Dresdner Ermittlungsbehörden angezeigt

addn.me 17.12.2011 12:43 Themen: Antifa Freiräume
Während in Dresden ein erstes Verfahren gegen einen der mutmaßlichen Blockierer eingestellt worden ist, läuft die Solidaritätskampagne für Lothar König an, dem von der Dresdner Staatsanwaltschaft "schwerer Landfriedensbruch" vorgeworfen wird. Dieser hat über seinen Anwalt mittlerweile Anzeige gegen die im §129-Verfahren ermittelnden Behörden Anzeige wegen Beleidigung eingereicht. In den Ermittlungsakten sei einer der Beschuldigten konsequent als "afroamerikanisch/europäischer Mischling mit dementsprechender brauner Hautfarbe" bezeichnet worden.
Der Anwalt des Jenaer Jugendpfarrers Lothar König hat die Ermittlungsbehörden in Sachsen wegen Beleidigung und Verfolgung Unschuldiger angezeigt. In Auszügen aus den vorliegenden Ermittlungsakten war einer der Beschuldigten im Verfahren wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung von den Beamten als "afroamerikanisch/europäischer Mischling mit dementsprechender brauner Hautfarbe" bezeichnet worden. Die Begrifflichkeiten würden an nationalsozialistische Rassegesetze erinnern und weder Staatsanwaltschaft, noch die mit der Sache betrauten Ermittlungsrichterin hätten die Wortwahl kritisiert, so der Rechtsanwalt von Lothar König in der Begründung für seine Anzeige wegen Beleidigung.

Gegen König hatte die Staatsanwaltschaft Anfang Dezember eine Klage vor dem Dresdner Amtsgericht wegen schweren Landfriedensbruchs eingereicht. Der Pfarrer soll am 19. Februar aus einem von ihm gesteuerten blauen VW-Bus heraus, "ständig gegen die Polizeibeamten gehetzt" haben. Außerdem wird ihm vorgeworfen, "Musik mit aggressiven, anheizenden Rhythmen" gespielt zu haben. Vom Lautsprecherwagen aus soll das Lied "Keine Macht für Niemand!" der 70er Jahre Kultband "Ton Steine Scherben" gespielt worden sein. Die Ermittler glauben, dass der Bus als "Führungszentrale" der gewaltbereiten Szene fungiert haben soll. Im Fall einer Verurteilung droht dem Pfarrer eine Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren.

Mehrere Menschen haben sich inzwischen mit einem offenen Brief gegen die Kriminalisierung Lothar Königs gewandt. In dem von zahlreichen bundesdeutschen Prominenten und DDR-Bürgerrechtlern unterschriebenen Schreiben heißt es, dass Demokratie nur "durch die tätige Teilnahme aller am Meinungsbildungsprozess" aufrecht zu erhalten sei. Das Beispiel zeige, dass der Einsatz von Bürgerinnen und Bürgern in Sachsen "als Angriff" empfunden und bekämpft wird. Auch etliche Fraktionen im Thüringer Landtag schlossen sich den Vorwürfen an. So sei bisher nicht zu erkennen, dass die sächsischen Ermittlungsbehörden "mit gleicher Intensität Neonazis verfolgen". Diese hatten am 19. Februar unter den Augen der Polizei ein alternatives Wohnprojekt in Dresden-Löbtau angegriffen, welches ein halbes Jahr zuvor schon Ziel eines rechten Brandanschlags geworden war. Bis heute wurde keiner der zum Teil namentlich bekannten Täter vor Gericht gestellt.

Begonnen hatten die Ermittlungsmaßnahmen am 5. Februar diesen Jahres auf dem Dresdner Heidefriedhof. Dort soll nach Angaben der Süddeutschen Zeitung ein Besuch der linken Landtagsabgeordneten Katharina König "mittels Personenüberwachung minutiös" überwacht worden sein. Da gegen die Abgeordnete der Linken und Tochter von Lothar König wegen ihres Landtagsmandats nicht so einfach ermittelt werden konnte, hätten die Ermittler Anfang Februar damit begonnen, den Pfarrer zu observieren. Nachdem ein auf ihn angemeldetes Telefon in eine Telefonüberwachung geriet, wurde gegen ihn ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung eröffnet. Dazu hatten sächsische Einsatzkräfte im August, also knapp ein halbes Jahr nach dem Besuch seiner Tochter auf dem Heidefriedhof, seine Wohnung in Jena durchsucht und den Lautsprecherwagen der JG Stadtmitte beschlagnahmt.

Passende Musik: Ton Steine Scherben - Keine Macht für Niemand
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Ergänzungen

deeskalierender König

popel 17.12.2011 - 14:26
haben die Bullen , Staatsanwalt und Richter Dresden 2010 vergessen??

Wer hat den auf dem Rückweg zu den Busen deeskalierend auf die Abschlussdemo eingewirkt?
Wer hat den die Leute davon abgehalten auf die Schikanen der Bullen einzugehen?
Wer hat befriedliche Musik gespielt als die Abschlussdemo kurz gekesselt wurde?


