Vlotho: Holocaust-Leugnerin verurteilt

O.M.F OWL 06.10.2010 19:50 Themen: Antifa
Das Landgericht München I hat heute die Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck-Wetzel wegen Volksverhetzung zu einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten und einer Geldstrafe von 1.000 Ruro verurteilt. Gegen den Mitangeklagten Georg Wiesholler wurde wegen Beihilfe eine Geldstrafe von 600 Euro verhängt.
Das Landgericht München I hat heute die Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck-Wetzel aus Vlotho wegen Volksverhetzung zu einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten und einer Geldstrafe von 1.000 Euro verurteilt. Gegen den Mitangeklagten Georg Wiesholler wurde wegen Beihilfe eine Geldstrafe von 600 Euro verhängt.

Haverbeck-Wetzel, ehemalige Vorsitzende des am 7. Mai 2008 durch den Bundesminister des Innern verbotenen Vereins "Collegium Humanum - Akademie für Umwelt und Lebensschutz e.V." und stellvertretende Vorsitzende des ebenfalls verbotenen "Vereins zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten" (VRBHV), war bereits mehrfach wegen Volksverhetzung verurteilt worden. Allerdings bisher immer und ausschließlich zu Geldstrafen, die sie in Monatsraten von 30 Euro per Dauerauftrag abzahlt, wie in verschiedenen früheren Gerichtsverfahren bekannt wurde.

Bisher verhängte Geldstrafen in 15 Jahren und vier Monaten bezahlt

Zur Zeit wären die offenen Beträge nur der rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren nach 15 Jahren und vier Monaten bezahlt - bisher eine Pauschal-Lizenz zum Begehen weiterer Straftaten. Bestätigt das Landgericht Bielefeld in der kommenden Woche (siehe unten) ein erstinstanzliches Urteil wegen Beleidigung der Vorsitzenden des Zentralrats der Juden, Charlotte Knobloch, wären ihre Strafen - gleich bleibende Monatsraten vorausgesetzt - sogar erst nach 22 Jahren und zehn Monaten bezahlt.

"Den Holocaust gibt es gar nicht."

Das Landgericht München I beschäftigte sich mit der von Haverbeck-Wetzel verfassten, antisemitischen und den Holocaust leugnenden Broschüre "Amalia Hinterwäldlerin vor Gericht". Die 81 Jahre alte Beschuldigte diffamiert in der Broschüre in vorgeblich satirischer Weise Jüdinnen und Juden als "Lügner". Haverbeck-Wetzel in der 76 Seiten umfassenden Hetzschrift wörtlich: "Den Holocaust gibt es gar nicht. Das ist so etwas wie der Weihnachtsmann oder der Osterhase für Erwachsene."

Der aus Ottobrunn bei München stammende 91 Jahre alte Georg Wiesholler hatte die Publikation verlegt. Wiesholler ist unter anderem als Autor der "Vierteljahreshefte für freie Geschichtsforschung" (VffG) bekannt, in denen offen der Holocaust beziehungsweise dessen einzelne Fragmente geleugnet werden.

Verfahren abgetrennt

Angeklagt war auch die 66 Jahre alte Margret Nickel aus dem hessischen Wahlsburg-Lippoldsberg, deren Verfahren wegen Erkrankung abgetrennt wurde. Ihr wird vorgeworfen, die Broschüren ab Juli 2009 an verschiedene Schulen in Deutschland versendet zu haben. Nickel habe zudem ihre "Klosterhaus-Buchhandlung" für Nachbestellungen zur Verfügung gestellt.

"Hauptmann der Wache" vom Collegium Humanum verurteilt

Gestern, am 5. Oktober, fand unter großen Sicherheitsvorkehrungen im Landgericht Bielefeld ein Berufungsprozess gegen den bekennenden "Reichsbürger" Axel Thiesmeier aus dem ostwestfälischen Bad Oeynhausen statt. Ohne rechtlichen Beistand, aber in Begleitung des Herforder Neonazi Jürgen Niemeyer wurde einerseits der gezielte Eklat, andererseits jedoch auch der Dialog mit der verhassten "BRD-Justiz" gesucht. Ging es doch immerhin darum, die erstinstanzliche Strafe zu reduzieren. Das Ergebnis war eine erbärmliche Zurschaustellung von politischer Unfähigkeit und schauspielerischem Dilettantismus.

Bei der Einlass- und Sicherheitskontrolle im Landgericht wurde beim Angeklagten Thiesmeier ein alkoholhaltiges Getränk gefunden. Der angedrohten Sicherstellung der Flasche entging der 54-jährige Frührentner, indem er sie in einem Zug leerte. Damit begann ein einstündiges Drama.

