Neonazistisches Treiben im Kieler Norden

Autonome Antifa-Koordination Kiel 20.01.2011 13:13 Themen: Antifa
Seit einigen Monaten entwickelt sich der Kieler Norden zu einem Brennpunkt neonazistischer Aktivitäten in Kiel. Nachdem im Jahr 2009 vor allem die Wik, bedingt durch die Ansässigkeit einiger aktiver Nazis aus dem Umfeld der "Aktionsgruppe Kiel" und deren offenen Bestrebungen, junge Menschen für ihre faschistischen Ansichten zu gewinnen, ein örtlicher Schwerpunkt von Nazipropaganda und -übergriffen war, hat sich diese Entwicklung jetzt weiter nördlich des Kanals verlagert.
In den Stadtteilen Friedrichsort, Pries und Holtenau tritt seit einiger Zeit eine Gruppe junger Neonazis verstärkt in der Öffentlichkeit auf. Diese orientieren sich am Stil der selbsternannten "autonomen Nationalisten" und fallen vor allem durch massives verbreiten von faschistischen Aufklebern, Plakaten und Sprühereien auf - jedoch auch durch Übergriffe und Bedrohungen von Menschen, die nicht in ihr Weltbild passen oder sich gegen die Neonazis wehren. Der jüngste rassistische Angriff ereignete sich in der Nacht vom 24. auf den 25. Dezember, als in Friedrichsort ein Bäckereiladen verwüstet und mit Hakenkreuzen beschmiert wurde. Dabei ist ein hoher Sachschaden entstanden und die Betreiberin berichtete zudem auch von anderen Übergriffen auf sie und andere ausländische Geschäftsleute.

Nachdem im letzten Jahr immer wieder einzelne unbekannte junge Neonazis bei Aktionen der Kieler NPD und der "Aktionsgruppe Kiel" dabei waren, stellte sich heraus, dass einige dieser Nachwuchsnazis aus eben jenen Stadtteilen nördlich des Kanals kommen und hier mittlerweile offensichtlich auch Leute aus ihrem privaten Umfeld für ihre verdrehte Weltsicht gewinnen konnten. So scheint es, als wäre mit der Zeit in Friedrichsort eine ganze Clique von etwa 10-15 Jugendlichen zu den Neonazis übergelaufen, von denen wiederum einige in räumlicher Nähe zusammen in der so genannten "Roten Siedlung" wohnen. Hier wird auch gerne zusammen mit anderen Kieler Neonazis gefeiert, sei es in den Wohnungen der Nazis oder am Friedrichsorter Skagerrakufer, wo es immer wieder zu Belästigungen durch das Grölen von Naziparolen und -liedern kommt.
Einige dieser jungen Nazis sind gerade einmal 15 oder 16 Jahre alt, doch das hält sie nicht davon ab, zusammen mit den Älteren auf Aktionen zu gehen (wie z.B. die Kundgebung der "AG Kiel" am 8.5.10 am Kieler Hauptbahnhof) oder sich gelegentlich Auseinandersetzungen mit der Polizei in Friedrichsort zu liefern. Ein (mittlerweile gelöschtes) YouTube-Video, in dem schwarz gekleidete und teils vermummte Kieler Neonazis mit Fackeln und Transparenten martialisch posieren, wurde von Pascal N., einem jungen Nazi aus Friedrichsort ins Internet gestellt.
Einige andere dieser angehenden Neonazis wohnen in Holtenau, auch hier sind seit mehreren Monaten verstärkt faschistische Sprühereien und Aufkleber zu sehen.

Begünstigt wurde diese Entwicklung durch den scheinbar gezielten Zuzug von aktiven Nazis in diese Stadtteile, wie z.B. Patrick R. (Friedrichsort). Es zeigt sich, dass die aktive Nachwuchsrekrutierung der Neonazis über den subkulturellen und actiongeladenen Habitus der "autonomen Nationalisten" zumindest teilweise, wenn auch begrenzt, Früchte trägt. Die jungen Nazis aus dem Kieler Norden haben mittlerweile enge Verbindungen zur restlichen Kieler Szene und tauchen immer wieder zusammen mit anderen bekannten Nazis auf, verteilen Flugblätter in der Innenstadt und fahren auf überregionale Nazidemonstrationen (z.B. 5.6.10 Hildesheim, 17.7.10 Hamburg). Sie werden so durch Aktionen und die Konfrontation mit dem politischen Gegner an die Szene gebunden.

