Rolf Hochhuth ist kein Holocaust-Leugner

Max Brym 06.03.2005 13:45 Themen: Antifa
Die Masche der "Jungen Freiheit" Wie Rolf Hochhuth aufs Glatteis geführt wurde.

Erstveröffentlichung
Die Masche der „Jungen Freiheit“
Rolf Hochhuth wurde aufs Glatteis geführt.

Der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Spiegel, ist zu einem Gespräch mit dem Schriftsteller Rolf Hochhuth bereit. Dieser entschuldigte sich für seine Verteidigung des Holocaust Leugners Irving. Vor zwei Wochen gab Rolf Hochhuth der rechtsradikalen Wochenzeitung „Junge Freiheit“ ein Interview indem er sagte: „Es sei idiotisch Irving als Holocaust Leugner zu bezeichnen“. Im selben Gespräch äußerte sich Hochhuth aber auch unmißverständlich zur Shoah, er erklärte: „Ich habe selbst erlebt, wie die Juden meiner Heimatstadt deportiert worden sind. Das war doch der Hitler nicht alleine. Dresden wäre ohne das, was in Auschwitz geschehen ist, nicht möglich gewesen. Der Mörder ist der Mann des ersten Schusses und dieser Mann war Hitler.“ Hochhuth hat mit dem aktuellen „Historiker“ David Irving nichts gemein. Er kannte nur die Jugendschriften Irvings und viel auf die Masche der „Jungen Freiheit“ herein. Gegenüber der ARD erklärte Hochhuth: „Dieser Satz (bezogen auf Irving) ist idiotisch von mir. Das ist nicht zu verantworten gewesen, dass ich das gesagt habe. Ich muß mich für diesen Satz schämen“. Der Präsident des Zentralrates, Paul Spiegel, sagte daraufhin, er sei nun doch zu einem Gespräch mit Hochhuth bereit. Dieser Schritt ist zu begrüßen, denn mit Hochhuth hätte man auf den Verkehrten geschlagen und wäre der „ Jungen Freiheit“ auf den Leim gegangen.

Rolf Hochhut ist kein Holocaust Leugner

Der Dramatiker und Schriftsteller Rolf Hochhuth hat vor zwei Wochen dem deutschnationalem Blatt „Junge Freiheit“ ein Interview gegeben. Dieser Fakt ist kritisierbar, aber auch andere wie Peter Glotz oder der ehemalige sozialdemokratische Arbeitsminister in NRW, Friedhelm Farthmann, lassen sich von der „Jungen Freiheit" befragen. Die Herren Glotz und Farthmann benützen diese Plattform um der Linken „ein gestörtes Verhältnis zur Vertreibung der Deutschen“ (Peter Glotz) zu attestieren oder gegen „Homoehen“ zu poltern, wie es Farthmann in der jüngsten Ausgabe des Blattes tat. Die Aufregung darüber hält sich in Grenzen. Genauer gesagt Herr Glotz liegt vollständig im Trend deutscher Geschichtsentsorgung, wenn er mehr über das „Leid das Deutschen zugefügt worden ist“ sprechen will. Herrn Farthmann ist die „Ausländerpolitik“ der Bundesregierung „zu liberal“ und nebenbei outet er sich in dem Gespräch zumindest als Sympathisant des „christlichen Fundamentalismus“. Die genannten Herren bewegen sich auf einem Terrain, das beinahe komplett der redaktionellen Linie der „Jungen Freiheit“ entgegenkommt. Daneben gehört es zum Stil der „Jungen Freiheit“ unverdächtige Zeitgenossen mit Fragen zu bombardieren, die diese dann nicht ganz exakt oder interpretierbar beantworten. Der Schriftsteller Rolf Hochhuth ging mit einigen unklaren Aussagen der „Jungen Freiheit“ auf den Leim und gilt seither als „Holocaust Leugner“. Kommentatoren und Feuilletonisten brandmarken den Schriftsteller Hochhuth und befördern ihn in eine Ecke, in die er nicht gehört. In diesem Land gibt es jede Menge Antisemitismus, es ist extrem dumm und gefährlich alles sofort für antisemitisch und geschichtsrevisionistisch zu erklären, was einem im ersten Moment nicht völlig klar erscheint. Denn wenn fast alles antisemitisch ist, dann ist letztendlich der tatsächliche Antisemitismus kein Problem mehr. Es besteht die reale Gefahr, mittels einer inflationären Handhabung des Antisemitismusvorwurfes, den realen Antisemitismus zu verharmlosen. Herr Hochhuth ist kein Antisemit und kein Holocaust-Leugner, auch wenn viele das nach dem Interview von Hochhuth in der „JF“ behaupten. Es ist ein Gebot des Anstandes Herrn Hochhuth gegen ungerechtfertigte Anfeindungen in Schutz zu nehmen. Deshalb wird hier kurz auf die Haltlosigkeit der Vorwürfe eingegangen.

