[B] Antifa-Proteste gegen Neonazis - 17. Juni

No Nazis - Fight Nazis 17.06.2012 17:06 Themen: Antifa
Aus Protest gegen Kundgebungen der rechtsextremen NPD und der rechtspopulistischen Bürgerbewegung Pro Deutschland haben sich am Sonntagvormittag nach Polizeiangaben mehr als 400 Menschen am Strausberger Platz in Friedrichshain versammelt. Aufgerufen hatte dazu eine Kampagne "Zusammen handeln gegen rassistische Hetze und soziale Ausgrenzung". Die Aktion stand unter dem Motto "Nazis und Rassisten stoppen - Gegen Geschichtsrevisionismus und nationalsozialistische Hetze".
Rund 400 Demonstranten haben am Straußberger Platz nach Polizeiangaben gegen die Instrumentalisierung des 17. Juni durch rechte Parteien und Bewegungen protestiert. Mit Pfeifkonzerten versuchten sie am Kundgebungen der rechtsextremen NPD und der rechtspopulistischen Bürgerbewegung Pro Deutschland zu stören. Laut Polizei verliefen die Veranstaltungen friedlich.

Der Protest stand unter dem Motto "Nazis und Rassisten stoppen - Gegen Geschichtsrevisionismus und nationalsozialistische Hetze". Vertreter von SPD, Linken und Antifa-Vereinigungen, die ebenfalls zur Demonstration aufgerufen hatten, schlossen sich an.

Zu der NPD-Kundgebung hatten sich laut Polizei rund 30 Anhänger versammelt, bei Pro Deutschland etwa ein Dutzend. Die Polizei war mit 400 Beamten im Einsatz, um ein direktes Aufeinandertreffen der verschiedenen Demonstranten zu verhindern.

Hier einige Bilder:
 http://www.demotix.com/news/1283520/two-far-right-rallys-and-protest-berlin
 http://www.flickr.com/photos/pm_cheung/sets/72157630161321832
 http://www.flickr.com/photos/rassloff/sets/72157630159167464/
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Ergänzungen

bilder

peter hoff 17.06.2012 - 17:29

na da hab ick och noch Fotos

boeseraltermann 17.06.2012 - 17:41

Wietere Bilder

... 17.06.2012 - 20:33
Weitere Bilder unter:

17.06.12 - Pro Deutschland Kundgebung + Proteste
 http://www.flickr.com/photos/mikaelzellmann/sets/72157630161725644/

17.06.12 - NPD Kundgebung + Protest
 http://www.flickr.com/photos/mikaelzellmann/sets/72157630162597204/

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dein name 17.06.2012 - 21:39

noch ein bericht

gz 17.06.2012 - 23:01

Zeitzeugen des 17. Juni 1953

Wer das feiert.... 18.06.2012 - 09:09
Auszüge aus Zeitzeugenberichten zum 17. Juni 1953:

" Kaum hatte der ideologische Trommelwirbel des RIAS begonnen, folgten auch Tausende Arbeiter aus Magdeburger Schwermaschinenbaubetrieben spontan den Losungen, die aus dem Äther kamen. Die zumeist jungen Anführer, beispielsweise im Thälmannwerk oder im Schwermaschinenbau „Karl Liebknecht", hatten dabei infolge der administrativen Normerhöhungen und anderer bürokratischer Regierungsmaßnahmen leichtes Spiel.

Es waren bittere Erfahrungen, die wir Mitarbeiter der Magdeburger „Volksstimme" im Zeitungshochhaus Bahnhofstraße 17 sammeln mußten. Als Chefredakteur wirkte Karl Jacobi. Karl Jacobi war ein mutiger, aufrechter Antifaschist, hinter dem bereits ein schwerer Lebensweg lag. In der Weimarer Zeit Journalist der Arbeiterpresse, hatte er danach als Interbrigadist gegen die spanischen Faschisten gekämpft, war später von den Nazis verhaftet, erst wegen „Hochverrat" zum Tode verurteilt und anschließend viele Jahre in KZ und Zuchthäusern gequält worden. „Als ich von meiner Mutter Abschied nahm", so erzahlte er mir einmal, „hatte sie blondes Haar, als ich sie wiedersah, weißes ..."

An jenem Morgen eröffnete unser Chefredakteur betont ruhig das turnusmäßige Redaktionsseminar, obwohl ein erregter Redakteur darauf hinwies, daß im Norden der Stadt ein Demonstrationszug in Richtung Zentrum marschiere. „Das werden die staatlichen Organe schon in Ordnung bringen", meinte er. „Wir lassen uns jedenfalls nicht von unserem Seminar ablenken."