Vor dem Sitzungssaal der 11. Strafkammer provozierten er und Niemeyer die zahlreich anwesenden Justizangestellten und Polizeibeamten immer wieder mit "reichsdeutschen" Sprüchen und den Hinweisen, dass diese ihre "so genannten Dienstausweise" ja nicht anerkennen würden.

Hitler-Gruß vor Polizeibeamten

So ungefähr muss es sich wohl auch am 12. November 2009 in Bad Oeynhausen verhalten haben, als Thiesmeier zwei Polizeibeamte als "illegal bewaffnete Zivilisten" bezeichnete, um sich anschließend mit dem Hitler-Gruß zu verabschieden.

Das Amtsgericht Bad Oeynhausen hatte Axel Thiesmeier deshalb wegen Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen nach "dem Sondergesetz" (Thiesmeier) § 86a StGB am 30. April des Jahres zu einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen à 30 Euro Strafe verurteilt. Dagegen legte Thiesmeier Berufung ein, so dass es zur heutigen Verhandlungen kam.

Gleich zu Beginn des Prozesses übernahmen er und Niemeyer das Kommando im Saal des Landgerichts, Thiesmeier attackierte den Vorsitzenden Richter mehrfach verbal und weigerte sich zunächst, auf der Anklagebank Platz zu nehmen. Mit viel Geduld ging Richter Lerch auch mit der nächsten Provokation um: Reichsbürger Thiesmeier erklärte: "Ich bin Jude", deshalb dürfe er seine "Kippa" als Kopfbedeckung tragen. Die beiden Reichsbürger trugen Basecaps, an denen der Schirm vorne abgeschnitten war. Thiesmeier durfte, Niemeyer nicht, da er seine "Bescheinigung zum Übertritt" erst "nachreichen" könne. So dann weigerte sich der Angeklagte seine Personalien anzugeben, dies sei ohnehin nur eine "Meldeadresse", der anwesende Staatsschutz wisse ja doch, wo er wohne. Mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft wurde auf die persönlichen Angaben verzichtet. Abschließende Bedingung Thiesmeiers war die Protokollierung, dass er von Polizeibeamten "genötigt" worden sei, vor Eintritt in das Gerichtsgebäude Alkohol zu trinken. Richter Lerch ergänzte das Protokoll dahingehend, dass Thiesmeier verhandlungsfähig sei und sich klar und deutlich artikulieren könne.

"Reichsbürger" dealt mit BRD-Justiz

Vor dem Gericht, dessen Rechtmäßigkeit Thiesmeier andauernd in Frage stellte und in Intervallen weiterhin den Ablauf der Verhandlung störte, bat dieser immer wieder lautstark und eindringlich um einen - so wörtlich - "Deal" zur Verringerung der Geldstrafe in Höhe von 750 Euro. Seit der Frührente sei er "ganz unten", vorher habe er "solide" gelebt. "Ich appelliere an Sie als Mensch", flehte er ein um das andere Mal.

Auf den rechtlichen Hinweis des Vorsitzenden Richters hin, beschränkte Thiesmeier deshalb die Berufung auf das Strafmaß. So dann wurden die Höhe der Rente und die monatlichen finanziellen Belastungen des Angeklagten erörtert. Der Staatsanwalt plädierte auf eine reduzierte Strafe von 25 Tagessätzen à 25 Euro.

Richter kommt nicht auf die Liste ...

In seinem Plädoyer erklärte Thiesmeier ungefragt, dass er beim Collegium Humanum nur der "Hauptmann der Wache" gewesen sei, an Seminaren habe er nie teilgenommen, nur bei solchen Anlässen den Parkplatz bewacht. Der Prozess gegen ihn sei aber nicht "okay" und wenn das Deutsche Reich wiederauferstehe, werde etwas geschehen. Zum Vorsitzenden Richter ließ er jedoch verlauten: "Sie werden nicht belangt! Sie sind okay!"

Thiesmeier und Niemeyer kennen sich über ihr jahrelanges gemeinsames Engagement im Collegium Humanum. Niemeyer wurde im März 2005 im "Collegium Humanum" zum NPD-Vorsitzenden im Kreis Herford gewählt und begleitet seit Jahren wortführend die Verfahren gegen Ursula Haverbeck-Wetzel. So auch am 11. Juni 2007 im Landgericht Dortmund: In einer Sitzungsunterbrechung vor dem Verhandlungssaal schlug er einen Prozessbesucher mit den Worten "Das sind unsere Feinde!" wuchtig ins Gesicht. Als er daraufhin des Gerichtsgebäudes verwiesen wurde, beleidigte er noch einen Justizbeamten.