Hochhuth und David Irving

Der britische Historiker David Irving ist in Deutschland und in England rechtskräftig wegen der Leugnung des Holocaust verurteilt. Rolf Hochhuth brachte in dem Gespräch mit der „Jungen Freiheit“ seine „Wertschätzung gegenüber dem Historiker David Irving“ zum Ausdruck. Im ersten Moment scheint die Sache klar zu liegen, Hochhuth belobigt den braunen „Geschichtsapostel“ Irving. Reflexartig wird Hochhuth mit Irving auf eine Stufe gestellt. Um die Intuition von Hochhuth und um die Fakten geht es nicht mehr, Hochhuth kann gegenüber der Presse erklären was er will, er hat seinen Stempel abbekommen. In Wahrheit bezog sich Hochhuth auf den jungen Historiker Irving, auf sein Buch über den „Untergang Dresdens“ sowie dessen „Göring- Biographie“. In diesen Büchern ist der junge Irving „eine völlig seriöse Figur“ erklärt Hochhuth in einer Pressmitteilung. Diese Wertung ist zulässig, denn in dem Buch von Eva Menasse über den Londoner Irving Prozeß sind keine der Bücher genannt, die Hochhuth als seriös bezeichnet. Hochhuth geht davon aus, dass „Irving erst später durchgedreht ist“. Von dem reifen Irving distanziert sich Hochhuth in seiner Presseereklärung schärfstens. Diese Erklärung Hochhuths ist glaubhaft, denn Hochhuth brachte nicht nur als erster Autor mit seinem Stück „Der Stellvertreter“ Auschwitz zuerst auf bundesdeutsche Bühnen, sondern er schrieb im letzten Jahr drei Gedichte, die sich auf den Holocaust beziehen. Die Gedichte entsprechen nicht dem ästhetischen Geschmack des Autors dieser Zeilen, aber darum geht es nicht. Es geht um die Botschaft der Gedichte und die sind von großer Eindringlichkeit, eine einzige hämmernde Mahnung, dass der singuläre Völkermord an den europäischen Juden durch das nazistische Deutschland nicht vergessen werden darf. In der Pressemitteilung von Herrn Hochhuth ist eine schöne Geschichte wiederzufinden, die er vor 25 Jahren mit David Irving erlebte. Im französischen Colmar hat ein Wirt die Herren Irving und Hochhuth aufgefordert das Lokal zu verlassen, weil Hochhuth Irving laut anschrie. Als Grund nennt Hochhuth: „Irving wollte mir erklären, Himmler habe ohne Wissen Hitlers den Holocaust angeordnet“. In der Pressemitteilung Hochhuths steht: „Bereits damals deutete sich eine rapide Veränderung bei Irving an“. Es ist ein Gebot der Ehrlichkeit, den verdienten Demokraten Hochhuth gegen durchgeknallte deutsche „Anti-Antisemiten“ in Schutz zu nehmen. Seine Biographie verbietet es, ihn in die braune Ecke zu stellen. Seine Argumentation zur Person Irving ist schlüssig, natürlich veränderte sich der Mann Irving entscheidend. Solche Wandlungsprozesse gibt es häufiger in der Geschichte. Benito Mussolini war bis 1914 ein radikaler Sozialist und Antimilitarist. Später war er bekanntlich das Gegenteil. David Irving veränderte sich ebenfalls, vom relativ seriösem Historiker zum „Vorzeigepferd“ der braunen Geschichtsrevisionisten. Rolf Hochhuth hingegen ist sich treu geblieben, in dem Interview in der „Jungen Freiheit“ erklärte Hochhuth: „Es ist eine Schande, dass wir es noch immer nicht anerkennen: Die Weltgeschichte kennt kein mit unserem Holocaust vergleichbares Verbrechen“. So spricht kein Holocaust Leugner. Vielleicht hat die ganze künstliche Aufregung um Hochhuth etwas mit den „linken Neigungen“ des Dramatikers Hochhuth zu tun. Rolf Hochhuth prangerte in einem seiner letzten Stücke den „Kapitalismus“ in Deutschland an. So etwas braucht die bundesdeutsche Elite von einem Martin Walser nicht zu befürchten. Walser schrieb mit dem „Tod eines Kritikers“ ein ganzes Buch, voll mit tatsächlichen antisemitischen Klischees und antisemitischen Haßtiraden. Walser attackierte in seiner berüchtigten Paulskirchenrede 1998 die „Moralkeule Auschwitz“. Dennoch oder gerade deswegen applaudierte die bundesdeutsche Elite dem „Literaten vom Bodensee“. Im Gegensatz dazu wurde dem linken Demokraten Hochhuth reflexartig das Etikett „Holocaust- Leugner“ angeheftet.