Nach etwa einer Stunde stürzte der Pförtner in den Raum und rief: „Sie stürmen das Hochhaus!" Nun gehörte Karl Jacobi zu den ersten, die nach unten rannten und sich den „Demonstranten" widersetzten. Ich war nur wenige Meter von ihm entfernt und sah, wie ihn junge Arbeiter aus dem Thälmannwerk mit großen Schraubenschlüsseln auf den Kopf schlugen, so daß sein blaues Sommerhemd voller Blut war. Als ichden Prügelnden klarzumachen versuchte, daß der Mann schon genug während der Hitlerzeit erlitten habe und ein „Pfundskerl" sei, erntete ich Fußtritte. Unser Kreisredakteur Reinhold Hoding aus Wolmirstedt - gleichfalls ein bewährter Antifaschist -wurde ebenso zusammengeschlagen, obwohl er sein VVN-Abzeichen deutlich sichtbar am Revers trug. Er mußte später wegen einer Platzwunde am Kopf im Krankenhaus behandelt werden.

Wenige Tage nach dem 17. Juni fand auf dem Zentralen Platz, einer enttrümmerten Fläche nahe des Domplatzes, eine Kundgebung statt. Obwohl ohne jeden Pomp, war es die eindrucksvollste, die ich je erlebte. Es gab weder Marschsäulen noch bestellte Transparente, dafür aber viele von den Kundgebungsteilnehmern selbst gemalte Losungen, und Hermann Matern sprach von einem LKW-Anhänger aus zu einer kleinen Menschenmenge.

Nach Auffassung bestimmter Historiker habe ich mit diesem Erlebnisbericht meine Pflicht als „Quelle" erfüllt und mich jedes Kommentars zu den Junitagen 1953 zu enthalten. Ich verzichte an dieser Stelle tatsächlich darauf- allerdings nur, weil sehr vieles in den Beiträgen der Mitautoren meiner eigenen Einschätzung entspricht. Statt dessen erlaube ich mir einige Bemerkungen zum „Nachwende"-Umgang mit jenen Ereignissen, die bekanntlich in Magdeburg besonders schwerwiegend waren und mehrere Todesopfer forderten

Alljährlich gedenken Vertreter des „Bundes der Opfer des Stalinismus" vor einer ehemaligen Magdeburger Haftanstalt durch Worte, Blumen und Kränze der toten Demonstranten. Unter diesen befinden sich die von den sowjetischen Truppen verurteilten und standrechtlich erschossenen Alfred Dartsch und Herbert Stauch sowie ein gewisser Ernst Jennrich. Letzterer wurde auf Veranlassung des Obersten Gerichts der DDR zum Tode verurteilt, da man seine Schuld an der Ermordung des Volkspolizisten Georg Gaidzik mittels einer erbeuteten Dienstwaffe als erwiesen ansah.

Beim Sturm auf die Haftanstalt wurden aber auch der VP-Angehörige Gerhard Händler sowie der MfS-Mitarbeiter Hans Waldbach von Demonstranten erschossen. Nach Zeugenaussagen handelte es sich bei einem der Schützen um Alfred Dartsch, der von der Kriminalpolizei nur kurz verhört werden konnte und danach sofort von den eintreffenden sowjetischen Truppen übernommen wurde. Obwohl die Bewaffnung einiger Demonstranten unstrittig ist, wird der Tod von drei weiteren Personen heute ausschließlich auf den Schußwaffeneinsatz der Sowjetarmee zurückgeführt. Folgt man dieser Version, könnte beispielsweise der durch Kopfschuß getötete 17½Jährige hauptamtliche FDJ-Funktionär Horst Prietz eigentlich nur von einem Querschläger getroffen worden sein. Denn nach glaubwürdigen Berichten befand er sich in einer seitlich stehenden Gruppe unbeteiligter Augenzeugen

Laut den amtlichen Krankenhauslisten wurden neben Schußwunden - vorwiegend in den unteren Körperbereichen - auffallend viele Schlagverletzungen am Kopf registriert, darunter auch die Platzwunde unseres Kreisredakteurs Reinhold Höding aus Wolmirstedt.

