk hat offenbar den ganzen Tag sehr gut funktioniert. Es gelang so weitgehend, ein Vertrauen der DemonstrantInnen in die Demoleitung herzustellen und (Gruppen)-Individualismen zugunsten eines geschlossenen Vorgehens zu vermeiden. Am Rande der Tute-Bianche- Demonstration kam es demnach auch zu Handgemengen zwischen Demo-ordnern und Militanten, die sich in die Masse flüchten wollten, um von dort aus erneut auszuschwärmen. Das Konzept von zivilem Widerstand der Tute Bianche zielt auf eine Verbreiterung der Aktionsformen der Anti-Globalisierungs-Bewegung nach dem Vorbild der
Zapatisten. Dabei sind sie sehr stark auf Transparenz und Vermittelbarkeit bedacht. Ihre Ausrüstung (Helme, Panzerungen aus Schaumstoff und Plastik, große Plexiglasschilde, Feuerlöscher und Flexgeräte, um den Zaun aufzuschneiden) ist in Italien explizit legal, d.h. sie reizen die Legalität auf sehr phantasievolle Art bis an ihre Grenzen aus. Zudem waren Anti-CS-Gas- Brigaden im Einsatz, die die Patronen in mit Wassern gefüllten Mülleimern löschen sollten, und diverse andere Gruppen mit besonderen Aufgabe im zu erwartenden Handgemenge. Im Carlini-Stadion, der Homebase der Tute Bianche, wurden Konzepte und Entscheidungen auf Massenplena vorgestellt und so zumindest für alle nachvollziehbar gemacht. Entscheidungen fällte ein Delegiertentreffen der verschiedenen italienischen Städte und internationalen UnterstützerInnengruppen. Dabei gelang es, Transparenz und demokratische Entscheidungsstrukturen nicht in Handlungsunfähigkeit umschlagen zu lassen, v.a. weil die einzelnen Gruppen den Erfolg des gemeinsamen Vorgehens im Auge
hatten und nicht die genaue Durchsetzung einer eigenen Linie oder das politische Reinheitsgebot. Wichtig für eine Einschätzung hierzulande ist auch, daß die Tute Bianche in der italienischen Öffentlichkeit sehr präsent sind.
Bereits vor dem Gipfel haben sie über die Medien eine sehr breite Debatte über die Legitimität ihres defensiv-offensiven Vorgehens geführt, flankiert von einer Umfrage nach dem Vorbild der Zapatisten, ob die Bevölkerung es für gerechtfertigt halte, in die von Polizei und Militär belagerte Rote Zone, wo
der Gipfel stattfinden sollte, unter Einsatz legaler Mittel und des eigenen Körpers einzudringen. Gescheitert sind die Tute Bianche diesmal in der Auseinandersetzung mit der Polizei, aber nicht in der Öffentlichkeit, wo sie die Auseinandersetzung nach wie vor mitbestimmen, wie keine linksradikale Gruppe in Deutschland dies in den letzten 20 Jahren vermocht hat. Ein Engpass in der gewählten Route und das Durcheinander in der Aufstellung der
Demoblöcke, was automatisch bei einer derartig großen Anzahl beteiligter Gruppen entsteht, haben dazu geführt, daß die Demonstration zwar zeitweise die erste Polizeisperre durchbrechen konnte, den dadurch gewonnenen Raum aber aufgrund des sehr massiven Gegenangriffes nicht lange halten konnte. Doch war zum Zeitpunkt des Todes von Carlo Giuliani, der dann zum definitiven
geschlossenen Rückzug führte, noch nicht das letzte Wort gesprochen.

Noch am selben Tag tauchten die ersten Meldungen auf, unter den militanten Gruppen im Zentrum seien zahlreiche Provokateure der Polizei am Werkgewesen. Einen Tag später belegten Filmaufnahmen, wie größere Gruppen von Schwarzvermummten aus den Polizeiwachen stürmten und sich aktiv unter die
Randale mischten. Nach Einschätzung des Genoa Social Forum, des breiten Bündnisses vor Ort, das die Proteste getragen hat, diente die Polizeirazzia im Independent Media Center und der gegenüber liegenden Schule am Samstag nacht vor allem der Vernichtung von weiterem Beweismaterial, welches die aktive
Beteiligung von Zivilpolizisten bei den Krawallen belegte. Immerhin wird der Sachschaden auf über 3 Milliarden Lire geschätzt (zerstört wurden 83 PkWs,41 Geschäfte, 34 Banken, 16 Tankstellen, 3 öffentliche Gebäude - darunter das Gefängnis, neun Postämter, vier Wohnhäuser etc. Alle Angaben aus La Repubblica com 22. Juli 2001). Nach Angaben des Genoa Social Forum wurden unter den militanten Gruppen auch europäische und italienische Neonazis gesichtet, konkret wird eine Gruppe von Forza Nuova genannt (il manifesto 24.7.). Auch ein britischer Nazi-Sympathisant berichtet von Einladungen durch italienische Faschisten ( http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/9153/1.html) .