Max Brym

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Ergänzungen

Niav ist er, aber kein Faschist...

Andreas 06.03.2005 - 19:50
Habe Hochhuth selber mal bei einem Vortrag gesehen. Was er da von sich erzählt hat, war teils richtig, teils, fragwürdig, teils einfach falsch, aber im großen und ganzen links, aber eben links für einen kleinbürgerlichen Intellektuellen, der manchmal nicht viel von der Wirklichkeit mitbekommt. Den meisten würde ich das auch nicht abnehmen, dass sie nichts von Irving und der JF gewusst haben wollen, aber bei ihm könnte ich mir das sogar vorstellen. Er is' eben nun auch schon etwas älter und bekommt wohl nicht mehr alles mit.

die alten sachen vom irving

tagmata 06.03.2005 - 20:43
sind, wennde die neuen nicht kennst, unauffälliger kram. irving hat sich von einem historiker, der so seriös oder unseriös wie der durchschnittshistoriker ist, zum ns-apologeten *entwickelt* - obwohl ich es erstaunlich finde, wie einer die alten sachen von ihm kennen kann, aber die viel bekannteren (berüchtigteren?) nicht. naja, irving ist halt wieder so ein fall von 'wenn du dich mit dem teufel einläßt, veränderst du nicht den teufel...'

Wellen schlägt der Hochhuth-Komplex

E.G.A.L. 06.03.2005 - 21:17
Anfangs hatte H. noch seinen Gegnern Verleumndung vorgeworfen...

»Der "Tagesspiegel" merkt zu seinem Bericht über die Verteidigung des Holocaust-Leugners David Irving durch den Schriftsteller Rolf Hochhuth (siehe KW 07) an: "Doch es regt sich kein Protest. Weder in der Kultur noch in der Politik sind Stimmen zu hören, die Hochhuths Gerede als das bezeichnen, was es ist: gefährlicher Unsinn und eine Beleidigung der Opfer des Holocaust und ihrer Angehörigen. Und niemand fragt, ob der Fall Hochhuth ein Indiz für die Erosion der demokratischen Abgrenzung gegenüber dem Rechtsextremismus sein könnte. So erscheint auch die öffentliche Stille selbst als weiteres Indiz. (...) Der Fall Hochhuth reiht sich in eine Serie von Tabubrüchen ein, die Zweifel am demokratischen Konsens der Ablehnung von Rechtsextremismus, Antisemitismus und anderem Rassismus wecken." Kurze Zeit später beginnt die Debatte doch noch. Hochhuth wirft dem "Tagesspiegel" "Verleumdung" vor und will nichts davon wissen, mit dem Blatt gesprochen zu haben. Jedoch stehe er zu dem Interview in der ultrarechten "Jungen Freiheit" (JF). Hochhuth ebenda: "Irving ist ein fabelhafter Pionier der Zeitgeschichte, der großartige Bücher geschrieben hat. (...) Der Vorwurf, er sei ein Holocaustleugner, ist einfach idiotisch! (...) Er war eine Zeit lang tatsächlich des Wahns, zu glauben, Hitler habe erst ein halbes Jahr nach Beginn der Vergasungen in Auschwitz davon gehört (...). Das ist natürlich dummes Zeug, aber was dann daraus gemacht wurde, ist wirklich der Gipfel der Verleumdung." Irvings Behauptung, in Auschwitz hätte es keine Gaskammern gegeben, nennt Hochhuth in der JF die "nicht ganz unbritischen Neigung zum schwarzen Humor auf zynische Weise freien Lauf" zu lassen, da er "wahrscheinlich (kurz zuvor) wahnsinnig provoziert worden" sei. "Als Historiker ist er ein absolut seriöser Mann", sagt Hochhuth, und verrennt sich in der JF kurz darauf: "Vor siebzig Jahren war die ganze Nation unter Hitler verrückt. (...) Damals war es der Hitlerkult, heute ist es der Glaube, durch Massenentlassung, Rationalisierung und Aufhebung der EU-Grenzen die Wirtschaft zu stärken. Wie wir heute Hitler, so werden unsere Enkel später einmal das als das Verhängnis unserer Zeit verdammen. (...) Und jetzt liebäugelt (Josef Ackermann) auch noch damit, die Deutsche Bank an die Wall Street (in der modernen NS-Szene der Code für den Sitz des jüdischen Finanzkapitals; mik) zu verkaufen, was für ein amoralisches Gangstertum!" Hochhuth sagt der JF jedoch auch: "Die Weltgeschichte kennt kein mit unserem Holocaust vergleichbares Verbrechen." Dennoch kritisiert der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, das Lob für Irving scharf: "Wenn Hochhuth den Briten als angeblich seriösen Wissenschaftler in Schutz nimmt, macht er sich dessen Position zu eigen und leugnet damit selbst den Holocaust." Hochhuth kontert diese Vorwürfe: "Irgendwelche Äußerungen, die Irving irgendwann mal irgendwo im Fernsehen verbreitet hat, kenne ich gar nicht. Seine Bücher sind bedeutende Werke. Er hat Grundlagenforschung betrieben, das heißt, er hat Zeitzeugen befragt, was man den wenigsten deutschen Historikern nachsagen kann." Die "Zeit" kommentiert dies später: "Augenscheinlich hat Hochhuth die späteren Verirrungen Irvings nicht mehr zur Kenntnis genommen. Das kann man ihm vorwerfen, in der Tat, und auch den Auftritt in der 'Jungen Freiheit'. Alles andere ist ein Missverständnis (...). So viel Bedenkliches tut sich derzeit am rechten Rand der Gesellschaft, dass man das Misstrauen nicht auch noch auf einen Dichter wie Hochhuth ausdehnen muss, der sich sein Lebtag mit der Anklage der Naziverbrechen beschäftigt hat." Hochhuth selbst wird sich später für das JF-Interview und Lob Irvings entschuldigen.«