Während die Stadt Magdeburg die Mordopfer Gaidzik, Händler und Waldbach zu DDR-Zeiten durch Straßennamen ehrte, tilgten die städtischen Nachwendepolitiker diese unverzüglich. Auch die Vertreter des „Bundes der Opfer des Stalinismus" haben weder Blumen noch Worte für diese Toten. Ähnlich verhalten sich jene einflußreichen Massenmedien, die jederzeit bereit sind, die tragischen Ereignisse ohne Rücksicht auf historische Tatsachen für ihre billige Sensationsmache und die weitere Verteufelung der DDR auszuschlachten. Während nach der Sachlage nie Zweifel daran bestehen konnten, daß die standrechtliche Erschießung von Dartsch und Stauch durch sowjetische Truppen zu verantworten ist, veranstaltete beispielsweise „stern tv" unter Leitung von Herrn Jauch im Jahre 1995 eine wahre Hexenjagd auf ein Phantom namens „Jung-Siegfried", der angeblich als ehemaliger VP-Angehöriger jene Todesschüsse abgegeben haben soll. Der „Kronzeuge" dafür wirkte vor der Kamera äußerst nervös und verschwand danach wieder in der Versenkung.

Über die erschossenen Volkspolizisten verlor auch Herr Jauch kein Wort, obwohl eigentlich erst diese Morde alles weitere Blutvergießen nach sich gezogen haben."









"Damals arbeitete ich bei der Leipziger Staatsanwaltschaft in der Beethovenstraße. Am 17. Juni 1953 wurde mein Mann 37 Jahre alt, und wir hatten Gäste. Meine Mutter war angereist und wollte sich Leipzig ansehen. Sie kam zum Karl-Marx-Platz. Dort waren viele Menschen versammelt. Ein Mann sprach, aber wegen der Entfernung verstand sie nichts davon. Ein anderer entrollte plötzlich eine schwarz-rot-goldene Fahne, und die Menschenmenge setzte sich in Bewegung. Meiner Mutter wurde es langweilig. Sie kehrte um.

Dafür sah ich wenig später den Fahnenträger, gefolgt von einer johlenden Menschenmenge, in der Beethovenstraße erscheinen. Vor unserem Gebäude rollte er die Fahne ein und verschwand über ein Garagendach. Inzwischen hatten Randalierer das Kommando übernommen und versuchten, das Tor zur Haftanstalt - sie lag im gleichen Gebäudekomplex wie Gericht und Polizeipräsidium - einzudrücken. Kurz zuvor war im Zuckeltrab noch der Pferdewagen angekommen, mit dem ein Aufseher und ein Häftling Speiseabfalle für die Schweinemast zusammengefahren hatten. Als der Häftling die Menschenmenge heranwalzen sah, ergriff er die Zügel, stellte sich vor den Aufseher und kutschierte das Gespann unangefochten ins Gehöft.

Danach horte ich wuchtige Hammerschlage im Erdgeschoß. Später stellten wir fest, daß man die Telefonanlage völlig zerstört hatte. Eine Etage unter uns wurden Akten des Vertragsgerichts auf die Straße geworfen und angezündet. Jemand brüllte Morddrohungen gegen den Leiter der Abteilung. Und das sollen Arbeiter gewesen sein? Doch dann brummte ein Panzer der Roten Armee heran. In der Luke stand ein junger Rotarmist. Und nachdem zweimal in die Luft geschossen wurde, wich die Menge. Nur vereinzelt wurden noch Störungen versucht.

Wenn heute von Toten in der Beethovenstraße geschrieben wird, ist das für mich eine Zwecklüge. Unsere bewaffneten Organe hatten absolutes Schießverbot. Übrigens hatte der Leiter der Haftanstalt die Zellentüren öffnen lassen und den Häftlingen freigestellt, hinauszugehen. Es ist aufschlußreich, daß nicht einer von ihnen diese Möglichkeit nutzte. „Mit der Sache wollen wir nichts zu tun haben", erklärten sie.

In den nächsten Tagen wurde der Umfang der Plünderungen und Verwüstungen bekannt. Bezeichnenderweise waren viele der später Verhafteten im Rotlicht- und Ganovenmilieu angesiedelt und oft genug gekaufte Subjekte. So sollte das Kraftwerk Dimitroffstraße gestürmt werden, um ganz Leipzig lahmzulegen. Die Arbeiter dieses Betriebes besaßen keine Waffen, aber sie nutzten ihre Fäuste und schlugen das Gesindel in die Flucht. Für mich sind nicht die Teilnehmer des sogenannten „Arbeiteraufstandes", sondern solche wie sie die wahren Helden dieses Tages."