Andererseits markiert diese Razzia aber auch den Beginn des entfesselten Staatsterrors, der seitdem den GlobalisierungsgegnerInnen in Genua und Umgebung entgegenschlägt und in die Außerkraftsetzung sämtlicher Grundrechte mündete. Vermutlich ist es für die Bewegung politisch gewinnbringender, sich auf diesen Aspekt zu konzentrieren und dagegen zu agieren, als sich von den Meldungen über Provokateure und Nazis verunsichern zu lassen.

Erst als die Lage in der Innenstadt sich weitgehend beruhigt hatte, also am Abend nach der großen Demonstration vom Samstag, begann die Polizei mit massiven Festnahmen. Ein beträchtlicher Teil davon fand unter extrem brutalen Bedingungen bei der nächtlichen Razzia statt, die sich wiederum nicht gegen einen Rückzugsort von Militanten richtete, sondern gegen die "Köpfe" der
Bewegung, nämlich ihr Medienzentrum und das Headquarter des Genoa Social Forum. Alles deutet darauf hin, daß die Politik der Sicherheitskräfte auf die extreme Eskalation, so wie sie stattgefunden hat, ausgerichtet war. Eine durchschnittliche Einsatzleitung hätte mit polizeitaktischen Mitteln den
wenigen tausend Militanten leicht und frühzeitig Einhalt gebieten können, wenn das gewollt gewesen wäre. Immerhin waren in Genua 18 000 Beamte verfügbar, die Sperren hätten errichten können, Straßenzüge räumen etc. Das alles ist jedoch nicht einmal ansatzweise passiert.

Eine solche Strategie kann eigentlich nur die Spaltung der
Anti-Globalisierungs-Bewegung beabsichtigen. Indem man eine Situation bewußt anheizt und so eskalieren läßt, daß es Tote gibt, der Sachschaden immens ist und die nicht-militanten Teile der Bewegung angesichts der unverhältnismäßigen Repression, die sie erlebt haben, unter Schock stehen, führt man deren dauerhafte Distanzierung vom sogenannten "Schwarzen Block" herbei. Ob die Unterwanderung des "Schwarzen Blocks" Umsetzung einer Spaltungsstrategie war oder vielmehr diese Berichte selbst Teil der Desinformatuionskampagne sind, muss in den nächsten Tagen und Wochen geklärt werden. Besonders in der Bundesrepublik hat die Strategie der Spaltung medial offenbar hundertprozentig
angeschlagen. Die Sprecher von großen NGOs sehen sich hierzulande offenbar genötigt, sich von den Militanten zu distanzieren. Die deutsche Medienberichterstattung bildet dabei weniger die realen Ereignisse von Genua ab, als daß sie ein altbewährtes Debattenschema reproduziert, das schon
mehrmals eingesetzt wurde, um soziale Bewegungen zu diskreditieren: böse Gewalttäter hier, gute Friedfertige dort, die nun von Journalisten möglichst schnell zu ersteren auf Distanz gedrängt werden. Bestes Beispiel ist der Artikel "Gewalt in Weiss" in der Süddeutschen Zeitung vom Wochenende: Hier
wurde das Tute Bianche-Konzept, das sich in obiges schwarz-weiss-Schema eben gerade nicht einfügt und u.a. daraus seine politische Brisanz bezieht, mal eben unter völliger Mißachtung der realen Begebenheiten dem Randale-Flügel
zugeordnet, nur um das Bewertungsmuster des Autors nicht
durcheinanderzubringen.

Ganz anders in großen Teilen der italienischen Öffentlichkeit: Dort wurde diesen Spaltungsversuchen offensiv entgegengetreten und die Provokation der Polizei denunziert. Genoa Social Forum- Sprecher Vittorio Agnoletto beispielsweise schätzt die Proteste von Genua trotz des extrem hohen Preises, der mit dem Tod von Carlo Giuliani bezahlt werden mußte, als Erfolg ein. Für ihn steht nicht nur die Oligarchie des G8 auf dem Spiel, sondern es geht bei
diesen Auseinandersetzungen auch um konträre Konzepte von Demokratie. Eine Demokratie, die angesichts von Ausreiseverboten, hemmungslosen Prügelorgien der Carabinieri, scharfen Schüssen auf Demonstranten, Folterungen in
italienischen Gefängnissen, dem tagelangen Verschwinden von Verhafteten etc. im Rahmen des entfesselten Neoliberalismus offenbar auf südamerikanisches Maß reduziert
werden soll.

