[B] Kuba nach dem VI.Parteitag-Referat

marksist 27.05.2011 17:02
Am gestrigen Donnerstag veranstaltete der 'Arbeitskreis Klassenfrage' ( http://klassenfrage.blogsport.de) eine Vortrags- und Diskussionsveranstaltung zu Kuba, dem letzten realsozialistischen Staat. Für diesen stehen nun, nach dem sechsten Parteitag, der im April 2011 stattfand, umfangreiche Wirtschaftsreformen an.
Eine Veranstaltungsmitschrift.
An der Berliner Humboldt-Universität, die selbst die Universidad de La Habana zur Partneruniversität hat, fand gestern eine Vortragsveranstaltung des AK Klassenfrage statt, die von rund 100 Personen besucht wurde. Bei dieser referierte Dr. Theo Wentzke zur Republik Kuba, der nach dem sechsten Parteitag der kommunistischen Staatspartei nun umfangreiche wirtschaftliche Reformen ins Haus stehen.

Wentzke stieg mit einer grundsätzlichen Charakterisierung des sozialistischen Programms auf Kuba ein, wie es zunächst mit der Revolution von 1959 gedacht war. Dieses sei insofern gegenüber anderen sozialen Bewegungen in Lateinamerika besonders, als dass damit erstmals ein wirklich konsequenter Kurs gegen die imperialistische Politik der USA gefahren wurde. Kuba war lange Zeit, wie der Rest Lateinamerikas nur der us-amerikanische Hinterhof, der als Güterlieferant herhalten durfte, dessen Bevölkerung aber aus Armutsverhältnissen nie raus kamen. Mit der kubanischen Revolution habe man nun einen Staat machen wollen, der sich, entsprechenden realsozialistischen Programmen, am Wohl der Leute orientierte und nicht Profite zum Leitbild hatte.

Nun allerdings ändert Kuba seinen Kurs. Mit dem Wegfall des Ostblocks geriet der Inselstaat in die wirtschaftliche Krise. Die Subventionen der Sowjetunion blieben aus und die Versorgung geriet ins Stocken und kam zum Erliegen. Die Betriebe brachen zusammen, weil Kuba auf die Versorgung durch den Ostblock angewiesen war. Dafür präsentierte es sich ihnen wiederum als perfekte geopolitische Position im Kalten Krieg, um dem Westblock wie ein Stachel im Arsch zu sitzen. Ihre, die kubanische, Wirtschaft bewies sich also als auf dem Reichtum anderer Nationen aufgebaut.
Der Zusammenbruch folgte nun, da man sich bei den kubanischen Kommunisten auf die Versorgung durch die Bruderländer in Europa verlassen hatte statt eigens seine Wirtschaft so aufzubauen, dass sie zumindest Grundbedürfnisse befriedigen könnte. Von einer eigenständigen Planwirtschaft, bei der die Bevölkerung zum Wohle der Bevölkerung arbeitet, also die eigenen Möglichkeiten produktiv macht, konnte keine Rede sein. Drum stehen und standen die Kubanischen Genossen nun quasi auf dem Schlach und mussten zusehen, dass sie eigens eine Versorgung aufbauen. Statt dies vernünftigerweise über eine planmäßige Strukturierung zu bewerkstelligen, entschied man sich die Güter auf dem Weltmarkt einzukaufen.

Ohne Devisen jedoch, bekommt man auch als Kubaner auf dem Welt-Markt nichts, weshalb der Mangel an Güter zunächst durch die Öffnung der Insel für den Tourismus und damit für die kapitalistische Ökonomie bewerkstelligt werden sollte. Weil dies jedoch nicht ausreicht, wurde den kubanischen Staatsbetrieben seit zwanzig Jahren nun stets mehr Effizienz verordnet. Die eigenen Produkte müssen auf dem Weltmarkt Abnehmer finden um deftige Gelder, zumeist US-Dollar, in die Staatskasse zu spülen.
So machten sie den Übergang von einem Staatsprogramm, dessen Ziel die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrung, Kultur, Bildung und Gesundheit war, zu einer Agenda, die profitabel arbeiten muss und hierfür die Leute einspannt. Dass ist zwar ein merkwürdiger Dreischritt, aber den haben so auch schon die Chinesen erfolgreich prktiziert.
Kurzgemacht geht diese Logik wie folgt:
-Verorgung der Leute sichern durch Einkauf auf dem Weltmarkt
-Devisen erwirtschaften, um die Güter bezahlen zu können
-Eigene Bevölkerung für Profite schleifen um produktiv genug für Devisen zu sein

