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[KE] Offener Brief gegen das Frei.Wild Konzer

Ak Recherche Allgäu 15.11.2012 21:55 Themen: Antifa
Am 12.11.2012 verschickten Antifaschist_innen einen offenen Brief andie BigBox Allgäu, Oberbürgermeister Ulrich Netzer und an große Medien wie z.B. die Allgäuer Zeitung und Antenne Bayern. Um eineAbsage des Konzerts, der neofaschistischen, völkisch NationalenBand Frei.Wild, und eine Stellungnahme seitens der BigBox zu erwirken.
+++ Offener Brief: Keine Bühne für Neofaschismus in Kempten! +++

Sehr geehrte Damen und Herren,wie wir durch Ihre Homepage http://www.bigboxallgaeu.de/ erfahrenhaben, planen Sie für den 22.12.2012 ein Konzert mit der Band „Frei.Wild“.Die Südtiroler Band »Frei.Wild« tritt in die Fußstapfen der »BöhsenOnkelz« und feiert damit immer größere Erfolge. DieNaziskin-Vergangenheit des Sängers scheint - wie beim großen Vorbild -kein Hindernis zu sein. Ebenso wenig sind es die nationalistischen undvölkischen Töne der Band, die sich mit den Beteuerungen abwechseln,»unpolitisch« zu sein. Band und Fans scheinen dieseWidersprüchlichkeiten problemlos auszuhalten. Das aktuelle Album hates zwischenzeitlich auf Platz zwei der deutschen Charts gebracht.Im Gegensatz zu den großen Vorbildern der Onkelz, die praktischjedwede politische Äußerung nach ihrem Ausstieg aus derNazi-Skin-Szene vermieden und in ihren Songtexten keinerlei im engerenSinne politischen Aussagen mehr trafen, halten sich Frei.Wild mitsolchen Botschaften an Ihre Fans alles andere als zurück. So heißt eszum Beispiel in Wahre Werte von 2010:
„[…]Formen und Spalten, Die dein Ich-Gefühl zurückerstatten […],Da, wo wir leben, da wo wir stehen, ist unser Erbe, liegt unser Segen, Heimat heißt Volk, Tradition und Sprache, für uns Minderheiten eine Herzenssache. […] Wir sind verpflichtet, dies zu bewahren, unser Tirol gibt’s seit 1200 Jahren. Wo soll das hinführen, wie weit mit uns gehen, selbst ein Baum ohne Wurzeln kann nicht bestehen. Wann hört ihr auf, eure Heimat zu hassen, wenn ihr euch Ihrer schämt, dann könnt ihr sie doch verlassen. […] Sprache, Brauchtum und Glaube sind Werte der Heimat, ohne sie gehen wir unter, stirbt unser kleines Volk. […] Bräuche, Geschichten, Kunst und Sagen, sehe schon die Nachwelt klagen und fragen: Warum habt ihr das verkommen lassen? Die Wurzeln des Landes, wie kann man die hassen? Nur um es manchen recht zu machen, die nur danach trachten, sich selbst zu verachten.”
In diesen Zeilen steckt alles, was völkischen Nationalismus ausmacht:Die Bezüge auf ein »Erbe«, welches »bewahrt« gehöre und nicht»verkommen« dürfe; die Annahmen von Verwurzelung und genetischerZugehörigkeit, kulminierend in der Formel „Heimat heißt Volk,Tradition und Sprache“. Obwohl – oder gerade weil – die Texte der Bandvoll von solchen nationalistischen und völkischen Tönen sind, versuchtsie diese extrem rechten Positionen zu kaschieren und behauptet sielehne „jeden Extremismus“ ab und gibt sich als unpolitisch. Auch dieseideologische Camouflage haben sie sich von den Onkelz abgeschaut.Was genau Sänger und Songwriter Philipp Burger damit meint, wenn erdavon spricht, dass all das „verkomme“, bleibt unausgesprochen.Allerdings engagierte sich Burger in der Vergangenheit auch mitpolitischem Engagement für eine Südtiroler Partei („DieFreiheitlichen“), die gegen Einwanderung und „Überfremdung“ kämpft.Auch an anderer Stelle findet sich, was Burger meinen könnte. So zumBeispiel, als er vor wenigen Wochen (am 20. September 2012) folgendenWitz auf seinem Facebook-Profil teilt:
„Erster Schultag in Berlin. Der Direktor ruft die Schüler auf: Mustapha El Ekhzerzi? Anwesend! Mohamed Endahra? Anwesend! Mel Ani El Sner? Keine Antwort Der Lehrer fragt noch einmal: “Mel Ani El Sner?” Jetzt meldet sich ein Mädchen: Wahrscheinlich bin ich gemeint, ich heiße Melanie Elsner“