Das Genoa Social Forum setzt auf eine breite Massenbewegung, in der keine Gruppe und keine Aktionsform ausgegrenzt wird, um die illegitime neue Weltordnung und ihre Vorstellungen einer Demokratie der Mächtigen zu bekämpfen und das Recht auf Protest und Widerstand durchzusetzen. Auch wenn die
Randale aufgrund der Beteiligung von Provokateuren und Nazis im Nachhinein wenig ruhmreich erscheint, geht es nun darum, sich vom politischen Gegner keine Debatte über die Legitimität von Mitteln des Protests aufzwingen zu lassen.
Militanz war schon immer Teil einer jeden größeren sozialen Bewegung und hat auch wesentlichen Anteil an ihrer medialen Wahrnehmbarkeit und ihrem politischen Erfolg oder Mißerfolg gehabt. Auch wenn einige Aktionen mit Sicherheit zu hinterfragen sind, bleibt doch festzuhalten, dass der Sachschaden von Genua in keinem Verhältnis zu dem Elend steht, in dem die Milliarden von
Ausgegrenzten weltweit leben. Jetzt ist der Augenblick, in dem sich die politische Integrität der Nichtregierungsorganisationen wie ATTAC u.a., die die Breite der Bewegung ausmachen, erweisen muß und zwar auch im Verhältnis zu und in der Abhängigkeit von eventuellen Finanziers.

Aber auch von Seiten der radikalen Linken sollte der Wille zur Einheit der Bewegung die Abgrenzungsgelüste von "reformistischen Flügeln" im Keim ersticken, denn mittlerweile sollte klar sein, daß auch radikale Strömungen auf eine breite Massenbewegung angewiesen sind, wenn sie wirklich die
Verhältnisse angreifen wollen.

Die Stärke dieser jungen internationalen Bewegung liegt genau im
Aufeinandertreffen verschiedenster Erfahrungen aus verschiedenen nationalen Kontexten, die bei allen Beteiligten althergebrachte Bewertungsmuster in Frage stellen. So geraten z.B. eigene Positionen zur Gewaltfrage ins Wanken, wo friedfertige deutsche Ökoaktivisten bei solchen Treffen neben militanten Waldschützern aus Kanada stehen... Dies bezieht sich sowohl auf taktische
Fragen der Auseinandersetzung mit der Repression, als auch auf analytische Fragen. Offene, auf massive Beteiligung ausgerichtete Modelle der Meinungsbildung wie das von den Zapatisten geprägte erlangen darin neue Bedeutung.

Großen Respekt haben die italienischen OrganisatorInnen verdient, sowohl dieTute Bianche als auch das Genoa Social Forum, das bis heute geschlossen gegen die Spaltungsversuche Front macht und die eigenen Inhalte nicht aus dem Blick verliert. Hier könnten deutsche Aktivistinnen einiges lernen, auch was Diskussionskultur anbelangt. Diskutiert werden müßte, wie eine offene und
trotzdem zuverlässige Informationsstruktur geschaffen werden kann (die beispielsweise Beiträge von Polizei und Nazis im Netz rechtzeitig enttarnt).
Die Entscheidungsstruktur des Genoa Social Forum, ein morgendliches Delegiertentreffen und allabendliches Plenum zur Mitteilung der Ergebnisse, hat sich für die Tage vor dem Gipfel als tauglich erwiesen, wurde dann aber durch den Riot außer Kraft gesetzt. Vor allem hätte der gemeinsame Rückzug aus der Stadt von vorneherein besser organisiert werden können, damit die Letzten nicht die Hunde beißen. Im Carlini-Stadion hat das ansatzweise funktioniert, dort reiste die große Mehrheit, u.a. aufgrund von Lautsprecherdurchsagen, noch am Samstag abend ab. Doch hätten hier Erfahrungen auch an andere Spektren der
Bewegung vermittelt werden können.


Mehr Licht, mehr Verantwortung, mehr Initiative! Für eine breite und v.a. politische Diskussion!