"Zunächst war der 17. Juni 1953 für uns ein Tag wie jeder andere. Ich hatte die letzten Grenzstreifen eingewiesen und vergattert. Anschließend wurde eine kurze Lagebesprechung mit dem Kommandoleiter, dem Politleiter, dem FDJ-Sekretär und den Streifenposten durchgeführt, in der jeder seine Aufgaben erhielt. Als ich danach in Begleitung zweier Grenzpolizisten den täglichen Dorfrundgang beginnen wollte, unterbrach der Sender unseres Kommandos plötzlich sein Programm und informierte über „Unruhen und Streiks" auf Berliner Großbaustellen. Wir setzten uns sofort mit der Grenzkommandantur Hildburghausen in Verbindung. Von dort wurde empfohlen, die weitere Entwicklung in Ruhe abzuwarten. Wenige Minuten nach diesem Anruf traf der sowjetische Militärberater und erfahrene Grenzer Oberstleutnant Sokolow bei uns ein. Ich erinnere mich, als wäre es gestern gewesen, wie er mir auf die Schulter klopfte und sagte: „Keine Panik, Genossen. Wir sind bei uns schon mit ganz anderen Situationen fertiggeworden." Dabei lächelte er, und die von ihm ausstrahlende Ruhe - er war bereits 61 Jahre alt - gab uns tatsachlich die Gewißheit, daß wir diese Situation meistern wurden. Er machte den Vorschlag, zur Lageerkundung an den vorgeschobenen Grenzabschnitt zu fahren.

Zunächst kontrollierten wir die Posten, gaben entsprechende Anweisungen und begaben uns zum Hauptschlagbaum am 3-km-Schutzstreifen. Er war vor allem errichtet worden, um Grenzverletzungen sofort zu erkennen. Danach standen wir in ununterbrochener Verbindung mit dem Kommandoleiter, der uns in kurzen Zeitabständen über die neuesten Meldungen informierte. Die Sonne meinte es gut mit uns, und ab und zu huschten Hase oder Reh in Richtung von West nach Ost oder entgegengesetzt. Dabei machten wir noch Witze und meinten, es wird schon nicht so schlimm werden. Vielleicht ein paar Vollidioten, die ausgerastet sind und auf sich aufmerksam machen wollen. Aber da hatten wir uns leider getäuscht. Gegen 11 Uhr verschärfte sich die Lage in Berlin, und das wirkte sich auch bei uns aus. Unser Kommandoleiter ordnete die Ausgabe von Kaltverpflegung an, da der Grenzabschnitt nunmehr ununterbrochen und ohne Ablösung bewacht werden mußte. Das hieß, Soldaten und Offiziere hatten im Freien zu übernachten, dort, wo wir seit dem Vormittag eingesetzt waren. Den Radiomeldungen zufolge waren dem Berliner „Arbeiteraufstand" weitere in Großstädten wie Leipzig, Halle und Dresden gefolgt. Gefängnisse wurden gestürmt, „politische Gefangene" befreit. Darunter, wie es hieß, sogar eine ehemalige KZ-Kommandeuse. Man verbrannte rote Fahnen, und in Berlin kam es zu schweren Brandstiftungen. Angestachelt durch diese „Heldentaten" wurde es nun auch in unserem Dorf immer unruhiger. Mancher zuvor friedlich-freundliche Einwohner entpuppte sich unversehens als haßerfüllter Gegner der DDR. Unser nur noch von vier Grenzsoldaten bewachtes Dienstgebäude wurde nun mit Steinen, Flaschen und faulen Eiern beworfen. Auch Rufe wie „Brennt diese verfluchte Bude nieder!" wurden laut. Waren nicht unsere sowjetischen Freunde in letzter Minute zu Hilfe gekommen, hatten wir bei unserer Rückkehr wahrscheinlich nur noch eine verbrannte Trümmerwuste vorgefunden.

Am späten Nachmittag erschienen die ersten Demonstranten aus dem uns westlich gegenüberliegenden Dorf Albingshausen am Schlagbaum. Eskortiert durch Männer vom Bundesgrenzschutz, trugen sie Transparente - schwarze Schrift auf weißem Grund - und hielten sie uns entgegen. Da gab es Parolen wie „Statthalter und Stiefellecker Moskaus" oder „Kommunistenschweine in Grenzeruniform haben in Deutschland nichts zu suchen!" oder „Einheit in Frieden und Freiheit". Für uns hieß es weiterhin Ruhe bewahren und nicht provozieren lassen. Plötzlich tauchten drüben auch amerikanische Militärfahrzeuge auf. Zwei Offiziere der US-Armee bemühten sich um Kontaktaufnahme mit einem sowjetischen Leutnant, der mit uns im Straßengraben Stellung bezogen hatte. Dieser lehnte das Ansinnen natürlich ab. Daraufhin starteten die US-Vertreter zunächst eine „friedliche Provokation", indem sie Zigaretten und Schokolade über den Schutzstreifen herüberwarfen. Doch als wir dieses Zeug aufhoben und postwendend zuruckbeförderten, wurden aus den freundlichen Gesichtern böse, und man beschimpfte uns in englischer Sprache. Danach setzten sich die Amerikaner wieder in ihre Autos und verschwanden. Allerdings nicht, ohne ein paar Schüsse in die Luft abzugeben."