Ja, da lacht das Herz des Provinzrassisten über die vermeintlichfremdvölkische Degenerierung der deutschen Hauptstadt. Burger weiß,was er seinen Hörer_innen und seinem Volk schuldet. Bereits in „Landder Vollidioten“ von 2009 hatte er ausgeführt, wie der Verlust derHeimat zustande kommt: Denn „die Vollidioten“ sorgen u.a. dafür, dass„Kreuze aus Schulen entfernt werden, aus Respekt vor den andersgläubigen Kindern“, wie Burger beklagt.Auch auf der neuen Platte „Feinde Deiner Feinde“ finden sichreihenweise Versatzstücke, die nahtlos an rechtsradikale Diskurseanknüpfen. Gleich im ersten Stück heißt es:
Wir haben’s getan Wir haben’s gemacht Wir haben Leute verdroschen Über die Folgen nicht nachgedacht Wir haben die Straßen der Stadt für uns in Anspruch genommen Keine Gefangene gemacht Wir haben gesoffen und geboxt Standen oft vom Richter Keine Reue, haben darüber gelacht
Von Reue oder Mitgefühl für die Opfer keine Spur, stattdessen wirdeine reine Schlägermentalität abgefeiert, die natürlich auch beigewaltbereiten Neonazis auf Gegenliebe stößt. In „Wir reiten in denUntergang“ heißt es dann:
Nichts als Richter nichts als Henker Keine Gnade und im Zweifel nicht für dich Heut gibt es den Stempel, keinen Stern mehr Und schon wieder lernten sie es nicht Und sagst du mal nicht Ja und Amen Oder schämst dich nicht für dich Stehst du im Pranger der Gesellschaft Und man spuckt dir ins Gesicht Und ganz vorne stehen die Ärsche Unterm großen Heiligenschein Liebevoll und Solidarisch Treten sie lustvoll in dich rein
Auch diese Zeilen sind sattsam bekannte Versatzstücke aus demrechtsradikalen Milieu. Das arme Opfer ist der aufrechte deutscheKämpfer, der seine Meinung nicht äußern könne, weil er von einerheuchlerischen Gesellschaft der Demokraten geknechtet werde. Dazu nochdie Anspielung auf den „Stern“, den es heute nicht mehr gibt – fertigscheint das Abziehbild, mit dem Burger sich offenbar selbst zum „neuenJuden“ stilisieren will – ein rhetorisches Motiv, das inNeonazi-Publikationen zum Standard gehört.Weiter geht es mit „Nur die Dummen sagen Ja und Amen“, wo es u.a. heißt:
Es kehrt zurück was irgendwann war Und was verloren schien Was viele dachten, doch nie sagten Die Meinungsfreiheit war dahin Jeder verstellte seine Worte und Tabus blieben Tabus Gewisse Themen waren verboten im Land der Vollidioten Nimm die Hand vom Mund, sag was Du fühlst Wenn Du dagegen bist Und wo Recht zu Unrecht wird Wird der Widerstand zur Pflicht
Es dürfte sehr schwer fallen, hierin keine lupenreine rechtsradikaleRhetorik zu entdecken. Dass die Meinungsfreiheit dahin sei, weilbestimmte Themen verboten seien, im „Land der Vollidioten“ – auch daskann man in jeder zweiten Nazi-Postille lesen. Es handelt sichgeradezu um klassische rechtsradikale Rhetorik gegen die vermeintlichverdorbene Demokratie. Es gibt sogar kaum eine andere Lesart, alsdiese Zeilen auf den Volksverhetzungsparagraphen und das Verbot derHolocaust-Leugnung zu beziehen – schließlich sind es de facto dieeinzigen „Themen“, die im heutigen Deutschland überhaupt verboten seinkönnten. Das Ganze wird am Ende garniert mit der in Neonazi-Kreisenmittlerweile mehr als beliebten Parole vom Widerstand, der zur Pflichtwird.Schließlich wird dem Hass auf alles, was links oder „politischkorrekt“ sein könnte, in „Gutmenschen und Moralapostel“ freier Laufgelassen:
Es gibt nur ihre Meinung und sie denken nur schwarz-weiß Sie bestimmen was gut, was böse ist, sie sind das, worauf ich scheiß Sie richten über Menschen, ganze Völker sollen sich hassen Nur um Geschichte, die noch Kohle bringt, ja nicht ruhen zu lassen Nach außen Saubermänner, können sie jeden Fehler sehen Sind selber die größten Kokser, die zu Kinderstrichern gehen Ich scheiß auf Gutmenschen, Moralapostel Selbsternannt, political correct Der die Schwachen in die Ecke stellt Und dem Rest die Ärsche leckt Ich scheiße auf Gutmenschen, Moralapostel Selbsternannt, sie haben immer Recht Die Übermenschen des Jahrtausends Ich hasse sie wie die Pest
Wer mögen die „größten Kokser“ sein, die „zu Kinderstrichern gehen“?Und wer lässt Geschichte nicht ruhen, um sich daran zu bereichern? Miteinem Augenzwinkern darf jeder Neonazi hier verstehen, was erverstehen will, nämlich beispielsweise, dass die Juden, die zuKinderstrichern gehen, die Deutschen knechten, um sich am Holocaust zubereichern. Wohlgemerkt: Explizit ausgeführt wird dies nicht, esreichen offenbar schon Versatzstücke.

