Nazi-Aktivitäten in Ratzeburg und Protest

Fantifa 09.07.2010 12:53 Themen: Antifa
Im schleswig-holsteinischen Ratzeburg gibt es seit Jahren eine Nazi-Szene, von der ein Teil nun allerdings gebündelt in einem Haus wohnt. Dieses Haus war in jüngster Vergangenheit Ausgangspunkt für Körperverletzungen und Einschüchterungen, für Einbrüche und nationalsozialistische Propaganda. In kürzester Zeit entwickelte sich eine Atmosphäre der Unsicherheit bei vielen BürgerInnen, als die Neo-Nazis den Innenstadtbereich zu einer "national besetzten Zone", also einer No-Go-Area für bestimmte Personengruppen erklärten. Dass das nicht hingenommen werden kann, sollte klar sein...und so regte sich auch Widerstand.
Ein grober Überblick über die derzeitige Situation...
Zur Situation in Ratzeburg (Schleswig-Holstein):

Nachdem die NOL (Nationale Offensive Lauenburg) im Februar 2010 ihre „NS-Anlaufstelle“ in der Ratzeburger Innenstadt offiziell dichtmachte, um ein neues Hausprojekt zu starten, erklärte sie die Inselstadt Ratzeburgs zur „National besetzten Zone“. Diese versuchen die Neonazis seit einigen Monaten verstärkt durchzusetzen, die Meldungen von körperlichen Übergriffen und Drohungen häufen sich. Ziel sind alle Menschen, die nicht in das rassistische und faschistische Weltbild der Neonazis passen: AntifaschistInnen, Menschen mit Migrationshintergrund usw.
Leute wurden offen mit Folter und Mord bedroht, bepöbelt, geschlagen und durch die Stadt gejagt. In einem Fall fixierten mehrere Neonazis zwei linke Jugendliche, die versucht hatten sich gegen einen Angriff zu wehren, und übergaben diese der Polizei. Die bedrohten Jugendlichen selbst wurden dann von den Nazis(!) angezeigt. Die Ratzeburger Polizei spielt in diesen Fällen keine unwesentliche Rolle – in der Regel unterstützt sie die Faschisten,gewollt oder ungewollt, in dem sie den Opfern unter Anderem von Anzeigen abrät (somit tauchen diese Fälle auch nicht in deren Statistiken auf) und ihnen feindseelig gegenüber tritt. Scheinbar in dem Irrglauben, diese wären das Problem. Doch dort, wo Menschen aufgrund ihrer Herkunft,ihres Glaubens, ihres Äußeren oder ihrer sexuellen Orientierung sich nicht frei bewegen können, sollte eingegriffen werden und nicht eine Umkehrung der Opfer- und Täterrolle stattfinden. Wir wollen hiermit deutlich machen: Es ist kein Bandenkrieg, der dort stattfindet, sondern eine faschistische Unterdrückung, die Homosexuelle, Linke, Menschen mit Migrationshintergrund und vielen mehr ihre Freiheit auf das Übelste beschneidet. Natürlich nehmen wir das nicht hin und wir sehen jeden Angriff auf diese "No-Go-Area" der Neo-Nazis als Akt der Verteidigung. Die lange und heftige Liste der Geschehnisse macht klar, dass es inzwischen notwendig ist und eine Duldung dieses Zustandes den Neo-Nazis in die Hände spielen würde.

Das Hausprojekt der Ratzeburger „Nationalisten“ in der Langenbrücker Straße 17 ist Ausgangspunkt für deren Propaganda-Aktionen, spontane Übergriffe als auch organisierter Patroulliengänge sowie militanter Anschläge: Mitglieder der NOL brachen in ein Ratzeburger Kirchenbüro ein und verklebten dort ihre Aufkleber, bereits seit Mitte 2009 gibt es immer wieder Anschläge gegen Mitglieder des Kreisverbandes der Partei "Die Linke". Zudem gibt es immer wieder Übergriffe und Drohungen auf alternativ aussehende Jugendliche. In mindestens 3 Fällen wurden Menschen ausschliesslich aufgrund ihres migrantischen Hintergrundes bedroht und körperlich angegangen.

