Erneut Fight Club mit Nazis in Gera

Antifaschistische Aktion Gera [AAG] 03.11.2007 10:36 Themen: Antifa
NPD Kader in Fight Club und Sicherheitsfirma involviert - erste Vereine ziehen Kämpfer zurück - Stadt zum Handeln aufgerufen
Offener Brief

GERA, 2. November. Offenbar haben Nazis, die in der Fight Club Szene Fuß
gefasst haben, mit Gera eine Stadt gefunden, in der sie sich trotz
jeglicher Kritik etablieren und immer wieder ungestört auftreten können.
Bisher veranstalteten der einschlägige "Eastfight e.V." und die
Sicherheitsfirma "Alpha DSD" um den rechten Schläger Lars Weber in den
Jahren 2005 und 2007 zwei Fight Clubs in Gera und Ronneburg. Die
Antifaschistische Aktion Gera [AAG] berichtete.
Nun springen andere auf das Konzept auf. Unter dem Titel "Käfigkampf"
laden die unauffällig klingenden Internetshops "Fightsport24" und "Attack
Sports", der Verein "Fightsport Gera e.V" sowie die Sicherheitsfirma "SUP
Sicherheits- und Servicedienste GmbH" für den 1. Dezember in die nach
einem ermordeten Antifaschisten benannten Panndorfhalle. Dahinter steht
jedoch ein Geflecht aus langjährigen NPD-Kadern und rechten Schlägern.
Deshalb haben bereits erste Vereine aus Hamburg und der Schweiz ihre
Kämpfer zurückgezogen. Die Antifaschistische Aktion Gera [AAG] ruft die
Stadt nun dazu auf, aus den vergangenen Jahren zu lernen, Nazikadern und
rechten Schlägern keine städtischen Räume mehr zur Verfügung zu stellen,
sie aus Sportvereinen auszuschließen und den Fight Club abzusagen.
Außerdem sind die Stadt Gera und Firmen angehalten, keine Aufträge mehr an
die "SUP Sicherheits- und Servicedienste GmbH" zu vergeben.

Ohne großes Aufsehen versuchen sich Nazis in Gera über den Sport
gesellschaftlich zu etablieren. Da nützen dem langjährigen Kader der NPD
und Kameradschaft Gera, Jörg Krautheim, alle Dementis nichts. Als Inhaber
der Sponsoren "Fightsport24" und "Attack Sports", als Ansprechpartner und
Anmelder der Website www.kaefigkampf.com für den Fight Club am 1. Dezember
ist er mittendrin statt nur dabei. In einem Internetforum versucht er sich
derzeit im Verharmlosen, doch die Fakten sind eindeutig. So ist Jörg
Krautheim gemeinsam mit Gordon Richter seit den Neunziger Jahren
Führungskader der Naziszene in Gera. Anlässlich der Landtagswahl 1999 trat
er auf dem zweiten Listenplatz der NPD an und schaffte es bis in deren
Landesvorstand. Drei Jahre darauf war er stellvertretender Vorsitzender
des örtlichen NPD-Kreisverbandes. In der Zeit führte er u.a.
Naziaufmärsche gegen eine Flüchtlingsunterkunft (2000) und zum sogenannten
Heldengedenken (2003) an, warb für einen Aufmarsch zum 1. Mai 2003 in
Weimar, war an Provokationen gegen ein alternatives Jugendzentrum (2001),
Vereinnahmungsversuchen von Sozialprotesten (2004) und NPD-Kundgebungen
beteiligt. In den "Thüringer Heimatschutz" war er ebenso involviert wie in
die als militante Tarnorganisation des NPD-Kreisverbandes fungierende
"Kameradschaft Gera". In Anti-Antifa Manier veröffentlichte diese
Steckbriefe von Gewerkschaftern und dem örtlichen Stadtjugendpfarrer und
versucht noch immer eine sogenannte "National Befreite Zone" zu errichten.
Wegen des Anschlages auf eine Moschee im Jahr 2000 und anderen Delikten
stand Jörg Krautheim mit anderen Mitgliedern mehrfach vor Gericht.
Außerdem war er 2003 maßgeblicher Initiator des jährlichen Nazikonzertes
"Rock für Deutschland" in Gera, zu welchem er dem ZDF damals sogar ein
Interview gab. Mittlerweile hat sich dieses als Großveranstaltung der NPD
etabliert: in diesem Jahr nahmen 600 Nazis daran teil. Krautheim ist somit
kein bloßer Handlanger. Er war maßgeblich an der Organisation der
Naziszene in Gera beteiligt und verhalf ihr zu einem Potenzial wie in
keiner anderen Großstadt in Thüringen.
Seine jetzigen Dementis und Versuche, im Kampfsport Fuß zu fassen,
basieren deshalb keineswegs auf einem plötzlichen Sinneswandel. Vielmehr
sind sie ein versuchter Rückzug aus der Öffentlichkeit, nachdem Hacker im
Februar 2006 die Kundendaten von über 7000 Nazis offenlegten, welche bei
dem von ihm betriebenen Onlineshop "Aufruhr Versand" einkauften. Über
diesen vertrieb Krautheim europaweit Rechtsrockmusik, Nazikleidung und
Propaganda und war wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung und Verbreitung
verfassungsfeindlicher Symbole mehrmals Ziel von Polizeirazzien. In der
NPD und Kameradschaftsszene sank so sein Ansehen und er wurde zum
"unkameradschaftlichen Geldmacher", weshalb er den Onlineshop letztendlich
an einen Nazi aus Mecklenburg-Vorpommern abgab.
Seitdem verdient sich Krautheim seinen Lebensunterhalt unauffälliger, mit
dem Vertrieb von Kampfsportzubehör über seine neuen Onlineshops
"Fightsport24" und "Attack Sports". So versucht er z.Zt. alle größeren
Kampfsportvereine mit seinen Artikeln auszustatten, um sich in diesen
Kreisen zu etablieren. Bisher schaffte er es damit zum offiziellen Sponsor
des "Fightsport Gera e.V.".
Dass dies kein Zufall ist, zeigt die Nähe des Vereins zur "SUP
Sicherheits- und Servicedienste GmbH" - beide sind ebenfalls Initiator des
Fight Clubs am 1. Dezember ist. So trainiert dort der Geschäftsführer der
SUP Dominique Stetefeld, welcher auch zum Fight Club antreten soll. Wegen
Körperverletzungsdelikten und Falschaussage stand er mehrfach vor Gericht
und wurde mindestens wegen Letzterem verurteilt. Der Fightsport Gera e.V.
ist mittlerweile auch "Nachwuchsschmiede" der SUP: mehrere Mitarbeit der
Sicherheitsfirma trainieren bei dem Verein. Darunter der nach [AAG]
Informationen als rechter Schläger bekannte Steffen Rösel, der u.a. in der
UCI Kinowelt in der Innenstadt als Sicherheitsdienst tätig ist.
Auch ein Nazikader ist unter den Mitarbeitern der SUP zu finden. Nico
Hüfner, guter Freund von Jörg Krautheim, neben Gordon Richter und anderen
Nazis ebenfalls lange Jahre führend im NPD-Kreisverband und der
Kameradschaft Gera, in deren Zusammenhang er auch vor Gericht stand.
Außerdem ist er Mitorganisator des Nazikonzertes "Rock für Deutschland"
und fungierte beim Aufmarsch zum sogenannten Heldengedenken 2003 als
Ordner. Außerdem war er zeitweise Mitbetreiber des "Aufruhr Versand" von
Jörg Krautheim und vertrieb über den Onlineshop "Ultima Tex" bis 2004 auch
eigenständig Nazikleidung. Nun ist er als Mitarbeiter der SUP ganz
selbstverständlich bei Oberligaspielen des 1.FC Gera 03 oder in
Plattenbaugebieten der Wohnungsbaugesellschaft GWB Elstertal als
Sicherheitsdienst tätig. Bereits letztes Jahr wurde er von der SUP bei der
städtischen Übertragung der Fußball WM in der Innenstadt eingesetzt.
Nach [AAG] Information wurden die Aufträge, für die SUP zum diesjährigen
Länder- und dem DFB Pokalspiel in Gera nach einer Prüfung durch den DFB,
abgelehnt.