Das Bestreben über den Weg einer vermeintlichen Subkultur neue Anhänger_innen zu gewinnen, kann auch an einem weiteren Projekt aus dem Kreis der Nachwuchsnazis beobachtet werden. Mitte Juni 2010 verkündete die "AG Kiel" auf ihrem Internetblog die Produktion eines Albums namens "Hip-Hop für Deutschland". Der "Frontmann" "S.I.N" hat dafür auf dem Blog als Kostprobe schon einmal einen Text mit dem Titel "Anti-Antifa" veröffentlicht. Der Text trieft vor Gewaltfantasien und Drohungen und endet mit den Zeilen: "das letzte was ihr hört Frei Sozial National / AntiAntifa zum sterben ein guter Tag" (sic!). Hinter dem Pseudonym "S.I.N" steckt Lennard S. aus Friedrichsort, der sich offenbar erst seit kurzem in Nazi-Rap versucht, vorher allerdings schon unter dem Namen "Seven SinZ" unpolitische Hip-Hop-Stücke im Internet veröffentlichte. Auch er nahm an der Kundgebung der "AG Kiel" am 8. Mai in der Innenstadt teil.

Die Entwicklung in Friedrichsort und Holtenau wird von der Polizei zwar beobachtet, doch wie zu erwarten beschränkt sich ihr Engagement auch hier lediglich auf das Bemühen um Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung. So werden die Nachwuchsnazis zwar ab und zu mit der Polizei konfrontiert, doch dies geschieht nur, wenn der rechte Mob mal wieder zu laut gefeiert hat. Und dabei kam es laut Anwohner_innen auch schon zu handfesten Auseinandersetzungen zwischen den jungen Nazis und der Polizei.
Es zeigt sich einmal mehr, dass Anti-Nazi-Arbeit sich nicht auf die Verfolgung einzelner Akteure aus der Nazi-Szene beschränken sollte, sondern dass Antifaschismus vor Ort viele Ebenen umfassen muss. Dazu gehört die Aufklärung über rechte Personen und Aktivitäten, das Entfernen von faschistischer Propaganda aus dem Straßenbild, aus Schule und Jugendtreff sowie auch die direkte Gegenwehr für den Fall, dass Neonazis offen auf der Straße auftreten. Einen Anfang machte Friedrichsorter "Runde Tisch gegen rechte Ecken" Anfang Juli mit einer Straßenputzaktion, bei der mehrere hundert rechte Aufkleber in Friedrichsort entfernt wurden.

Am 22. Januar 2011 planen antifaschistische Gruppen aus Kiel ein Umsonst-Konzert im Jugendzentrum Friedrichsort/Pries mit dem Ziel, den Nazis in Friedrichsort eine lebendige und offene antifaschistische Gegenkultur in Form von Hip-Hop- und Rock-Bands, Informationen und Aufklärung entgegen zu setzen!
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Ergänzungen

beats against nazis! [break the silence]

Autonome Antifa-Koordination Kiel 20.01.2011 - 13:25
Konzert gegen die Nazi-Aktivitäten im Kieler Norden


mit

SCHLAGZEILN [SGZ] (hip-hop / berlin)

NOT NOW (punk / neumünster)

STUMBLING PINS (street punk / kiel)



Samstag 22.01.2011

Jugendzentrum Friedrichsort/Pries (Buschblick 103)

(Buslinie 91, Haltestelle Bachweg / Buslinie 501/502, Haltestelle Brahmsweg)

Einlass 18 Uhr / Eintritt frei!


Seit einigen Monaten entwickelt sich der Kieler Norden zu einem Brennpunkt neonazistischer Aktivitäten in Kiel. In den Stadtteilen Friedrichsort, Pries und Holtenau tritt seit einiger Zeit eine Gruppe junger Neonazis verstärkt öffentlich auf. Diese orientieren sich am Stil der selbsternannten "autonomen Nationalisten" und fallen vor allem durch massives verbreiten von faschistischen Aufklebern, Plakaten und Sprühereien auf - jedoch auch durch Übergriffe und Bedrohungen von Menschen, die nicht in ihr Weltbild passen oder sich gegen die Neonazis wehren. Der jüngste rassistische Angriff ereignete sich in der Nacht vom 24. auf den 25. Dezember, als in Friedrichsort ein Bäckereiladen verwüstet und mit Hakenkreuzen beschmiert wurde.