Parteinahme für Rechtsaußen

2008 sollten »Frei.Wild« bei der »Freiheitlichen Rocknacht« auftreten,einem Konzert der »Freiheitlichen Jugend«, Nachwuchsorganisation derSüdtiroler Partei »Die Freiheitlichen«. Burger selbst war aufBezirksebene im Eisacktal (Brixen) für die Rechtsaußen-Gruppierungaktiv. Eine Kostprobe aus dem Forderungskatalog der »FreiheitlichenJugend«: »Südtirol zuerst! Einwanderung stoppen! Heimat schützen!Sofortige Ausweisung von ausländischen Straftätern!« Nach einigem Hinund Her sagte die Band das geplante Konzert ab. Politik würde der Bandschaden, so in etwa die fadenscheinige Begründung.Burger trat schließlich aus der Partei aus. Dem Parteiprogramm aberist er weiterhin treu. Im Internetforum der Band erschien erneut eineDistanzierung von »Politik« und eine Erklärung, wie es zum Engagementfür die Partei gekommen sei: »Nur weil man Musiker ist, [muss man]nicht jedes Mal und überall tatenlos zusehen. (..) Es kann nicht sein,dass fast jedes Wochenende gewalttätige Übergriffe ausländischer Gangsauf einheimische Jugendliche begangen werden.«Ihr Magdeburger Plattenlabel »Bandworm Records« kündigte wegen derdurchscheinenden Rechtslastigkeit von »Frei.Wild« die Zusammenarbeitauf. Mittlerweile veröffentlichen »Frei.Wild« als Indieband über daseigene Label »Rookies & Kings«. Der neue Manager Stefan Harder warvorher bei Universal Music und zeichnete dort für Hits wie »SchniSchna Schnappi das kleine Krokodil« verantwortlich.

Toleranz auch für Nazis

Wenn es um andere Themen als um die »heilige« Heimatscholle geht,geben sich »Frei.Wild« durchaus Mühe, »tolerant« zu sein. Gegensätzeziehen sich an, Vielfalt ist eine gute Sache. Im Song »Schwarz undWeiß« zählt die Band nicht nur lose auf, was sie alles ganz in Ordnungfindet, sondern verrät nebenbei auch ihr sexistisches Frauenbild:»Weich oder hart; dick oder dünn; reich oder arm; hetero oder warm;Pampa oder City. Wir sind hier und Du bist dort; weit weg von mir.Eckig oder rund; farblos und bunt; die eine will's von Hinten; dieandere nimmt ihn in den Mund; Nord- und Südpol, USA und der Rest derWelt.«Stichwort Toleranz: Philipp Burger erklärt in einem Interview, dassNaziskinheads wie alle anderen Gäste bei »Frei.Wild«-Konzertenwillkommen seien - »solange sich die Leute benehmen«. Denn: »Nur weileiner was anderes denkt«, dürfe man niemanden ausgrenzen. »Ich kannehrlich zu ihm sagen 'Willkommen! Aber benimm dich!'« Allerdingsmutmaßt Burger auch, dass »richtig überzeugte Nazis« mit den»Frei.Wild«-Texten »eh nicht klarkommen würden«. Ein Blick in dasNazi-Internetportal »Thiazi« zeigt das Gegenteil. In der dortigenBandliste sind »Frei.Wild« neben Nazirock der Marke »Störkraft« wieselbstverständlich mit Diskografie und vollständigen Liedtexten gelistet.
»Frei.Wild besingen eine Blut-und-Boden-Ideologie und knüpfen genaudort an, wo man 1945 geglaubt hatte, einen Bruch vollzogen zu haben«,sagt Politikwissenschaftler Günther Pallaver von der UniversitätInnsbruck.
Wir, der Arbeitskreis Recherche Allgäu, meinen: Schluss damit! KeineHalle für Frei.Wild! Kein Raum für Rassist_innen und Nazis, nicht inKempten und auch nicht anderswo!Wir fordern die Big Box Kempten und den Veranstalter des Konzertsaufgrund genannter Vorwürfe auf das Konzert mit „Frei.Wild“ abzusagen!Ansonsten trägt die BigBox Allgäu eine aktive Rolle bei derEtablierung Neofaschistischen Gedankenguts in der Mitte der Gesellschaft! Gerade in Zeiten in der eine Terrorzelle wie die NSU jahrelangMenschen aus rassistischen Motiven ermordet ist es nicht zuentschuldigen Neofaschistischen Ideologien einen Nährboden zu bieten!

+++Ende+++

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Ergänzungen

Konzert am 23. November im Berliner Velodrom!

no pasaran 16.11.2012 - 11:48
Die Band gibt nächste Woche Freitag, den 23. November ein Konzert im bereits jetzt ausverkauften Velodrom in Berlin. Einlass 18.30 Uhr, Beginn 20.00 Uhr
 http://www.velodrom.de/de/events/index.aspx

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