Quelle: Die Deutsche Wochenschau 08/05
 http://www.triggerfish.de/ox/home.cfm?p=9839
(dort finden sich auch Links zu den genutzten Quellen)

teils, teils

Sven 06.03.2005 - 22:20
Ich stimme "kritiker" zu, was die Unglaubwürdigkeit Hochhuths angeht hinsichtlich dessen, dass er die Entwicklung nicht bemerkt haben will. Max Brym hat aber auch recht, denn in dem Interview sagt Hochhuth einige Dinge, die kein Holocaust-Leugner sagen würde, er betont die Wirklichkeit des Holocausts, sowie seine Einzigartigkeit. Das Verharmlosen eines Holocaustsleugners ist nicht dasselbe, wie Leugnen des Holocausts. Ich denke, Paul Spiegel und andere, die Hochhuth der Leugnung beschuldigten, haben hier übers Ziel hinausgeschossen.

Unfug

David Oiving 07.03.2005 - 03:56
Die von Hochhuth und auch von Max Brym vertretene Ansicht, Irving sei erst später abgetickt und in seiner Frühphase ein seriöser Historiker gewesen, ist Unfug.

Richtig ist, dass Irving erst seit den 80ern den Holocaust leugnet. Er hat aber bereits in seinen ersten Veröffentlichungen in den 60ern die Zahl der Opfer des alliierten Luftangriffs auf Dresden nach oben manipuliert, durch Fälschung von Quellen, Manipulation von Fakten und Leugnen anderer Quellen: 1963 schrieb er von 135.000 und 1966 von 250.000 Toten.

Richtig ist, dass Irving bis Ende der 80er Jahre in allerlei renommierten und seriösen Verlagen veröffentlicht hat (z. B. "Penguin Books") und ihn eben solche Zeitschriften als Experten interviewt oder zitiert haben (z. B. der "Spiegel"). Irving hat aber bereits in den 70ern geschrieben, Hitler habe zunächst nichts von der Judenverfolgung in Deutschland gewusst und habe ab 1943 versucht, ihr Einhalt zu gebieten.

Richtig ist, dass Irving in den 60ern und 70ern nicht im Ruf stand, rechtsextrem und unseriös zu sein. Er hat aber nie Geschichte studiert, nie einen wissenschaftlichen Abschluss gemacht und nie irgendeine Position an irgendeiner akademischen Institution bekleidet. Er wurde auch schon in dieser Zeit mehrfach verklagt und verurteilt, u. a. weil er geschrieben hatte, das "Tagebuch der Anne Frank" sei eine Fälschung.