"Da die Anfang Juni 1953 vom Politbüro vorgenommene Kurskorrektur im Betrieb wenig publik gemacht wurde, gab es ziemlich böse Diskussionen und Unzufriedenheit. Der Betriebsfunk sendete am 17. Juni gegen 9 Uhr die Aufforderung, daß sich alle Beschäftigten um 11 Uhr zu einer wichtigen Zusammenkunft im Speisesaal einfinden sollten. Als wir dort ankamen, war der Raum bereits überfüllt. Wir fanden nur noch seitliche Stehplätze neben einem alten Genossen und ehemaligen KZ-Häftling, den man uns bei anderer Gelegenheit vorgestellt hatte. Die Männer im Präsidium waren uns unbekannt, aber nach Auskunft des Genossen befanden sich darunter Mitglieder der Werkleitung. Jemand eröffnete die Zusammenkunft mit der Erklärung, daß es unter den Kollegen eine Reihe von Fragen gebe, über die man sprechen müsse.

Sehr weit gedieh die Geschichte aber nicht, denn plötzlich stieg ein dicker, glatzköpfiger Mann inmitten der Versammelten auf einen Stuhl und begann mit bemerkenswerter Rhetorik auf die Ausbeutung der Arbeiter durch das SED-Regime sowie die mit den Regierungsmaßnahmen verbundene Verschlechterung des Lebensstandards zu schimpfen. Dann ging er noch einen Schritt weiter und rief die Arbeiter dazu auf, massiven Widerstand zu leisten und sich von diesem Regime zu befreien. Während der Dicke mit enormem Pathos auf die Anwesenden einredete und sich dabei immer wieder mit dem Taschentuch den Schweiß von seinem feisten Nacken und der Glatze wischte, hielt ihm ein junger, schwarzhaariger Mann Stuhl und Rücken frei. Wir waren davon ziemlich irritiert. Unser Nebenmann jedoch fand das kaum der Rede wert, da es nicht organisiert sei und deshalb keine Aussicht auf Erfolg habe. Wie wir wüßten, könne nur eine organisierte Bewegung im politischen Kampf erfolgreich sein. Als wir allerdings in den Abendnachrichten hörten, daß die Arbeiter in anderen Städten und nahezu allen Großbetrieben ebenfalls zu Protestversammlungen aufgerufen worden waren, kamen uns doch erhebliche Zweifel an dieser Einschätzung. Denn wie konnten nahezu auf den Glockenschlag genau in allen Teilen der DDR solche Veranstaltungen zustande kommen?

Am nächsten Tag wurden im Betrieb Flugblätter verteilt, die uns der Antwort näherbrachten. Den Personalunterlagen zufolge handelte es sich nämlich bei dem glatzköpfigen Hauptredner um einen ehemaligen hauptamtlichen Propagandisten der Untergauleitung der NSDAP und bei dem schneidigen Schwarzhaarigen um einen früheren Offizier der Waffen-SS. Danach vermuteten wir - und ich bin nach wie vor davon überzeugt -, daß von den Drahtziehern des 17. Juni die noch verfügbaren alten NS-Seilschaften mobilisiert worden waren. In dieser Meinung wurden wir nach unserer Rückkehr an die Universität bestätigt. Der Mann unserer Kommilitonin Erika - ein bärenstarker KVP- Offizier - war bei dem Einsatz vor dem Gefängnis in Halle so brutal zusammengeschlagen worden, daß er mit Schulter- und Armfrakturen ins Krankenhaus gebracht werden mußte. Die Täter agierten aus einer Menschenmasse heraus, welche das Gefängnis stürmte und neben anderen Verbrechern auch Erna Dorn befreite. Ich halte es für absurd davon auszugehen, daß einfache, werktätige DDR-Bürger 8 Jahre nach Kriegsende das Bedürfnis gehabt haben sollen, eine Frau, die sich selbst als ehemalige Angehörige des KZ-Personals bzw. der Gestapo bezeichnete, aus dem Gefängnis zu holen, sie wie eine Heldin zu feiern und ihre Reminiszenz an den „geliebten Führer" mit frenetischem Beifall zu beantworten."






