Widerstand gegen Nazis in Prag

Natalie 12.11.2007 22:18 Themen: Antifa Repression Weltweit
Für den 10. November hatte eine Organisation mit dem Namen Mladí Národní Demokraté (Junge Nationaldemokraten) eine Demonstration gegen die Präsenz tschechischer Truppen im besetzten Irak angemeldet, durch das Jüdische Viertel in Prag. Das Prager Magistrat hatte diesen Aufmarsch vorerst verboten, da der Grund nur vorgeschoben und geeignet sei, „Rassenhass zu schüren“.
Dafür spricht allerdings alles: der Anmelder dieser Demonstration ist Erik Sedlacek, ein bekanntes Mitglied des Národni Odpor (Nationaler Widerstand). Die Organisation Mladí Národní Demokraté existierte zum Zeitpunkt der Anmeldung nicht und der Name ist nur fiktiv. Ganz offensichtlich wurde das Datum und der Ort der Demonstration in Anlehnung zur Reichskristallnacht (09.-10. November 1938) gewählt.

Das Verbot wurde dann wegen Verfahrensfehler vom Prager Stadtgericht wieder aufgehoben, aber die Demo wurde vom Magistrag erneut verboten. Trotzdem setzten die Nazis ihre Mobilisierung (auch in Deutschland – v.a. im Umfeld der „freien Kräfte“ in Sachsen und Thüringen) fort. Ein Nazibus aus Annaberg-Buchholz hatte am Samstag morgen dann auch ohne größere Probleme die Grenze passiert. Die Polizei hatte das gesamte jüdische Viertel abgesperrt, so dass es wenig Chancen gab, an die Nazis, die sich trotz Verbot sammelten, heranzukommen – auf der anderen Seite war es ihnen nicht möglich, auch nur in die Nähe der Synagogen zu kommen.

Ca. 25 Nazis verirrten sich direkt vor eine Demonstration mit über 800 AntifaschistInnen, wurden aber mit schlagkräftigen Argumenten davon überzeugt, dass sie sich am falschen Ort befanden. Nach Polizeiangaben sollen rund 400 Nazis unterwegs gewesen sein. Mehrere Stunden zog unser Demonstrationszug lautstark durch die Prager Innenstadt und schnappte sich vorbeikommende Nazis, bis er von der Polizei gewaltsam aufgelöst wurde. Trotz 396 Festnahmen – vor allem auf der „linken Seite“ – ist es gelungen, den Naziaufmarsch aktiv zu verhindern.

Die unabhängige Jugendorganisation REVOLUTION war Teil eines breiten Bündnisses, „Linke gegen Antisemitismus“, das sich letztendlich der von AnarchistInnen organisierten Demonstration anschloss und dort teilweise ganz vorne die Demonstration gegen die Angriffe der Polizei verteidigte.

Alles in Allem war es ein sehr erfolgreicher Tag und trotz des schlechten Wetters folgten Tausende von Menschen dem Aufruf der Zidovská Liberálni Unie (Jüdischen Liberalen Union), das gesamte Jüdische Viertel zu blockieren. Die Antifademonstration war die größte seit mehr als zehn Jahren in Tschechien und macht Hoffnung für eine Bewegung, die in Stagnation geraten schien. Dank gebührt auf jeden Fall den vielen extra aus Deutschland und Österreich angereisten Antifas, die uns bei dieser Aktion sehr unterstützt haben.

Natalie, REVOLUTION Prag, www.revo.cz.tc



+++++++++++++++++++++++++ Aufruf, der u.a. von REVOLUTION unterstützt wurde +++++++++++++++++++++++++

Gegen Antisemitismus! Stoppt die Neonazi-Aktion!

Wir, Mitglieder von verschiedenen antifaschistischen, linken Organisationen, sind in unserer Ablehnung gegen die Aktion am 10. November vereint, die von den sogenannten "Jungen Nationaldemokraten" organisiert wird. Diese Organisation, die mit dem neofaschistischen "Nationalen Widerstand" verbunden ist, will durch das ehemalige Jüdische Viertel Prags am Jahrestag der Reichskristallnacht marschieren - an diesem Tag wurden mehr als 100 Juden/Jüdinnen in einem Pogrom ermordet und im Jahr 1938 wurden mehr als 30.000 in Konzentrationslager deportiert. Die meisten von ihnen kehrten nie wieder zurück.

Doch heute stellen Neonazis die Juden/Jüdinnen weiterhin als Sündenböcke dar, genauso wie Hitler das gemacht hat. Sie behaupten, Juden/Jüdinnen seien für den Irak-Krieg und die Besatzung verantwortlich und missbrauchen damit die gerechte Ablehnung vieler Menschen gegen diesen Krieg. Diese falsche Behauptung der Neonazis soll ihre rassistische Hetze unterstützen.