Für weitere und detailliertere Belege, dass Irving keineswegs einmal ein "relativ seriöser Historiker" war, wie Du schreibst, empfehle ich das Buch "Der Geschichtsfälscher" von Richard Evans, der Hauptgutachter im Irving-Prozess war und wohl der beste Irving-Kenner ist.
Dementsprechend ist Hochhuts Argumentation zu Irvin auch keineswegs "schlüssig", wie Du schreibst, sondern klingt nach einem verzweifelten Versuch, den angerichteten Schaden zu minimieren. By the way: Ich denke auch nicht, dass Hochhuth ein Holocaust-Leugner ist oder solchen Leuten nahe steht. Entweder will er sich ins Gespräch bringen, oder er ist ziemlich dumm, oder er wird langsam senil.

Nicht überzeugend

Mounty 10.03.2005 - 12:15
Die Erklärungen der Aussagen Hochhuths bzw. dessen "Rehabilitierung" in vorliegendem Beitrag sind nur teilweise korrekt und ignorieren wesentliche Teile des Interviews. Es ist richtig, dass es unzutreffend wäre, Hochhuth selbst Holocaustleugnung vorzuwerfen oder ihn des Antisemitismus zu bezichtigen, seine diesbezüglichen Aussagen dazu sind klar. Das ändert aber gar nichts an den anderen, äußerst zweifelhaften Stellungnahmen, in erster Linie, aber nicht ausschließlich bezüglich Irving. Zunächst sagte Hochhuth nirgendwo im Interview (und auch nicht in den ersten nachfolgenden Stellungnahmen), dass er sich ausschließlich auf den "jungen" Irving bezieht, er betont im Gegenteil explizit (im Präsens) den sehr guten Kontakt und die Freundschaft: "Das ist grotesk, immer wieder war er bei uns zu Hause zu Besuch, wir telefonieren miteinander, ich kenne ihn wirklich gut." Die Entgegnung auf den Hinweis, dass Irving die Existenz der Gaskammern von Auschwitz leugnen würde, ist auch kein Erstaunen oder Anzweifeln, sondern eine "Erklärung", dass dies wohl auf Irvings schwarzen Humor zurückzuführen sei. Diese fragwürdige Darstellung spart Max Brym ebenso aus wie die faktisch falsche, komplett absurde und durch ihre indirekte Unterstellung, die Gegner Irvings wären Antisemiten, besonders perfide Aussage: "Es ist doch so: Irving ist Halbjude, seine Mutter war Jüdin! Ihn als Holocaustleugner zu verleumden, ist ein Racheakt, weil er in seinen Büchern so schaurige Wahrheiten über uns Deutsche sagt. Wer Irving verbietet, deutsche Archive zu besuchen, will - das tun Politiker gern - vor der Wahrheit über deutsche Untaten im Hitlerkrieg verschont bleiben."

Hinzu kommt, dass Hochhuth sehr wohl wusste, dass Irving ein Antisemit war, und das seit den 70ern, was u.a. auch zur Beeinträchtigung und letztlich Bruch der Freundschaft zu Golo Mann geführt hat. Inwieweit man einen Antisemiten dann als im Hinblick auf die Holoaustgeschichte "seriösen Historiker" sehen kann, sei dahingestellt. Von den auch im Interview weitergepflegten gemeinsamen Mythen der beiden wie der Ermordung des polnischen Exilregierungschefs Sikorski durch Churchill ganz zu schweigen.

Hochhuth nur als armes Opfer der JF-Redakteure hinzustellen, greift einfach zu kurz, gerade weil er ganz bewusst einige aufgestellte Fallen umgeht, beispielweise bei der angefragten Verurteilung der political correctness. Man muss durchaus kein durchgeknallter Anti-Antisemit sein, um in dem Interview eine ganze Reihe höchst zweifelhafter Aussagen zu entdecken, die für mich weder durch den Artikel von Max Brym noch durch die bisherigen Erklärungen Hochhuths befriedigend erklärt werden, so sehr ich auch die Ansicht teile, dass vorschnelle pflichtschuldige Antisemitismus-Beschuldigungen den tatsächlich vorhandenen und im Aufwind befindlichen verharmlosen. Eine ausführlichere Auseinandersetzung mit dem Interview habe ich hier vorgenommen:

 http://www.yablo.de/article/189/der-zweifelhafte-stellvertreter

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