Damit macht die Kubanische Republik sozialistischer Prägung den Übergang zunächst zur staatskapitalistischen Ökonomie. Denn die staatlichen Betriebe werden für den Weltmarkterfolg nicht etwa privatisiert, sondern bleiben zunächst erst einmal in der Hand der Staatsgewalt. Für diese Betriebe nun verordnet man mehr Effizienz. Es sollen also massenweise Kubaner rausgeschmissen und auf den Arbeitsmarkt entlassen werden, auf dem sie in aller Regel jedoch nur über Cliquenwirtschaft erneut zu Anstellung und in Lohn und Brot kommen. Damit entscheiden sich die letzten verbliebenen Realsozialisten dafür, in den Markt, den man Anfangs noch als untauglich für die Versorgung der Leute hielt und deshalb einen Sozialismus aufzog, zu vertrauen, auf dass dieser den gewünschten Erfolg erbringe. So bekommt die kubanische Bevölkerung, mit Ausnahmen von Kranken und Alten, keine entsprechende Grundsicherung mehr, sondern müssen selbst für ihr (Über-)Leben sorgen.

Mit dem Paradigmenwechsel zur Fragestellung 'Wie macht man das Volk prodkutiv für das Devisenwachstum bzw. für den Weltmarkterfolg?' erklärt man mit einem Schlag hunderttausende Lohnabhängige für Überflüssig und auf sich selbst angewiesen. Folgen sie dem Bild Chinas, ist es nur eine Frage der Zeit ehe auch die Kubaner anfangen ihr Staatskapital zu privatisieren.

Doktor Theo Wentzke, der außerdem Redakteut der Vierteljahreszeitschrift GegenStandpunkt ist, wies zum Abschluss darauf hin, dass dies der erste Vortrag des GS zum Thema Kuba seit 1997 sei, als der fünfte Parteitag stattgefunden habe. Es wird außerdem in der GegenStandpunkt-Ausgabe 3-2011 oder 4-2011 einen längeren analytischen Artikel zu den Reformprozessen in Kuba geben.
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Ergänzungen

Kuba ne Diktatur?

xy 29.05.2011 - 13:42
"Deutschland ist demokratisch, Quadrate sind quadratisch..." (Gebrüder Engel)

Kuba: Fidel Castro wird 140 Jahre alt


Havanna. Ein früherer Arzt des ehemaligen Staats- und Regierungschefs Kubas, Fidel Castro, hat dem inzwischen 84-jährigen eine Lebensdauer von "bis zu 140 Jahren" vorhergesagt. Eugenio Selman-Housein machte seine wohl nicht ganz ernst gemeine Bemerkung auf einer dreitägigen Konferenz in der kubanischen Hauptstadt Havanna zu Menschen im hohen Alter. Selman-Housein hatte mehrere Jahre lang ein Team aus Ärzten geleitet, das für die medizinische Betreuung des kubanischen Revolutionsführers und anderer hochrangiger Politiker verantwortlich war.

Die Mediziner- und Expertenkonferenz in Havanna ging vor allem auf die soziale und medizinische Begleitung von Menschen mit einem Lebensalter von über 100 Jahren ein. Die international anerkannte medizinische Versorgung in Kuba hat in diesem Entwicklungsland das Lebensalter massiv ansteigen lassen. Nach Angaben kubanischer Medien leben in dem Elf-Millionen-Einwohner-Land 1551 Menschen mit einem Alter von über 100 Jahren.

(hneu/pl) – amerika21.de – 28. Mai 2011






audio-mitschnitt

informer 29.05.2011 - 14:07
den audiomitschnitt kann man nun bei archive.org saugen:
 http://www.archive.org/details/Gegenstandpunkt-theoWentzkeReferatDiskussionkubaNachDem

und warum steht ein solcher inhaltlicher bericht eigentlich nicht auf der startseite und dafür aber jede scheißlangweilige demo?

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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