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Ergänzungen

einige korrekturen

blackbloc623 26.07.2001 - 15:55
insgesamt ein ansatz für eine weiterreichende diskussion. ich hab da aber einige anmerkungen:

deine einschätzung des "schwarzen blocks" und der militanz kann ich nicht teilen. wenn ich mir anschaue, was in den beiden tagen in genua passiert ist, dann sehe ich, dass tausende sich an militanten auseinandersetzungen beteiligt hatten. vor allem in situationen um die cops zurückzudrängen. in der diskussion auf indymedia und zwischen den gruppen in italien wird die militanz auf einen imaginären schwarzen block konzentriert. das ist schwachsinn. z.b. haben eine menge ital. leute von den weissen overalls sich am steinewerfen gegen die cops beteiligt. an vielen punkten der auseinandersetzungen waren keine leute vom "schwarzen block" (was immer das sein soll) anwesend. ich muss den weissen overalls schon den vorwurf machen, dass sie sich als militante pazifistInnen verkaufen wollen (und zwar mit einigem erfolg!). in ihrer pr-arbeit ist es deshalb notwenig, alle militanten aktionen auf den "schwarzen block" zu schieben und die eigene beteiligung zu leugnen. mit dieser strategie tragen sie mitschuld an der gegenwärtigen hetze gegen anarchistInnen und den "schwarzen block" (was immer das sein soll oder was immer die cops damit meinen).

korrektur zur korrektur

26.07.2001 - 16:03
also erst einmal geht es hier bei indymedia im wesentlichen nicht darum, gegen teile der bewegung zu hetzen, sondern solidarisch kritik zu üben ("bitte um nachdenken über strategien" - "wem nutzt was"). scheinbar wird alles, was nich 100 prozent zustimmung ist, als hetze empfunden. schade --- außerdem: ich kenne sehr viele militanten aktivisten, die mit dem schwarzen block sympathisieren, aber die mehrheit ist nicht anarchistisch. der überwiegende teil ist leninistisch. das finde ich ziemlich schade, da lenisten bekannterweise ein kritik-problem haben. distanzieren tue ich mich trotzdem nicht, auch wenn ich mir kritik nicht verbieten lasse!

genua: versucher einer politischen einschätzu

feuerbach 26.07.2001 - 17:35
der ansatz zur diskussion ist auf jeden fall zu begrüssen. distanzierung von militanter auseinandsetzung ist falsch, da militanz zum kampf gegen den kapitalismus gehört;es darf nur nicht dabei bleiben. die ngo's und attack sollten sich erst mal darüber klar werden, dass es nicht um eine gegnerschaft zur globalisierung, sondern um einen kampf gegen den imperialistischen kapitalismus weltweit geht, bevor sie dem medienscheiss vom "schwarzen block" aufsitzen. das war doch von vornherein strategisch eingesetzte medienhetze und funktionierte schon immer so, wie auch jetzt in genua.
gerade jetzt darf keine spaltung stattfinden.

Anfrage an den Autor/die Autorin

wolfgang 26.07.2001 - 17:48
Hallo

Ich finde deinen Beitrag ziemlich interessant und würde gerne die junge Welt fragen, ob sie ihn übernimmt. Dafür müsste er allerdings wahrscheinlich um ca. 2000 Zeichen gekürzt werden.

Was meinst du? Mail mich mal an.

weiter so!

n. 26.07.2001 - 17:50
selten einen so guten und differenzierten artikel hier bei indy gelesen! würde mich sehr freuen, wenn wirklich eine sachdiskussion geführt würde. stattdessen muß ich leider die ganze zeit hitzig geführten grabenkämpfen beiwohnen...

denkt dran: heute, 18.30 hackescher markt demo gegen bullenterror und für die freilassung der restlichen gefangenen! allemüssen sofort raus!

guter artikel

beko 26.07.2001 - 18:23
dein artikel tut mir wirklich gut, vieles andere was ich hier lese tut mir dagegen ziemlich weh und frustriert mich.
wenn wir jetzt darüber reden dass es zu keiner spaltung kommen darf dann heisst das neben einer anbei mitschwingenden attac-LR kritik (die ich seit den tvinterviews voll teile), dass aber auch wir mit attac und LR solidarisch umgehen müssen! und das erreichen wir sicher nicht wenn jeder der trotzkisten und reformisten die sich hier oder sonstwo zu wort melden gleich mal kräftig in den arsch getreten bekommt! linke arroganz ist zum kotzen und gerade, daran müssen wir arbeiten. wenn wir kritik ausüben warum dann keine solidarische? manchmal habe ich das gefühl dass viele es garnicht sehen wollen dass wir mehr werden, vielleicht weil es so spass macht den alten exklusiven subversionscharakter elitärer zirkel aufrecht zu erhalten, keie ahnung.
freiwillige hausaufgabe: lach einem attac LRlerIn beim nächsten plenum ins gesicht.
grüsse beko
ps: mehr solcher artikel auf indymedia fände ich toll, vielleicht einen richtigen diskussionsteil, mit verschiedenen artikel...zu verschiedenen themen..