HH: Eine Lerche macht noch keinen Sommer

pauken und trompeten 11.05.2011 14:02
Am Sonntag den 15.5. von 11-17 Uhr lädt das Polizeikommissariat 16 in der Lerchenstr., besser bekannt als 16er oder Lerchenwache, zum Tag der offenen Tür.
„Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom Polzeikommissariat 16 freuen sich auf ihren Besuch und stehen für Fragen und Gespräche bereit!“ wird versprochen. Viele Anwohner_innen haben den letzten Besuch auf der Wache 16 sowie die Fragen und Gespräche der Mitarbeiter_innen in alles andere als freudiger Erinnerung.

Bereits Anfang der 90er Jahre war die Lerchenwache weit über Hamburg hinaus berüchtigt für besondere Brutalität gegenüber missliebigen Personen. Laut Innenbehörde wurden allein zwischen dem 1. März 1989 und dem 28. Februar 1993 insgesamt 32 Strafanzeigen wegen Misshandlung gegen die auf Wache 16 eingesetzten Beamten der (zivilen) E-Schicht erstattet. Die E-Schicht machte bundesweit Schlagzeilen und schaffte es schließlich sogar in den Jahresbericht von amnesty international. Mehrere Versetzungen der Verantwortlichen sorgten nur für die Vervielfältigung dieser Praktiken an anderen Hamburger Dienststellen – z.B. die Misshandlung von Schwarzafrikanern an der Wache 11 sowie die Erstellung einer als "Negerkartei” bezeichneten illegalen Datensammlung.

Jahre später spielte sich die Wache als Retterin des Schanzenviertelidylls angesichts der so bezeichneten Drogenproblematik auf, obwohl gerade die polizeiliche Verdrängung der Drogenszene aus St. Georg für die veränderte Situation im Stadtteil gesorgt hatte. Durch erhöhte Polizeipräsenz sollte das subjektive Sicherheitsempfinden der Bevölkerung erhöht werden. Dies war lediglich eine Umschreibung für rassistische Schikane und Willkür gegenüber spontan als Dealer diffamierten Schwarzen Menschen, die nicht selten durch gewalttätige Übergriffe hinter verschlossenen Türen ergänzt wurden.

Zum Baubeginn des 4-Sterne-Hotels im Schanzenpark wurde der damals noch zu Eimsbüttel gehörende Park dem Einzugsbereich der einschlägig erfahrenen 16er zugeschlagen. Gemeinsam mit den während der gesamten Bauphase Tag und Nacht dort stationierten Bereitschaftsbullen trugen auch die Kräfte der Wache ihren Teil zu Polizeiwillkür und Repression gegen den dortigen Widerstand bei: Hunderte von Platzverweisen, zig eingeleitete Verfahren wegen Widerstand und Hausfriedensbruch (überwiegend eingestellt), körperliche Übergriffe mit Verletzungsfolgen, ein Hundebiss und ein dreimonatiges Aufenthaltsverbot (aufgehoben) bilden nur die Highlights der Liste.

Auch heute hat sich im Wesentlichen daran nichts geändert. Ein Beispiel aus dem Jahr 2007:

"Sie sind in der Nacht zum Sonntag festgenommen und von Polizisten mißhandelt worden. Was ist genau passiert?

Ich bin im Rahmen eines Polizeieinsatzes im Hamburger Schanzenviertel in der Nacht zum Sonntag unter dem Vorwurf der angeblichen Sachbeschädigung festgenommen worden. Die Beamten brachten mich unmittelbar nach der Festnahme auf das Polizeirevier 16 in der Lerchenstraße. Dort wurden meine Personalien festgestellt. Der Ton, der auf dieser Wache herrschte, war aggressiv und respektlos. Bei dem folgenden Verhör machte ich von meinem Recht Gebrauch, jegliche Aussage außer der Angabe meiner Personendaten zu verweigern. Dann erlebte ich etwas, das ich in meinen schlimmsten Träumen nicht erwartet hätte. Die mich verhörenden zwei Beamten sprangen urplötzlich auf, zogen Pfefferspray aus der Gürteltasche und sprühten mir von zwei Seiten über einen längeren Zeitraum eine erhebliche Menge der Reizflüssigkeit auf Gesicht und Körper.

Wie haben Sie auf diesen Übergriff reagiert?

Reflexartig zog ich meine Hände vor das Gesicht und erhob mich vom Stuhl. Einer der Beamten brüllte etwas wie »Jetzt hören Sie endlich auf!« und »Lassen Sie das sein!«. Ich schrie meinerseits unter Schmerzen, daß ich nicht verstehe, was das soll und keinen Widerstand geleistet habe und auch nicht vorhätte, das zu tun. Dann stürzten die beiden Beamten sich auf mich und drangsalierten mich, indem sie meinen Kopf auf den Boden schlugen. Sie zerrissen mein T-Shirt und legten mir Handschellen an. (…)"
junge welt vom 19.09.2007

Viele weniger öffentlich dokumentierte Vorfälle belegen, dass dies kein Einzelfall ist. Angesichts dieser Zustände kann man die Einladung für den 15.5. nur als Hohn empfinden:
- Führungen durch den Sicherheitsbereich des PK inklusive des Zellentraktes
- Die örtliche Kriminalpolizei stellt familiengerecht ihre Arbeit vor
Die zu besichtigenden Gefangenenfahrzeuge und Diensthunde haben viele ebenfalls in unguter Erinnerung.

Bereits zwei Flyer kursieren mit eigenen Einladungen zu diesem Event:

Punx Picnic um 11:45

Unter dem Motto: „Dem PK 16 den Marsch blasen!“ pünktlich zum Auftritt des Polizeiorchesters um 15:00. Zum Mitbringen von Instrumenten und sonstigem Lärmmachen wird aufgerufen.

See you!
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Ergänzungen

da war noch was

ergänzung 11.05.2011 - 14:26
Ach ja:
Dezember 2009 wurde vor der Lerchenwache ein Streifenwagen abgefackelt. Dies reichte für Polizeigewerkschaftschef Lenders aus, einen Mordversuch festzustellen und bevorstehende Solidaritätsbekundungen der Bevölkerung des Schanzenviertels mit Kuchen zu halluzinieren. Die sind zwar bislang ausgeblieben, aber vielleicht stellt der Tag der offenen Tür einen Versuch dar, solche Auftritte herbeizuzwingen.
Schaun wir mal ;)

Kinder hit tag

1312 14.05.2011 - 17:21
Am 05. juli findet übrigens auf dem gelände der bereitschaftspolizei in alsterdorf der sogenannte "kinder-hit-tag" statt. Am start sein werden neben der übblichen propagander der hher polizei auch die feuerwehr hh, THW, jugendrotkreuz und - siehe da - auch VATTENFALL!