Wir glauben nicht, dass solche Organisationen, die ihr politisches Programm auf ähnlichen Fundamenten aufbauen wie das ehemalige Nazideutschland, die Möglichkeit haben sollen, ihre antisemitischen, rassistischen und undemokratischen Ansichten im zentralen Viertel unserer Hauptstadt zu verbreiten. Wir glauben nicht, dass das Datum zufällig gewählt wurde. Neonazis nutzen immer wieder Nazi-Jahrestage für ihre Auftritte.

Die Demonstration der "Jungen Nationaldemokraten" (und des "Nationalen Widerstandes") wurde ursprünglich von den Behörden verboten. Doch später gab es Vorschläge - nachdem ein Gericht das Verbot aufgehoben hatte - alle "extremistischen Aktionen" in Zukunft zu verbieten. Die Behörden hätten damit das Recht, die Versammlungsfreiheit einzuschränken und würden diese Macht gegen linke und fortschrittliche Kräfte anwenden. Wir unterstützen das überhaupt nicht. Wir lehnen die Repression gegen AntifaschistInnen (die wir mehr als einmal in diesem Jahr erlebt haben) genauso ab. Die Polizei und die Behören können und werden den braunen Abschaum nicht aufhalten.

Wir rufen alle auf, die Aktionen gegen die Neonazis am 10. November aktiv zu unterstützen! Es ist unsere Aufgabe, sie zu stoppen.

"Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Kommunist.
Als sie die Sozialdemokraten einsperrten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Sozialdemokrat.
Als sie die Gewerkschafter holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Gewerkschafter.
Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte."
Martin Niemöller

Aufruf auf Tschechisch:
 http://www.revo.cz.tc/2007/10/27/ne-antisemitismu-zastavme-akci-neonacistu/

Aufruf auf Englisch:
 http://www.revo.cz.tc/2007/11/04/no-anti-semitism-stop-the-neo-nazi-action/



+++++++++++++++++++++++++ Bilder und Berichte aus verschiedenen Medien +++++++++++++++++++++++++

Fotogalerie von REVOLUTION Tschechien:
 http://revo.rajce.idnes.cz/Blokada_neonacistu_10.11.2007/

Fotogalerie von denik.cz:
 http://www.denik.cz/multimedia/galerie/191592.html

Indymedia: Naziaufmarsch in Prag verhindert
 http://de.indymedia.org/2007/11/199008.shtml

Indymedia: Prag 10.11.07: Militante Antifademo
 http://de.indymedia.org/2007/11/199168.shtml

junge Welt: Neonazis in Prag gestoppt
 http://www.jungewelt.de/2007/11-12/059.php

Spiegel Online: Polizei stoppt Rechtsextreme in Prag
 http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,516687,00.html
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Ergänzungen

ja stimmt

wegvfgb 13.11.2007 - 07:35
ja jeder bulle hat kennzeichnungspflicht in tschechien wer ohne nummerherumleuft muss nicht als beamten person angesehn werden

videos

cumba 13.11.2007 - 11:40
gibt auch scho paar ganz gute videos...
einfach mal "youtuben"

 http://www.youtube.com/watch?v=k7ibGepZIzE

 http://www.youtube.com/watch?v=ba0l8BG501k

und so weiter...

Korrektur

x 13.11.2007 - 11:56
anscheinend waren unter den 396 Festgenommenen nur 30 Linke - der Rest waren Nazis.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 3 Kommentare

Kennzeichnung

Antifaschist 12.11.2007 - 22:37
Kann das sein, dass die Bullen in Tschechien gekennzeichnet sind (Nummer auf der Brust)?

(muss ausgefüllt werden)

(muss ausgefüllt werden) 13.11.2007 - 10:33

"Als die Nazis die Kommunisten holten, war mir das egal, denn ich habe selbst schon Kommunisten ermordet.
Als sie die Sozialdemokraten einsperrten, habe ich geschwiegen, denn Sozialdemokraten waren mir genauso verhasst.
Als sie die Gewerkschafter holten, habe ich geschwiegen, den Arbeiteraufstand habe ich mitbekämpft.
Als sie mich holten, war ich froh um meine Einzelzelle."
Martin Niemöller

Top Ergänzung, jaja...warum wird hier ein Arbeiterfeind und reaktionärer Militarist wie Niemöller zitiert?

scheibe abschneiden

spatz68 13.11.2007 - 14:53
die bullen in deutschland können sich ne scheibe von den tschechischen bullen abschneiden und auch mal so gegen die scheiß nazis vorgehen wie es in prag die bullen machten.

viva la revolution

gedenken an den getöteten madrider antifa