Unter diesen Umständen den Fight Club am 1. Dezember zuzulassen, wäre
unverantwortlich. Bereits 2005 konnten sich rechte Schläger aus anderen
Kreisen über das Sportamt der Stadt Gera in die Pandorfhalle einmieten und
trotz Kritik den Fight Club veranstalten. Damals reiste nachweislich
rechtes Publikum an. Das jetzt Veröffentlichte ist dabei nur die Spitze
eines Eisberges von Verflechtungen, mit denen sich Nazis gesellschaftlich
etablieren und zur Normalität werden. Wenn diese erneut ungestört die nach
dem ermordeten Antifaschisten Erwin Pandorf benannte städtische Sporthalle
nutzen können, ist das keine Unwissenheit mehr, sondern deutlich gewollt.
Aus diesem Grund haben bereits Andreas Stockmann, Vorsitzender Free Fight
Association (FFA), und mehrere Vereine aus Deutschland und der Schweiz
ihre Teilnahme an dieser Veranstaltung zurückgezogen. Außerdem untersagte
die FFA für die Veranstaltung alle Werbung mit ihren Materialien.
Die Antifaschistische Aktion Gera [AAG] ruft deshalb den Oberbürgermeister
Norbert Vornehm, die Stadtratsfraktionen und das Sportamt auf, dem
Beispiel zu folgen. Ziehen sie den Mietvertrag zurück, verhindern sie
diese Veranstaltung und schließen Nazikader wie auch rechte Schläger aus
Sport und Vereinen aus. Außerdem sind die Stadt Gera, die
Wohnungsbaugesellschaft GWB Elstertal, die UCI Kinowelt und alle anderen
Unternehmen angehalten, keine Aufträge mehr an die "SUP Sicherheits- und
Servicedienste GmbH" oder andere Sicherheitsfirmen mit rechter Klientel -
wie die "Alpha DSD" - zu vergeben.
Gerade jetzt, wenn die Stadt Gera an diesem Wochenende mit einer
"Bürgerkonferenz" gegen Rechtsextremismus zum Handeln aufruft - weswegen
die örtliche NPD um Gordon Richter deswegen letzten Freitag vor dem
Rathaus aufmarschierte und dies für den Sonntag erneut plant - ist es
notwendig, dass den Worten Taten folgen.

Antifaschistische Aktion Gera [AAG]
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Ergänzungen

Frage

- 11.11.2007 - 01:16
Und wie ging das ganze nun aus, wäre ja interessant zu erfahren? In dem Lokalblättchen Thüringer Zeitung wird man darüber ja vermutlich nichts lesen können, oder?

Ein Jahr später nochmal

murks 21.11.2008 - 12:28

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