Antifa-Picknick – zuviel Salz in der braunen Suppe
Am 12. Juni versammelten sich auf dem Ratzeburger Marktplatz etwa 30-40 AntifaschistInnen, um mit ihrer Präsenz die Innenstadt, zumindest an diesem Tag, für die potenziell Betroffenen rechter Gewalt begehbar zu machen . Nachdem dem Neo-Nazi Sven Witte (NOL) klargemacht wurde, dass die Innenstadt an diesem Tag kein Aufenthaltsort für Nazis ist, beurteilte die Polizei die Situation so, dass die AntifaschistInnen die Störenfriede seien und erteilte einigen AntifaschistInnen Platzverweise für die gesamte Stadt. Es seien "Provokationen von der Gruppe ausgegangen", so die anwesende Polizei. Die Anwesenheit von AntifaschIstinnen in einer sogenannten „National besetzten Zone“ ist natürlich eine Provokation gegen die Neonazis, doch darf das nicht zur Vertreibung derer führen, die schon von den Nazis vertrieben werden. Schliesslich sind Homosexuelle und Menschen mit Migrationshintergrund auch eine Provokation für die Nazis. Die Ratzeburger Polizei versucht hier einen Konflikt auszusitzen, bei dem die Leidtragenden zusätzlich bestraft werden, weil diese beginnen sich zu wehren. Der springende Punkt ist nur folgender: Wir sind nicht gewillt diesen Konflikt so auszusitzen, wir werden ihn nicht totschweigen, wir werden laut sein und wir werden viele sein. Wir zeigen die Zivilcourage, von der überall gesprochen wird. Und wir lassen uns unser Recht auf die Selbstverteidigung unserer Freiheit und der Freiheit unserer Mitmenschen nicht nehmen. Es ist erschreckend, mit welcher Entschlossenheit die Ratzeburger Polizei diese „Zone“ für die FaschistInnen zu sichern versucht. Bullen und Nazis Hand in Hand – das in linken Kreisen oft gesehene Klischee könnte kaum besser erfüllt werden. Am Abend, nachdem die Polizei alle unerwünschten Personen vertrieben hatte, wurde klar, warum der von der Polizei geschaffene Frieden nur Vorteile für die Neo-Nazis hat.

Einige Personen, die mit dem Auto in der Innenstadt unterwegs waren, wurden Zeuge wie drei Nazis an einer Hauptverkehrsstraße einen Jugendlichen, der für die Neo-Nazis augenscheinlich "nicht-deutsch" aussah, zum See hinzogen und ihm die Hand vor den Mund hielten. Die 2 Personen im Auto wollten helfen, hielten an und wollten aussteigen. Im selben Moment kamen aus dem ca. 200 Meter entfernten "Nazi-Haus" weitere drei Nazis gestürmt, sodass die zwei im Auto befindlichen Personen nicht helfen konnten. Sie machten aber klar, dass sie Hilfe holen würden und fuhren ca. 5 Minuten später erneut zu der Stelle. Inzwischen war niemand mehr anzutreffen und auch der Betroffene war verschwunden. Die beiden Augenzeugen gebeen an, dass dieser sich anfing zu wehren als er merkte, dass Hilfe unterwegs ist. Anscheinend konnte er entkommen...
Was sich wie ein schlechter Film anhört, ist so oder so ähnlich leider öfter in letzter Zeit der Fall gewesen.

Um dieser Situation zu begegnen, haben die [AHL] und die Linksjugend solid ein Fest auf dem Marktplatz angemeldet, das unter dem Motto "feste feiern gegen Nazis" darauf ausgelegt ist, der stumpfen Vaterlandsliebe und Vertreibung, die stattfindet, etwas Lebendiges entgegenzusetzen. Es werden mehrere Bands auftreten, es wird Graffiti-Action geben und eine Menge Hintergrund-Infos zum Thema. Wer also Zeit hat, Lust auf planschen im See und gute Laune mitbringt, der/die ist herzlich willkommen!

Wer also Lust hat, hier noch einmal der Termin:
Samstag, 10.7.2010
12.00 Uhr
Marktplatz Ratzeburg


Mehr Infos zur ganzen Thematik, inklusive einer Chronik, und regelmäßige Updates zur Situation gibt es auf:
ahl-antifa.org
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

wenig hoffnung

rz´ler 09.07.2010 - 21:53
der braune sumpf in ratzeburg ist die pest, den bürgerfesten bleibt man als ausländer oder alternativer besser fern, es geht bis hin zum mord.

die alteingesessenen aus dem schützenverein applaudieren, wenn der nazi-mob auch nur links angehauchte jagt!

die polizei macht nichts, rein gar nichts. schon seit 20 jahren geht das jetzt so. das schlimmste ist, dass antifaschistischer protest seitens der linken "krawallmacher" dieses pack noch stärken wird.

warum so ein später aufruf? mit einer woche vorlauf hätte sich einiges mobilisieren lassen.

passt bitte auf euch auf und lasst niemanden allein, ich bin nämlich sicher, dass die glatzen sich schon die hände reiben.

Mobilisierung

eeegal 09.07.2010 - 23:07
Also ich weiß, dass schon seit längerer Zeit mobilisiert wird. Es hängen Plakate und es wurde geflyert - aber halt größtenteils in Ratzeburg & Umgebung. Des Weiteren wurde auch "szeneintern" geworben, so wie es für die vorherigen Aktionen der letzten Wochen schon getan wurde.

Also: Wir sehen uns morgen in Ratzeburg!

Fröhliches feiern statt Deutschtümelei!

Bringt Spaß und Freu(n)de mit. :D

P.S: Was Gera angeht, hat man hier weniger gehört, als von Ratzeburg. ;-)

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige den folgenden Kommentar an

Mobi — Egal