Mit dem Konzert in Friedrichsort wollen wir deutlich machen, dass rassistische, antisemitische und nationalistische Propaganda und Gewaltdrohungen nicht hingenommen werden – weder hier noch anderswo. Den Nazis, die sich mittlerweile auch bemühen in Bereichen von Jugend- und Subkulturen wie z.B. Hip-Hop oder Hardcore breit zu machen, setzten wir eine breite antifaschistische Gegenkultur entgegen. Hip-Hop, Punk oder Hardcore lassen sich nicht mit faschistischer Ideologie zusammen denken - sie steht den Gedanken von Selbstbestimmung und der Freiheit aller Menschen unvereinbar entgegen!


Zeigen wir den Nazis, dass wir keinen Bock auf sie haben!

Kieler Nazigang

emils 20.01.2011 - 15:46
Nach unseren Recherchen haben sich die Altnazis von den Kneipenterroristen auch wieder formiert, sie schlagen sich zwar nicht mehr öffentlich rum, jedoch hat die Gruppe hohes Gewaltpotenziell inne und wer weiß, wie und wann die mal wieder los schlagen?
Bei Veranstaltungen z.B der NPD helfen sie gerne mal als sog. doofe Rumsteher, als Saalschutz aus!

Konfrontationsgeil?

Beobachter 20.01.2011 - 23:57
Auch wenn sich mein Text auf den Vorfall mit dem Backshop in Friedrichsort bezieht,so finde ich,passt dieser auch ganz gut hier rein.Deshalb den selben Wortlaut an dieser Stelle nochmal.Hinzugefügt sei noch,dass ich die Kieler Linke als etwas "Konfrontationsgeil" empfinde,denn diese Musikveranstaltung direkt in der Nachbarschaft der Faschos,ist so,als würden die nen Skinheadkonzert in Kiel-Gaarden abhalten,was 100pro zu Stress führen würde.Hoffen wir,dass die Faschos nicht danach,oder sogar in der selben Nacht,mit Angriffen auf linke Einrichtungen antworten.Sollte vielleicht in Erwägung gezogen werden,gefährdete Objekte dementsprechend zu schützen.

Hier mein letzter Text:

Es ist seid Monaten ruhig geworden in Kiel und irgendwie werde ich das Gefühl nicht los,dass es bei den Nazis keine "Umstrukturierung" gibt,sondern das gewisse Personen, sog ."Zugpferde" nicht mehr aktiv agieren.Diese Tat spricht nicht grad von guter Planung denkender Nazis,sondern für Frustabbau der Nazi-Kids,die sich ein wenig Aufmerksamkeit verschaffen wollen.Das Friedrichsort,die Wik und auch Holtenau inzwischen rechte "Hochburgen" sind,ist den "älteren Nazis" zu verdanken,die dort sehr intensiv gearbeitet haben,aber wo sind diese denn jetzt inzwischen?Also ich habe von den bekannten Vögeln wie v.d.Born,Zöllner,Gericke,Breit und Co. seiud Ewigkeiten nichts gehört und nichts gesehen.Auch gibt es keine Propagandaanktionen der Nazis mehr.Vieles spricht für eine "Kopflosigkeit" der Kieler Nazis und dies sollte jetzt unbedingt genutzt werden,wobei man auch nichts herbei beschwören sollte,weil dann die Faschos wohl wieder eher Zusammengeschweißt werden,als wenn man sie in ihrem "Auflöseprozess" alleine lässt.Des weiteren sollte bedacht werden,dass die Angriffe sich dann auch wieder gegen linke Einrichtungen und Menschen richten werden,und davon gab es meiner Meinung nach mehr als genug und die Betroffenen haben bestimmt keine Lust auf "Rechts-Links Auseinandersetzung die Zweite".

@beobachter

kittykat 23.01.2011 - 18:39
Deine Beobachtungen in allen Ehren, aber du meinst das doch alles hoffentlich nicht wirklich ernst!???
Mal abgesehen davon, dass die Faschos weiterhin mit ihren Propagandaaktionen einige Stadtteile regelmäßig verschandeln und ihr Aggressionspotenzial wohl kaum abgenommen hat (siehe z.B. Friedrichort...), ist deine These doch die, dass die Nazis schon lieb bleiben werden, wenn nur bloß keiner es wagt, sein Maul aufzumachen (oder sogar in ihren "homezones" aufzutauchen)...? Naja, und wie gut diese Wegschau-Taktik funktioniert, könntest du bei Gelegenheit mal in einem Geschichtsbuch deiner Wahl nachlesen...

In diesem Sinne: Gegen den Staat und seine Nazis! In Friedrichsort und anderswo!

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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...ich sach mal... — willi bormann

@ conni — dei mudder

@conni — oh mann