"An diesem Tag bewachte ich als Kursant einer Dolmetscherschule der KVP mit der Waffe in der Hand Brücken und andere wichtige Objekte in Weimar. Wir patrouillierten gemeinsam mit den Soldaten der Sowjetarmee und nutzten diese Gelegenheit, um uns mit ihnen Russisch zu unterhalten. Der Herd der Unruhen war das Mähdrescherwerk Weimar. Angehörige der Volkspolizei, die Objekte wie Banken, Parteigebäude u. a. bewachten, waren brutalen Übergriffen der durch die Gegend ziehenden „Arbeitergruppen" ausgesetzt. Wir blieben unbehelligt, denn vom „Aufstandsstab" war die Parole ausgegeben worden: „Die in den blauen Uniformen könnt ihr zusammenschlagen. Bei denen in der Khaki Uniform - gemeint waren wir Angehörigen der Kasernierten Volkspolizei - müßt ihr euch vorsehen. Die halten's mit den Russen...". Verletzte gab es damals etliche, aber entgegen den Behauptungen der offiziellen BRD-Propaganda mehr Uniformierte als Zivilisten. Wir hatten laut Befehl nur im äußersten Notfall von der Waffe Gebrauch zu machen."





"Die Menschenmenge wogte hin und her und wurde aus dem Hintergrund von unbekannten Personen zum Sturm auf das Gefängnis aufgewiegelt. Am Eingang erschienen immer wieder kleinere Gruppen und forderten Zutritt, um die Insassen zu überprüfen. Wir lehnten dieses Ansinnen natürlich ab. Aber die Lage spitzte sich zu, der Sturm auf das Gefängnis schien bevorzustehen, und einer der Demonstranten begann bereits die Außenfront hinaufzuklettern. Da entschloß ich mich zu einer kurzen Ansprache, in der ich neben der erfolgten Rücknahme von Preis- und Normerhöhungen u. a. darlegte, daß im Zusammenhang mit dem „Neuen Kurs" auch in der UHA Gera bereits Urteile überprüft und Häftlinge freigelassen worden waren. Die von den Demonstranten erhobene Forderung zur Freilassung bzw. Überprüfung der noch einsitzenden Gefangenen sei Aufruhr und ungesetzlich. Deshalb würden wir Volkspolizisten - obwohl ohne Waffen und Schlagstöcke - das Eindringen in die Haftanstalt nicht zulassen. Abschließend forderte ich die Versammelten auf, Ruhe zu bewahren und den Vorplatz der Haftanstalt zu räumen. Inzwischen hatte der Kletterer tatsächlich die Außenfront verlassen. Unmittelbar danach erschienen zwei Aufklärungs-SPW der Sowjetarmee und fuhren in den Hof der Haftanstalt ein, während die Demonstranten fluchtartig verschwanden. Wenig später kehrten unsere beiden Züge in die Dienststelle zurück. Gegen 14 Uhr wurde für die Stadt Gera der Ausnahmezustand ausgerufen.

Über die Ereignisse im Bezirk Gera ist mir aus den Lagebesprechungen bzw. der Meldetätigkeit des Operativen Diensthabenden der BDVP Gera für den Zeitraum vom 17. - 25. Juni 1953 folgendes in Erinnerung geblieben:

Wiederholt gingen Meldungen über das Auftauchen unbekannter Luftlandegruppen und zweifelhafter Fallschirmspringer im Lagezentrum ein, die sich jedoch immer als falsch herausstellten.

In Weida besetzten Demonstranten die örtliche Polizeiwache und bedrohten die anwesenden Volkspolizisten. Angehörige der KVP-Bereitschaft räumten daraufhin mit „Gewehr zur Hand" die Wache und den Vorplatz, ohne daß ein Schuß fiel.

Aus Kahla wurde eine Kundgebung auf dem Marktplatz gemeldet, zu deren Hauptrednerin sich eine ehemalige KZ-Aufseherin aufgeschwungen habe.

Die Dienststelle Jena des Ministeriums für Staatssicherheit wurde von Hunderten gestürmt, die Büroeinrichtungen und Akten auf die Straße warfen. Einer der Mitarbeiter stand in direkter Telefonverbindung mit Minister Zaisser und wurde wiederholt angewiesen, jeden Schußwaffengebrauch zu verhindern. Die letzte Meldung lautete: »Jetzt dringen sie in mein Zimmer ein!" Danach wurden MfS-Angehörige durch die Straßen geschleift, und sogar Schwerverletzten die Aufnahme in Krankenhäusern verweigert. Beim Sturm auf die Haftanstalt befreite man sämtliche Häftlinge, fesselte die kleinste von ihnen mit Handschellen und präsentierte sie den Demonstranten mit den Worten: „... und Kinder haben sie auch eingesperrt!".

Mir aus der früheren Zusammenarbeit bekannte Erfurter Genossen schätzten ein, daß die frühzeitige Ausrufung des Ausnahmezustandes durch den Chef der BDVP, Chefinspekteur König, wesentlich zur Verhinderung ernster Vorkommnisse im Bezirk Erfurt beigetragen hat.