Und wer war es? Lothar König!!!
Und der soll ein Jahr später zu Gewalt aufrufen?



Bullen , Staatsanwalt und Richter versucht euch lieber mal als Märchenbuchautor.

Naja, wen wunderts noch...

xvx 17.12.2011 - 18:27
Es ist so lächerlich, gegen Lothar König wegen der ihm vorgeworfenen Dinge zu ermitteln, wenn man ihn mal in Aktion gesehen hat. Der Typ ist der Deeskalator höchstpersönlich. Er hat sich in meinen Beobachtungen immer deeskalativ verhalten und viele brenzliche Situationen, welche in so gut wie allen Fällen durch übermütige, offensichtlich gewaltgeile Bullen eskaliert wären.

Das war der Fall 2009 in Dresden, kurz nachdem die Demo angegriffen und aufgelöst wurde, 2010 während der Blockaden und ebenso während der Abschlussdemo, als plötzlich die Brücke dichtgemacht wurde und tausende vollkommen friedliche Leute, die zu ihren Bussen wollten, durch die achso friedliebende Staatsmacht ohne erkennbaren Grund aufgehalten wurden.

2011 habe ich ihn ebenso erlebt, und das in einer Situation in welcher die Bullen anscheinend vollkommen die Kontrolle verloren hatten, wie man es auf diversen Videos auch gut beobachten kann. Der Typ hat nichts weiter gemacht als das weswegen er da war, nämlich versucht friedlich einen Neonaziaufmarsch zu blockieren.

Wenn ich mich an das eskalierende Verhalten diverser Hundertschaften erinnere frage ich mich wirklich, wieso ein Lothar König schuld an Ausschreitungen sein soll, nicht aber die Einsatzleitung und andere staatliche Akteure, welche lieber zu sieht wie hunderte Nazis Wohnhäuser attackieren und äußerst rabiat mit oftmals vollkommen friedlichen Menschen umgeht.

Das ganze Verfahren ist nichts weiter als ein weiterer Beleg wie übertrieben gegen links agiert wird, während Nazis sich organisieren, hetzen und morden können.

Police Brutality

DDx 17.12.2011 - 20:10
Da regen sich die Leute auf, die mit Pepperball-Gewehren auf Flüchtende schiessen liessen!

Mobi "DRESDEN NAZIFREI" für 2012

HinzundKunz 18.12.2011 - 18:20

Mobi Dresden 2012 - NO PASARAN!

HinzundKunz 18.12.2011 - 18:24

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sachsen?

ich könnte kotzen! 17.12.2011 - 13:37
Wie um alles in der Welt ist es eigentlich möglich, dass derartig offensichtliche Rechstbrüche und Behinderung von antifaschistischen Angagement stattfinden können, ohne dass es eine öffentliche Kritik darin gibt? (abgesehen von der, der linksradikalen Szene sowie den Opfern wie hier Herr König)

addn.me ihr schreibt sehr gut recherchierte Artikel die auch dem "bürgerlichen" Leser verständlich sind und nicht irgendwie extrem erscheinen. Wollt ihr nicht mal versuchen über große Zeitungen (Spiel, Stern, etc.) o.ä. diese sächsische Scheiße einer größeren Öffentlichkeit zu präsentieren?

Was mich auch wundert, ist dass z.B. Vereinigungen wie verdi, IGM, DGB etc. den Aufruf von Dresden Nazifrei blockieren, sich aber nicht in die Repressionsdebatte in Dresden miteinschalten.

Es gibt doch wirklich viele Leute die mit Dresden Nazifrei und den Folgen zu tun haben. Und das sind nicht nur irgendwelche "linksradikalen Spinner" denen eh niemand zu hört. Das sind auch ganz "normale" Leute, wieso regt sich dann nichts bezüglich dieser Rechtsbrüche?

Antworten

Antifa 17.12.2011 - 14:31
Wie um alles in der Welt ist es eigentlich möglich, dass derartig offensichtliche Rechstbrüche und Behinderung von antifaschistischen Angagement stattfinden können, ohne dass es eine öffentliche Kritik darin gibt? (abgesehen von der, der linksradikalen Szene sowie den Opfern wie hier Herr König)

offensichtliche Rechstbrüche und Behinderung von antifaschistischen Angagement .... Es sind eben keine Rechtsbrüche sondern es ist die konsequente Umsetzung bestehender Gesetze ohne die Ermittlungen wie in Sachsen unmöglich wären. Die öffentliche Kritik, welche zum Beispiel in Sachsen Medien übernehmen könnten, findet defacto nicht statt und damit fehlt auch der Druck auf sächsische Ermittler. Das hat aber nur zum Teil etwas mit konservativen Ansichten auch innerhalb der sächsischen Presselandschaft (siehe mdr, LVZ, SäZ etc.) zu tun, sondern vielmehr mit dem Umstand, dass sich in Sachsen zu keinem Zeitpunkt eine demokratieaffine Bürgergesellschaft aufbauen konnte und sich selbst vermeintlich linke Parteien als politisch unfähig erwiesen haben. Das Handeln der Ermittlungsbehörden ist dementsprechend nur die logische Konsequenz aus dem fehlenden politischen Bewußtsein und antidemokratischen Ansichten in weiten Teilen der sächsischen Bevölkerung.