Webmaster der Holocaust-Leugner

Thiesmeier war der Webmaster der Homepage vom Collegium Humanum. Diesbezügliche Ermittlungen vor und nach dem Verbot des Zentrums der Holocaust-Leugnung führten jedoch zu keiner Anklageerhebung.

In der Verhandlungspause vor der Urteilsbegründung bedrohte Thiesmeier mit Unterstützung von Niemeyer den Staatsanwalt, er könne ihm die Anklage nicht verzeihen und Morgen wisse er, wo dessen Wohnung sei. Niemeyer wörtlich: "Wir regeln das!" Der Staatsanwalt nahm die Äußerungen gelassen hin.

Zur sichtbaren Freude der beiden Reichsbürger wurde das Strafmaß auf 25 Tagessätzen à 20 Euro gemindert, was auch von der Staatsanwaltschaft auf Befragen akzeptiert wurde. Thiesmeier verließ die Verhandlung noch während der mündlichen Urteilsbegründung. Die Tür fiel krachend in ihren Rahmen als er brüllte: "Ich nehme das Urteil an!"

Weiteres Verfahren in Bielefeld - "Bereiten Sie sich auf den Tag der Wahrheit vor."

Am 8. und 13. Oktober wird ebenfalls vor dem Landgericht Bielefeld in einer Berufungsverhandlung über ein Urteil vom 30. Juni 2009 entschieden: Ursula Haverbeck-Wetzel war vom Amtsgericht Bad Oeynhausen zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu jeweils 30 Euro verurteilt worden (siehe oben).

Das Amtsgericht sah es als erwiesen an, dass Haverbeck-Wetzel die Präsidentin des Zentralrats der Juden in einem Brief beleidigt hatte. Das Schreiben der Geschichtsrevisionistin Haverbeck-Wetzel ging im Januar 2008 beim Zentralrat ein, nachdem Knobloch ein Verbot des Collegium Humanum gefordert hatte. Haverbeck-Wetzel forderte darin Charlotte Knobloch auf, sie solle in ihr "Ursprungsland, nach Innerasien" zurückkehren, falls es ihr in der Bundesrepublik Deutschland nicht gefalle. Außerdem "warnte" Haverbeck-Wetzel: "Machen Sie so weiter wie bisher, dann könnte sich ein neues Pogrom ereignen, das entsetzlich würde." Die Zentralratspräsidentin hätte sich außerdem nicht in "innerdeutsche Angelegenheiten" einzumischen. "Bereiten Sie sich auf den Tag der Wahrheit vor. Er ist nahe und nicht mehr aufzuhalten", so Haverbeck-Wetzel.

In neonazistischen Kreisen wird "ausdrücklich" um "Unterstützung" durch "Prozess-Beobachter" für die Holocaust-Leugnerin in diesem Verhandlungen gebeten. Eine koordinierende Rolle nimmt dabei der Mindener Neonazi Mathias Schwier ein.

Ursula Haverbeck-Wetzel engagiert sich seit langem in Holocaust leugnenden Kreisen. Zuletzt war sie am 14. August zum so genannten "Trauermarsch" in Bad Nenndorf angereist: Die Polizei strich sie dabei als Rednerin von der Liste, ebenso wie den wegen Volksverhetzung verurteilten NPD-Kreistagsabgeordneten Rigolf Henning aus Verden.

Antisemitische "Stimme des Reichs" seit drei Jahren unbehelligt

Beide verbindet unter anderem die Autorenschaft in der "Stimme des Reichs", der Nachfolge-Publikation der "Stimme des Gewissens" des Collegium Humanum. In Bezug auf die Ausgabe der "Stimme des Reichs" von Januar / Februar 2010 (3. Jg - Nr. 1) erhob die Staatsanwaltschaft Verden Anklage gegen Haverbeck-Wetzel, stellte das Verfahren aber anschließend mit der skandalösen Begründung vorläufig wieder ein, weil Haverbeck-Wetzel schon wegen Volksverhetzung verurteilt worden sei und deshalb nur eine geringfügig höhere Geldstrafe zu erwarten habe. Die antisemitische "Stimme des Reichs" erscheint mittlerweile im dritten Jahr, ohne von den zuständigen Behörden beschlagnahmt worden zu sein.

In Bad Nenndorf verlas der Initiator des "Trauermarsches", der ebenfalls wegen Volksverhetzung rechtskräftig verurteilte Neonazi Marcus Winter aus Minden, ihre Rede, ohne das die Polizei eingriff.
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