Der Leiter der Registrierabteilung Sömmerda der KVP vereitelte das Eindringen der Demonstranten in seine Dienststelle, indem er die Wache eine Salve in die Luft abfeuern ließ.

So erlebte ich den 17. Juni 1953, und diese Ereignisse prägten mein Geschichtsbild."







"Die Bezirksleitung der FDJ befand sich in einem Gebäude der Ritterstraße. Das Sekretariat lag im zweiten Stockwerk.

Es ging so los: am Morgen kommen Demonstranten gezogen. Mir fällt auf, daß einige von ihnen ganz neue Bauarbeiterkleidung anhaben, die ist offenbar noch nicht ein einziges Mal gewaschen worden. Fensterputzleitern werden angestellt, um ein Transparent abzureißen, das zum Gebäude der Karl-Marx-Universität hinüber gespannt ist. Warum reißen sie das Transparent ab? Einige Mitarbeiter der Bezirksleitung stürzen auf die Straße, ich auch. Als wir unten an die Tür kommen, werden wir bereits belagert. Nicht alle von uns, die draußen auf der Straße stehen, kommen wieder herein. Sie werden verprügelt. Wir wollen die Tür zudrücken, aber die Demonstranten stemmen schon die Fuße dazwischen. Der Pförtner will seine Loge abschließen. Da bricht die Menge herein. Ich werde eingequetscht und bekomme eine Tracht. Blut läuft mir in die Augen. Noch können wir uns befreien und auf die erste Etage zurückziehen. Die Demonstranten verstärken aber den Druck. Im Erdgeschoß hatte eine Zusammenkunft von Politstellvertretern der MTS stattgefunden. Leider haben es die Genossen vorgezogen, durchs Fenster zu flüchten, Richtung Hauptbahnhof abzuhauen. Sie waren jetzt eine gute Verstärkung für uns gewesen. Mit allen Mitteln wollen wir, weil wir ahnen, was sich abspielen wird, die Kaderregistratur schützen. Ein paar schwangere junge Frauen setzen sich vor die Tür in der Annahme, die Eindringlinge würden sie nicht anrühren. Aber die stürzen unsere Madchen die Treppe hinunter. Was geht hier vor? Sind das wirklich Arbeiter? Bauarbeiter?

Ein paar Genossen vom Sekretariat und andere Mitarbeiter halten sich im kleinen Versammlungssaal auf und harren dort der Dinge. Sie sind gelähmt, aktionsunfähig. Immerhin beobachten sie die Straße. Die Bezirksbehörde der Volkspolizei schickt einen Kommandowagen mit Polizisten. Die tragen aber nur Mützen, keine Helme. Der Wagen wird umgekippt. Mit Latten schlagen einige Demonstranten von hinten auf die Kopfe ein. Die meisten Polizisten werden entwaffnet. Drei oder vier haben aber die Türe der Bezirksleitung erreicht und schützen den Eingangsbereich. Sie nehmen nacheinander etwa zehn Randalierer fest und sperren sie in den kleinen Innenhof. Doch dann drücken die mit vereinten Kräften von innen an die Tür, können sich befreien und nehmen nun auch diesen Volkspolizisten die Gewehre weg. Als man feststellt, daß sie nicht geladen sind und auch keine Munition vorhanden ist, kann die Truppe trotz des anhaltenden Gerangels auf dem gleichen Weg wie zuvor die MTS-Leute entkommen. Überraschenderweise trägt einer der Demonstranten sogar noch ein vergessenes Gewehr hinterher.

Inzwischen sind die anderen, uns vor sich herschiebend, bis in die zweite Etage vorgedrungen in den Saal. Verächtlich schauen sie auf die paar Leute, die hier sitzen und nichts zur Verteidigung des Hauses unternehmen. Krümmen ihnen kein Haar. Stürzen nur die Lenin-Büste um. Andere und ich bücken uns und wollen sie aufheben. Wieder stehen wir denen gegenüber. Doch ein paar Jugendfreunde, die es mit der Angst gekriegt haben, umklammern uns jetzt von hinten. Nun beginnen die Eindringlinge Gardinen herunterzureißen, Telefonapparate, Aktenordner und Dokumente herum- oder aus dem Fenster zu werfen. Mir dröhnt der Schädel. Mit List gelingt es uns, die Randalierer zum Verlassen des Gebäudes zu bewegen, indem wir einigen zuflüstern, daß sich der Demonstrationszug unten neu formiert und weiterziehen will. Da sie uns in dem Durcheinander für ihresgleichen halten, stürzen sie die Treppen hinab und die übrigen hinterher. Als die auf der Straße merken, daß sie genarrt wurden, wollen sie gleich wieder ins Haus stürmen. Aber wir haben schnell mit Möbeln eine Barrikade gebaut, so daß ihr Vorhaben mißlingt. Danach sehen wir vom Fenster aus, daß unten ein Jeep vorfährt. Ihm entsteigt ein sowjetischer Offizier mit gezogener Pistole. Die Menge weicht. Eine halbe Stunde später fahren Panzer auf. Ich werde verbunden. Als mein Vater in die Bezirksleitung kommt, erkennt er mich nicht gleich. Tage darauf wird ein Arzt feststellen, daß sich meine Schädelnähte gelockert haben."