addn.me ihr schreibt sehr gut recherchierte Artikel die auch dem "bürgerlichen" Leser verständlich sind und nicht irgendwie extrem erscheinen. Wollt ihr nicht mal versuchen über große Zeitungen (Spiel, Stern, etc.) o.ä. diese sächsische Scheiße einer größeren Öffentlichkeit zu präsentieren?

Die Artikel bzw. Inhalte sind soweit ich das Beurteilen kann, schon länger Bestandteil bundesweiter Medien. Vielleicht wäre es auch ganz ratsam, wenn einige Personen mal Artikel aus dem linken Spektrum heraus, in Englisch, Tschechisch oder Polnisch übersetzen könnten. Was in Sachsen hilft und was auch den Betroffenen in den politisch motivierten Strafverfahren helfen würde, ist eine überregionale Berichterstattung und Thematisierung über die Zustände des postdemokratischen autoritär geführten sächsischen Nachwendegesellschaft.

Was mich auch wundert, ist dass z.B. Vereinigungen wie verdi, IGM, DGB etc. den Aufruf von Dresden Nazifrei blockieren, sich aber nicht in die Repressionsdebatte in Dresden miteinschalten.

Diese Organisationen sind in Sachsen einfach medial nicht präsent, die gewerkschaftliche Organisierung lässt seit Jahren zu wünschen übrig und spätestens seit Hartz 4 unter rot-grün sollte klargeworden sein, dass die Gewerkschaften in Deutschland im Prinzip nur noch sich selbst verwalten. Sie sind nicht einmal in der Lage dazu, auf die Wünsche ihrer Mitglieder einzugehen, geschweige denn, sich in politische Entscheidungen einzumischen. Wieso sollte das also ausgerechnet in Sachsen anders sein?

Es gibt doch wirklich viele Leute die mit Dresden Nazifrei und den Folgen zu tun haben. Und das sind nicht nur irgendwelche "linksradikalen Spinner" denen eh niemand zu hört. Das sind auch ganz "normale" Leute, wieso regt sich dann nichts bezüglich dieser Rechtsbrüche?

Dresden Nazifrei als Bündnis hat sich nie wirklich für von Repression Betroffene eingesetzt hat. Nicht einmal nach den skandalösen Datenerfassungen äußerten sich Vertreterinnen oder Vertreter zu den Ereignissen. Viel hat sicher damit zu tun, dass die eigene Wirksamkeit als Ansprechpartner unterschätzt und der Extremismusansatz auch von Teilen des Bündnisses verinnerlicht worden ist.

@Fassungslose VorednerInnen

Mielke 17.12.2011 - 18:42
Das ist halt Stasi 2.0, nix weiter.
Das ist vielen bürgerlichen, wie den Gewerkschaften nur noch nicht so klar.
Anosnten wissen wir ja, wie solche Kriminalisierungsversuche wirken:
nämlich mobilisierend...

musik mit agressiven,anheizenden rhytmen!haha

hans sachs 18.12.2011 - 01:41
den armen rio würde es ja freuen. kranke weltsicht. erinnert an criminal justice act in england:
A 'rave' is defined as a gathering of 100+ people, at which amplified music ('wholly or predominantly characterised by the emission of a succession of repetitive beats'[!) is played which is likely to cause serious distress to the local community, in the open air and at night.
nazis morden ungehindert, möglicherweise sogar mit unterstützung des VS und die bullen wagen es gegen einen harmlosen pfarrer zu ermitteln. ganz abgesehen von dem handydaten skandal.
jemand muß diese sächsischen bullen in den arsch treten!!!
einschüchterungsversuche, die der demokratie schaden!

relativ

syria anonimo 19.12.2011 - 10:56
in syrien wurden 5000 morde zugegeben für die aufstände der LETZTEN DREI MONATE
WAS HEULT IHR HIER RUM
WIE ES IST REVOLTE AUFSTAND SEHT IHR DORT
die schweinebullen sind egel
denn dann tritt das militär auf den plan
und die sind massiv brutaler und besser ausgerüstet

@Antifa

nerorosso 22.12.2011 - 20:48
Deine "Antworten" waren ja ganz gut, aber im Bezug auf "Dresden-Nazifrei" kann ich das so nicht stehen lassen. "Dresden-Nazifrei" kümmert sich sehr wohl um die von Repression Betroffenen (und das sehr intensiv) und hat sich zu keinem Zeitpunkt von Leuten distanziert, die sich 2010 und/bzw. 2011 dem Naziaufmarsch entgegengestellt haben!