"Am 17. Juni 1953 wurden wir zu Arbeitsbeginn über die Berliner Ereignisse vom Vortag informiert und sollten anschließend die Lage in den von uns betreuten Betrieben erkunden. Als kurz danach auch in Leipzig Versammlungen, Streiks und Demonstrationen begannen, wurden wir zurückbeordert. Gegen Mittag näherte sich vom Lindenauer Markt her eine lärmende Gruppe. Sie bestand aus 150 bis 200 Kindern und Jugendlichen, die von wenigen Erwachsenen begleitet wurden und zunächst ziemlich ratlos schienen. Erst nach mehreren Aufforderungen der Erwachsenen begannen sie dann Steine gegen unsere Fenster zu werfen, die dabei fast alle zerstört wurden. Wir wollten die Menge von der Tür verdrängen, versuchten deshalb einen Ausfall - und zogen uns sofort wieder zurück. Es wäre sinnlos gewesen, auf Kinder und Halbwüchsige einzuschlagen, während die fünf bis sechs älteren Rädelsführer ihre Meute wohlweislich von der anderen Straßenseite aus anstachelten. Nachdem zuvor keine Telefonverbindung zustandegekommen war, konnte einer von uns aber bei dieser Gelegenheit nach draußen gelangen und die inzwischen in der SED-Stadtbezirksleitung stationierte sowjetische Einheit informieren. Als danach in der Birkenstraße ein Rotarmist mit Maschinenpistole auftauchte, rannte der ganze Haufen samt seinen Anführern davon, ohne daß auch nur ein Schuß gefallen war.

In den Betrieben der Stadt hatte sich die Lage inzwischen unterschiedlich gestaltet, und auch die Menschen reagierten in dieser aufgeheizten Situation verschieden. Mir selbst sind nach derart langer Zeit vor allem einige Beispiele besonnenen und selbständigen Handelns erinnerlich.

Im VEB Bodenbearbeitungsgerätewerk (vorm. Rudolf Sack) bildete sich eine Streikleitung aus ehemaligen NSDAP-Mitgliedern und Berufssoldaten, die erst das Jahr 1945 zu Arbeitern gemacht hatte. Diese Leute beraumten eine Belegschaftsversammlung an und riefen dort zum Aufruhr auf. Zur allgemeinen Verwunderung stellte der Betriebsratsvorsitzende - ein alter, erfahrener Genosse - ihnen dafür sogar ein Mikrofon zur Verfügung. Allerdings war das daran angeschlossene Tonbandgerät für den späteren Prozeß sehr nützlich.[..]

Anfang oder Mitte Juli nahm ich dann als Zuhörer an einem recht aufschlußreichen öffentlichen Prozeß teil, bei dem auch westliche Pressevertreter anwesend waren. Er wurde gegen einen Jugendlichen geführt, der sich in der Innenstadt als Aufputscher und zerstörerischer Rowdy besonders hervorgetan hatte. Sein Verteidiger war entweder ein westdeutscher Anwalt, oder er besaß zumindest irgendwelche Vollmachten von Institutionen außerhalb der DDR. Ich erinnere mich, daß deshalb gleich zu Beginn ein längeres Gerangel um Formalitäten stattfand. Das eigentlich Bemerkenswerte war jedoch, daß der putzmunter vor uns sitzende Angeklagte laut Westpresse zu den „Opfern des Volksaufstandes" gehörte, d. h. von KVP oder „Sowjets" erschossen worden war. Als Zeugin wurde seine Schwester vorgeführt, welche die Nachricht von seiner „Erschießung" an die Westpresse verkauft hatte. Ihre Tätigkeit im „Gewerbe" der Messestadt Leipzig war aktenkundig. Beide, Bruder und Schwester, wurden zu Haftstrafen verurteilt."

Photos aller 36 Nazis

verlinkt 01.07.2012 - 16:28

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der dabei — war...!